1815

[125] 25/6969.


An Franz Kirms

[Ende December 1814

oder Anfang Januar 1815].

Ob ich gleich weis daß Ew. Wohlgeb. keine Lust an Kleiderlauf haben; so sende noch zwey, welche[125] für 30 rh. feil sind. Ich wünschte daß Sie solche behielten. Das eine ist doch gar zu schön.

Haben Sie die Gefälligkeit mir den Cotrackt der Dlle Engels zu schicken.

G.


25/6970.


An Friedrich Joseph Schelver

[Concept.]

[1. Januar 1815.]

Nach Ew. Wohlgeboren Abreise habe ich wohl recht lebhaft gefühlt, daß Ihr Aufenthalt bey uns zu kurz gewesen, und daß mir gar manches mitzutheilen, so wie der Wunsch manches zu empfangen übrig geblieben.

Dießmal will ich eine Gelegenheit nach Frankfurt benutzen um eine Abschrift des Cramerschen Catalogs zu senden. Ew. Wohlgeboren kennen diese vortreffliche Sammlung selbst, und ich würde für Jena darauf Speculation machen, wenn wir nicht schon eine oryktognostische Sammlung vollständig besäßen, und der Landtransport so gefährlich als kostspielig wäre.

Da nun aber diese beyden Ursachen bey Heidelberg wegfallen, so könnte ich mir nichts Wünschenswertheres denken, als daß diese auf mannigfaltige Weise schon so reichlich dotirte Akademie, auch noch diesen Vorzug sich zu eigen machte. Dieser Gedanke beschäftigt mich um so mehr, als dadurch meine beyden geschätzten Freunde gewinnen würden, Sie nämlich sowohl, als Herr Ober-Bergrath Cramer.

[126] Schon längst hegte ich diesen Gedanken und theile ihn gegenwärtig mit, ob Sie ihn vielleicht bey den höchsten Behörden vorbereiten und nach der zu hoffenden völligen Beruhigung unseres Vaterlandes, durch Mitwirkung hoher akademischer Gönner zur Ausführung befördern möchten. Mögen Sie, wenn Sie vielleicht des Herrn von Reizenstein Excellenz darüber sprechen, mich in das Andenken dieses würdigen Mannes dankbar empfehlen.

Wie weit sind Sie mit der Ausgabe Ihres botanischen Werkes vorgerückt; ist vielleicht schon einiges in Kupfer oder Steindruck erschienen? möchten Sie mir davon Probedrücke mittheilen. Herr Bergrath Kieser, welcher seine mikroskopischen Untersuchungen noch immer fortsetzt, ist mit mir auf die Erscheinung Ihrer Arbeiten begierig.

Gedenken Sie mein bey eintredendem Frühjahr, und verschaffen mir die geognostische Folge Ihres nachbarlichen Gebirges.

d. 26. Dez. 1814.


25/6971.


An Sara von Grotthuß

Auf ein wenig Hypochondrie deutet es, meine theuere Freundin, wenn man glaubt, es wolle etwas besonderes bedeuten, wenn unsere Vertrautesten manchmal schwiegen. Ich habe mich vierzehn Tage in[127] Jena aufgehalten, und an dem Orte, den ich in zwey Jahren nicht gesehen, manches zu beobachte und zu thun gefunden. Nach den rollenden Kriegsgefahren, und der unablässigen Einquartierung, die über genannten Ort weggegangen, war es wirklich, als wenn man nach der Auferstehung wieder zu den Seinigen käme. Riemer hat vielleicht eine noch gültigere Entschuldigung, wenn auch er schwieg, wenigstens hielt man sie im Evangelium schon für hinreichend. Er hat nämlich ein Web genommen, und zwar ein sehr hübsches, niedliches, das einen wackern Mann schon einige Zeit beschäftigen darf. Das erste Küchengeschenk, welches die junge Frau erhielt, waren denn die Gänse, welche, so wie die unsrigen, auf Ihre Gesundheit haushälterisch nach und nach verzehrt werden.

Mögen Sie von Ihren Empfindungen und Gedanken irgend etwas schriftlich mittheilen, so senden Sie es nur gerade an mich, damit in de Kreise unserer Weimarischen Natur-, Kunst- und Sittenfreunde wir uns an diesen noch immer langen Abenden erbauen.

