Amphiktyonen

[72] Amphiktyōnen hießen die Abgeordneten der zwölf griech. Staaten, welche zu Berathung religiöser und politischer Angelegenheiten sich alljährlich im Frühling und Herbst zu Delphi und bei den Thermopylen versammelten. Der ursprüngliche Zweck dieser Zusammenkünfte, zu welchen jeder Volksstamm zwei Deputirte sendete, war, vereint den Göttern zu opfern und das delphische Orakel nebst seinen Schätzen gegen Angriffe zu schützen. Später ging daraus ein Bund der einzelnen Staaten hervor, der für Bewahrung der gemeinschaftlichen Religion, Sicherung der Selbständigkeit der Bundesstaaten, Einleitung regelmäßigen Handelsverkehrs und zur Erhaltung des Friedens mit den benachbarten Völkern sehr wohlthätig wirkte. Doch seitdem Philipp von Macedonien, 346 v. Chr., sich zwei Stämme des Amphiktyonenbundes unterworfen hatte, war das Amphiktyonengericht ein Spiel in seiner Hand und wurde es noch mehr unter Alexander dem Großen; doch bestand dasselbe noch bis in die Mitte des 4. Jahrh. n. Chr. In neuern Zeiten hat man zuweilen auch manche Gerichtshöfe Deutschlands, z.B. das Reichskammergericht zu Wetzlar und den deutschen Bund, Amphiktyonien genannt.

Quelle:
Brockhaus Bilder-Conversations-Lexikon, Band 1. Leipzig 1837., S. 72.
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