Chezy, Wilhelmine Christiane von

[354] Chezy, Wilhelmine Christiane von, eine Enkelin der berühmten Karschin, ist zu Berlin am 26. Januar 1783 geboren und eine Tochter Karl Friedrich's von Klenke. Ihre erste Erziehung gedieh unter der Leitung ihrer vortrefflichen Mutter auf das Erfreulichste; noch im zarten Mädchenalter strebte der Geist schon gewaltig empor in den Himmel der Dichtung. 1799 vermählte sie sich mit Herrn von Hastfer, allein bereits 1801 wurde diese unglückliche Ehe getrennt, und die junge Witwe begab sich auf die Einladung der Gräfin Genlis (s. d.), die sie in Berlin kennen gelernt hatte, nach Frankreich, wo sie ein Jahr zubrachte, und die »Empfindungen und Erfahrungen einer jungen Deutschen in Paris« schrieb. Kurz nachher lernte sie im Hause Friedrich Schlegel's ihren zweiten Gemahl, Anton Leonhard von Chezy, den rühmlichst bekannten Professor des Sanskrits in Paris, kennen. Sie blieb bis 1810 in Frankreich und studirte mit unermüdetem Eifer die alten und neuen, ja sogar die morgenländischen Sprachen. Mit Bewilligung des Herrn von Chezy, kehrte sie darauf nach Deutschland zurück, und nahm ihren Wohnsitz zu Darmstadt, wo sie ihre »auserlesenen Schriften« zum Besten der im Befreiungskriege Verwundeten schrieb, und sich durch edle Wohlthätigkeit und unausgesetzte Sorge für die Spitäler und Lazarethe am Rhein hochverdient machte. Die »Gedichte der Enkelin der Karschin« erschienen 1812, schätzbare »Uebersetzungen schottischer Lieder und Romanzen« 1818, und Beiträge von ihrer gewandten Feder fast in allen belletristischen Zeitschriften und Taschenbüchern. Während ihres mehrjährigen Aufenthalts in Dresden, wohin sie sich 1817 wandte, dichtete sie den Text zu K. M. v. Weber's Euryanthe. Herr von Chezy starb 1832 in Paris an der Cholera. Seine Witwe lebt gegenwärtig in Wien.

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Quelle:
Damen Conversations Lexikon, Band 2. Leipzig 1834, S. 354-355.
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