25. Auf Herrn Hartman Grahmans Namenstag

1635 April 8.


Du nur wilst die süßen Stunden

stille lassen gehn vorbei?

Denk, ob dieses billich sei,

traurig sein und angebunden,

da voraus diß große Ganze

selbsten gehet wie zum Tanze!


Das erhöhte Rad der Sonnen

streut sein Licht erfreuter aus;

Thetis ihr erfrornes Haus

hat nun wieder Luft gewonnen;

in den Gärten, in den Auen

ist verjüngte Lust zu schauen.


Stadt und Dorf ist auf dem Sprunge,

Reich und Arm ergetzt die Brust,

Man und Weib braucht dieser Lust,

gleich erfreut sind Alt' und Junge,

denn die schönste Zeit der Zeiten

lehret sie um Freude streiten.


Heuer nim darzu ingleichen

was du vor dem Jahr erspart,

da ihr lieben Leute wart,

wo ich nicht kunt' hin gereichen!

Wir wolln uns in solcher Sachen

zwiefach mit dir frölich machen.
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Laß die schönsten Jungfern bitten,

setz' uns vor Konfect und Wein!

Heute wolln wir lustig sein

nach der schönen Leute Sitten,

die nur auf den hohen Schulen

Trinken üben und das Bulen!


Lasse gleichsfals zu uns kommen

das berühmte Saitenspiel,

es mag kosten was es will!

Alles dient zu deinem Frommen:

daß man von dem schönen Tage

durch das ganze Jahr durch sage!


Nicht, daß wir dir vorzuschreiben

uns hiermitte nehmen für.

Nein, Freund, es steht ganz bei dir!

Du wirst dich wol selbst antreiben.

Wir nur sprechen, daß wir wollen

lustig sein, als wie wir sollen.


Begangen in Reval den 8. April 1635.

Quelle:
Paul Fleming: Deutsche Gedichte, Band 1 und 2, Stuttgart 1865, S. 84-85,364-365.
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