Wahrzeichen

[1061] Wahrzeichen. mhd. warzeichen, zu mhd. die war = Achtsamkeit, also Zeichen zur Achtsamkeit, schon im Mhd. gern mit wortzeichen zusammengestellt. Man versteht darunter gewisse Denkmale und Kuriosa, die in oder an Kirchen und andern öffentlichen Orten einer bestimmten Stadt angebracht sind. Sie bestehen entweder in Baudenkzeichen, und sind dann teils Schlusssteine, namentlich an Brücken, teils zu tage gelegte Grundstücksbezeichnungen, Bauamulette, z.B. die Hufeisen, Fusssohlen, Kreuze, Köpfe, teils aber nur Bauhütten- oder Steinmetzzeichen, teils Schlüssel alter Bausagen, oder sie sind aus eigentlichen Landesgerichtszeichen entstanden, oder endlich aus den missverstandenen ältesten, ursprünglichen Städtewappen hervorgegangen. Diese Wahrzeichen spielten in der Geschichte der Gewerbsverbände eine grosse Rolle, indem die zuwandernden Gesellen oder Knechte sich dem Altgesellen gegenüber durch die Kenntnis der Wahrzeichen über den Aufenthalt in andern Städten ausweisen mussten. Es war daher Erfordernis, dass jeder Handwerksgeselle oder Knecht, sobald er in einer Stadt in Arbeit kam oder auch nur das Geschenk erhielt, sich das Wahrzeichen der Stadt besah und sich die dazu gehörigen Gedenkverse einprägte, damit er im gegebenen Falle das Examen bestehen konnte. Die Kenntnis der Wahrzeichen vertrat daher gleichsam das spätere Wanderbuch. W. Schäfer, Deutsche Städtewahrzeichen. Leipzig 1858.[1061]

Quelle:
Götzinger, E.: Reallexicon der Deutschen Altertümer. Leipzig 1885., S. 1061-1062.
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