[409] Sei geduldig,
Du bist schuldig,
Unter Dornen mußt du liegen
Ach dir geht's noch viel zu gut
Darfst dich nur recht niedrig schmiegen,
Wie das Herz, das bei dir ruht
Ach das liebe, liebe Herz,
Teilet gern mit dir den Schmerz.
Sei geduldig
Du bist schuldig
Unter Dornen mußt du liegen
Ach dir geht's noch viel zu gut,
Muß sich doch der Halm auch biegen,
Wo der kleine Vogel ruht,
Ach der liebe, liebe Fink,
Ist zu deinem Troste flink.[409]
Sei geduldig
Du bist schuldig
Unter Dornen mußt du liegen
Ach dir geht's noch viel zu gut
Bald wird er herniederfliegen,
Mit dem Blümlein wohlgemut
Ach das liebe liebe Blatt,
Und die Blume macht dich satt.
Sei geduldig
Du bist schuldig
Unter Dornen mußt du liegen
Ach dir geht's noch viel zu gut
Daß sich Dornen zu dir biegen
Und dich stechen bis aufs Blut,
Ach der liebe, liebe Dorn
Heilet dich von deinem Zorn.
Sei geduldig
Du bist schuldig
Unter Dornen mußt du liegen
Ach dir geht's noch viel zu gut
Kannst das Haupt noch wählend wiegen
Nach des Tulpenkelches Glut,
O der Liebe Liebesrot
Ohne Duft, und ohne Not.
Sei geduldig
Du bist schuldig
Unter Dornen mußt du liegen
Ach dir geht's noch viel zu gut,
Darfst den Fuß hinüberbiegen
Wo das Herz verwundet ruht,
Ach das liebe liebe Herz
Ist wohl wund von edlerm Schmerz.
Ist geduldig
Ist unschuldig[410]
Und will gern in Dornen liegen,
Ach und ist dir viel zu gut
Lehrt dich schmiegen, lehrt dich siegen
Wie's der kleine Vogel tut
Singt ein liebes liebes Lied
Giebt die Blume dir und flieht.
Ausgewählte Ausgaben von
Ausgewählte Gedichte
|
Buchempfehlung
Als Hoffmanns Verleger Reimer ihn 1818 zu einem dritten Erzählzyklus - nach den Fantasie- und den Nachtstücken - animiert, entscheidet sich der Autor, die Sammlung in eine Rahmenhandlung zu kleiden, die seiner Lebenswelt entlehnt ist. In den Jahren von 1814 bis 1818 traf sich E.T.A. Hoffmann regelmäßig mit literarischen Freunden, zu denen u.a. Fouqué und Chamisso gehörten, zu sogenannten Seraphinen-Abenden. Daraus entwickelt er die Serapionsbrüder, die sich gegenseitig als vermeintliche Autoren ihre Erzählungen vortragen und dabei dem serapiontischen Prinzip folgen, jede Form von Nachahmungspoetik und jeden sogenannten Realismus zu unterlassen, sondern allein das im Inneren des Künstlers geschaute Bild durch die Kunst der Poesie der Außenwelt zu zeigen. Der Zyklus enthält unter anderen diese Erzählungen: Rat Krespel, Die Fermate, Der Dichter und der Komponist, Ein Fragment aus dem Leben dreier Freunde, Der Artushof, Die Bergwerke zu Falun, Nußknacker und Mausekönig, Der Kampf der Sänger, Die Automate, Doge und Dogaresse, Meister Martin der Küfner und seine Gesellen, Das fremde Kind, Der unheimliche Gast, Das Fräulein von Scuderi, Spieler-Glück, Der Baron von B., Signor Formica
746 Seiten, 24.80 Euro
Buchempfehlung
Biedermeier - das klingt in heutigen Ohren nach langweiligem Spießertum, nach geschmacklosen rosa Teetässchen in Wohnzimmern, die aussehen wie Puppenstuben und in denen es irgendwie nach »Omma« riecht. Zu Recht. Aber nicht nur. Biedermeier ist auch die Zeit einer zarten Literatur der Flucht ins Idyll, des Rückzuges ins private Glück und der Tugenden. Die Menschen im Europa nach Napoleon hatten die Nase voll von großen neuen Ideen, das aufstrebende Bürgertum forderte und entwickelte eine eigene Kunst und Kultur für sich, die unabhängig von feudaler Großmannssucht bestehen sollte. Für den dritten Band hat Michael Holzinger neun weitere Meistererzählungen aus dem Biedermeier zusammengefasst.
444 Seiten, 19.80 Euro