Eleaten

[169] Eleaten. Die Eleaten, die ihren Namen von der Stadt Elea in Lukanien hatten, waren Philosophen dreier Menschenalter im 6. und 5. Jahrh. v. Chr. (ungefähr 550-450), welche die Lehre von der Einheit und Unveränderlichkeit des Seienden vertraten und die Existenz der Vielheit, der Bewegung und des Werdens ableugneten. Ihr ältester Vertreter Xenophanes von Kolophon (zwischen 580 und 575) gab der Lehre eine theologische Form, indem er den griechischen Polytheismus und Anthropomorphismus bekämpfte, die Einheit, Ewigkeit, Unveränderlichkeit und Geistigkeit des Göttlichen behauptete und das Weltall dem Göttlichen pantheistisch gleichsetzte. Der[169] zweite Eleat, Parmenides (geb. zw. 520 u. 510 in Elea), ein Schüler des Xenophanes, gestaltete die eleatische Lehre in eine metaphysische Theorie vom Sein und Nichtsein um. Nach ihm ist nur das Sein; es ist ungeworden, ewig, eins, unveränderlich und unbeweglich, eine den Raum kontinuierlich erfüllende Kugel, und Sein und Denken ist bei ihm ein und dasselbe. Das Nichtsein ist nicht. Es gibt kein Werden. Alles Viele und Wechselnde ist nur Schein und Redetrug, und alle Sinneserkenntnis ist nur Täuschung. Die dritte Generation bilden Zenon (geb. am Anf. d. 5. Jahrh.) und Melissos (5. Jahrh.), die beide Schüler des Parmenides waren. Sie sind die Dialektiker der eleatischen Schule und suchen die Lehre des Parmenides indirekt durch Beweise gegen die Vielheit und Bewegung (wie den Achilleus, den fliegenden Pfeil usw., s. d.) zu stützen. Alle Eleaten haben also gemeinsam den Gegensatz zur Volksreligion, die Verwerfung des Erfahrungswissens, die Entwicklung der Begriffe des Seins und Nichtseins, die Leugnung der Vielheit und Bewegung und andrerseits die Unfähigkeit, zum reinen Idealismus vorzudringen. Innerhalb der griechischen Philosophie hat die Lehre der Eleaten am meisten auf Platon (427-347) eingewirkt, der mit ihr in der Forderung eines Seins und in der Verwerfung der Sinneserkenntnis übereinstimmte, hierauf aber seine Ideenlehre begründete. Von neueren philosophischen Theorien nähern sich stellenweise der eleatischen Philosophie der Spinozismus (s. d.) und die Metaphysik Herbarts (1776-1841).

Quelle:
Kirchner, Friedrich / Michaëlis, Carl: Wörterbuch der Philosophischen Grundbegriffe. Leipzig 51907, S. 169-170.
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