4. Aus eben selbigem. Auf die güldene Haarnadel

[493] Du güldne Nadel du, noch güldener als Gold,

die du der Liebsten fielst aus ihren güldnen Haaren,

ach weine nicht zu sehr, daß dir diß widerfahren,

daß du ihr schönes Häupt, als ich wol selbsten wolt',


hinfort nicht zieren wirst! Erhole deinen Mut!

Dich hat kein loser Dieb bei schwarzer Nacht genommen,

du bist viel weniger in Räuber Hände kommen:

dir war ein junges Blut von ganzem Herzen gut.


Denn als er suchte Luft in heißen Liebespressen,

er sahs und hub dich auf. Kupido lachte dessen

und sprach: Nun darf ich fort gar keiner Pfeile mehr.


Der, der die Nadel nahm, wird sich ihm selbst berücken

und sein forthin ein Raub. Wenn er nur wird erblicken

den Raub, den falschen Raub, wird er sich stechen sehr.


Quelle:
Paul Fleming: Deutsche Gedichte, Band 1 und 2, Stuttgart 1865, S. 493.
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