Amphiktyonien

[163] Amphiktyonien waren im alten Griechenland Bündnisse benachbarter Städte und Völkerschaften, deren Mittelpunkt in der Regel der Tempel eines Gottes war; sie gelobten sich gegeneinander das Völkerrecht zu beobachten, das Fest des Gottes gemeinschaftlich zu feiern und dessen Tempel zu vertheidigen. Solche Amphiktyonien waren: die von Argos, von Kalaurea, von Onchestos, von Amarynthos auf Euböa, von Delos und besonders die von Delphi und den Thermopylen. Zu dieser gehörten: Ionier, Doloper, Thessaler, Aenianen, Magneten, Malier, Phtioten, Dorier, Phokeer, Lokrer, Böotier und Perrhäber. Schon der Name der Völker, welche aufgezählt werden, beweist, daß dieses Bündniß in die älteste Zeit Griechenlands gehört; im historischen Griechenland erscheint diese Amphiktyonie bereits als Antiquität. Als Repräsentanten der einzelnen Staaten werden die Pylagoren und Hieromemnonen angeführt, der Unterschied derselben ist aber nicht mehr zu bestimmen. Von Bedeutung wurde diese Amphiktyonie bei dem Streit der Phokeer und Delphier, der mit der Plünderung des Tempels und dem heiligen Kriege endigte; Philipp von Macedonien, der in das Bündniß für die ausgestoßenen Phokeer eintrat, benutzte die Amphiktyonen um sich in die griech. Angelegenheiten einzumischen. Unter der macedon. Herrschaft und selbst unter der römischen dauerte die Amphiktyonie fort, hatte aber alle Bedeutung so sehr verloren, daß ihr Erlöschen nicht einmal gemeldet wird.

Quelle:
Herders Conversations-Lexikon. Freiburg im Breisgau 1854, Band 1, S. 163.
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