Die Grotte

[413] Die Grotte heißt eigentlich jede Höhle (in höherem Stil genommen), dann aber besonders jede künstliche, einer natürlichen nachgeahmte, Höhle in einem Garten, welche theils durch kleine Steine, Korallen, Muscheln, Versteinerungen etc. theils durch Springwasser, Quellen. Wasserfälle noch verziert wird. Ihre Bestimmung ist hauptsächlich, den Hang zur Ruhe und Einsamkeit zu befördern, und es ergiebt sich daraus, wie unzweckmäßig, ja wohl gar geschmackwidrig öfters sowohl die Grotten nach italiänischer Manier, welche mit architektonischem Fleiß abgezirkelt und mit allen Theilen der Baukunst ausgeschmückt sind, als auch diejenigen Grotten erscheinen, welche von manchen Ordensgeistlichen, besonders in Italien, vielleicht mit Menschengebeinen etc. ausgestattet sind, und auch den heitersten Sinn ganz zu trüben vermögen. Die beste Art von Grotten ist wohl die, wenn man der Einfalt der Natur nachgeht: eine mäßige Vertiefung in einem Felsen oder Hügel, [413] von außen einige hervorragende große Massen, mit Immergrün und überhangendem Gebüsch beschattet – vielleicht auch ein rauschender Quell, ein plätschernder Bach etc. werden gewiß der eigentlichen Idee von Einsamkeit und ungestörtem Vergnügen am meisten entsprechen.

Noch müssen wir hier des berühmten Naturwunders, der harmonischen Grotte auf der Insel Staffa in Schottland, oder, wie man sie sonst irrig genannt hat, Fingals Höhle, Fingals Grotte, erwähnen, wovon man in der geschätzten Allgemeinen Musikalischen Zeitung (Leipz. b. Breitkopf u. Härtel) von 1807. No. 34 eine äußerst interessante Beschreibung findet, auf welche wir hier verweisen. Hier hört man, nach denselben Gesetzen wie bei der Aeolsharfe, die harmonischsten Accorde, welche durch das Ein- und Ausströmen der Wellen hervorgebracht werden.

Quelle:
Brockhaus Conversations-Lexikon Bd. 7. Amsterdam 1809, S. 413-414.
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