Chaos

[178] Chaos (von chainein, gähnen): ungeordneter Weltzustand ohne Bestimmtheit, Gesetzmäßigkeit, Harmonie der Vorgänge, Urzustand des noch ungeformten Weltstoffes, Weltraumes. In noch mythischer Weise lehrt HESIOD, von allem sei zuerst das Chaos entstanden (pantôn men prôtista chaos genet', autar epeita Gai' eurysternos, Theog. V, 116; ek chaeos d' 'Erebos te melaina te Nyx egenonto (l.c. V, 123). Nach ANAXAGORAS wird das Chaos durch den Geist (nous, Diog. L. II, 6) gestaltet. PLATO nimmt (im Tim. 30 A ff.) eine chaotische Masse (kinoumenon plêmmelôs kai ataktôs) und (im Philebus) ein Unbestimmtes (apeiron, (s. d.)) an. Gegen die Annahme eines ursprünglichen Chaos erklärt sich ARISTOTELES (De coel. 2). OVID spricht von der »rudis indigestaque moles« (Met. I, 7). Nach NIETZSCHE ist die Welt an sich ein Chaos von Vorgängen ohne Zwang und Gesetze (WW. V, 109, vgl. XV, 319). P. MONGRÉ erblickt in der empirischen Welt einen von unserem Bewußtsein vollzogenen »Ausschnitt aus dem gesetzlosen Chaos« (Das Chaos in kosm. Ausl. 1898).

Quelle:
Eisler, Rudolf: Wörterbuch der philosophischen Begriffe, Band 1. Berlin 1904, S. 178.
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