Eisen

[297] Eisen. Dieses Metall, das merkwürdigste unter allen, ist aus uralten Zeiten her schon bekannt, und beinahe eine Bedingung der Kultur des menschlichen Geschlechts geworden, indem viele tausend Gegenstände nicht ohne Eisen gemacht werden können. Man bedarf des Eisens, um eine Feder zu schneiden, Eisen enthält die Tinte, mit welcher geschrieben wird, Eisen braucht man, um die Lumpen, aus denen Papier gemacht wird, zu zerschneiden, Eisen, um sie sein zu mahlen, Eisen, um den Draht zu ziehen, der zu den Papierformen verwendet wird, eiserne Stempel[297] muß man haben, um die Buchstaben für den Buchdrucker zu gießen, und dieser braucht eiserne Pressen um zu drucken etc. Die Völker, welche mit dem Gebrauch und der Verwendung des Eisens am vertrautesten sind, stehen auch auf der höchsten Stufe der Kultur. Welch ein Aufhäufen von Kenntnissen übrigens nöthig war, um dahin zu gelangen, aus Schwefelkies, oder einem andern Erz, ein Messer, ein Beil, eine Säge zu machen, glaubt man nicht, ohne vorher alle Operationen durchgegangen zu sein, welche zu den glänzendsten Resultaten führten, die nach und nach Kunst und Wissen hervorgebracht haben. Denn, obwohl das Eisen in der ganzen Natur so allgemein verbreitet ist, daß es fast in allen Steinen und Gewächsen, so wie durchaus in allen Thieren vorkommt, so liegt es doch so versteckt, daß es nur dem hohen Standpunkt, auf dem die Wissenschaften jetzt stehen, zu danken ist, daß wir dieses kennen lernten. Es unterliegt keinem Zweifel, daß man zuerst das sich zufällig findende gediegene Eisen, das Meteoreisen, benutzte, wovon früher viel mehr in noch weit größeren Massen vorhanden gewesen sein mag, obschon noch jetzt in Asien und Amerika Klumpen liegen, an deren Verbrauch ganze Nationen Jahrhunderte lang gearbeitet haben, ohne sie zu erschöpfen. Gegossenes Eisen war das erste, was man angewendet hat, und erst nach und nach ist man zu der Kunst, es zu schmieden, gelangt. Jetzt ist der ganze Prozeß von Anfang bis zu Ende bekannt, und so weit ist man in der Verfeinerung gelangt, daß es oft den zehnfachen Werth des Goldes hat. Soz. B. kostet ein Pfund Eisen geschmiedet in Stangenform, 2 Groschen, 8–9 Kreuzer, aber verwandelt in Spiralfedern für seine Taschenuhren schon mehrere hundert, und gar zu Echappements, zu Anker- oder Cylinderrädern, mehrere tausend Thaler; gewiß ein Beweis von der außerordentlichen Brauchbarkeit und Wichtigkeit dieses Metalles, denn kein anderes erreicht, durch die feinste und mannichfaltigste Bearbeitung, einen 24,000 Mal erhöheten Werth, im Vergleich zu dem rohen [298] Material. – Wir wollen versuchen, unsern Leserinnen einen Begriff von der Art der Gewinnung des Eisens aus Erz zu geben. Das Letztere ist sehr verschiedener Art, man erhält dasselbe aus dem Schlamme mancher Wiesen, Sümpfe, dieses heißt Nasen- oder Sumpferz, und ist seines starken Gehaltes an Phosphor wegen das schlechteste. Anderes Erz ist vulkanischen Ursprunges, Eisensand: dieses kommt selten so häufig vor, daß es der Mühe lohnte, deßwegen Eisenwerke anzulegen: eine dritte Art ist der Blutstein, ferner der Spateisenstein, der Thoneisenstein, eine sechste der Schwefelkies, der so hart ist, daß er mit dem' Stahle Feuer gibt: eine siebente Art des Eisenerzes, und zwar die beste von allen, ist der Magneteisenstein. Der Fundort all dieser verschiedenen Steine ist durch die Gebirgsformation bedingt, die beiden letzten sind nur in Urgebirgen, die allererste Gattung, Sumpferz, im