Eisen

[641] Eisen (das) gehört zwar zu den sogenannten unedlen und zu den am häufigsten vorkommenden Metallen, ist aber jetzt das wichtigste von allen. Obgleich schon Moses desselben gedenkt, begann seine allgemeine Benutzung doch erst in viel spätern Zeiten, weil die schwierige Darstellung desselben aus den Erzen umfassendere Erfahrungen in der Chemie verlangt. Das Eisen wird als Hauptbestandtheil und in geringerer Beimischung, in sehr vielen Körpern des Mineralreichs, ja selbst des Thier- und Pflanzenreichs gefunden. Im Mineralreich ist es vorzüglich in der Verbindung mit Schwefel und mit Sauerstoff oder als Oxyd häufig, das Schwefeleisen (der Schwefelkies, Wasserkies und Magnetkies), wird jedoch ebenso wenig, wie das mit Arsenik verbundene (im Arsenikkies) zur Gewinnung des Eisens benutzt, weil diesem schon ein geringer Rückstand von Schwefel oder Arsenik die schätzbarste Eigenschaft, seine Dehnbarkeit, raubt und beide Bestandtheile durch kein sparsames Verfahren im Großen gänzlich davon geschieden werden können. Man schmilzt daher Eisen gewöhnlich blos aus den Erzen, in denen es mit mehr oder weniger Sauerstoff, also in oxydirtem Zustande und daneben mit erdigen und andern metallischen und flüssigen Stoffen verbunden vorkommt. Dergleichen Eisenerze sind vorzüglich: der Magneteisenstein und der Spatheisenstein; der Rotheisenstein, wozu rother Glaskopf (s. Blutstein) und rother Eisenocher gehören; der Braun-, Gelb- und Schwarzeisenstein, die nach ihrer Farbe benannt sind; der Thoneisenstein, wozu der Röthel oder die rothe Kreide gehört; der Raseneisenstein und die sogenannten Sumpf- und Wiesenerze, welche in geringer Tiefe unter der Oberfläche des Bodens gefunden werden, sich noch fortwährend erzeugen und durch Wasser entstehen, welches aus thierischen und Pflanzenstoffen Phosphorsäure auszieht und dadurch die Eigenschaft erhielt, Eisentheile aus der Erde auszuziehen, später aber wieder verdunstet ist. Gediegen scheint es nur in den meteorischen Eisenmassen vorzukommen, deren größte in Europa, bei Bitburg nördl. von Trier gefundene, 3300 Pf. wog; weit größere bis zu 40,000 Pf. Schwere sind in Amerika entdeckt worden.

Mit Aufstellung der Regeln, nach denen das Eisen am vortheilhaftesten im Großen aus den Erzen dargestellt werden kann, beschäftigt sich die Eisenhüttenkunde, die Ausübung derselben aber ist Sache des Eisenhüttenwesens. Um nun Eisen aus den steinartigen Erzen zu gewinnen, müssen sie einer diese Absicht erleichternden Vorbereitung unterworfen werden, die jedoch weit einfacher als bei andern Erzen ist, weil der Preis des Eisens großen Aufwand von Arbeit nicht erlaubt, weshalb auch solche Erze, die kostspielige Vorbereitungen verlangen, unbenutzt bleiben müssen. Die Eisenerze werden blos gepocht, d.h. angemessen zerkleinert, [641] da nöthig geröstet, d.h. in Haufen mit Holzkohlen oder Coaks geschichtet, im Freien oder in besondern Oefen einer Hitze ausgesetzt, bei der sie nicht schmelzen, wol aber darin enthaltener Schwefel und mancher andere fremde Stoff möglichst entfernt und das Erz mürber gemacht wird, was bei Manchen auch das Verwittern an der Luft bewirkt. Die Gewinnung des Eisens selbst findet gewöhnlich in sehr großen, von 28–60 F. hohen, runden, unten bauchigen sogenannten Hohöfen, deren oberer Theil die Gicht heißt, statt. In diese Öfen wird das vorbereitete Erz in abwechselnden Schichten mit Holzkohlen oder Coaks von oben eingefüllt und der dazu bestimmte Raum hat unten ungefähr acht, oben vier F. Weite, ist aber von außerordentlich starkem Mauerwerk umschlossen, da dergleichen Öfen oft Jahre lang ohne Unterbrechung im Gange bleiben. Die Kohlen werden von unten angezündet und durch Blasebälge angefacht; das ausgeschmolzene Eisen sammelt sich unter einer Schlackendecke am Boden und wird von Zeit zu Zeit abgelassen, der Ofen aber durch die Gicht beständig wieder gefüllt. Das auf diesem Wege erhaltene Eisen heißt Gußeisen und wird sogleich in die bereitgehaltenen Formen von Thon oder Eisen geleitet, wenn es zu gußeisernen Gegenständen benutzt werden soll, oder Roheisen, wenn es blos in Rinnen aufgefangen wird und zu hämmerbarem Stabeisen verarbeitet werden soll. Noch ist es nämlich spröde, hat im Ofen eine zu große Menge Kohle aufgenommen und enthält noch andere etwa im Erz vorhanden gewesene fremde Bestandtheile, daher es blos zu Gußwaaren brauchbar ist, zu denen es sich aber ganz vorzüglich eignet, weil es nicht, gleich allen übrigen Metallen, beim Erstarren in den Formen sich stark zusammenzieht, sondern vielmehr die kleinsten Höhlungen derselben ausfüllt.

