Lucifer, S. (1)

[896] 1S. (?) Lucifer, (20. Mai), auch Luciferus215, Bischof von Cagliari (Calaris) in Sardinien, wurde am Anfange des 4. Jahrh. in dieser [896] Stadt selbst geboren. Der Bollandist Papebroch, welcher am 20. Mai (Ed. Antwerp. V. 197*) ausführlich von ihm handelt, führt (nr. 2.) einen Schriftsteller an, der aus Grabmälern, die in Cagliari gefunden wurden, nachweist, daß die edle Familie der Luciferi in Cagliari schon zu Zeiten der Römer bestanden habe und daß aus ihr vier hhl. Martyrinnen mit dem Namen Lucifera, und ein Priester und Martyrer Lucifer hervorgegangen seien (S. S. Lucifer2). Nach demselben Schriftsteller sollen seine Eltern unter Diocletian und Maximinian den Martertod erlitten haben; er selbst aber soll ein Schüler des hl. Bischofs Eusebius24 von Vercelli gewesen und in der griechischen und hebräischen Sprache sehr bewandert gewesen seyn. Seine Talente und wissenschaftlichen Kenntnisse, so wie seine Lebensstrenge machten ihn würdig, den bischöflichen Stuhl einzunehmen. Ob er wirklich vom hl. Papst Julius17 in Rom zum Bischof geweiht worden sei, ist ungewiß; gewiß aber ist, daß Papst Liberius ihn dem hl. Bischofe Eusebius von Vercelli als einen kräftigen Vertheidiger der Kirche empfohlen habe. Da nämlich die Kirche den äußeren Frieden erlangt hatte, kamen die inneren Feinde, und zwar vorerst die Arianer, welche besonders gegen den hl. Athanasius8 mit größter Feindschaft wütheten. Unser hl. Lucifer zeichnete sich aber durch seinen Eifer gegen die Arianer aus, und zwar vorzüglich im I. 355 auf dem Concil zu Mailand als Hauptvertheidiger des hl. Athanasius. Im Jahre vorher war er nämlich mit dem hl. Eusebius von Vercelli an den Kaiser Constantius gesandt worden, der den Winter in Arles zubrachte. Beide hatten den Auftrag, die Berufung eines Concils zu verlangen, auf welchem man mit Freiheit die damals den Frieden der Kirche störenden Angelegenheiten würde besprechen können. Constantius gewährte ihr Ansuchen und ließ für das kommende Jahr ein Concil nach Mailand berufen. Lucifer wohnte demselben als päpstlicher Legat bei; weil er sich aber unempfindlich gegen die Verheißungen und Drohungen der Arianer zeigte, die das Concil beherrschten, ließ ihn Constantius in seinen Palast kommen, in der Hoffnung, ihn für seine Sache zu gewinnen; als er aber nichts über ihn vermochte, warf er ihn ins Gefängniß. Als aber die rechtgläubigen Bischöfe erklärten, so lange an den Verhandlungen des Concils keinen Theil zu nehmen, bis der päpstliche Legat Lucifer freigelassen würde, setzte ihn der Kaiser in Freiheit. Durch nichts aber ließ er sich bewegen, die Verurtheilung des hl. Athanasius zu unterzeichnen, weßhalb ihn der Kaiser anfangs auf eine kurze Zeit nach Kappadocien und dann nach Germanicia in Syrien verbannte, wo Eudoxus (Lucifer nennt ihn Adorus), ein erklärter Arianer, Bischof war. Nachmals wurde er nach Eleutheropolis in Palästina verbannt, wo ihm der Bischof Eutyches, eben so ein leidenschaftlicher Arianer wie Eudoxus, alle Arten von Mißhandlungen anthat. Hier schrieb er nun sein Buch wider den Constantius und hatte den Muth, dasselbe dem Kaiser selbst zu übersenden, und vor Florentius, dem Großmeister des Palastes, sich freimüthig als den Verfasser desselben zu bekennen. Die unsanften Wahrheiten, die er darin dem Constantius sagte, sowie die Vertheidigung des hl. Athanasius, die er in einem zweiten Buche216 an den Tag treten ließ, reizten den Fürsten so auf, daß er ihn ins Innerste der Thebais verbannte. Dagegen belobte ihn der hl. Athanasius wegen seines Muthes, erbat