Paracelsus, Aureolus Theophrastus Bombastus

[525] Paracelsus, (Philippus) Aureolus Theophrastus Bombastus (von Hohenheim-Paracelsus), geb. 1493 in Einsiedeln (Schweiz), als Sohn eines Arztes, wurde Doktor der Medizin, unternahm viele Reisen, war 1526-27 Professor in Basel, führte dann ein unstetes Leben und starb 1541 in Salzburg. Wenn er auch von einer gewissen Charlatanerie nicht freizusprechen ist, ist doch sein Charakter nicht so schwarz gewesen, wie man es vielfach geglaubt hat. Durch seine Bekämpfung veralteter Heilmethoden und der Autorität des Galen und Avicenna und durch seine Auffassung der Krankheit als Wirkung von dem Organismus feindlichen Prinzipien, gegen welche die Lebenskraft zu stärken ist, hat P. große Bedeutung für die Geschichte der Medizin. Diese ist ihm die höchste Wissenschaft und hat vier Säulen: die Philosophie, die Astronomie, die Alchymie und die Theologie, da der Mensch verschiedenen Welten angehört.

Das Erkennen muß sich (durch das »natürliche Licht geleitet«) an die (methodische) Erfahrung halten, die aber von P. schließlich im Sinne einer dynamisch-organisch-panpsychistischen Naturphilosophie gedeutet wird. Die Philosophie ist nichts anderes als die »unsichtige Natur« und hat die Natur zu ihrem Objekt, den Mikrokosmus (den Menschen) und den Makrokosmus, die wechselseitig auseinander zu erklären sind. Der Mensch ist ein Auszug, die »Quintessenz« aller Wesen und Kräfte, in ihm ist der Mikrokosmus enthalten und er in diesem. Der Mensch ist ein Bild des Alls. Erkannt wird die Natur nur durch Vereinigung von Experiment und Spekulation, durch geistige Verarbeitung der Erfahrung.

Hervorgegangen sind alle Dinge aus der Ursubstanz (dem »limus« oder »limbus mundi«, dem »mysterium magnum«, »yliaster« oder »hyaster«), in welcher die Keime zu allem lagen. Zuerst schieden sich hieraus die vier Elemente (Feuer, Wasser, Erde, Luft), dann aus dem Feuer die Gestirne, aus der Luft die Elementargeister, aus der Erde (»limus terrae«) die anorganischen und organischen Wesen. Diese Entwicklung fand unter der Einwirkung des[525] göttlichen Geistes statt. Alle Welten und Dinge stehen in einer wechselseitigen Harmonie und Sympathie, beeinflussen einander. Die Elemente der Dinge bestehen aus den Substanzen Mercur (Quecksilber), Sal (Salz) und Sulphur (Schwefel) bzw. aus Stoffen mit Eigenschaften, welche denen der genannten Substanzen analog sind. Jeder sichtbare Körper ist die Hülle eines unsichtbaren, »astralischen« Leibes, eines »Geistes« (»spiritus«), der ihn beseelt (Panpsychismus). Die geistige Naturkraft in den Elementen heißt »Vulcanus«, der »Geist« in den Körpern aber »Archeus«. Dieser wirkt in den Dingen als gestaltende und erhaltende Kraft unbewußt zweckmäßig und ist im Menschen die Lebenskraft, welche in den Organen tätig ist und im Magen wie ein Chemiker sich verhält. Diesen Archeus im Kampf gegen die Krankheit zu stärken, ist die Aufgabe der Medizin. Außer dem vergänglichen Körper und (dem ätherartig zu denkenden) »Geist« besitzt der Mensch auch eine unsterbliche Seele, die aus der »dealischen« Welt stammt. Durch die Taufe wird im Menschen ein himmlischer Leib erzeugt, der in der Auferstehung zur vollendeten Existenz gelangt.

Zu den Anhängern des P. gehören A. Bodenstein, O. Croll, G. Dorn und andere Ärzte, ferner sind von ihm beeinflußt: R. Fludd, J. B. van Helmont u. a., auch Goethe (vgl. »Faust«).

SCHRIFTEN: Paramirum. Paragranum (hrsg. von Strunz, 1903). – Philosophia magna. De fundamento sapientiae. Liber Azoth. De imaginibus u. a. Werke, 1658. – Rixner und Siber, Leben und Lehrmeinungen berühmter Physiker des 16. und 17. Jahrhunderts I, 1819. – Vgl. J. HARTMANN, Grundriß der Lehren des P., 1898. – F. STRUNZ, Th. P., 1903. – SUDHOFF, Versuch einer Kritik der Paracelsischen Schriften, 1894-99.

Quelle:
Eisler, Rudolf: Philosophen-Lexikon. Berlin 1912, S. 525-526.
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