Leinwand

[724] Leinwand, Leinen, Linnen, nennt man ein Gewebe von Flachs oder Hanfgarn (s. Flachs, Hanf und Garn), bei dem sich die Fäden rechtwinklig durchkreuzen. Der. Faden, welcher der Länge nach geht, heißt Kette, Werft oder Aufzug, der der Breite nach Schuß, Einschuß, Einschlag oder Eintrag. Die geköperte Leinwand heißt, je nach der Stärke des Köpers, Drillich oder Zwillich; Damast aber, wenn künstliche Muster eingewebt sind. Hanfleinwand ist fester, läßt sich aber schwerer und nicht so weiß bleichen als Flachsleinwand. Die feinste Leinwand heißt Battist. Roh nennt man sie, wie sie, noch ungebleicht, vom Weberstuhle kommt und noch mit der Weberschlichte behaftet ist. Außerdem gibt es noch Werg-, Sack- und Packleinwand und als die gröbste Art das Segeltuch, welches aber nicht, wie jene, aus gesponnenem Werge, sondern aus Flachs- oder Hanfgarn gewebt wird. Weißgarnige Leinwand heißt die aus zuvor schon gebleichtem Garne gewebte; sie ist haltbarer als die im Stück gebleichte; Halbleinwand, bei der die Werft von Leinen- und der Schuß von Baumwollengarn ist; gemengte Leinwand, bei der der Schuß aus Hanf- und die Werft aus Flachsgarn besteht, oder umgekehrt. Hausleinwand heißt alles Leinenzeug, welches Stadt-oder Landbewohner aus selbstgesponnenem Garne zu eignem Verbrauche um Lohn weben lassen; Kaufleinwand dagegen solche, welche fabrikmäßig für den Verkauf gefertigt wird. Die Werft wird in Gänge getheilt, deren jeder 40–48 Fäden enthält; jemehr Gänge auf dieselbe Breite kommen, desto seiner muß das Garn und folglich die Leinwand sein. Dresdener Leinwand enthält z.B. oft auf zwei Ellen Breite 70–80 Gänge, sehr grobe Leinwand dagegen auf dieselbe Breite nur 24 Gänge. Die Auszählung der Fäden geschieht vermittels eines dafür eignen Vergrößerungsglases; man vergleicht die Gesammtbreite des abgezählten Ganges mit der Breite des ganzen Stückes, um die Anzahl der Gänge, die auf dasselbe kommen, zu finden. Vermöge dieses Verfahrens kann man auch einen Weber, dem man eine Anzahl Stücke oder Strähne zum Weben übergeben hat, controliren, ob er nichts davon unterschlagen habe. Nur muß man dabei berücksichtigen, daß der Werftfaden, weil er nicht wie der des Einschlags gespannt sein kann, sondern loser um jenen herumgeht, also eine Krümmung macht, verhältnißmäßig mehr Länge erfodert. Feine Leinwand verliert auf 100 Ellen 5–9 Ellen; mittelfeine zwölf und grobe blos reichlich vier. Auch sind von jeder Seite oder Leiste die äußersten zwei Aufzugsfäden doppelt zu rechnen. Die Güte der Leinwand hängt von ihrer Feinheit, Gleichheit des Fadens, Dichtigkeit und Haltbarkeit ab; daß der Faden rund ist, und nicht zu stark gemangelt, d.h. breitgedrückt, wodurch man den Schein der Dichtigkeit erzwingt; daß zum Einschlag nicht [724] baumwollenes Garn genommen sei, wodurch man so häufig die Leinwand verfälscht, und welches dadurch zu erkennen ist, daß bei einigem Reiben die dadurch erscheinenden Fasern nicht niedrig und steif, sondern gekräuselt und flockig sind. Ferner darf die Leinwand nach keiner Richtung zu stark gezogen und gedehnt – was man an der Schiefe der Fäden erkennt – auch ihre Weiße nicht durch zu scharfe Lauge oder Chlorbleiche (s. Bleichen) auf Kosten der Haltbarkeit – die man durch Anhängen eines bestimmten Gewichtes an einen Streifen Leinwand von bestimmter Breite prüfen kann – noch durch Eintauchen in Kalk, Kreide oder Bleiweiß erzielt sein. Letztere Fälschung erprüft man durch Befeuchtung mit einer Schwefelleberauflösung, worauf sich das Bleiweiß schwärzt, oder durch Betupfung mit verdünnter Schwefel- oder Salzsäure, wornach der Kalk oder die Kreide aufschäumt, oder wenn sie, scharf getrocknet, durch Reiben oder Klopfen einen seinen, lichten Staub fallen läßt. Durch sechsstündiges Kochen oder 8–10 Tage langes Liegenlassen der Leinwand in einer gerbstoffigen Flüssigkeit, z.B. einer Abkochung von Eichenrinde, soll sie sehr an Haltbarkeit gewinnen; nur darf sie beim Kochen nicht die Wände des Kessels berühren und beim Trocknen nicht Regen und Frost ausgesetzt werden. – Die Leinwandfabrikation ist im mittlern Europa sehr ausgebreitet; Deutschland namentlich hat schon seit langer Zeit eine bedeutende Ausfuhr, besonders nach Südeuropa und Amerika – schon früher über Hamburg für 15 Mill., über Bremen für fünf Mill. Thlr. Die meiste Leinwand wird in Böhmen, Mähren, Schlesien, Westfalen, Oberlausitz, Hanover, im Fuldaischen, in Schwaben, Baden u.s.w. verfertigt. Die Schweiz, Holland und das nördliche Frankreich produciren viel, England dagegen weniger als Schottland und Irland. Rußland führt viel von geringern Leinsorten aus. Spanien muß fast ganz seinen Leinenbedarf aus Deutschland und Irland ziehen, und Amerika gehört zu den wichtigsten Absatzkanälen für den Leinwandhandel.

Quelle:
Brockhaus Bilder-Conversations-Lexikon, Band 2. Leipzig 1838., S. 724-725.
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