sich seine Schriften und soll sie sogar ins Griechische übersetzt haben. Nach dem im I. 361 erfolgten Tode des Constantius erlaubte sein Nachfolger Julian ihm wie den übrigen verbannten Bischöfen die Rückkehr. Auf der Heimreise fand er die Kirche von Antiochia sehr getheilt; aber leider verstärkte er die dort herrschende Spaltung dadurch, daß er den hl. Paulin zum Bischof weihte, während von einer großen Anzahl Gläubigen der Stadt der hl. Meletius anerkannt war. Als diese uncanonische Weihe dem hl. Eusebius von Vercelli, der mit ihm aus dem Exil zurück kehrte, mießfiel, sonderte sich Lucifer von dessen Gemeinschaft ab, was überaus traurige Folgen nach sich zog. In seiner strengen Rechtgläubigkeit wollte er nicht nur mit den Vätern von Rimini, welche aus Einfalt und Uebereilung eine von den Arianern verfaßte zweideutige Glaubensformel unterschrieben hatten, keine Gemeinschaft haben, sondern auch nicht mit dem Papste, weil er diese wegen ihrer Reue und ihrer anerkannten Rechtgläubigkeit auf ihren [897] bischöflichen Stühlen belassen hatte und mit ihnen in Kirchengemeinschaft getreten war. Er hatte eine Menge eben so strenger Gesinnungsgenossen in Aegypten, Africa, Spanien, namentlich aber in Sardinien, welche dann nach ihm »Luciferianer«217 genannt wurden, die der hl. Hieronymus widerlegte. – Nach seiner Rückkehr nach Cagliari im I. 363 stand er seiner Heerde bis zu seinem im I. 370 oder 371 erfolgten Tode vor. Man kann ihm durchaus nichts vorwerfen, als das oben bezeichnete Schisma, und es ist wahrscheinlich, daß er es nicht als solches, sondern nur als eine Protestation gegen eine Nachsicht betrachtet habe, welche mit der Strenge seiner Grundsätze nicht im Einklange stand. Uebrigens dürfen die von Theodoret seinen Anhängern angeschuldigten irrgläubigen Grundsätze durchaus nicht auf seine Rechnung geschrieben werden. Außer seiner Schrift an Constantius hinterließ er auch noch mehrere andere Schriften, namentlich ein Werk des Inhalts: »Man dürfe die Ketzer nicht schonen und mit ihnen durchaus keine Gemeinschaft pflegen«; und: »Wir sind verpflichtet, für den Sohn Gottes zu sterben« etc.218 Sein Character, von Natur streng, ist in allen seinen Schriften sichtbar, und seine Ausdrücke sind nicht immer wohl abgemessen. Jedenfalls dürfen wir sicher glauben, daß er sein Unrecht wieder gut gemacht habe, da er seit vielen Jahrhunderten in Sicilien und Sardinien hohe Verehrung genießt und dort auch eine Menge Kirchen unter seinem Namen geweiht wurden. Die Bollandisten sprechen von einer sehr alten Kirche in der Nähe von Cagliari, dann von drei andern in der Diöcese, von denen eine in der Sprache der Sarden den Namen Santu Luxudu (Sanctus Lucifer) hat. Ein altes Kalendarium, welches ihn am 2. Mai erwähnt, sagt, daß er nach einem sehr heiligen Leben im orthodoxen Glauben gestorben sei. Der hl. Bischof soll auch viele Wunder gewirkt haben, von denen mehrere bei den Bollandisten angeführt sind, die auch keinen Anstand nehmen, ihn als »heilig« anzuerkennen. Er wird gewöhnlich in bischöflicher Kleidung sitzend dargestellt. Im J. 1615 wurde zu Cagliari eine unterirdische Kapelle des Heiligen, und im J. 1623 sein Leib entdeckt und mit großen Ehren erhoben219. Bei Ferrarius findet er sich am 18. Jan. Im Mart. Rom. ist er nicht enthalten; aber die Bollandisten behandeln ihn, wie gesagt, am 20. Mai, an welchem Tage jetzt sein Fest bei den Sarden gefeiert wird. (V. 197*–225*). St.


Quelle:
Vollständiges Heiligen-Lexikon, Band 3. Augsburg 1869, S. 896-898.
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