Stanislaus Hosius (4)

[360] 4Stanislaus Hosius (5. Aug.), vielleicht der größte oder doch einer der größten Männer, die Polen hervorgebracht hat (vgl. W. W. K.-L. VIII. 539 und V. 339, woraus diese Skizze größtentheils genommen ist), Cardinal der römischen Kirche im 16. Jahrh., dessen kirchliche Verehrung jedoch nicht feststeht. Er war am 5. Mai (Andere schreiben 8. April) des J. 1504 zu Krakau geboren. Sein Vater, aus dem schwäbischen Geschlechte der Hosen, hieß Ulrich, seine Mutter Anna war aus der damaligen Markgrafschaft (dem jetzigen Großherzogthum) Baden. Schon seine Jugendzeit brachte er in ernsten Beschäftigungen zu. Man sagte von ihm, daß er in seiner Vaterstadt nur zwei Straßen kannte, die zur Akademie und die zur Kirche. Später begab er sich zur Vollendung seiner Studien an die Universitäten von Padua, wo er mit dem nachmaligen Cardinal Reginald Polus bekannt wurde, und Bologna; hier nahm er die Doctorwürde beider Rechte. Nach [360] seiner Heimkehr versah er eine Zeit lang die Pfarrei Golup (eccl. Golupiensis). Da er wegen mangelnder Stimme nicht zu predigen vermochte, gab er eine große Zahl Predigten in den Druck, welche günstige Aufnahme fanden und großen Nutzen stifteten. Als Bischof von Kulm (seit dem J. 1549) und Ermeland (2. März 1501) zeigte er sich voll heiligen Seeleneifers, und wohnte, obwohl nicht verpflichtet, dem Provincialconcil bei, welches der Erzbischof Nicolaus III. Dzierpgowski von Gnesen zu Petrikan abhielt. Dieses gab ihm Veranlassung, sein vortreffliches Buch: Confessio christiana zu schreiben, das in alle Sprachen, selbst die arabische nicht ausgenommen, übersetzt wurde und beinahe zahllose Auflagen erlebte. Er machte überhaupt die größten Anstrengungen, die Irrlehren Luthers, die er schon als Jüngling in mehreren Gedichten verspottet hatte, auszurotten. Was größer gewesen sei: seine Begabung, oder seine Frömmigkeit, oder sein Glaubenseifer, oder sein Fleiß. oder sein Ansehen im Volke und bei den Großen, läßt sich nicht sagen. Kein Wunder, daß auch die Päpste auf den großen Mann aufmerksam wurden, so daß er von Paul IV. im J. 1558 nach Rom berufen und von ihm und Pius IV. zu den wichtigsten und schwierigsten Geschäften verwendet wurde. Letzterer ertheilte ihm daher am 26. Febr. d. J. 1561 in Anerkennung seiner Verdienste die Cardinalswürde. Nachdem er drei Jahre lang auf dem Concil von Trient für die Reinheit des Glaubens und der kirchlichen Zucht mit andern Cardinälen im Namen des Papstes den Vorsitz geführt und unermüdet gearbeitet hatte, kehrte er nach Ermland zurück, um sogleich auf einer Diöcesansynode die Beschlüsse des Concils bekannt zu machen und an der Wiederherstellung des alten Glaubens zu arbeiten., Zugleich gründete er im J. 1565 zu Braunsberg ein Jesuitencollegium. In Verbindung mit dem Cardinal Commendone setzte er, nicht weniger groß durch seine Geschicklichkeit im Unterhandeln, als durch seine Entschiedenheit und persönliche Unbescholtenheit und Heiligkeit, die Annahme des Concils von Trient in ganz Polen durch. Pius V. konnte keinen bessern als ihn zu seinem Legaten in diesem Reiche ernennen. Auf Andrängen des Königs Sigismund II. ging er im J. 1569 mit schwerem Herzen wieder nach Rom, wo ihn Papst Gregor XIII. zum Großpönitentiar erkor; er glaubte nämlich, daß er sein Bisthum in so bedrängter Zeit nicht verlassen dürfe. Wie sehr er seinen Fürsten liebte, zeigen nicht bloß seine großen Bemühungen, ihn von seiner vorhablichen Ehescheidung, die nur den Protestanten genützt, dem Könige aber zeitliches und ewiges Verderben gebracht hätte, abzubringen, sondern daß er bei der Nachricht von seinem Tode sogleich 100 Arme vollständig kleiden und 3000 Andern Almosen austheilen ließ, damit sie für des Verstorbenen Seligkeit beten möchten. Zu Rom stiftete er für seine Landsleute ein Spital, in welchem er selbst den Kranken und Pilgern die zärtlichsten Liebesdienste erwies. Jeden Tag war sein Tisch mit Armen besetzt, und der Ruf seines heiligen Lebens verbreitete sich immer weiter. Mit besonderer Liebe unterstützte er die Bekenner und Martyrer des Glaubens in England, den Niederlanden und Deutschland. Ueberhaupt übte er die Wohlthätigkeit in solchem Maße, daß er einmal, als seine Kasse erschöpft war, seinem Hausmeister befahl, alle Geräthe und Tischbestecke zu verkaufen und den Armen zu Hilfe zu kommen. Auch den Beichtstuhl besuchte er mit dem rührendsten Seeleneifer noch in spätern Jahren. Sein seliger Tod erfolgte zu Caprarola (Capranica), wo er die Sommerfrische zu genießen pflegte, am 5. Aug. d. J. 1579. Er hatte ein Alter von 75 Jahren erreicht. Er ruht nach letztwilliger Anordnung in der Kirche St. Maria, jenseits der Tiber, die er als Cardinalstitel inne hatte. Ein marmornes Denkmal mit seiner Büste ehrt sein Andenken. Er wurde von seinen Zeitgenossen »eine Säule der Kirche«, »ein zweiter Augustinus« genannt.


Quelle:
Vollständiges Heiligen-Lexikon, Band 5. Augsburg 1882, S. 360-361.
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