Gleich dem Roh- oder Gußeisen sind auch der Stahl und das Schmiedeeisen, in welchen drei Abänderungen das Eisen zur weitern Verarbeitung kommt, Verbindungen desselben mit Kohlenstoff, welche übrigens nur wenige Metalle eingehen. Um Schmiede- oder Stabeisen zu erhalten, muß dem Roheisen der Kohlenstoff wieder entzogen werden, den es im Hohofen aufgenommen hat; dies bewirkt man, indem es geschmolzen und ihm durch Gebläse fortwährend Luft zugeführt wird, wodurch ein großer Theil der fremden, leichter als das Eisen verbrennlichen Stoffe und namentlich die Kohle verbrannt werden, von der indeß ein sehr kleiner Rest doch zurückbleibt. Unter von Wasser getriebenen schweren Hämmern oder durch Walzwerke gibt man dem Eisen dann die Form von Stäben, in der es erst verkäufliche Waare ist; dies ganze Verfahren heißt, wenn die Schmelzarbeit auf Herden vor sich geht, die den Schmiedefeuern ähnlich sind, das Frischen des Eisens, sowie Puddeln, wenn sie nach engl. Art in Zug- oder Flammöfen geschieht, in denen das Metall mit dem Brennmaterial nicht in Berührung kommt. Da der Stahl eine Verbindung von Eisen mit weniger Kohlenstoff als im Roheisen und mit mehr als im Schmiedeeisen ist, so kann er aus beiden hergestellt werden, indem man dem einen den überflüssigen Kohlenstoff entzieht oder dem andern den mangelnden zuführt. Manche Eisenerze, wie z.B. der Spatheisenstein, geben ein vorzüglich zur Stahlbereitung geeignetes Roheisen, das blos unter einer Bedeckung von Schlacken erhitzt zu werden braucht, um seinen Überfluß an Kohlenstoff abzugeben und sogenannten natürlichen Stahl zu bilden. Wird dagegen Stabeisen mit Kohlenpulver schichtweise in wohlverkittete Behältnisse gepackt und so mehre Tage der Weißglühhitze ausgesetzt, so dringt dabei die Kohle in das Eisen ein und verwandelt dies in Brenn- oder Cämentstahl. Diesen aber, sowie den natürlichen, pflegt man noch in Tiegeln mit Glaspulver bedeckt zu glühen und dann einer Hitze auszusetzen, bei welcher der Stahl, nicht aber das etwa unverändert gebliebene Eisen schmilzt, und der so erhaltene reinere Stahl heißt nun Gußstahl. Nach einer ganz neuen, in England bereits im Großen angewendeten Entdeckung wird auch Stahl aus Stabeisen erhalten, indem man bei sehr hoher Wärme, an Kohle vorzüglich reiches Kohlenwasserstoffgas (Ölgas) über das Eisen leitet, was dabei seinen Kohlenstoff an das Metall abgibt, während kohlenfreies Wasserstoffgas entweicht. Der auf einem dieser Wege bereitete vorzüglichste Stahl kann aber noch durch Verbindung mit sehr geringen Mengen anderer Metalle, z.B. mit 1/500 Silber, wodurch der zu seinen schneidenden Werkzeugen besonders taugliche Silberstahl erhalten wird, mit Platina, mit Silicium und Aluminium, den metallischen Basen der Kiesel- und der Thonerde, verbessert werden. Der Verbindung mit den beiden letzten dankt auch der unter dem Namen Wootz berühmte ind. Stahl seine vorzügliche Güte. An Härte übertrifft der Stahl das Roh- und Stabeisen; wird er glühend in kaltes Wasser getaucht, so erhält er solche Sprödigkeit und Härte, daß er Glas ritzt und der Feile widersteht, verliert aber diese Härte wieder durch abermaliges Erhitzen und langsames Erkalten. Die Farben, welche polirter