Korallen

[532] Korallen sind eine Gattung Seekörper, Pflanzenthiere, welche horn- oder kalkartig sind, und Löcher oder Zellen bilden; sie machen eine besondere Ordnung des Linnéischen Systems, nemlich die 5te unter den Würmern aus. Sie verhalten sich zu den Zoophyten, wie die Conchylien zu den Molluscen; nur daß diese nackt und unbedeckt, jene aber mit Gehäusen versehen sind. Ueber ihre Subsistenz hat man sich gestritten: ob nemlich der Theil, durch welchen sie an den Felsen befestiget sind, blos zur Befestigung oder zur Herbeiführung der Nahrungsmittel, [532] wie die Wurzeln bei den Pflanzen, diene: letzteres ist am wahrscheinlichsten. Sie entstehen ungefähr wie die Muscheln und Schneckenschaalen, nur daß bei der Fortpflanzung das junge Thier mit seinem kalkichten Gehäuse zugleich von dem alten, wie ein Zweig von dem Stamme, hervorgetrieben wird. Ihr Wachsthum geschieht bisweilen äußerst schnell, indem mancher Schiffswrak in Westindien, welcher vielleicht kein ganzes Jahr im Meere gelegen hat, oft über und über mit Madreporen und andern Korallen dicht bepflanzt ist. Der Umfang dieser Gehäuse ist so groß, daß ganze Inseln in der Südsee und in Westindien (z. B. Barbados) mit einer Rinde von Korallen überzogen sind, und an manchen Küsten ungeheure Korallenstämme aus der Tiefe des Meeres hervorragen, so daß sie den Seefahrern öfters, gleich den Felsenklippen, gefährlich werden. – Das Korallengeschlecht hat sehr viele Species, unter denen wir hier nur bemerken: 1) Die weißen Korallen, oder Augenkorallen, welche tief untern Klippen und härtesten Felsen des mittelländischen Meeres und indischen Oceans wachsen und daselbst gefischt werden; (sie wurden sonst in den Officinen unter dem Namen Corallia alba praeparata aufbewahrt.) 2) Die rothen Korallen, Blutkorallen (lsis nobilis L.) an den Küsten von Provence um Sardinien, Sicilien, an der barbarischen Küste, im äthiopischen Meere und anderwärts gefischt, sind glätter und von einer sehr angenehmen rothen Farbe. Die Rinde wird mit Bimsstein polirt und in Marseille zu kostbaren Kunstsachen verarbeitet, die nach Ostindien geführt, und, zumal in Japan, wie Edelsteine geschätzt werden. Der medicinische Nutzen der rothen Korallen ist dem der vorigen gleich, und wirkt wie jeder Kalkstein. Werden die Korallen gebrannt, so entsteht ein dem gebrannten oder lebendigen Kalk ganz gleichkommendes Product.

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Brockhaus Conversations-Lexikon Bd. 7. Amsterdam 1809, S. 532-533.
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