Landes

Landes

[693] Landes ist eigentlich das franz. Wort für Haiden, Steppen, und das Departement des Landes (s. Frankreich) hat seinen Namen von den in ihm liegenden großen Haidestrecken, welche sich an der Küste des biscayischen Meerbusens zwischen den Pyrenäen und der Gironde in einer Länge von nahe an 40 Stunden und einer Breite von 15–20 Stunden hinziehen, sodaß sie fast drei Fünftheile des Flächenraums des ganzen Departements einnehmen.

Auf dieser weiten Strecke gibt es nur etwa 55,000 Einw., welche in elenden Dorfschaften beisammen leben. An der Küste ziehen sich Dünen hin, welche eine Reihe von Sandhügeln bilden, die ihre gegenseitige Stellung, ihre Höhe, Breite und Länge fortwährend verändern und namentlich bei Stürmen sich massenweise bewegen und indem sie über bewohnte [693] Ortschaften herstürzen, diese nicht selten unter sich begraben. Ein Theil des Bodens wird auch von großen Landseen eingenommen. Die armseligen Bewohner dieser Wüste bilden einen eigenthümlichen Menschenschlag. Sie sind klein, mager, haben ein elendes Aussehen und beschäftigen sich theils mit Schafzucht, theils mit Anbau des ihnen so große Schwierigkeiten entgegensetzenden Landstrichs. Die Schafe, welche ihren größten Reichthum ausmachen, sind von der schlechtesten Race und tragen nur grobe Wolle. Viele beschäftigen sich auch mit Harzgewinnung. Da die geringen Mittel ihrer Subsistenz über die weite Steppe sparsam vertheilt sind, so sind sie fast immer unterwegs und übernachten in ihren schlechten Karren, nicht selten auch auf dem feuchten Boden. Während des Winters tragen sie eine Art Mantel aus braunem, grobem Zeuche oder Jacken aus Schaffellen, deren Wolle nach außen gewendet ist, zu denen oft auch noch gleichartige Beinkleider kommen. Während des Sommers, der Zeit der Unwetter, haben sie einen grobleinenen Überwurf. Auf den gewöhnlich lang herabhängenden Haaren tragen sie eine eigenthümliche Kopfbedeckung. Die Hirten und Wanderer bedienen sich fortwährend 5–6 F. hoher Stelzen, um den tiefen Sand zu durchwaten; auch die Weiber benutzen diese Stelzen. Ein langer Stab dient ihnen zur Stütze. Bei diesen weit hinter der Cultur des übrigen Frankreichs zurückgebliebenen Menschen findet man noch die Volkslieder und Sagen der Vorzeit, aber auch den Aberglauben und die geistige Unmündigkeit derselben.

Quelle:
Brockhaus Bilder-Conversations-Lexikon, Band 2. Leipzig 1838., S. 693-694.
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