Stuhl

[959] Stuhl. Wie andere jetzt notwendige Zimmergeräte kommt der Stuhl im früheren Mittelalter noch selten vor, eigentlich nur als Pracht- und Thronstuhl für hohe Würdenträger, etwa auch als Ehrensitz für den Hausvater und für Fremde. Die Familie setzte sich auf Schemel, Bänke, Truhen oder Hütschen, Klappstühle und Sessel. Am Schlusse des 11. Jahrhunderts findet man, zwar immer noch nur bei Vornehmen, Schemel mit Rückenlehnen, also Holzstühle im täglichen Gebrauch. Im 13. Jahrhundert wird die Sitzplatte sechs- bis achteckig und das Gerät hat entsprechend die gleiche Zahl von Stützen oder Beinen. Für den Richterstuhl dagegen besteht aus der gleichen Zeit die Vorschrift, dass er vierbeinig sein soll, und ebenfalls im 13. Jahrhundert fertigte man auch schon Stühle aus dünnen Eisenstäben, bereitete den Sitz aus Riemen oder Gurten und legte Kissen auf dieselben. Überaus kostbar waren schon die byzantinischen und römischen Prachtstühle, und sie blieben es durch das ganze Mittelalter. Die Rücklehnen waren besonders hoch und mit köstlichen Schnitzereien geziert, ihre Säulen sowohl wie die Füsse mehr oder minder geschmackvoll geschweift und gedrechselt. War das Holzwerk weniger kostbar, so überdeckte man es von oben bis unten mit einem gestickten oder gewirkten Überzug. Der Prachtstuhl stand nie frei, sondern meist vor der Mitte einer Wand.

Quelle:
Götzinger, E.: Reallexicon der Deutschen Altertümer. Leipzig 1885., S. 959.
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