Erlauben Sie, daß ich für dießmal mit den herzlichsten Wünschen schließe. Vielleicht kann ich, wenn der Schnee schmilzt, mit etwas frischem Grünen wieder aufwarten. Ihrem Herrn Gemahl mich angelegentlichst empfehlend.

Gesundheit und Heiterkeit!

Goethe.

Weimar den 2. Jan. 1815.[128]


25/6972.


An Sulpiz Boisserée

Mit der fahrenden Post ist heute früh ein Kästchen, wohl emballirt, an Sie abgegangen, welches, am Christfest bereitet, zu Epiphanias glücklich eröffnet werden möge. Macht Ihnen der Inhalt einiges Vergnügen, so gedenken Sie dabey, daß wir uns Ihrer, diese Wochen her, mit Liebe und Dankbarkeit erinnert. Raabe leistet mir hierbey die beste Gesellschaft; wann er hier wegkommen will, seh ich nicht ein, denn, wie Scheherazade, fängt er immer ein neues Bildniß an, ehe das alte vollendet ist, und da sich jedermann um leidlichen Preis auf Velin-Papier, oder im goldenen Rahmen sehen möchte, so hat er die lebhafteste Kundschaft, wie ein Zuckerbäcker auf dem Christmarkte. Bey seinem schönen Talent ist er so brav und gut, daß seine Gegenwart auf uns im Hause und den Weimarischen Cirkel höchst wohlthätig wirkt.

Für Ihren lieben, belehrenden Brief danke zum allerschönsten; ich werde den Inhalt auf's treulichste bewahren, und nach meine Weise zu erweitern und zu nutzen suchen. Fahren Sie indessen fort, und es wird sich gewiß etwas Erfreuliches aufbauen lassen.

Eine nähere und freyere Communication von Ge danken und Erfahrungen steht uns bevor, wenn Hofrath Meyer den Abriß der ganzen Kunstgeschichte,[129] welcher gegenwärtig in's Reine geschrieben und schließlich bearbeitet wird, nächstens herausgiebt. Es hängt nur noch davon ab, daß die Herausgabe der Winckelmannischen Werke vollendet sey, welches bevorsteht. Liegt alsdann ein solches Buch da, über das man disseriren, discutiren, sich vereinigen und entzweyen kann, so kommen die bedeutenden und problematischen Puncte entschiedener zur Sprache. Die Hauptdreyecke in der Gegend sind gezogen und orientiert, was drinnen liegt läßt sich sicherer detailliren.

Indessen muß ich manchmal lächeln, wenn, in meiner heidnisch-mahometanischen Umgebung, vera icon auch als Panier weht. Täglich wird eine Perikope aus dem Homer und dem Hafis gelesen, wie denn die persischen Dichter gegenwärtig an der Tagesordnung sind. Erscheint denn dazwischen der Moscowitische Bilder-Calender, so nimmt sich's freylich bunt genug aus, und es bleibt nichts übrig als zu rufen:

Gottes ist der Orient!

Gottes ist der Occident!

Nord- und südliches Gelände

Ruht im Frieden seiner Hände.

Und so will ich denn mit dieser frommen Betrachtung und mit dem herzlichen Wunsche schließen, daß wir uns dieses Jahr gesund und froh wiederfinden mögen.

unwandelbar

theilnehmend

Weimar den 2. Jänner 1815.

Goethe.[130]


25/6973.


An Carl Friedrich Schaeffer

[Concept.]

Ew. Wohlgeb.

gefälliges Schreiben giebt mir die angenehme Hoffnung, einen lange gehegten Wunsch nächstens erfüllt zu sehen. Seit jener Äußerung in den Propyläen kommt es unter den Weimarischen Kunstfreunden oft zur Sprache, wie bedeutend es seyn müßte, die glücklichen Erfindungen des geistreichen Julius Roman immer vor Augen zu haben. Was ich daher sowohl als meine Freunde zur Förderung Ihres Unternehmens mitwirken könnte, soll mit dem besten Willen geschehen.

Der Verfasser jenes Aufsatzes ist der in Weimar noch immer thätig fortwirkende Herr Hofrath Meyer, der sich Ihnen empfielt und bereit ist, jede Auskunft zu geben die Sie verlangen mögen. Führt Ihre Reise Sie zu uns, so werden Sie sehr willkommen seyn, wir können Ihnen alsdann einige Anzeige geben, wo noch, z.B. in Frankfurt und Darmstadt, Zeichnungen von Julius Roman sich befinden, welche bey einer Ausgabe seiner Werke wohl beachtet zu werden verdienen.

