Taubheit

[45] Taubheit. Mit bleichem Antlitz, alle Züge krampfhaft gespannt, sitzt er eben am Pianoforte. Lautlos steht die Menge um ihn und lauscht selig und zugleich fast ängstlich den gewaltigen Tönen. Wild wühlen des Spielers Finger in den Saiten umher; die grellsten Mißtöne gehen durch schroffe Intervallen zu bangklagenden Akkorden über; ein tödtlicher Schmerz starrt thränenlos aus jedem Tactschlage hervor... ach, eben vertraut der Spieler dem zitternden Instrumente sein unendliches Leid an; Meister der Töne, sind ihm doch auf immer Polyhymnia's Reiche verschlossen. Ach, er ist – taub; Beethoven (s. d.) ist's, – er theilet das Schicksal so vieler Tonkünstler. – Doch in allen Ständen und Altern haust das furchtbare Uebel der T., mag sie nun bloße Schwerhörigkeit oder vollkommener Mangel des Gehörs sein. Die Grade der Schwerhörigkeit bis zur completen T. sind sehr zahlreich und durch ein eigenes dazu eingerichtetes Instrument, den Akumeter, nach Graden zu messen. Ebenso mannigfaltig wie die Ursachen des Uebels, sind auch die Heilmittel. Als Palliativmittel zur Erleichterung der Schwerhörigkeit bedient man sich der Hörrohre.

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Damen Conversations Lexikon, Band 10. [o.O.] 1838, S. 45.
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