Cäsur

[390] Cäsur nennt die Verskunst den durch das Ende eines Wortes angedeuteten Schluß eines rhythmischen Abschnittes im Verse (s.d.), deren jeder je nach seiner Länge zwei und mehre besitzen kann und die zur Unterstützung des rhythmischen Vortrags oder mit andern Worten zur Erhöhung der Annehmlichkeit und Mannichfaltigkeit des Rhythmus (s.d.) dienen sollen, indem sie gewissermaßen dem Metrum oder Versmaße hemmend entgegenzutreten suchen, was aber der überwiegende Einfluß desselben nicht zugibt. Die Cäsur kann in die Mitte oder ans Ende eines metrischen Taktes oder Versfußes fallen; da nun aber jeder Vers schon in eine der Zahl seiner Versfüße gleiche Menge natürlicher Abschnitte sich theilt, so dürfen im letzten Falle die Wortenden nicht mit den Versfüßen gleichen Schritt halten, wie z. Bin folgenden:


Eine | kurze | Spanne | Zeit etc.


will man den Zweck der Cäsur nicht verfehlen, weil dadurch der Vers matt wird und eine unrhythmische Einförmigkeit entsteht, welche grade vermieden werden soll.

Quelle:
Brockhaus Bilder-Conversations-Lexikon, Band 1. Leipzig 1837., S. 390.
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