Sieben Wunder

[189] Sieben Wunder. Den Namen der sieben Wunder führen sieben Bauwerke der alten Welt, die wegen ihrer erstaunlichen Kunst und Größe die Bewunderung aller Jahrhunderte auf sich gezogen haben. Zu denselben gehören 1) die Mauern Babylons. Sie bildeten ein regelmäßiges Viereck mit einem Umfange von 12 deutschen Meilen, ihre Höhe betrug 200, ihre Stärke 50 Ellen, sodaß mehre Wagen auf der Oberfläche bequem nebeneinander fahren konnten. An jeder der vier Seiten befanden sich 25 Thore, alle aus dichtem Erz gefertigt, durch die von einer Seite zur andern gerade Straßen führten, die sich in rechten Winkeln durchschnitten und im Innern wieder eine Anzahl großer Vierecke bildeten. Zwischen den Mauern standen Vertheidigungsthürme, zusammen 250, die an Höhe die Mauern überragten. Außen umlief dieselben ein tiefer mit Wasser angefüllter Graben, auch wurde die Stadt auf einigen Seiten durch Sümpfe, welche man aus dem Euphrat künstlich gebildet hatte, geschützt. Erbauer dieser Riesenmauern war Semiramis oder Nebukadnezar und das Material dazu bestand aus Backsteinen, die in den Fugen durch Erdpech verkittet waren, was ihnen eine fast unzerbrechliche Festigkeit gab. Nachdem schon einmal Cyrus, vermittels einer künstlichen Ableitung des Euphrat, Babylon erobert hatte, wurde [189] sie später unter dem pers. König Darius Hystaspis, da die Babylonier sich von der pers. Herrschaft hatten losreißen wollen, zum zweiten Mal nach 19monatlicher Belagerung erobert, der dann die Mauern bis auf 50 Ellen abtragen ließ. Ihre Wiederherstellung durch Alexander den Großen verhinderte dessen früher Tod. Noch jetzt sind große Schutthaufen von Backsteinen und Mauertrümmern auf dem östl. Ufer des Euphrat, unweit der Stadt Hilla, etwa 9 oder 10 deutsche Meilen von Bagdad, auf dem westl. Ufer des Euphrat aber ein ganz aus Backsteinen bestehender Hügel, 762 Ellen im Umfange, den man für die Reste des Belusthurms hält, übrig. Ebenso merkwürdig waren 2) die schwebenden oder hängenden Gärten zu Babylon, welche gleichfalls der Semiramis oder dem Nebukadnezar ihren Ursprung verdankten, der sie aus Gefälligkeit gegen seine Gemahlin Ampita erbauen ließ, um ihr für die Reize der Berge und Wälder ihres Vaterlandes Medien einen Ersatz zu geben. Sie sollen ein Viereck von 400 F. Länge an jeder Seite gebildet und aus vier übereinander, in der Höhe der Stadtmauer aufgeführten Terrassen bestanden haben, zu deren jeder man auf bequemen Stufen gelangte. Die Terrassen ruheten jede auf starken Gewölben, die mit 16 F. langen und 4 F. breiten Steinen bedeckt waren, darüber Schilf- und Erzpechlagen, dann zwei Schichten von Backsteinen und diese wieder mit Bleiplatten dicht belegt. Das darauf geschüttete Erdreich war so tief, daß die größten Bäume Wurzel schlagen konnten, und jede Terrasse gewährte mit den darauf befindlichen Bäumen, Pflanzen und Blumen das Ansehen eines schönen Lustgartens. Zur Bewässerung befand sich auf der obersten Terrasse ein Wasserbehältniß, wohin durch ein Pumpwerk das Wasser aus dem Euphrat getrieben und von da aus durch Röhren in den Gärten weiter geführt wurde. 3) Das Mausoleum. (S. Denkmale.) 4) Die Pyramiden (s.d.) in Ägypten. 5) Der Tempel der Diana zu Ephesus. (S. Ephesus.) 6) Der Koloß zu Rhodus war eine dem Apollo geweihte 70 Ellen hohe eherne Bildsäule, von dem Künstler Chares gegossen. Der Koloß stand am Eingange des Hafens der Stadt Rhodus auf der Insel gleichen Namens auf zwei Felsen und der Raum zwischen seinen Füßen war so hoch und weit, daß Schiffe mit vollen Segeln darunter hinwegfahren konnten. Er hatte so dicke Daumen, daß Niemand sie mit Armen umschlingen konnte, und sein kleiner Finger war größer als der größte Mann. Im I. 222, nachdem er 56 Jahre gestanden, wurde durch ein Erdbeben der Obertheil niedergestürzt; 932 Jahre später wurden von den Türken die ehernen Trümmer an einen Juden verkauft, der mehre hundert Kameele belud, um sie fortzuschaffen. 7) Der Pharus in Alexandrien war ein Thurm von Marmor, 800 F. hoch, wurde im Zeitalter der Ptolemäer erbaut und diente dazu, um durch das Feuer, das in der Nacht auf ihm brannte, die Schiffe zu benachrichtigen, daß das Land nicht mehr fern sei. (Vgl. Leuchtthurm.)

Quelle:
Brockhaus Bilder-Conversations-Lexikon, Band 4. Leipzig 1841., S. 189-190.
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