Oenanthe

[797] Oenanthe.

Oenanthe Apiifolio, C.B. Pit. Tournef.

Oenanthe Apii folio minor, Park.

Oenanthe, sive Filipendula Monspessulana Apii folio, J.B. Raji Hist.

Filipendula angustifolia, Ger.

teutsch, Wasserfilipendelkraut.

Ist ein Kraut, dessen Blätter zu erst gar breit sind und auf dem Boden herum liegen, sehen aus als wie die Petersilie; hernach aber bekommen sie die Gestalt wie die an dem Pheucedanum, Saufenchel oder Haarstrang. Darzwischen erheben sich viel Stengel ohngefehr ein Paar Schuh hoch, die eckigt sind und ästig, streiffig und blaulicht. Die Blüten stehen auf Umbellen Art zu oberst auf den Zweigen, sind klein und bestehen eine iede aus fünff Blätterlein in Lilienform, sehen weiß in etwas purperfarbig. Wann dieselbigen vergangen sind, so folgen darauf die Samen, von denen zwey und zwey zusammen hangen, sind länglicht, auf dem Rücken oder obenher gestreifft und haben auch am obern Ende einen Hauffen Spitzen oder Stacheln. Die Wurtzeln sind Rüben, welche auswendig schwartz, hangen an langen Fäden oder Zasern, und greiffen weit mehr um sich in die Breite, als sie sich in die Erde sencken, haben einen süssen lieblichen Geschmack, fast wie die Pastinaken. Dieses Kraut wächst an morast und sumpfigen Orten, führet viel Saltz und Oel. Zur Artzney wird insonderheit die Wurtzel gebraucht.

[797] Es reiniget, eröffnet, treibet die Winde; wird ingleichen wider den Stein und die Mastkörner gebraucht.

Oenanthe kommt von ὄινη, Vitis, Weinrebe, Weinstock, und ἄνϑη, flos, Blume, als ob es heissen solte Weinblüte; dann die Alten hiessen Oenanthe ein Kraut, welches mit dem Weinstocke zugleich blühete, oder dessen Blüte eben also rothe, wie die Weinblüte.

Unter den Arten der Oenanthe giebet es eine, welche höchst gefährlich ist, davor man sich sehr wol zu hüten hat, indem sie ein gar schädlich Gift, und wird also beschrieben.

Oenanthe Chærophylli foliis, C.B. Pit. Tournef.

Oenanthe Cicutæ facie succo viroso, croceo, Lob. Icon.

Oenanthe succo viroso Cicutæ facie Lobelii, Wepfer.

Dieselbige hat eine gar sehr grosse Gleichheit mit dem Schierling oder Wüterich und sieht ihm auch gar ähnlich, wächst auf drey Schuh hoch. Aus ihrer Wurtzel entspriessen viel Stengel, die nicht sehr nahe bey einander stehen, sind rund und ästig, tragen Blätter wie das Körbelkraut, sehen braungrün oder schwärtzlicht, schmecken scharff und widerlich, sind voller Saft, der erstlich milchweiß sieht, nach diesem gelbe und gantz giftig wird, stinckt garstig und verursacht Blasen. Die Blüten stehen auf Umbellen Art, wie die am Wüterich; und eine jede ist aus vielen Blätterlein in Rosen- oder Lilien Gestalt, zusammengesetzet. Dieselben lassen, wann sie abgefallen sind, eine kleine Frucht nach sich, die aus weich länglichten Samenkörnlein bestehet. Die Wurtzeln sind Rüben, als wie am Affodill, weiß und hangen unmittelbar und ohne einige Zasern an ihrem Kopfe, sind eben auch voll solches Safts, als wie das Kraut. Es wächst schier nirgends, als in kalten und in Mitternacht gelegenen Ländern. In England findet sichs an Bächen und an andern wässerigen Orten.

Es ist ein tödtlich Gift: wann einer das Unglück hat gehabt und es in seinen Leib bekommen, so erwecket es in dem Magen ein ungemein schmertzhaftes brennen; es erreget heftiges Zucken und Zerren in den Gliedern, daß einem die Augen vor den Kopf heraustreten, der Verstand vergehet, der Mund wird verschlossen, bekommt anhaltendes Schlucken, man will sich gerne brechen und kan doch nicht, das Blut läufft einem zu den Ohren heraus, und die Brust wird einem gantz zu enge. Welche betrübte Zufälle mit einander bezeugen, wie daß von der grossen Schärffe dieses Krautes, das Nervenhäutlein in dem Magen angegriffen und gebrennet werde. Die Mittel dawider sind eben solche, dergleichen wider das Arsenicum und Sublimat gebrauchet werden, nemlich, man muß dem Patienten fein viel Oel, zerlassen Fett oder zerlassene Butter, Milch und andere solcher Art fettige liquores zu sich nehmen lassen, welche das scharffe und fressende Saltz binden, verwickeln und mildern, auch folglich von oben und von unten aus dem Leibe führen mögen.

Quelle:
Lemery, Nicholas: Vollständiges Materialien-Lexicon. Leipzig, 1721., Sp. 797-798.
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