Mögen Sie mich von Zeit zu Zeit benachrichtigen, wie Sie vorgeschritten, so werden Sie mich sehr verbinden, besonders wenn ich vernehme, daß die Hoffnungen,[131] die Sie uns geben, sich der Erfüllung nähern.

Wir wünschen Ihrem Andenken empfohlen zu seyn.

Weimar den 3. Jan. 1815.


25/6974.


An Heinrich Carl Abraham Eichstädt

Ew. Wohlgeboren

danke zum schönsten in unserem und der guten Römischen Künstler Namen für den baldigen Abdruck der Kupferstichanzeige. Möchten Sie zu dieser Gefälligkeit noch die andere hinzuthun, daß Sie beykommendes Preisverzeichniß in das Intelligenzblatt einrücken ließen, so würden Sie uns auf's neue verbinden.

Der ich mich zu geneigtem Andenken angelegentlich empfehle

ergebenst

Weimar den 4. Jänner 1815.

Goethe.


25/6975.


An Christian Gottlob Voigt

Hofr. Sartorius, welcher sich Ew. Excell. angelegentlichst empfiehlt, wünscht seinen Wiener Aufsatz nach Hanover und glaubt wenn er in Eisenach auf die Post gegeben würde, so habe man weiter nichts zu besorgen. Wie sehen Ew. Excell. die Sache an? Bis Eisenach wäre das Paquetchen, durch Ihre Güte, wohl auch sicher zu schaffen.

[132] Auch hat er mir ein Heftchen, die Eröffnung des Hanovrisches Landtags enthaltend, gesendet, welches nächstens mittheile. Es ist höchst interessant. Möge die Ruhe, der Gleichmuth die darin herrschen sich über das ganze Vaterland in ähnlichen Fällen verbreiten!

gehorsamst

d. 4. Jan. 1815.

Goethe.


25/6976.


An Christian Gottlob Voigt

Danckbar für die bedeutende, obgleich unerfreuliche, Mittheilung, vermelde sogleich, da Sartorius Aufsatz schon in meinen Händen ist. Sollte man nicht einen Abschrift davon behalten? Kräuter, ein junger Mann, der Vertrauen verdient, könnte sie in meinem Zimmer machen.

Wegen meiner Oberdeutschen poetischen Lizenz muß ich um Verzeihung bitten, uns andern Sang und Klang Männern ist es gar zu Noth das Reimregister zu vermehren. Vom größten Werth ist mir Ew. Exzell. einsichtiger Beyfall.

d. 4. Jan. 1815.

Goethe.


25/6977.


An Georg Heinrich Ludwig Nicolovius

[Concept.]

[7. Januar 1815.]

Dem verehrten Hamann, dem ich soviel schuldig geworden, dank ich auch gegenwärtig, nach seiner[133] Verklärung, daß er zum Mittler wird, uns in ein näheres, dauerndes und fruchtreiches Verhältniß zu setzen; ich erwidere daher auf Ihren lieben Brief sogleich Folgendes.

Ihre Zuschrift, mein Werthester, war mir um desto erfreulicher, als ich dadurch die Hoffnung wieder belebt sehe, Hamanns Werke gesammelt und herausgegeben zu wissen; ich selbst muß eine solche Arbeit für mich täglich mehr unmöglich achten. Eine neue Ausgabe meiner Schriften beschäftigt mich, in welches ich manches Mittheilbare, Ungedruckte aufnehmen möchte; als beständige Begleiter sollten meine biographischen Eröffnungen zur Seite fortgehen; auch möchte ich die Resultate dessen, was mir in Wissenschaft und Kunst geworden, nicht gerne dem Untergang oder dem Mißbrauch überlassen, und so ist, die zerstreuende Vorkommnisse des Tags nicht mitgerechnet, die mir vielleicht noch zugetheilte Lebensfrist ziemlich bedingt, wenn auch äußerer und innerer Friede mir den erwünschten Raum gestatten möchten.

In solchem Betracht habe ich für unmöglich gehalten, mich mit der Ausgabe Hamannischer Schriften zu befassen, werde aber das Unternehmen gern nach Vermögen fördern, wenn Sie, mein Werthester, sich der Redaktion unterziehen mögen.

