Rhodus

Rhodus

[701] Rhodus (die Insel) liegt zwischen den Inseln Kandia und Cypern zwei M. von der südl. Küste von Natolien, von der sie durch den Kanal von R. getrennt wird, gehört zum osman. Reiche und hat auf 213/4 M. ungefähr 30,000 Einw., von denen 11,000 Griechen sind.

Zu den wichtigsten Erzeugnissen derselben gehören Wein, Südfrüchte, Getreide und Öl; besondere Wichtigkeit besaß sie auch zeither als ein Hauptschiffbauplatz der türk. Seemacht. In der [701] gut gebauten aber verödeten Hauptstadt Rhodus, wo sich an den Häusern der Ritterstraße noch die Wappen der ehemals hier hausenden Ritter erhalten haben, mit 10,000 Einw., einer öffentlichen Bibliothek, zwei Häfen und einem Arsenal, hat ein Pascha und ein griech. Erzbischof seinen Sitz; ein anderer Hafenort ist Neu-Lindus, und beim Flecken Trianda soll der Sage zufolge das alte Rhodos gelegen haben. Im Alterthum war diese Insel die berühmteste von allen an jener Küste und eine Republik, welche im Besitz einer ansehnlichen Seemacht war und Colonien in Italien, Sicilien und Spanien gründete. Der fruchtbare Boden trug die vortrefflichsten Früchte, Wein und herrliche Rosen (daher Rhodus, d.i. Roseninsel) und das Klima war so heiter, daß selten ein Tag ohne Sonnenschein verging. Unter ihren Städten war das zur Zeit des peloponnesischen Kriegs erbaute, der Sonne geweihte Rhodos die berühmteste, wegen seiner in der ganzen alten Welt berühmten Kunstwerke und seiner Schulen der Rhetoren (s. Rhetorik) und Philosophen. Den Hafen der Stadt zierte jene kolossale, über 100 F. hohe, eherne, der Sonne gewidmete Bildsäule, welche errichtet ward als Demetrius von Macedonien 300 v. Chr. die lange Belagerung der Stadt aufgeben mußte und unter dem Namen des Koloß von R. zu den sieben Wunderwerken der alten Welt gezählt wird, aber nur einige funfzig Jahre stand, ehe sie von einem Erdbeben umgestürzt ward; ihre Trümmer sind jedoch erst im 7. Jahrh. durch die Araber beseitigt worden, welche das Erz an einen Juden verkauften, der 900 Kameele damit beladen haben soll. Im ganzen Mittelmeere galten die Seegesetze der Rhodier als Grundlage des Völkerrechts, und noch jetzt werden sie zur Entscheidung benutzt. Ihre Freundschaft war selbst den Römern wichtig und sie behaupteten bis in die spätern Zeiten des röm. Reichs eine gewisse Unabhängigkeit. Im 7. Jahrh. ward R. von den Arabern erobert, später von den Osmanen, denen es 1309 die Johanniterritter abnahmen und zu ihrem Hauptsitze machten, daher sie auch Rhodiserritter genannt werden. Sie behaupteten sich dort gegen wiederholte Angriffe osman. Heere und Flotten und von ihnen ist auch 1461 der umstehend abgebildete Nikolausthurm im nördl. kleinen Hafen aufgeführt worden, welcher bei der berühmten Belagerung im J. 1480 durch Mohammed II. Gegenstand der heftigsten Angriffe war, ohne genommen worden zu sein. Erst 1522 mußten die Ritter, nachdem der Ordenskanzler Andreas von Amarat, ein Portugiese. den Verräther gemacht, jedoch vorher noch entdeckt und hingerichtet worden war, Stadt und Insel an Sultan Soliman II. übergeben, der am Weihnachtsfeste seinen Einzug hielt. Seitdem blieb R. in osman. Gewalt und bildet mit mehren Inseln eine Statthalterschaft des Ejalets Dschesair. (S. Osmanisches Reich.)

Quelle:
Brockhaus Bilder-Conversations-Lexikon, Band 3. Leipzig 1839., S. 701-702.
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