Riesen

[411] Riesen Der Begriff von übermenschlich großen und starken Wesen geht durch die Mythengeschichte fast aller Völker, und beinahe in allen bilden sie eine Gegenpartei der Götter, ein widersetzliches, dem Guten feindseliges Geschlecht. In indischen und persischen Mythen sehen wir Riesenkämpfe, bei den Griechen treten Titanen und Giganten auf, die gegen die Götter Krieg erheben, in der ägyptischen Mythe ist der Riese Typhon das götterfeindliche Princip. Der scandinavische Mythus nennt Eisriesen und Feuerriesen unter Hrimer's und Suttung's Führung, dann Jöten, [411] Trollen etc. und selbst die Bibel erzählt von R. Namentlich in der deutschen Mythe finden wir eine Menge Benennungen, die von R. abgeleitet sind, und zu denen der allverbreitete Volksglaube Anlaß gab, daß in früherer Zeit ein stärkeres und größeres Menschengeschlecht gelebt habe, welche anstaunenswerthe Werke der Kraft hervorgebracht. Wir haben Riesenmauern, -Brücken, -Dämme etc. und aus der nordischen Mythe steigt die Riesensage durch alle Umwandlungen bis in unser Kindermährchen herab. Knochen vorweltlicher Thiere hielt die leichtgläubige Vorzeit für Riesengebeine, und in mehr als einer deutschen Kirche wurden Mammuth- oder Wallfischribben als Riesenknochen aufgehängt. In der deutschen Sagenwelt stehen die R. als Gegensatz zu den Zwergen da; das rohe, plumpkräftige, tölpisch-gutmüthige Geschlecht dem listigen, verschlagenen und höhnischen gegenüber, während die Menschen die edlere Mitte zwischen beiden behaupten. Hohe Gebirge mit einsamem Geklüft dachte man sich als Riesenwohnsitze. Häufig kommt auch der Name Hüne, Heune statt R. vor, der auch noch an mancher Bergspitze, mancher Höhle haften blieb. In den Bereich der Alterthumsforschung gehören die: Riesenbetten, Riesensärge, auch Riesengräber, Hünengräber (s. d.). Eigentliche Riesenbetten finden sich nur im nördlichen Deutschland, und bestehen aus großen Stein-Sarkophagen von höchst einfacher Structur, welche von starken Platten zusammengesetzt sind, um den Leichnam aufzunehmen. Sie enthalten meist Urnen, wohlerhaltene Geräthschaften der Mitgabe, und unverbrannte Skelette.

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Quelle:
Damen Conversations Lexikon, Band 8. [o.O.] 1837, S. 411-412.
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