Die Sache, näher betrachtet, hat manche Schwierigkeit; der Redakteur müßte sich am Druckorte befinden, er müßte die Revision des Druckes mit Liebe und[134] Aufmerksamkeit übernehmen, ja den Setzer und den Maitre en page dirigiren: denn Hamann hat solche Zierlichkeiten, in dem Abdruck seiner Schriften, daß etwas Ähnliches vor Augen zu sehn, den Leser gefällig zu dem innern Sinne hinneigen würde.

Ferner entsteht die Frage, wie man es mit den Schriften halten wolle, wozu er selbst Randglossen geschrieben, ja hineincorrigirt? Es fragt sich, druckt man die Schrift ab wie sie stand und bringt die Correctur als Varianten unten an, oder umgekehrt? wo setzt man die Randglossen hin? schaltet man sie in den Text, oder bringt man sie gleichfalls unten? Dergleichen Dinge giebt es noch mehr, die mit Geschmack, dem Auge gefällig, mit Ernst und Heiterkeit zu besorgen wären. Das Format ist auch nicht gleichgiltig; genug dieß alles zu überlegen, fortzusetzen, durchzuführen, ist schon eine Aufgabe.

Mögen Sie also, mein Theuerster, Ihre Zeit und Kräfte, in Liebe und Vertrauen gegen den Abgeschiedenen, an dieses Werk verwenden, so steht ihnen alles zu Diensten, was ich davon gesammelt habe.

Seltsamerweise bin ich gerade um die ersten Schriften, um die Sokratischen Denkwürdigkeiten und die Wolcken gekommen, welche aber wahrscheinlich in Ihren Händen sind.

Eine geschriebene Recension über die Herdeische Preisschrift wird man deswegen merkwürdig finden weil er sich noch heftiger und humoristischer, gegen[135] die natürliche Entwickelung der Sprache aus dem Menschen, und für die göttliche Überlieferung erklärt, als er es aus Schonung für Herder öffentlich gethan hat.

Die Briefe, welche das Verhältniß zu Präsident Moser einigermaßen aufklären, bin ich gleichfalls nicht abgeneigt mitzutheilen.

Auf dem beyliegenden Blatte finden Sie ein Verzeichiß der Hamannschen Schriften; was ich nicht besitze ist roth angestrichen. Alles kann erfolgen, sobald Sie es verlangen.

Lassen Sie mein Andenken in Ihrem Familienkreise immer freundlich fortleben!


25/6978.


An Ludwig Wilhelm Cramer

[Concept.]

Ew. Wohlgeb.

glauben ja nicht, daß eine undankbare Vergessenheit Schuld sey, daß Sie so lange nichts von mir vernommen; vielmehr geben die schönen Naturproducte, welche ich Ihnen schuldig bin, mir bey eigener Belehrung und bey'm Vorzeigen an Freunde genugsame Gelegenheit mich Ihrer Güte zu erinnern, wodurch Sie mir Wiesbaden zum wahren Cur- und Lustort geschaffen haben.

Es klingt zwar sonderbar, aber es hat doch seine Richtigkeit, aß die längere Dauer des Wiener Congresses[136] auch auf Privatgeschäfte, die mit den öffentlichen in gar keiner Verbindung zu stehen scheinen, einen ungünstigen Einfluß hat. Die bedeutendsten Männer, mit denen man in einigem Verhältnisse steht, werden dort in so wichtigem Interesse festgehalten, daß man nicht wagt sie auf wissenschaftliche Dinge, welche sie sonst so gerne fördern, in diesem Augenblicke aufmerksam zu machen. Wie sehr hätt ich gewünscht wegen Ihres Kabinetts, das Sie zu veräußern gedenken, etwas Günstiges melden zu können, allein es ist in dem Augenblicke, weder bey Fürsten noch Ministern, die rechte Stunde. Was die Akademie Jena betrifft, so besitzen wir daselbst eine vollständige systematische Sammlung, auch fehlt es nicht an lehrreichen Suiten, und sodann ist der Landtransport bey solchen Gegenständen kostbar und gefährlich.

In diesen Betrachtungen, um nicht ganz unthätig zu seyn, habe ich mich mit diesem Anliegen nach Heidelberg gewendet; auf dieser sonst so schön dotirten Akademie fehlt gerade eine mineralogische Sammlung und wenn man mit Ew. Wohlgeboren einig würde, so könnte das Kabinett zu Wasser bis an das Gebäude gebracht werden, wo es aufzustellen wäre. Ich habe daher die Abschrift Ihres Catalogs an Prof. Schelver gesendet und ihn ersucht, die Sache zu überdenken, und sie dem Herrn Minister von Reizenstein Excellenz zu empfehlen; und dieses habe ich Ew. Wohlgeboren[137] fördersamst melden und überlassen wollen, ob Sie sich mit gedachtem Herrn Professor Schelver in Verhältniß setzen möchten, welchem selbst viel daran gelegen seyn muß, sich in seinem Lehrfach dergestalt unterstützt zu sehen.

