Diomédes [1]

[938] DIOMÉDES, is, ( Tab. XII.) des Mars und der Cyrene Sohn, König der Bistonen, einer kriegerischen Nation in Thracien. Apollod. lib. II. c. 4. §. 8. Er hatte vier Pferde, welche Podargus, Lampus, Xanthus und Dinus hießen. Hygin. Fab. 311. Sie waren so arg, daß sie nicht nur an eiserne Ketten gebunden werden mußten, und eherne Krippen hatten; sondern auch, statt des sonst gewöhnlichen Futters, lauter Menschenfleisch fraßen, wozu Diomedes alle Fremden abschlachtete, die er ertappen konnte. Diod. Sic. lib. IV. c. 15. p. 155. sq. Es soll sich die Vorstellung davon auf einem geschnittenen Steine befinden, wo vier Pferde bey einer Baare stehen, auf welcher ein todter Mensch vor ihnen liegt, dem das eine Pferd die Brust anbeißt. Zur Rechten ist ein Palmbaum und zur Linken ein Mensch, der ein Gefäß in der Hand trägt. Lipperts Dactylioth. II Taus. 98. Eurystheus befahl dem Herkules ihm diese Pferde lebendig zu holen, welcher sich denn mit einem Haufen freywilliger Gefährten, in solcher Absicht, nach Thracien machte, und die Pferde wegnahm. Man sieht solches noch auf einer nicäischen Münze des Antonins; Frœlieh. tent. p. 266. desgleichen auf einem geschnittenen Steine vorgestellet. Winkelman. Mon. ant. 69. p. 94. Als nun Herkules dieselben [938] nach dem Ufer der See trieb, so verfolgeten ihn die Bistonen: allein, da es zum Gefechte kam, so schlug er sie nicht nur in die Flucht, sondern erlegete auch den Diomedes dabey selbst. Die Vorstellung, wie Herkules den Diomedes erschlägt, hat man auf einer vortrefflichen Gemme, in welcher diese beyden Figuren in allen ihren Theilen überaus schön gegen einander abstechen, und durch ihre Anordnung eine herrliche Gruppe machen. Diomedes, der einen Helm auf dem Kopfe hat, ist bereits niedergeschlagen und liegt halb auf der Erde gestreckt. Der linke Arm, in dessen Hand er den Schild hält, der ihm zu entfallen scheint, senket sich kraftlos noch etwas erhaben längst dem Leibe hin, über welchem Herkules mit gespreizten Beinen steht, der in beyden Händen die Keule über den Kopf erhaben hat und gleich den tödtenden Schlag thun will. Mariette des pier. gr. T. II. P. I. t. 77. Herkules büßete aber dabey doch seinen Liebling, den Abderus, ein, welcher besagte Pferde währendes Gefechtes verwahren sollte, allein von solchen immittelst zerrissen und gefressen wurde. Apollod. loc. cit. Auf einem geschnittenen Steine wirft ihn Diomedes selbst seinen Pferden zum Fressen vor. Winkelm. l. c. Mon. 68. p. 93. Wie aber einige besagten Abderus zu des Diomedes Diener machen, und wollen, daß ihn Herkules selbst mit erleget: Hygin. loc. cit. also wollen hingegen auch andere, daß er den Diomedes selbst seinen Pferden, zur Strafe, vorgeworfen habe, weil er solche, die Menschen zu fressen, abgerichtet. Indessen brachte sie doch Herkules dem Eurystheus, welcher sie der Juno widmete; und es soll die Zucht davon noch bis auf Alexanders des Großen Zeiten übrig gewesen seyn. Diod. Sic. loc. cit. Wie es aber nicht wahrscheinlich ist, daß Pferde Fleisch fressen sollen: also deuten solches einige dahin, daß Diomedes deren so viel gehalten, daß sie ihn endlich arm, und also gleichsam aufgefressen Palæphat. de Incredib. c. 4. Andere wollen, daß sie so wild gewesen, daß sie niemand, als Herkules, [939] bezwingen und zur Arbeit bringen können. Heraclit. de iisd. c. 31. Allein, da solche Pferde Stutten gewesen seyn sollen, Apollod. & Diod. Sic. ll. cc. so wollen einige noch lieber vier Töchter des Diomedes aus ihnen machen, welche ein sehr lüderliches Leben geführet, und alle Fremden, die ihnen in die Hände gerathen, gleichsam gefressen, indem sie dieselben um alles Ihrige gebracht, bis endlich Herkules sie und den Vater aus dem Wege geräumet habe. Balth. Bonifac. ap. Banierium Entret. XVII. ou P. II. p. 224. Dess. Erl. der Götterl. IV B. 616 S. Nach andern sollen sie sehr häßlich gewesen seyn, und Diomedes seine Gäste genöthiget haben, sich mit ihnen einzulassen, worauf er sie denn hernach umgebracht. Erasmi Adag. Chil. p. 531. Es kann dieses noch daher einige Wahrscheinlichkeit gewinnen, daß Diomedes die Fremden sehr freundlich aufgenommen, darauf mit einem zugerichteten Weine vollgesäust, und, wenn sie alsdann in den Schlaf gefallen, erst erwürget, und darnach sein en Pferden zu fressen gegeben haben soll. Albricus de Imag. Deor. c. 22.

Quelle:
Hederich, Benjamin: Gründliches mythologisches Lexikon. Leipzig 1770., Sp. 938-940.
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