Flaccus Alcuinus

[28] Flaccus Alcuinus, oder Alchuin, auch Albin, ein berühmter und gelehrter Engländer, der Vertraute, Lehrer und Rathgeber Carls des Großen, dem er noch mehr war, als Mäcenas dem Kaiser August. Er war zu York ums Jahr 736 geboren, erhielt in der Schule daselbst – die englischen Schulen waren damals die vorzüglichsten – Unterricht, und wurde schon um 758 selbst Vorsteher derselben. Auf seiner Rückreise von Rom, von da er einem Freunde das Pallium (s. dies. Art.) geholt hatte, lernte ihn Carl der Große kennen, der ihm sogleich seine Dienste antrug, in die auch Alcuin im folgenden Jahre trat. Carl ließ durch ihn nicht allein an seinem Hofe Unterricht ertheilen, zu welchem Zwecke eine Hofschule errichtet wurde, [28] sondern überließ ihm auch die Aufsicht über verschiedene Klöster, in welchen Alcuin für die Verbreitung der Wissenschaften sorgte. Noch mehr: die meisten Schulen in Frankreich wurden entweder von ihm gestiftet, oder in bessern Flor gebracht. Dies geschah besonders durch die Schule, die er in der Abtei St. Martin zu Tours 796 anlegte und dabei die Schule zu York zum Muster nahm. Hier unterrichtete er selbst eine große Anzahl Schüler, welche in der Folge die Gelehrsamkeit in der fränkischen Monarchie verbreiteten. Alcuin nahm endlich 801 von dem Hofe seine Entlassung und ging in die Abtei St. Martin zu Tours, von da aus er jedoch mit Carln sich durch häufige Briefe unterhielt; starb aber schon 804. Er hinterließ außer vielen theologischen Schriften auch mehrere zum Unterricht in den Anfangsgründen der Philosophie, der Redekunst und der Sprachlehre, auch selbst Gedichte und eine große Anzahl Briefe, die zwar einen nicht angenehmen Stil haben und überhaupt den noch ungebildeten Geist ihres Zeitalters deutlich bewähren; indessen erkennt man ihn auch noch jetzt, nach einem Jahrtausend, für den gelehrtesten und gebildetesten Mann seines Zeitalters an, und man muß eingestehen, daß durch diesen Engländer Frankreichs und Deutschlands Wissenschaften und Schulen erst gegründet wurden.

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Brockhaus Conversations-Lexikon Bd. 7. Amsterdam 1809, S. 28-29.
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