Ferner ist mir ein Gedanke beygegangen, ob Sie nicht, durch den Weg des mineralogischen Taschenbuches des Herrn Geh. Rath Leonhard, das Publicum mit dem Kabinett und Ihrer Absicht bekannt machen wollten. Es hat nämlich genannter thätige Naturfreund gewünscht, daß die Besitzer von bedeutenden Kabinetten einen gedrängten Catalog ihm einsenden und die Bekanntmachung dem benannten Journale vergönnen möchten. Auch hat derselbe einen Anfang gemacht, Notiz von seiner eigenen Sammlung zu geben. Das Manuscript, welches mir Ew. Wohlgeboren eingehändigt, könnte gleich dazu dienen, und man könnte alsdann Personen von Einfluß auf die gegebene Nachricht aufmerksam machen, und daß das Kabinett vortrefflich sey bezeugen.

Herr Geheime Legationsrath Struve z.B. würde sich gewiß für die Sache interessieren.

Soviel für dießmal, damit Ew. Wolgeb. nur sehen, daß Ihre Wünsche und Absichten, so wie Ihre Güte und Gefälligkeit bey mir unvergessen sind. Darf ich bitten mich den werthen Ihrigen, hohen Gönnern und theuern Freunden zu empfehlen, und mir bald von Ihrem Befinden einige Nachricht zu[138] geben. Versäumen Sie dabey ja nicht mir zu erzählen wie Sie Ihren Winter zubringen, und welche Societät sich dießmal in Wiesbaden versammelt hat. Ich theile kein bedeutendes Stück aus, ohne an die schöne und talentreiche Tischnachbarin zu denken, die ich damals mit meiner Contractszudringlichkeit in einige Apprehension versetzte; auch ihr empfehlen Sie mich schönstens.

Mich geneigtem Andenken wiederholt empfehlend.

Weimar den 8. Jänner 1815.


25/6979.


An Franz Ludwig von Hendrich

[Concept.]

Ew. Hochwohlgeboren

haben mir schon früher, und abermals bey dem eingetretenen Jahreswechsel ein geneigtes Andenken zu erkennen gegeben, wogegen ich meine Dankbarkeit zu erwidern nicht verfehle und zugleich versichere, daß mir jede Gelegenheit erwünscht seyn sollte, wo ich beweisen könnte, wie gern ich mich der guten und angenehmen Tage erinnere, die ich in Jena und sonst, mit Ew. Hochwohlgeb. zugebracht. Erhalten Sie mir ein freundliches Andenken und leben gesund und vergnügt, dem nächst zu erwartenden Frühjahr entgegen.

Weimar den 9. Jan. 1815.[139]


25/6980.


An Heinrich Carl Abraham Eichstädt

Ew. Wohlgeboren

erzeigen meinem kleinen Gedicht viel Ehre, wenn Sie Sich als Herausgeber desselben erweisen wollen; es folgt hierbey zum beliebigen Gebrauch. Überlassen sey es jedoch, ob Sie die unten angefügte, ein oberdeutsches Wort erklärende Note beybehalten wollen. E ist vielleicht übel gethan einen solchen Anstoß gleich wegzuräumen.

Am lateinischen Gedicht hab ich mich sehr gefreut, diese Sprache ist doch eigentlich zu würdigen Gegenständen geschaffen und ausgebildet und Ew. Wohlgeboren wissen sie meisterhaft zu behandeln; auch der Druck ist so schön, als man's wünschen kann.

Dankbar für die Gefälligkeiten gegen unsere Römischen Freunde, unterzeichne ich mich hochachtungsvoll

ergebenst

Weimar den 10. Januar 1815.

Goethe.


25/6981.


An Christian Gottlob Voigt

[Concept.]

Ew. Excellenz

verfehle nicht zu vermelden, daß Magister Stimme die Manuscripte für 150 rh. überläßt. Er hat in der Noth seines Schuldendranges eine Assignation[140] für 200 rh. den 15. huj. zahlbar an mich gestellt, de ich mit Ew. Excellenz Vergünstigung aus der Bibliothekscasse zahlen lasse, und dem Cassier dagegen sowohl eine Quittung auf die 150 rh. als eine Assignation an Frege von 50 rh. eihändige.

