Drittes Kapitel

[18] Zuweilen brauchet die Familie

Als Suppenkraut die Petersilie. –

Und da nun grad Christine Dralle

Heut' morgen auch in diesem Falle,

So sieht man sie mit Wohlgefallen


Drittes Kapitel

In ihres Vaters Garten wallen. –

Herrn Knörrjes Garten liegt daneben;

Und ach! sie denkt an Knörrje eben.

Zu Anfang schätzt sie ihn als Lehrer,

Dann aber immer mehr und mehrer;

Und also schlich die süße Pein

Sich peu à peu ins Herz hinein. –

Die Liebe – meistens schmerzlich heiter –

Vergißt gar leicht die Suppenkräuter;

Sie liebt vielmehr die Blumenkelche,

Und auch Christine pflückt sich welche.


Drittes Kapitel

[18] Aurikel – Krokus – diese Guten

Sind so vereint, eh' sie's vermuten.


Drittes Kapitel

Christine aber läßt sich nieder

Unterm Flieder. –[19]

Drittes Kapitel

Herrn Knörrjes Neffe, der Eugen,

Hat dies mit Freuden angesehn;

Denn dieser Knab' von vierzehn Jahren,

So jung er ist und unerfahren,

Fühlt doch, obschon noch unbewußt,

Ein süßes Ahnen in der Brust. –


Drittes Kapitel

Behutsam schleichend, auf der Lauer,

Drückt er sich an die Gartenmauer;

Dann plötzlich macht er einen Satz,

Und – pitsch! – Christine kriegt 'n Schmatz.

Drittes Kapitel

[20] Und – schwapp! – da tönt's im tiefen Baß:

»Ha, Ungetüm, was ist denn das?!!« –

Herr Knörrje schlägt mit seinem Stabe,

Und tief gekränkt entflieht der Knabe.


Drittes Kapitel

Herr Knörrje aber faßt ans Kinn

Christinen, seiner Nachbarin.

Er hebt es leise in die Höh' –

Ach ja! und sie errötete! –[21]

Drittes Kapitel

»Hier diese Blumen, darf ich's wagen?«

Christine wagt nicht nein zu sagen.


Drittes Kapitel

Jetzt faßt er sanft ihr um das Mieder,

Ach ja! und sie errötet wieder.
[22]

Drittes Kapitel

Und jetzt, da gibt er gar zum Schluß

Dem guten Mädchen einen Kuß.


Drittes Kapitel

»Ade! und also so um zehn

Beim Bienenhaus! Auf Wiedersehn!«

Eugen, der horcht, bemerkt mit Schmerzen

Das Einverständnis dieser Herzen. –
[23]

Drittes Kapitel

Nun steht er da und schreit und lärmt:

»He! Nachbar, he! der Imme schwärmt!«


Quelle:
Wilhelm Busch: Werke. Historisch-kritische Gesamtausgabe, Bde. I-IV, Band 2, Hamburg 1959, S. 18-24.
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