Mimosa

Mimosa, Herba viva.
Mimosa, Herba viva.

[732] Mimosa.

Mimosa.

Herba viva.

Frutex sensibilis.

teutsch, empfindliche oder fühlende Pflantze.

Ist ein Gewächse, welches einen Hauffen Stengel oder Aestlein treibet, deren der meiste Theil sich zur Erde neigen, und auf dem Boden herum kriechen, und mit länglichten, glatten Blättern besetzet sind, die bey nahe so schmal sind, wie das Linsenkraut, und auf beyden Seiten ordentlich, gleich als wie Paarweise stehen, schliessen sich an einander, wann sie berühret werden, als ob sie eine[732] Empfindung hätten. Mitten aus der Wurtzel heraus entspriessen Stiele, auf deren iedem eine Blume stehet, als wie ein Schälgen formiret, welche fleischfarbig ist, und lieblich anzusehen, stösset aus dem Grunde einen Büschel Fäslein oder Stamina hervor, zusamt einem pistill, aus welchem, wann die Blume vergangen, eine Schote wird, die aus zwey Hülsen zusammen gesetzet ist, welche gemeiniglich länglichte und platte Samen beschliessen. Dieses Gewächse wächst in feucht und warmen Orten, wird in den Gärten gezogen, und giebet seiner allerhand Arten. Davon ist des Herrn Tourneforts sein Buch, Institutiones rei herbariæ, p. 605. nachzusehen.

Christophorus à Costa beschreibet in seinem Buche von Materialien und Specereyen eine Gattung Sensitiva, welche herum kriechet, und sich an die nahe stehenden Bäume und Mauern zu hengen pflegt. Deren Stengel ist dünn, nicht gantz und gar rund, gar schöne grüne von Farbe, mit kleinen stachlichten Spitzen hin und her besetzet. Ihre Blätter vergleichen sich mit den Blättern an der Filix fœmina, riechen und schmecken wie das süsse Holtz. Die Wurtzel ist lang, und sie wächset in den Gärten, an feuchten und steinigen Orten in America.

Wann einer die Blätter dieses Gewächses berühret, so werden sie wie welck: wann man sie aber wieder gehen läst, so werden sie auf ein neues munter und erhohlen sich. Wann die Sonne zu Rüste gehet, so welcket es dergestalt, daß es scheinet, als ob es dörre werden, und ersterben wolte; wann aber die Sonne wiederum herauf kommt, so empfähet es seine Anmuth wieder; ie heisser auch die Sonne scheinet, ie grüner wird es.

Dieses Gewächses Blätter zerkauet, sollen, wie man sagt, auswerffen machen, den Husten dämpfen, eine helle Stimme machen, und die Nierenschmertzen mildern. Auf frische Wunden aufgelegt, sollen sie dieselben heilen.

Meines Erachtens kommt, daß sich die Sensitiva ein und zusammen ziehet, wann sie berühret wird, daher, daß dieses Gewächse gleichsam mit einer convulsion befallen wird, so von den principiis activis, daraus dasselbige bestehet, herrühret: diese müssen so delicat und zarte seyn, daß sie von der geringsten Erschütterung, wann es berühret wird, dünne werden, und aufschwellen, so daß sie die Fasen oder Gefäse und Adern, darinne sie enthalten sind, erweitern und verkürtzen.

Quelle:
Lemery, Nicholas: Vollständiges Materialien-Lexicon. Leipzig, 1721., Sp. 732-733.
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