Montaigne

[229] Montaigne (Mongtänj), Michel Eyquem de, geb. 1533 auf seinem Stammschlosse M. in Perigord, gest. 1592 daselbst. nachdem er einige Jahre Maire von Bordeaux gewesen, die meiste Zeit seines Lebens aber dem Lesen der Alten gewidmet hatte. Die Früchte seines Lesens legte er in den berühmten »Essais« (deutsch von Bode, Berl. 1793, 6 B.) nieder, welche zu den Büchern gehören, die viel gepriesen u. selten gelesen werden. Den Inhalt derselben bilden Gedankenblitze über alles Mögliche, die M. zuweilen weiter ausspinnt, Erzählungen, häufig den Alten entlehnt, an die er geistreiche Betrachtungen anknüpft, eigene Erfahrungen – alles ohne innern Zusammenhang, geschweige mit systematischer Kraft. Er war Philosoph, insofern keines von den bisherigen philosophischen u. religiösen System en ihn befriedigte, Skeptiker, indem er Gott sur schlechterdings unbekannt hielt u. gegen alle menschliche Erkenntniß Mißtrauen hegte, aber an den Aufbau eines Systems dachte er nie und nahm fremde Ansichten an, die ihm glaubwürdig vorkamen, ohne seine eigenen Einfälle der Welt als Orakel anzubieten. Besonders über das psychische u. moralische Leben machte M. vielerlei Betrachtungen z.B. der Mensch empfindet die Eindrücke in dem Augenblicke nicht, wo sie gemacht werden, sondern erst später, daher das [229] Sterben gar nicht; über die Wirkungen einer starken Einbildungskraft, des Müßiggangs, der Gewohnheit, über die Schwierigkeiten, auf dem Lügen ertappt zu werden u. dgl.

Quelle:
Herders Conversations-Lexikon. Freiburg im Breisgau 1856, Band 4, S. 229-230.
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