Die Ballade von den sieben Schneidern

Die Ballade von den sieben Schneidern

[109] Es hatten sieben Schneider gar einen grimmen Mut;

Sie wetzten ihre Scheren und dürsteten nach Blut.


Dort auf der breiten Heide loff eine Maus daher –

Und wär' sie nicht geloffen, so lebte sie nicht mehr.


Die Ballade von den sieben Schneidern

[109] Und zu derselben Stunde (es war um halber neun)

Sah dieses mit Entsetzen ein altes Mütterlein.


Die Schneider mit den Scheren, die kehrten sich herum,

Sie stürzten auf die Alte mit schrecklichem Gebrumm.

»Heraus nun mit dem Gelde! Da hilft kein Ach und Weh!«

Das Mütterlein, das alte, das kreischte: »Ach herrje!«


Die Ballade von den sieben Schneidern

Ein Geißbock kam geronnen, so schnell er eben kann,

Und stieß mit seinem Horne den letzten Schneidersmann.


Da fielen sieben Schneider – pardauz – auf ihre Nas'

Und lagen beieinander maustot im grünen Gras.


Die Ballade von den sieben Schneidern

[110] Und sieben Schneiderseelen, die sah man aufwärts schwirr'n,

Sie waren anzuschauen wie sieben Fäden Zwirn.


Die Ballade von den sieben Schneidern

Der Teufel kam geflogen, wie er es meistens tut,

Und fing die sieben Seelen in seinem Felbelhut.


Die Ballade von den sieben Schneidern

Der Teufel, sehr verdrießlich, dem war der Fang zu klein,

Drum schlug er in die Seelen gleich einen Knoten drein.


Die Ballade von den sieben Schneidern

[111] Er hängt das leichte Bündel an eine dürre Lind',

Da pfeifen sie gar kläglich – piep, piep – im kühlen Wind.


Die Ballade von den sieben Schneidern

Und zieht ein Wandrer nächtlich durch dieses Waldrevier,

So denkt er bei sich selber: »Ei, ei, wer pfeift denn hier?«[112]

Quelle:
Wilhelm Busch: Werke. Historisch-kritische Gesamtausgabe, Bde. I-IV, Band 1, Hamburg 1959, S. 109-113.
Lizenz:

Buchempfehlung

Kleist, Heinrich von

Robert Guiskard. Fragment

Robert Guiskard. Fragment

Das Trauerspiel um den normannischen Herzog in dessen Lager vor Konstantinopel die Pest wütet stellt die Frage nach der Legitimation von Macht und Herrschaft. Kleist zeichnet in dem - bereits 1802 begonnenen, doch bis zu seinem Tode 1811 Fragment gebliebenen - Stück deutliche Parallelen zu Napoleon, dessen Eroberung Akkas 1799 am Ausbruch der Pest scheiterte.

30 Seiten, 3.80 Euro

Im Buch blättern
Ansehen bei Amazon

Buchempfehlung

Romantische Geschichten. Elf Erzählungen

Romantische Geschichten. Elf Erzählungen

Romantik! Das ist auch – aber eben nicht nur – eine Epoche. Wenn wir heute etwas romantisch finden oder nennen, schwingt darin die Sehnsucht und die Leidenschaft der jungen Autoren, die seit dem Ausklang des 18. Jahrhundert ihre Gefühlswelt gegen die von der Aufklärung geforderte Vernunft verteidigt haben. So sind vor 200 Jahren wundervolle Erzählungen entstanden. Sie handeln von der Suche nach einer verlorengegangenen Welt des Wunderbaren, sind melancholisch oder mythisch oder märchenhaft, jedenfalls aber romantisch - damals wie heute. Michael Holzinger hat für diese preiswerte Leseausgabe elf der schönsten romantischen Erzählungen ausgewählt.

442 Seiten, 16.80 Euro

Ansehen bei Amazon