Da ich einmal, zufällig genug, nach dem Osten hingeführt worden, so ist es mir sehr angenehm den Grund einer kleinen orientalischen Bibliothek hier gelegt zu sehen, da ohnehin dazu schon ein Anfang gemacht ist.

Wir werden war nicht mit Tippo Saibs Schätzen, jetzo in Calcutta, noch mit Herrn Rich, Residenten in Bagdad, wetteifern, aber man muß dergleichen Handschriften wenigstens sehen, wenn man sie auch nicht lesen kann, um sich einen Begriff von der orientalischen Poesie und Literatur zu machen. Die unendliche Verehrung gegen ihre Dichter, Weltweisen und Gottesgelehrten, sowie die größte Geduld und Sorgfalt drucken sich in diesen Handschriften aus.

Ich lege einen Heft von No. 3 mit ein. Leider ist dieses Prachtwerklein des Dschami, Tohfat ara, das Geschenk der Edlen genannt, von der Zeit sehr mißhandelt. Ich hoffe es jedoch durch die Sorgfalt unseres geschickten Buchbinders dergestalt wieder herzustellen, daß es den Liebhabern noch lange als Zeugniß persischer Kalligraphie gelten kann.

Unser guter Lorsbach hat sich mit der Recension des englischen Catalogs der Bibliothek des[141] Tippo Saib, welchen Durchl. Herzog mit aus England gebracht, abgegeben, und wird dabey manche interessante Bemerkung machen, z.B. daß die persischen Bücher fast alle poetisch, die arabischen wissenschaftlich und philosophisch sind. Ich fürchte nur daß dieser wackre Mann, da der Westen wieder offen ist, sich auch wieder dorthin sehnt, auch läßt sein kränkliches Alter uns seinen nahen Verlust befürchten. Mit Ew. Excellenz Vergünstigung will ich ihm nächstens eine kleine Ergötzung für seine gehabt Mühe bereiten.

Verzeihen Sie, verehrter Freund, daß ich zu einer Zeit, wo der nächste Osten uns durch sein Schweigen beunruhigt, aus dem fernen Orient einige Unterhaltung herhole, und davon etwas mittheile. Sie sind ja ohnehin wunderliche Vorträge gewohnt. Und mir scheint es, als wenn die Luft dorther mit Rosenduft und Ambrageruch geschwängert wäre, die man gern mit seinen Freunden genießen möchte.

Um aber nicht ganz in den Ton des Hafis zu verfallen will ich, in treulichem Deutsch, mich Ew. Excellenz Wohlgewohnheit angelegentlichst empfehlen.

Weimar, den 10. Jänner 1815.


25/6982.


An Carl Friedrich Ernst Frommann

[Concept.]

Mit vielem Dank sende das mir anvertraute Exemplar der großen Zenobia zurück, es ist mit den[142] früheren, bey der Leseprobe, collationirt worden, wobey jedoch bemerklich war, daß die Schauspieler sich mehr gegen die erste Ausgabe neigten, welche zu sprechen ihnen bequemer schien.

Empfehlen Sie mich Herrn Doctor Gries zum allerschönsten. Wir werden uns Mühe geben, daß einen gute Repräsentation erscheine, und unsere Jenaischen Freunde den üblen Weg vergessen mache.

Den lieben Ihrigen und allen werthen und geneigten Personen, die uns den Aufenthalt in Jena so angenehm und wünschenswerth gemacht, entrichten Sie gefälligst unsere dankbaren Grüße und erhalten uns ein freundliches Andenken.

Weimar den 11. Januar 1815.


25/6983.


An Carl Ludwig von Knebel

Länger will ich nicht anstehen, dir, mein lieber Freund, auch wieder einmal ein Wort zu sagen. Eigentlich ist nach unserer letzten Zusammenkunft der Abstand gar zu groß, da man sich nun wieder auf einmal gar nicht communicirt; allein es hält in die Ferne immer schwer, besonders in meinem Falle, da ich mich so vielerley beschäftigt bin, wovon ich erst in einiger Zeit Rechenschaft geben kann.

