Urversammlung

[281] Urversammlung. Eine der ersten Arbeiten der constituirenden oder ersten National-Versammlung bei der Französischen Revolution (s. National-Versammlung) bestand in einer gänzlichen Umformung der Französischen Verfassung, theils in Ansehung der geographischen Eintheilung Frankreichs, theils in Ansehung der Besetzung der Staatsämter. Man theilte in ersterer Hinsicht, statt der zeitherigen Provinzen, das Land in Departements oder Hauptgebiete (s. dies. Art.), welche in besondere Kreise oder Districte, und diese wieder in Bezirke, Cantons, zerfielen. Die Besetzung der Staats-Aemter mußte durch die Wahl des Volks geschehen. Allein nicht jeder Französischer Bürger hatte das Recht, an dieser Wahl Theil zu nehmen, sondern sie stand mittelbar den Activ-Bürgern, und unmittelbar den so genannten Wählern oder Electeurs zu. Jene mußten in besondern Cantons-und Districts-Vetsammlungen durch Stimmensammlung diese letztern bestimmen, und diese wählten sodann die öffentlichen Beamten selbst. Die Versammlungen der Activbürger, in welcher die Wähler ernannt wurden, nannte man Urversammlungen (assemblées primaires), und diejenigen, die das Recht hatten, in Urversammlungen ihres Cantons bei der Wahl der Electeurs und Municipalbeamten ihre Stimme zu geben, Activbürger. Die [281] Benennung Wähler (Electeur) selbst kam übrigens im doppelten Sinne vor: man nennte nehmlich, dem gewöhnlichen Sprachgebrauche gemäß, 1) bisweilen jeden so, der das Recht hatte, jemanden bei einer Wahl seine Stimme zu geben, 2) vorzugsweise nennte man aber Wähler diejenigen, welche die Deputation, oder ihre Repräsentanten, zur National-Versammlung ernannten.

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Brockhaus Conversations-Lexikon Bd. 6. Amsterdam 1809, S. 281-282.
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