Siebenbürgen

[186] Siebenbürgen, lat. Transsylvania, d.h. Land jenseit des Waldgebirges, ungar. Erdely, d.h. Bergland, ist ein Großfürstenthum und gehört zu den ungar. Erbstaaten des Kaiserthums Östreich. Zur Römerzeit war es ein Theil Daciens und wurde im 9. Jahrh. n. Chr., wie Ungarn, von den Magyaren besetzt. König Stephan von Ungarn (997–1038) machte es zu einer ungar. Provinz. Als Ungarn 1526 dauernd an Östreich fiel, machte sich in S. der Woiwode Johann Zapolya unabhängig, wobei er von den Türken unterstützt wurde. Nun blieb S. unter den Regenten aus dem Hause der Zapolya und der Bathori, welche gefährliche Feinde Östreichs waren, oft auch große Stücke von Ungarn an sich rissen und dabei immer einen Rückhalt an den Türken fanden, ein eignes Fürstenthum, bis es 1687 von Leopold I. unterworfen wurde. Doch behielt es seine eignen Fürsten, bis diese 1713 mit Michael Apafi II. ausstarben. Im J. 1765 wurde es von Maria Theresia zu einem Großfürstenthume erhoben. – S., 1006 ! M. groß, ist eigentlich der südöstl. Theil von Ungarn, von dem es im N. und W. begrenzt wird. Gegen O. grenzt es an die Bukowina und die Moldau, gegen S. an die Walachei. Das ganze Land wird von Fortsetzungen der Karpaten durchzogen und gegen O. und S. von hohen Gebirgen begrenzt. Die höchsten Spitzen derselben, der Buzesd und der Retyczat steigen zu 7–8000 F. an. Durch die Gebirge führen nur 16, und zwar schmale, zum Theil erst durch Kunst zugänglich gemachte Engpässe in die Nachbarländer. Darunter sind die bemerkenswerthesten der Vulcanpaß und der Rothe Thurmpaß, welcher nach der Walachei, der Eiserne Thurmpaß, welcher nach Ungarn, und der Borgopaß, welcher nach der Bukowina führt. S. hat als ein durchweg gebirgiges Hochland sehr wenige Ebenen, aber viele reizende Thäler. Die Bergketten des Innern bilden drei Flußgebiete, das der Samos, die gegen W. nach Ungarn fließt und sich in die Theiß ergießt, das der Maros, welche ebenfalls ein Nebenfluß der Theiß ist, und das der Aluta, die südwärts der Donau zuströmt. Alle diese Flüsse sind schiffbar. Das Klima ist milde und der Boden ausgezeichnet fruchtbar. Er liefert Getreide, Wein, Taback und Holz im Überfluß. Sehr wichtig ist auch die Viehzucht, besonders die der Pferde und Rinder, und die Bienenzucht. Von Mineralien baut man alle edlen und unedlen Metalle, ferner Steinsalz und Schwefel. Bedeutend ist auch die Fabrikthätigkeit in Leinwand-, Wollen-, Baumwollen-, Leder-und andern Waaren. Die Einw., welche 2 Mill. betragen, bestehen aus verschiedenen Nationen, darunter die wichtigsten die Ungarn, die Székler und die Deutschen. Letztere, hier Sachsen genannt, stammen aus den Gegenden des Mittelrheins, weshalb auch einige den Namen S. von Siebengebirge (s.d.) herleiten wollen, und wurden im 12. Jahrh. vom König Geysa in das Land aufgenommen. Sie haben ihre Sprache und Sitten beibehalten, wendeten sich im 16. Jahrh. der Reformation zu und sind am betriebsamsten. (Vgl. Hameln.) Dann gibt es auch noch Armenier, Griechen, Walachen, Serbier oder Raizen, Zigeuner und Juden. Außer den letztern sind die Einw. theils römische Katholiken (meist Székler), theils Griechen, theils Evangelische, und zwar bekennen sich die meisten Sachsen zur protestantischen, viele Ungarn und Székler zur reformirten Kirche. Der Socinianer oder Unitarier sind nur ungefähr 40,000. Die Verfassung ist der ungar. ähnlich. Die höchste Behörde ist die siebenbürg. Hofkanzlei in Wien, im Lande selbst ist ein Gubernium (zu Klausenburg), ein Thesauriat (zu Hermannstadt) und eine königl. Tafel (zu Neumarkt), letztere als Justizhof erster und zweiter Instanz. Die Macht des Kaisers ist durch die Reichstage beschränkt, welche zu Hermannstadt gehalten werden. Die Eintheilung S.'s ist nach den drei Nationen: 1) in das Land der Ungarn, im W., die größere Hälfte des Landes, mit elf Stühlen oder Comitaten und zwei Districten. Darin liegen Klausenburg an der Samos mit 18,000 Einw., einem Lyceum und andern Bildungsanstalten; und Karlsburg oder Weißenburg an der Maros, Sitz eines katholischen Bischofs. 2) Das Land der Sachsen, meist im S., mit neun Stühlen und zwei Bezirken. Darin liegt die Hauptstadt von ganz S., Hermannstadt, mit 16,000 Einw., vielen Bildungsanstalten, Fabriken und Sehenswürdigkeiten, Kronstadt, worin sich die wichtigsten Fabriken des Landes befinden, und Mühlenbach. 3) Das Land der Székler, im O., mit fünf Stühlen. Die Hauptstadt desselben ist Neumarkt an der Maros mit 9500 Einw. Die Militairgrenze (s.d.) ist bei S. nicht so von der übrigen Provinz getrennt wie bei Ungarn.

Quelle:
Brockhaus Bilder-Conversations-Lexikon, Band 4. Leipzig 1841., S. 186.
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