Rheims

[402] Rheims. Eine dichte Rebenguirlande mit vollen dunkelrothen Champagnertrauben umzieht das ganze, alterthümliche Bildchen der berühmten Krönungsstadt der franz. Könige, sammt dem sonnenverklärten Hintergrunde der Ebene an der Vesle. Auf den breiten, reinlichen Straßen, in den meist antik gebauten, doch gemüthlich eingerichteten Häusern, vor der schönen Façade des Rathhauses, in den Hörsälen des Lyceums oder der Akademie der Wissenschaften, in den beträchtlichen Seiden- und Wollfabriken, unter dem römischen Triumphbogen, auf dem eleganten Königsplatze etc., tummeln sich 40,000 Ew. Aber dort erhebt sich stolz, wie ein Kaiser im Ornate, die Kuppel des gothischen Doms, und eine Prozession bewegt sich langsam, den Erzbischof-Primas an der Spitze, durch das hohe Portal. Drinnen auf dem weihrauchduftenden[402] Hauptaltar ruht im goldenen Reise der ersten karolingischen Krone die Büchse mit dem heil. Salbungsöle, und darüber hin wieder die Lilien Frankreichs. Welch' prächtiger Krönungszug! Karl VII. ist es, der eben den räuberischen Engländern Reich und Ehre wieder entrissen, – und vor ihm her mit dem Panier schreitet Johanna d'Arc, die Jungfrau von Orléans (s. d.). Es war am 29. Mai 1825, als in eben diesem Dome der unglückliche Nachkömmling Karl's VII., der Zehnte desselbigen Namens, nach altherkömmlicher Sitte mit dem heiligen Oele gesalbt wurde. Seitdem verschwanden die Lilien auch aus diesen Krönungshallen.

Quelle:
Damen Conversations Lexikon, Band 8. [o.O.] 1837, S. 402-403.
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