Baden [1]

Baden [1]

[164] Baden, das Großherzogthum, erhielt seinen Namen von der Stadt Baden, welche ihn zuerst dem jetzt in Ruinen liegenden alten Stammschlosse der regierenden Familie gab. Von diesem ging er auf das Fürstenhaus und endlich auf die frühere Markgrafschaft und das jetzige Großherzogthum über. Im N. wird B. von Hessen und Baiern, östl. von Würtemberg und Hohenzollern, südl. vom Bodensee und dann fast ununterbrochen auf einer Strecke von 60 M. vom Rheine gegen die Schweiz und im W. gegen Frankreich begrenzt. Mehre deutsche Stämme hatten in den ältesten Zeiten auf diesem Gebiete vorübergehende Wohnsitze. Später kamen die Römer ins Land und legten Colonien an; im J. 1130 wird der erste Markgraf von B. erwähnt, Hermann, aus dem Hause der den Herzogtitel führenden Zähringer, deren Stammsitz im Breisgau lag. Hermann's Nachkommen erweiterten ihre Besitzungen durch Heirath und Belehnungen von den deutschen Kaisern, die sie für treue Dienste erhielten und theilten sich um die Mitte des 13. Jahrh. in zwei Linien, Baden-Baden und Baden-Hochberg. Letztere erlosch 1503, dafür entstand aber 1527 die Linie Baden-Durlach, in der beim Aussterben der Linie Baden-Baden, 1771, alle Besitzungen des Hauses B., welche damals 86 ! M. mit 205,000 Einw. umschlossen, unter dem Markgrafen Karl Friedrich vereinigt wurden. Karl Friedrich zeichnete sich durch eine lange, weise und glückliche Regierung aus und erwarb sich durch Beförderung der Industrie und Wissenschaften unsterbliche Verdienste. Der Ausbruch der franz. Revolution störte auch seines Landes Frieden. Franz. Heere überzogen 1796 das Markgrafthum, doch erkaufte Karl Friedrich mit Opfern noch im nämlichen Jahre den Frieden mit der franz. Republik und blieb demselben treu, bis Frankreich und Ostreich 1801 endlich durch den luneviller Frieden versöhnt schienen. Zwar verlor er einen Theil seiner Länder, wurde aber beinahe zehnfach, meist durch aufgehobene Bisthümer [164] und Stifter, dafür entschädigt, sodaß B. 1803 ein Gebiet von 131 ! M. mit 437,000 Einw. besaß und zum Kurfürstenthum erhoben wurde. Im preßburger Frieden kamen 1805 auch die Stammlande der Zähringer, das Meiste vom Breisgau, Konstanz und einige andere Orte an B., das nach Auflösung des deutschen Reichs dem Rheinbunde beitrat und abermals bedeutende Erwerbungen machte. Der Kurfürst Karl Friedrich nahm nun als souverainer Fürst den Titel Großherzog an und starb nach fast 65jähriger Regierung, von seinen Unterthanen aufrichtig betrauert, am 10. Jun. 1811. Die Regierung kam an seinen Enkel, Karl Ludw. Friedr., geb. 1786, seit 1806 mit Napoleon's Adoptivtochter, Stephanie Luise Adrienne Napoleon, vermählt. Da sowol er, wie sein muthmaßlicher Thronerbe ohne männliche Nachkommenschaft waren, so trug er 1817 die Erbfolge auf die bisherigen Grafen von Hochberg über, welche aus der 1787 vom Markgrafen Karl Friedrich mit der Reichsgräfin von Hochberg, geb. Geyer von Geyersberg eingegangenen zweiten Ehe stammten. Er starb 1818; ihm folgte seines Vaters Bruder, Ludw. Wilh. Aug. und diesem am 30. März 1830 der älteste Sohn der Gräfin Hochberg, Leopold Karl Friedrich (s.d.). Gegenwärtig umfaßt das Großherzogthum 279 ! M. mit 1,200,000 Einw., hat als Glied des deutschen Bundes die siebente Stelle im engern Rathe, im Plenum aber drei Stimmen. Das Bundescontingent beträgt 10,000 M. und bildet die zweite Division des achten Armeecorps.

In der Markgrafschaft B. gab es schon frühzeitig eine landständische Verfassung, die jedoch seit der Mitte des 17. Jahrh. in Verfall gerieth; die meisten der später hinzugekommenen Gebiete besaßen keine. Der Großherzog Karl verlieh aber am 22. Aug. 1818, kurz vor seinem Tode, dem ganzen Lande eine ständische Verfassung mit zwei Kammern. In die erste gehören die Prinzen und die Häupter der zahlreichen standesherrlichen Familien, der katholische Landesbischof, ein protestantischer Prälat, acht Abgeordnete des gutsherrlichen Adels, zwei Abgeordnete der Universitäten und acht vom Regenten ernannte Mitglieder. Die zweite besteht aus 22 Abgeordneten der Städte und 41 Abgeordneten der Ämter, die auf acht Jahr gewählt und aller zwei Jahre zum vierten Theil erneuert werden. Alle zwei Jahr muß ein Landtag stattfinden; in der Zwischenzeit besteht ein Ausschuß beider Kammern. Ohne Bewilligung der Stände darf keine Steuer aufgelegt, kein Gesetz erlassen werden. Das am 28. Dec. 1831 in B. verfassungsmäßig erlassene Preßgesetz wurde, als den Preßvorschriften des deutschen Bundes widersprechend, 1832 aufgehoben.