So habe ich mich die Zeit her meist im Orient aufgehalten, wo denn freylich eine reiche Erndte zu[143] finden ist. Man unterrichtet sich im Allgemeinen und Zerstückelten wohl von so einer großen Existenz; geht man aber einmal ernstlich hinein, so ist es vollkommen als wenn man in's Meer geriethe.

Indessen ist es doch auch angenehm, in einem so breiten Elemente zu schwimmen und seine Kräfte darin zu üben. Ich thue dieß nach meiner Weise, indem ich immer etwas nachbilde und mir so Sinn und Form jener Dichtarten aneigne.

Es ist wunderlich zu sehen, wie die verschiedenen Nationen: Franzosen, Engländer, Deutsche, wie die verschiedenen Stände: Theologen, Ärzte, Moralisten, Geschichtschreiber und Dichter den ungeheuren Stoff, jeder nach seiner Art, behandelt, und so muß man es denn auch machen, wenn man ihm etwas abgewinnen will, und sollte man dabey auch die Rolle des Kindes spielen, das mit einer Muschel den Ocean in sein Grübchen schöpfen will.

Die Gedichte, denen du deinen Beyfall schenktest, sind indessen wohl auf's doppelte angewachsen. Von andern zudringenden Geschäften und Ereignissen schweige ich, wünsche hingegen zu erfahren, wie es dir und den lieben Deinen ergeht, Die wieder heranwachsende Sonne erneuert unsere Hoffnungen. Möge ich doch vernehmen, daß sie auch günstig auf deine Glieder gewirkt hat.

Sage deiner lieben Gefährtin, aß man die Kleider bey dem Theater behalten will, mit der Zahlung[144] aber noch um einige Geduld bittet. Es sieht auch mit dieser Casse nicht zum besten aus.

Lebe recht wohl und laß mich bald etwas von dir und deinen Umgebungen vernehmen.

Weimar den 11. Jänner 1815.

Goethe.


25/6984.


An Carl Cäsar von Leonhard

Ew. Hochwohlgeboren

erhalten mit der fahrenden Post ein Packet, dem ich eine geneigte Aufnahme erbitte. Das Musée mineralogique von de Drée folgt mit vielem Dank zurück. Einige poetische Vinariensia liegen bey, mit dem Ersuchen, den benannten Personen die Exemplare mit meiner vielfachen Empfehlung zuzustellen, so wie Herrn Toussaint den angefügten Brief.

Die Abschrift der dramatischen Glocke, nebst Anleitung zur Vorstellung, werden Sie gefälligst erwägen. Man denkt auf den deutschen Theatern zu Ifflands Geburtstag im April Vorstellungen zu seinem Andenken zu geben. Meine Absicht ist, Schillers Andenken an gleichem Tage zu erneuern, und dieß kann gar schicklich durch die Glocke geschehen. Vielleicht veranstalten Dieselben in Hanau etwas Ähnliches.

Das Verzeichniß der wenigen Mineralien, welche Ew. Hochwohlgeb. abgehen, habe ich unter meinen Papieren nicht gefunden, wahrscheinlich ist es bey[145] Denenselben liegen geblieben; ich erbitte mir solches, um einigermaßen mein dankbares Andenken bethätigen zu können.

Mich angelegentlichst empfehlend

gehorsamst

Weimar den 11. Jänner 1815.

Goethe.


25/6985.


An die Gebrüder Toussaint

[Concept.]

[11. Januar 1815.]

Nach beyliegendem Ringe wünscht Unterzeichnender einen starken Goldring zu besitzen, worauf das beyliegende Wappen eingegraben wäre. Vielleicht könnte die Helmdecke, da der Raum klein ist, leichter gehalten werden, welches dem Geschmack des Graveurs überlassen bleibt.

Mich zu geneigtem Andenken bestens empfehlend, dankbar für die mir erzeigten Gefälligkeiten.

Weimar, den 3. Jan. 1815.


25/6986.


An Carl Cäsar von Leonhard

Ew. Hochwohlgeboren

erhalten hierbey das angekündigte Packet, wegen dessen Verspätung ich um Verzeihung bitten muß. Der Catalog ist zu lange bey mir liegen geblieben, die Glocke schon längst bereit und nun gar die[146] Weimarischen Feyerlichkeiten völlig veraltet, welches letztere ich vorzüglich bey Gönnern und Freunden zu entschuldigen bitte; mögen die Dinge wenigstens als ein schwaches Zeichen eines dankbaren Andenkens gelten. Mein glücklicher und fröhlicher Aufenthalt am Rhein, Mayn und Neckar ließ mich vergessen, was alles auf mich zu Haus warte, und meine kleine Canzeley, durch Landesbewaffnung verwaist, mußte auch erst wieder hergestellt werden; auch überall Nachahmer finden. Unter den besten Empfehlungen an Ihre Frau Gemahlin sey ich auch zum allerschönsten empfohlen.

gehorsamst

Weimar den 14. Jan. 1815.