Stahl beim Heißwerden annimmt, geben einen Maßstab für den Augenblick an, wo er in einer Flüssigkeit gelöscht werden muß, um zu gewissen Zwecken vorzüglich tauglich zu sein. Zuerst läuft er nämlich strohgelb an und besitzt die größte Härte, dann purpurfarben, violett, dunkelblau, zuletzt hellblau, wo er die geringste Härte, aber den z.B. für Uhrfedern nöthigen Grad von Elasticität erhält. Die Bearbeitung des Eisens wird meist in der Glühhitze vorgenommen, wo nicht nur seine größere Weichheit die Arbeit erleichtert, sondern wo es auch dehnbarer ist, als bei niederer Temperatur. Seine große Zähigkeit erlaubt sehr seinen Draht (s.d.), jedoch nicht dünnes Blech (s.d.) daraus herzustellen; übrigens besitzt es in höherm Grade als das Platin (s.d.) die Eigenschaft, vor dem Schmelzen zu erweichen und sich in der Weißglühhitze schweißen zu lassen. Vom Magnete (s.d.) wird es stark angezogen und kann auch selbst leicht anziehend gemacht werden; zum Sauerstoffe (Oxygen) besitzt es eine große Verwandtschaft und vereinigt sich mit demselben (oxydirt) bei gleichzeitiger Einwirkung von Feuchtigkeit schon in der gewöhnlichen Temperatur, d.h. es rostet. Je härter und fester das Eisen ist, desto tauglicher ist es zum Gebrauch, indessen ist weiches und zähes zu manchen Zwecken nicht minder gut; die schlechtesten Sorten sind die, welche sowol der Härte, als auch der Zähigkeit entbehren. Die Benutzung des Eisens ist die ausgedehnteste, welche sich denken läßt; es liefert Hufeisen für die Pferde, Nägel und Werkzeuge aller Art, es werden Schiffe daraus gebaut, Kanonen, aber auch Bildsäulen und andere Kunstwerke und Schmucksachen daraus gegossen, oder auf andere Weise daraus hergestellt; es ist dasselbe Metall, aus dem man Reifen um die Wagenräder [642] legt und Ringe am Finger trägt, aus dem die Anker der Schiffe und die Nähnadeln bestehen, und wie hoch es durch die Arbeit im Werthe steigt, davon sind unter Anderm die zu Waidhofen an der Ips in Östreich verfertigten seinen Fischangeln ein Beispiel, deren über 6000 Stück auf ein Loth gehen, das für ungefähr 15 Thlr. verkauft wird, sodaß der Centner Eisen gegen 50,000 Thlr. ausgebracht wird. In der Gewinnung und Verarbeitung des Eisens hat es kein Land weiter gebracht als Großbritannien; noch vor hundert Jahren wurden in England und Wales nur 340,000 Ctr. Roheisen auf 53 Öfen geschmolzen, 1827 aber lieferten in England und Schottland 284 Öfen allein 13,800,000 Ctr., in neuester Zeit aber ist die Erzeugung dieses Metalls mit dem durch den zunehmenden Bau von Maschinen und vor Allem der Eisenbahnen (s.d.) gewachsenen Bedürfnisse in ganz Europa auf eine noch nicht zu übersehende Weise gestiegen. Eine der wichtigsten Verbesserungen, die in neuester Zeit beim Eisenausschmelzen stattgefunden haben, besteht darin, daß durch das Gebläse (s.d.) anstatt kalter Luft, vorher erhitzte in die Ofen getrieben wird, wodurch man nicht blos die Hälfte des Brennmaterials erspart, obgleich die Luft besonders erwärmt werden muß, sondern auch ein reineres und vorzüglicheres Eisen gewonnen hat.

Quelle:
Brockhaus Bilder-Conversations-Lexikon, Band 1. Leipzig 1837., S. 641-643.
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