Gewitter

[423] Gewitter. Bei allen Völkern des Alterthums wurden Gewitter für Drohungen zürnender Götter gehalten. Die Sage läßt in Gewittern die Götter den Menschen erscheinen, Helden zu ihren Wohnsitzen aufnehmen, frevelnde Völker erschrecken, und den Olymp stürmende Riesen mit brüllendem Wetterstrahl zum Hades hinabstürzen Gebildete Völker halten Gewitter für wohlthätige Erscheinungen, welche die erstickende Luft kühlen und das schmachtende Erdreich mit Strömen des Segens tränken. Gewitter entstehen meist aus Dünsten, die sich zu Wolken vereinigen und nachdem sie die äußerste elektrische Spannung[423] erlangt haben, sich entladen. Die durch den Blitz (s. d.) geschwungene oder erschütterte Luft erzeugt den Donner. Nach der kürzeren oder längeren Pause zwischen dem vorausgehenden Blitz und dem nachfolgenden Schlag läßt sich die Nähe oder Entfernung des Gewitters abnehmen. Man sagt: »der Wind bringt das Gewitter;« »das Gewitter kommt nicht herauf, zieht seitwärts oder vorüber;« weil der Wind, Flüsse und Strömungen, Bergschluchten und Vorsprünge der Berge oder Wetterscheiden, den Zug der Gewitter bestimmen. So ungewiß die Physiker in der Erklärung der Ursachen der Gewitter sind, so ist doch unläugbar, daß in ihnen die Elektricität am mächtigsten wirkt, und ihr deßhalb auch die Entstehung derselben zugeschrieben werden muß. Ihre Wirkungen sind erquickend für die ganze Natur. Alle Vegetation wird verjüngt, die drückende Schwüle in ätherische Kühlung verwandelt, und die Luft von Dünsten befreiet. Jedes Wesen fühlt sich neubelebt.

K.

Quelle:
Damen Conversations Lexikon, Band 4. [o.O.] 1835, S. 423-424.
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