aufgeschwemmten Lande, die übrigen im jüngern Gebirge gelagert. – Wenn man nun irgendwo ein Bergwerk angelegt hat, welches hinlänglich Eisenerz liefert, so sucht man sich wo möglich noch eine andere Gattung Erz zu verschaffen, welche mit der vorhandenen vermischt, etwas leichter schmilzt, biegsameres Eisen gibt etc., und man laßt dieses Erz zu Schiffe oft viele Tagereisen, zu Lande wenigstens manche Meile weit herkommen, weil die Mischung der Erze außerordentlichen Einfluß auf die Güte des Metalles hat. Das Erz wird an der Luft, dem Wasser, der Verwitterung ausgesetzt, auch erhitzt, jahrelang dem Wetter überlassen, dieß nennt man Rösten, dann mischt man noch Kalk dazu, um die fremden Stoffe, welche im Erz enthalten sind, und das Zusammenfließen des Eisens hindern, zu einer Schlacke zu machen, welche man fortschaffen kann. Nun bringt man dieses Erz, abwechselnd mit dicken Lagen von Kohlen, schichtenweise in einen sogenannten Hochofen, eine ungeheuere Esse, welche sechzig Fuß hoch, mit Erz und Kohlen gefüllt wird. Das Ganze wird von unten her angezündet, durch Blasebälge in Gluth gebracht, und so ununterbrochen ein halbes Jahr in Gluth erhalten, [299] während welcher Zeit man täglich das geschmolzene Eisen aus dem untersten Raume des Ofens abläßt, und den leer gewordenen Raum von oben her unaufhörlich anfüllt; so daß während dieses Zeitraumes der Ofen nie aus der heftigsten Gluth kommt. Das so gewonnene Eisen ist sehr unrein, viele der im Erz enthaltenen Stoffe sind noch darin, auch hat es viel Kohle aufgenommen, ist dadurch leichter flüssig geworden, aber auch so spröde, daß man es für's Erste noch zu nichts brauchen kann, als nach abermaligem Schmelzen zu Kanonenkugeln. Nunmehr geht man zu einem zweiten Prozeß über, und bringt das Eisen aus dem Hochofen in ein sogenanntes Frischfeuer, d. h. man schmelzt es noch einmal, jedoch in einer andern Anstalt, in welcher große Eisenhämmer sind. Hier verbrennt ein großer Theil der Kohle, die sich mit dem Eisen verbunden hat, und unter den schweren Hämmern wird die Schlacke, werden die anhängenden Unreinigkeiten ausgepreßt, das Eisen wird schmiedbar, und nachdem man es so weit hat, glühet man es nochmals, und schmiedet es zu solchen Stangen oder Stäben aus, wie diejenigen sind, welche im Handel käuflich vorkommen. Nunmehr fällt es den Handwerkern und Künstlern anheim. Es gibt fast keinen Gegenstand, der nicht mit Hilfe des Eisens verfertigt wäre, wenn er nicht selbst von Eisen ist. Wie die Kuchen unserer Frauen statt steinerner Herde oft eiserne haben, wie ihre Bratpfannen und Kochtöpfe von Eisen sind, eben so hat man auch Bogensäulen der Theater von Eisen gefertigt. Wo Holz und Stein nicht ausreicht, braucht man Eisen; Ketten- und feststehende Bogenbrücken, ganze Häuser und Fabrikgebäude hat man in neuerer Zeit von diesem Metall aufgeführt. Eiserne Wagen sieht man auf Eisenbahnen, man baut eiserne Schiffe, und gibt ihnen Ankertaue von elastischen Ketten, Mastbäume aus hohlen Eisenröhren. Doch wer könnte alle die Gegenstände aufzählen, zu denen das Eisen verwendet wird, und welcher Gegenstand dürfte sich ihm, hinsichtlich seiner Nutzbarkeit und Verbreitung, an die Seite stellen? Das beste Eisen liefert [300] Schweden, das meiste verhältnißmäßig England, denn es producirt jährlich 500,000 Centner, kauft aber noch vieles vom Auslande.

V.

Quelle:
Damen Conversations Lexikon, Band 3. [o.O.] 1835, S. 297-301.
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