B. dehnt sich bei geringer Breite in ziemlicher Länge am rechten Ufer des Rheins aus, dem es 22 Nebenflüsse, Neckar, Murg, Alb, Pfinz, Treisam u.s.w., zuführt. Außerdem sammeln sich die Gewässer im Bodensee und in den Fortsetzungen desselben, dem Unter- oder Zeller- und dem Überlingersee, sowie in den ihrer hohen Lage wegen merkwürdigen Seen im Schwarzwalde, im forellenreichen See am Feldberge, im Schluch-, Eichner-, Titis- und sischlosen Mummelsee, den unergründliche Tiefe, alte Sagen und eigenthümliche Naturerscheinungen auszeichnen. Das Land ist fruchtbar, gut angebaut, von reizenden Thälern durchzogen, deren bewaldete oder mit Reben bepflanzte Berge von zahlreichen Burgruinen romantisch gekrönt werden. Im N. und W. ist der Boden ebener, wie im S. und O., denn hier zieht sich der rauhe, nadelholzreiche Schwarzwald, dessen höchster Gipfel der 4600 F. hohe Feldberg ist, von Basel an fünf Meilen nördl. bis zum Neckar. Jenseit desselben reicht der freundlichere Odenwald mit seinen herrlichen Laubhölzern bis zum Main, wo dieser am Fuße des Spessart eine kleine Strecke die Landesgrenze bildet. Am Odenwalde hin führt die berühmte Bergstraße; sein höchster Punkt ist der Katzenbuckel von 1880 F. Zwischen Rhein und Treisam erhebt sich noch auf 2 ! M. eine vulkanische Bergmasse, der Kaiserstuhl, in seiner höchsten Spitze, dem Todtenkopfe, zu 1760 F. B. hat großen Reichthum an Holz, welches auf dem Rheine nach Holland ausgeführt wird, viel Wild und Fische in Menge; unter den Mineralien ist nur die Ausbeute an Eisen von Bedeutung, unbedeutend die an Silber, Kupfer und Blei, sowie an Gold aus dem Rheinlande; auch das Salz, welches gewonnen wird, ist beiweitem nicht ausreichend zum Bedarf des Landes. Dagegen gibt es in B. mehre ausgezeichnete Heilquellen. Der Ackerbau liefert in Menge herrliches Getreide, besonders Spelz; ferner ausgezeichneten Hanf, Flachs, Taback und Krapp. Trefflichen Wein und alle Sorten seinen Obstes baut man in den Ebenen und Thälern. Die Viehzucht wird stark, besonders in den Gegenden des Schwarzwaldes und mit gutem Erfolge getrieben, desgleichen Bienenzucht. Bedeutende Fabriken finden sich nur in Pforzheim, Manheim und Karlsruhe; dagegen ist die Betriebsamkeit der Bewohner des Schwarzwaldes bemerkenswerth; die nächst den sogenannten schwarzwälder Holzuhren, die weit und breit ausgeführt werden, auch andere Holzarbeiten, Strohgeflechte, Blechlöffel u.s.w. in großen Massen verfertigen.

Seit 1832 ist B. in vier Kreise mit 78 Ämtern getheilt; die Haupt- und Residenzstadt Karlsruhe (s.d.) steht unmittelbar unter dem Ministerium. Im Mittelrheinkreise mit 21 Ämtern, in welchem auch Karlsruhe liegt, ist zu erwähnen das gewerbreiche Pforzheim (s.d.), Bruchsal mit Salzwerken und 7100 Einw., Durlach an der Pfinz mit dem alten Residenzschlosse Karlsburg und 4400, Ettlingen mit 3400, Bretten an der Salzbach, Melanchthon's Geburtsort, mit 3000, ferner der Badeort Baden (s.d.) und die ehemalige freie Reichsstadt Offenburg mit 3700 Einw. Den Oberrheinkreis mit 18 Ämtern nimmt beinahe ganz der Schwarzwald ein. Hier liegt die Universitätsstadt Freiburg (s.d.), ferner Altbreisach am Rhein mit 3100, das viel Kornhandel treibende Endingen mit 3100, Staufen mit der gleichnamigen Burgruine und 1700, und Lörrach am Wiesen mit 2300 Einw. Im Seekreise mit 19 Ämtern zeichnen sich aus Villingen mit 3600, Konstanz (s.d.) oder Kostnitz, die herrliche Insel Reichenau im Untersee, die ehemalige freie Reichsstadt Überlingen mit 2600, Donaueschingen mit der Donauquelle und 3000, das Schwefelbad Stockach mit 1300 und Neustadt mit 1500 Einw., wo die Hauptniederlage der schwarzwälder hölzernen Uhren ist. Im Unterrheinkreise mit 20 Ämtern liegt das schöne Manheim (s.d.), die Universitätsstadt Heidelberg (s.d.), Weinheim mit 5000, Schwetzingen mit 2400, die ehemalige Reichsfeste Philippsburg mit 1400, Mosbach mit 2400, Sinsheim mit 2700, Eberbach mit 3000, Wertheim am Main und an der Tauber mit 3600 Einw., die Residenz der Fürsten von Wertheim, und Freudenberg mit 1690 Einw.

Quelle:
Brockhaus Bilder-Conversations-Lexikon, Band 1. Leipzig 1837., S. 164-166.
Lizenz:
Faksimiles:
164 | 165 | 166
Kategorien: