Reisefluch

[234] Der Heimkehrende.


Ach was treibt der Erde Söhne

Sich zu suchen ferne Leiden?

Grüßen uns die schönsten Töne,

Klagen sie ihr schnelles Scheiden,

Und es schließet eine Stille

Unsrer Hoffnung reiche Fülle.


Der Ausreisende.


In der Fremde stehen Tische,

Jungfraun schwingen Rosenketten,

Lieblich wohnet da die Frische,

Und wer möcht' sich da nicht betten,

Und wer bliebe wohl zu Hause

Von dem festlich hohen Schmause?


Der Heimkehrende.


All ihr Wandrer, bleibt zu Hause,

Denn ihr sucht, was nicht zu finden,

Denn die Rose welkt beim Schmause

Und die Dornen euch umwinden,

Und zerreißt ihr nicht die andern,

Müßt ihr selbst zerrissen wandern.


Der Ausreisende.


Dennoch treibt's mich zu den Bergen,

Aus der gleichen breiten Fläche,

Mich der Sonne zu verbergen

Und zu sehn den Quell der Bäche,

Und den Demant aufzufinden,

Der so selten in den Gründen.


[235] Der Heimkehrende.


Dort erstarrt der Liebe Athem,

Demant wird die flüssige Quelle,

Meinst du dann, du hast's errathen,

Wo des Demanthauses Schwelle,

Kommst vom Berge mit dem Eise,

Es zerschmilzt in Thränen leise.


Quelle:
Achim von Arnim: Sämtliche Werke. Band 22: Gedichte, Teil 1, Bern 1970, S. 234-236.
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