Nibelungenlied

[332] Nibelungenlied, der Nibelunge Not (Nibelungen, das Volk am Mittelrhein), die größte Dichtung aus der Zeit des sog. Minnesangs, ein Epos, in welches altnordische Mythen (deren Bedeutung den christlichen Germanen verloren gegangen war, daher sie in Heldenmähren umgestaltet wurden), Erinnerungen aus den Zeiten der Völkerwanderung und den Kämpfen u. Gräueln zur Zeit der Merowinger zu einem schönen, einheitlichen Ganzen verwoben sind; die Sitten, Lebensgewohnheiten, Einrichtungen etc., die geschildert werden, sowie die Sprache beweisen, daß der Dichter, welcher den alten Mähren die Fassung des N.s gegeben hat, um das Ende des 12. Jahrh. lebte. Kritisch wurde es zuerst von Lachmann behandelt, der auch die Ansicht aufstellte, es sei aus 20 echten alten Liedern entstanden, die er 1840 besonders herausgab; seine Meinung wird aber in neuester Zeit von stimmfähigen Gelehrten bekämpft. In neuester Zeit sind mehre Ausgaben des N.s und auch Uebersetzungen in das jetzige Hochdeutsch (z.B. von Simrock, Pfitzer etc.) erschienen. – An das N. schließt sich in den Handschriften »die Klage« an, Gedicht eines unbekannten Verfassers, das in seiner jetzigen Gestalt älter ist als das N., aber dessen poetischen Werth nicht erreicht.

Quelle:
Herders Conversations-Lexikon. Freiburg im Breisgau 1856, Band 4, S. 332.
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