Jahreseinteilung und Jahreszeiten

[447] Jahreseinteilung und Jahreszeiten. Neben der Einteilung des Jahres in 12 Monate (siehe den Artikel Monatsnamen) läuft eine andere, wohl ursprünglichere Jahreseinteilung in 2, 3 oder 4 grössere Komplexe. Die Zweiteilung teilt das Jahr in Sommer und Winter, wobei als Fixpunkte Winteranfang (Michaelis = 29. September, dann auch auf Martini = 11. November verschoben) und Sommeranfang (Ostern, wegen der Beweglichkeit dieses Festes gern auf Georg = 23./24. April, Walpurgis = 1. Mai, dann auch auf den halben Mai verschoben. Auch finden sich die Termine Mitwinter (Weihnachten = 25. Dezember) und Mitsommer (Johannis = 24. Juni) als Repräsentanten dieser Zweiteilung. Winter und Sommer oder Umschreibungen dafür wie im rise und im lobe, bi strô und bi grase finden sich oft in deutschen Rechtsquellen einander gegenübergestellt und spielen im Sprichwort, in Redensarten, im Volkslied und in dem weitverbreiteten Spiele von Sommer und Winter eine grosse Rolle.

Schon Tacitus erwähnt, Germ. 26, eine Dreiteilung des Jahres in Winter, Lenz und Sommer. Die Termine sind verschieden, doch herrschten Mitwinter oder Winteranfang, Ostern und Mitsommer vor.

Die Vierteilung des Jahres ist eine zweifache, je nachdem man den Eintritt der die Jahreszeiten charakterisierenden Witterung oder die diese Witterung begründende Himmelserscheinung, aequinoctium oder solstitium, als Beginn der Jahreszeit betrachtete. Der ersten Auffassung entsprechen die Termine Lichtmess (2. Febr.) oder Kathedra (Stuhlfeier) Petri (22. Febr.), die Lateiner (Mamertus, Pankratius und Servatius am 11., 12., 13. Mai) oder Urban am 25. Mai; Mariä Himmelfahrt, 15. Aug. oder Bartholomäus, 25. August; Martini, 11. Nov., Elisabeth, 19. Nov., oder Clemens, 22. Nov. Die letztere Auffassung machte die Termine Ostern, Johannis, Michaelis und Weihnachten zu Vertretern der astronomischen Jahrpunkte, indem der Gebrauch des bürgerlichen Lebens Frühlings- und Herbstanfang von den astronomischen Fixpunkten, 25. März und 24. September, auf die naheliegenden grösseren Feste verschob.

Eine andere Jahreseinteilung gaben die vierteljährigen gebotenen Fasttage, die angaria oder quatuortempora, Quatember, die wegen ihrer strengen Fastenordnung tief in das bürgerliche Leben eingriffen. Die Termine für das Eintreten dieser Fasten sind die Mittwoche vor Reminiscere und vor Trinitatis, nach Kreuzerhöhung (14. September) und nach Lucia (13. Dezember). Ihre Dauer ist einschliesslich des Freitags,[447] der ja stets ein Fasttag ist, von Mittwoch bis zum Sonnabend inklusiv. Ihre Bezeichnung ist quatuor tempora, quatertember, quatember, quartal, vierzeiten, angaria, fronfasten, goldfasten, weichfasten. Grotefend, Handb. der Chronologie, § 13. Über bildliche Darstellungen der Jahreszeiten vgl. Piper, Mythol. u. Symbolik, II. 313–346.

Quelle:
Götzinger, E.: Reallexicon der Deutschen Altertümer. Leipzig 1885., S. 447-448.
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