Ofen [1]

Ofen [1]

[329] Ofen, die Hauptstadt des Königreichs Ungarn, hat über 30,000 Einw., heißt ungar. Buda und liegt am rechten oder westl. Ufer der Donau in der pesther Gespanschaft, gegenüber von Pesth (s.d.), mit dem es durch eine 242 Klaftern lange, auf 43 Schiffen ruhende Schiffbrücke verbunden ist, an deren Stelle zufolge eines Reichstagsbeschlusses von 1835 eine stehende Brücke erbaut werden soll.

O. besteht: 1) aus der befestigten obern Stadt oder der Festung auf dem an der Donau sich hinziehenden Festungsberge mit dem 1687 bei Wiedereroberung desselben von den Türken zerstörten, von 1715–49 neuerbauten kön. Schlosse, wo die ungar. Krone und die übrigen Reichskleinodien verwahrt werden; 2) aus der am Fuße des Berges an der Donau entlang liegenden, sehr schönen Unter- oder Wasserstadt; 3) aus dem Neustifte, wo eine 52 F. hohe Dreifaltigkeitssäule zu bemerken ist; 4) aus Taban oder der Raizenstadt, wo sich mehre von den schon im Alterthume berühmten warmen Bädern befinden, die sämmtlich aus mehr oder weniger warmen Schwefelquellen gespeist werden und wo ein nichtunirter griech. Bischof seinen Sitz hat; 5) aus der Landstraße, wo sich der Palast des Reichsprimas von Ungarn, eine von warmem Wasser getriebene Mühle und das berühmte Kaiserbad befinden, das 46° R. Wärme hat; 6) der Christinenstadt zwischen dem Festungs- und dem St.-Gerhardts- oder Blocksberge, auf welchem sich die mit vortrefflichen [329] Instrumenten versehene pesther Universitäts-Sternwarte befindet. Andere erwähnenswerthe öffentliche Gebäude von O. sind das Landhaus, das königl. Hofkammergebäude, Zeughaus und Rathhaus. O. ist die Residenz des Palatins und der Sitz der höchsten Landesbehörden, sowie eines Gymnasiums, einer Normalschule und anderer Bildungsanstalten; das Gewerb- und Fabrikwesen ist wenig bedeutend, der Weinhandel aber macht einen Haupterwerbszweig der Einwohner aus und in den westl. an die Stadt grenzenden Weinpflanzungen werden jährlich im Durchschnitt 237,000 Eimer meist rother Wein erbaut, wovon über die Hälfte. ausgeführt wird. Die Gründung der Stadt geht in die Zeit zurück, wo die Römer sich in den Donauländern festsetzten. König Sigismund machte sie zur Residenz und Hauptstadt, 1526 aber fiel sie zuerst, und auf länger im J. 1530 in die Gewalt der Türken, denen sie erst im Sept. 1687 wieder entrissen wurde und nun durch viele deutsche Einwanderer und die dort zahlreich vereinigten östr. Beamten ein vorwaltend deutsches Ansehen in Sitte und im Äußern erhielt. Das hergestellte königl. Schloß schenkte Maria Theresia der 1777 von Tyrnau nach O., wo sie ursprünglich von Matthias Corvinus 1465 gestiftet, während der Türkenkriege aber nach Tyrnau übersiedelt worden war, verlegten Universität, die später wieder nach Pesth versetzt worden ist. Städtische Freiheiten erhielt O. von König Bela IV. und im Schlosse zu Ofen nahm zuerst König Ludwig I., gest. 1382, seine Residenz. Nahe bei O. liegt der Marktflecken Altofen mit einer großen Seidenspinnerei und merkwürdigen Ruinen unterirdischer Schwitzbäder aus den Zeiten der alten Römer.

Quelle:
Brockhaus Bilder-Conversations-Lexikon, Band 3. Leipzig 1839., S. 329-330.
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