Wallis

[373] Wallis. Das Walliser Land, dieses äußerst reitzende Schweizerthal, gegen Norden an den Canton Bern, gegen Westen an das Herzogthum Savoyen, gegen Süden an das Herzogthum Mailand, und gegen Osten an den Canton Uri grenzend, erstreckt sich in der Länge auf 32 Stunden, in der Breite auf höchstens 10 Stunden. Es besteht eigentlich aus einem sehr langen Thal zwischen hohen Gebirgen, als dem Bernhardsberg, Grimselberg, Furca etc. die fast immer mit Schnee versehen sind; die Rhone geht mitten durch. Wegen der Erhöhungen und Vertiefungen des Bodens verschwistern sich in einem kleinen Bezirke die verschiedensten Jahreszeiten. Das Clima ist sehr günstig; gegen die Nordwinde ist es durchs Gebirge verschanzt. Das ganze Land ist reich an jeder Art von Obst und trefflichem Wein, besonders dem edeln Muscateller. – Mitten unter herabgestürzten Trümmern erhebt sich stufenweise das Kornfeld, der Traubenhügel, die Waldung. Im obern und westlichen Theil heben sich die Gebirge mit weniger Wildheit, und sind größten Theils mit Viehheerden bedeckt; wie denn überhaupt Viehzucht ihre Hauptnahrung ausmacht. Eben so verschieden sind auch die Bewohner selbst in Sitten und Sprache; im Allgemeinen haben die Walliser Wohlwollen, Sanftheit der Sitten und die Einfalt des ersten Weltalters. In den neuern kriegerischen Zeiten wurde dieses schöne romantische Land leider zum Schauplatz des auswärtigen [373] Bürgerkriegs, da die Einwohner sich in entgegengesetzte Meinungen theilten, und, von Parteigeist hingerissen, selbst den auswärtigen Kriegsheeren den Zugang öffneten.

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Brockhaus Conversations-Lexikon Bd. 6. Amsterdam 1809, S. 373-374.
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