Alchemie

[102] Alchemie (arab. Wort), zur Chemie sich verhaltend wie Astrologie zu Astronomie, sollte die Wissenschaft sein, durch die ein Stoff (Stein der Weisen) geliefert würde, der unedle Metalle in edle, in Gold oder Silber, verwandelte und als Arznei alle Krankheiten heilte. Die A. scheint ihre erste Heimat in Aegypten und ihren Hauptsitz in Alexandrien gehabt zu haben und wurde besonders von den Arabern cultivirt. Von diesem ging sie zu den Abendländern über und die größten Physiker z.B. Albertus M. und Roger Baco glaubten wenigstens theilweise an die A. Besonderes Aufsehen machten der Engländer Hortulanus, der Spanier Raymundus Lullus, der Franzose Arnoldus, Flamel u.s.w. Durch den Theophrastus Paracelsus erhielt die A. im 16. Jahrh. einen neuen Schwung und blieb bei 2 Jahrh. bei der niederen und hohen Welt in Glauben und Mode, [102] und Deutschland, das sich damals eben zum Lande der Träumerei, der einheimischen Hetzerei und der Charakterlosigkeit dem Auslande gegenüber qualificirte, erzeugte die meisten bedeutenden Alchemisten. Nach vielen Nachrichten haben einzelne Gold gemacht, ohne daß Schaustücke aufbewahrt wurden, denn die Künstler blieben immer geheimnißvoll, den golddurstigen Fürsten aber, in deren Dienst unzählige waren, hat keiner Gold geliefert, was manchem Folter, Gefängniß und Tod einbrachte. Aus der A. entstand aber durch zufällige Entdeckungen allmälig die Chemie, besonders seitdem aus der Astrologie die Astronomie hervorging, wodurch der Glauben an die wunderbare Einwirkung der Gestirne und der correspondirenden irdischen Elemente auf das Schicksal und das phys. Leben der Menschen verdrängt wurde. Wahrscheinlich haben die Alchemisten manchen Farbestoff erfunden, jedenfalls aber den Phosphor und das Porzellan.

Quelle:
Herders Conversations-Lexikon. Freiburg im Breisgau 1854, Band 1, S. 102-103.
Lizenz:
Faksimiles:
102 | 103
Kategorien:
Ähnliche Einträge in anderen Lexika