Verbrechen gegen den Frieden.

[607] Keitel und zwei andere Generale nahmen an der Besprechung mit Schuschnigg im Februar 1938 teil. Er gab zu, daß ihre Anwesenheit eine »militärische Demonstration« darstellte; da er aber erst gerade eine Woche vorher zum Chef des OKW ernannt worden war, hätte er nicht gewußt, warum er zur Unterredung zugezogen worden sei. Danach fuhren Hitler und Keitel fort, mittels falscher Gerüchte, Rundfunksendungen und Truppenübungen einen Druck auf Österreich auszuüben. Keitel sorgte für die militärischen und anderen Maßnahmen und Jodl vermerkte in seinem Tagebuch: »Die Wirkung ist schnell und stark«.

Als Schuschnigg seine Volksabstimmung ausschrieb, berichtete Keitel in jener Nacht Hitler und seinen Generalen, und Hitler gab den von Keitel paraphierten Befehl für den »Fall Otto« aus.

Am 21. April 1938 erwogen Hitler und Keitel die Ausnützung eines etwaigen »Zwischenfalles«, wie zum Beispiel die Ermordung des deutschen Gesandten in Prag, zur Einleitung des Angriffs auf die Tschechoslowakei. Keitel unterzeichnete viele Anordnungen und Denkschriften über den »Fall Grün«, einschließlich der Anordnung vom 30. Mai, die Hitlers Erklärung enthielt: »Es ist mein unabänderlicher Entschluß die Tschechoslowakei in absehbarer Zeit durch eine militärische Aktion zu zerschlagen.« (388-PS, US-26). Nach München paraphierte Keitel Hitlers Befehl zum Angriff auf die Tschechoslowakei, und gab zwei Ergänzungen dazu. Die zweite Ergänzung besagte, daß der Angriff der übrigen Welt als »eine reine Befriedungsaktion und nicht als eine kriegerische Unternehmung erscheinen solle« (C-138, US-105). Der Chef OKW war bei den Unterhandlungen zwischen Hitler und Hacha, die mit der Kapitulation des letzteren endeten, zugegen.

Keitel war am 23. Mai 1939 dabei, als Hitler seinen Entschluß »Polen bei der ersten geeigneten Gelegenheit anzugreifen« (L-79, US-27) bekanntgab. Damals hatte er bereits den Befehl, der die Wehrmacht dazu aufforderte, die Aufmarschtabelle6für den »Fall Weiß« dem OKW bis zum 1. Mai zu unterbreiten, unterzeichnet.

Am 12. Dezember 1939 besprach er mit Hitler, Jodl und Raeder die Invasion Norwegens und Dänemarks. Durch Befehl vom 27. Januar 1940 wurden die Pläne bezüglich Norwegens unter Keitels [607] »unmittelbare und persönliche Leitung« (C-63, GB-67) gestellt. Hitler hatte am 23. Mai 1939 erklärt, daß er die Neutralität Belgiens und der Niederlande nicht achten würde, und Keitel unterzeichnete die Befehle für die entsprechenden Angriffe am 15. Oktober, 20. November und 28. November 1939. Befehle, welche diese Angriffe 17mal, bis zum Frühjahr 1940 verschoben, waren alle von Keitel oder von Jodl unterzeichnet.

Der Entwurf endgültiger7 Pläne für Griechenland und Jugoslawien war im November 1940 begonnen worden. Am 18. März 1941 hörte Keitel, wie Hitler zu Raeder sagte, die vollständige Besetzung Griechenlands sei eine Vorbedingung für eine Regelung, und ebenso hörte er am 27. März, wie Hitler die Vernichtung Jugoslawiens »mit unerbittlicher Härte« (1746-PS, GB-120) befahl.

Keitel hat ausgesagt, daß er sich der Invasion der Sowjetunion aus militärischen Gründen, und auch weil dies eine Verletzung des Nichtangriffspaktes darstellen würde, widersetzt hätte. Nichtsdestoweniger paraphierte er den von Hitler am 18. Dezember 1940 unterzeichneten »Fall Barbarossa«, und wohnte der Besprechung des OKW mit Hitler am 3. Februar 1941 bei. Keitels Ergänzungen vom 13. März regelten das Verhältnis zwischen den militärischen und den politischen Offizieren. Am 6. Juni 1941 gab er seine Aufmarschtabelle8für die Invasion heraus, und war bei der Besprechung vom 14. Juni, bei der die Generale ihre endgültigen Berichte vor dem Angriff machten, dabei. Er ernannte Jodl und Warlimont zu Vertretern des OKW bei Rosenberg für alle die Ostgebiete betreffenden Angelegenheiten. Am 16. Juni befahl er allen Einheiten des Heeres,9die von Göring im sogenannten »Fall Grün«10 herausgegebenen wirtschaftlichen Richtlinien für die Ausbeutung von russischen Gebieten, Nahrungsmitteln und Rohprodukten11 durchzuführen.


Quelle:
Der Prozeß gegen die Hauptkriegsverbrecher vor dem Internationalen Gerichtshof Nürnberg. Nürnberg 1947, Bd. 22, S. 607-608.
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