Stern, M. L.

[715] Stern, M. L., geb. 1844 in Waag-Neustadtl, Rabbiner in Trebitsch, gest. 1908 in Wien.[715] S. vertritt einen (von den Eleaten, Kant, Herbart u.a. beeinflußten) Monismus. Die Anschauungsformen (Raum und Zeit) und die Kategorien sind subjektiv, das an sich der Dinge ist nicht absolut erkennbar. Aber die Erscheinungen beruhen auf realen Beziehungen zwischen den Dingen An sich und dem Subjekt, so daß jeder Verschiedenheit der empirisch-phänomenalen Welt eine Verschiedenheit im an sich entspricht. So erkennen wir die Dinge in sich in symbolischer Weise. Die Materie ist das »Resultat der Beziehung des Dinges an sich... zu unserem Wahrnehmungsorgane«. Die an sich raum-, zeit- und kausalitätslosen Dinge erscheinen uns raum-zeitlich-kausal. An sich gibt es kein Werden, Ursache und Wirkung sind hier eins, identisch; hier ist die Verursachung als Kombination von Ursachen, die in ihrer Gesamtheit mit der Wirkung identisch sind, in sie eingehen, zeitlos aufzufassen. Das Sein an sich ist ohne Werden, ist zeitlos, erscheint aber als zeitlich. »Alles ist«, auch das Vergangene und Zukünftige (»Positiver Pantheismus«). Dem Psychischen und dem Physischen liegt ein Identisches zugrunde, welches ihre Wechselwirkung vermittelt. Die Gesetze sind ein Ausdruck der Beziehungen der Dinge selbst, keine äußerlich zwingenden Mächte, so daß eine Willensfreiheit möglich ist. Die Ethik ist nach S, die Physik des Wollens, des Geistigen. Das menschliche Wollen begehrt Entwicklung der Persönlichkeit, ist Streben nach Geistesinhalt. Unsterblich ist die Persönlichkeit als unveränderlicher Teil im Inhalt der allgemeinen »Existenz«, im All, in Gott.

Schriften: Die Lösung der sozialen Frage. – Die Philosophie u. Anthropogonie des Prof. Dr. E. Häckel, 1879. – Philosoph. u. naturwissenschaftlicher Monismus, 1885. – Monistische Ethik, 1911, u.a. – Vgl. V. STERN, Die Philosophie meines Vaters, Arch. f. systemat. Philos. XVI, 1910.

Quelle:
Eisler, Rudolf: Philosophen-Lexikon. Berlin 1912, S. 715-716.
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