Goethe.


[Beilage.]

[Concept.]

Anleitung


Schillers Glocke

dramatisch darzustellen.

Als das Schillersche didacktisch, lyrische Gedicht, die Glocke durch eine dramatische Bearbeitung belebt, und zur Theatervorstellung geeignet werden sollte; so mußte man solches in Rollen vertheilen, bey welchen die verschiedenen Alter und Charaktere der Schauspieler der Weimarischen Bühne mit den zu sprechenden Versen in Einklang gebracht, und dadurch die verschiedenen[147] nur im Allgemeinen ausgesprochenen Gegenstände und Gesinnungen schicklichen Personen zugeeignet und gleichsam individualisirt würden. Wenn also ein anderes Theater eine Darstellung dieser Art versuchen will, so bedarf es nur einer Anleitung, wie sie hierbey nebst der Abschrift des Gedichts erfolgt. Über den verschiedenen Stellen stehen die Namen unserer Schauspieler, von denen ich nur wenig zu sagen brauche, um zu einer einsichtigen Vertheilung der Rollen auf einer andern Bühne Anlaß zu geben.

Herr Graff. Ein wohlgebildeter Mann, von mittlern Jahren, erhielt die Rolle des Meisters. Er spricht sehr gut, deutlich und bedeutsam, und spielt die Rollen des Nathan und Abbé L'Epée mit vielem Beyfall.

Herr Malcolmi, in hohem Alter, welcher die gutmüthigen Väter bis jetzo noch immer zur Zu friedenheit des Publicums spielt; ihm ward die Rolle des ersten Altgesellen übertragen.

Herr Frey, der gute, weichmüthige Alte, z.B. den Jacob, im Joseph in Egypten, recht gut vorträgt, stand als 2ter Geselle dem Meister zur Seite.

Herr Haide. Ein kräftiger Mann, in mittlern Jahren, der den Tell, den Cunz Curuth[148] und dergleichen mit großem Beyfall spielt, stand als 3ter Gesell in der Reihe.

Herr Unzelmann. Ein schlankgebildeter heiterer junger talentvoller Mann als der 4te.

Diese 5 Figuren nahmen sich, durch die Contraste und Abstufungen ihrer Charaktere und ihres Alters, sehr gut neben einander aus. Während der Strophe des Meisters: »Weiße Blasen seh ich springen« traten 2 junge Frauenzimmer, auf altdeutsche Weise bürgerlich gekleidet, herein und betrugen sich zu den Männern wie Tochter und Gattin.

Dlle. Häßler. Jung und wohlgebildet, als Sängerin eine schöne Altstimme, die sich auch bey der Recitation ernst und angenehm beweist.

Madame Lortzing. Zierliche Gestalt, deutliche und angenehme Sprache.

Bey der Strophe des Meisters: »Wie sich schon die Pfeifen bräunen« traten abermals 4 Frauenzimmer herein und gruppirten mit den Übrigen.

Dlle. Engels. Altdeutsch bürgerlich, und mütterlich gekleidet. Jeder ernste Vortrag gelingt ihr sehr gut in der Tragödie, so wie im Schauspiele.

Dlle. Genast. Jung, munter, dießmal ländlich gekleidet.

[149] Louise Beck und

Sophie Teller, Frauenzimmer unter 13 Jahren, ländlich gekleidet.

Die genannten 6 Frauenzimmer standen neben einander vorn auf dem Theater, indessen die Meister und die Gesellen sich hinten am Ofen beschäftigten.

Nach den Worten: »Und das Unglück schreitet schnell« traten mehrere Personen herein. Alle diejenigen, die nun für Zuschauer galten, ordneten sich auf beyden Seiten. Nach den Worten: »Betet einen frommen Spruch« ward ein schicklicher Choral gesungen, welcher nach den Worten: »Schießt's mit feuerbraunen Wogen« abermals einfiel, indessen das Metall sich in die Form verlor. Nun folgt die Declamation der Feuersbrunst; diese Stelle muß sehr gut eingelernt werden, daß die verschiedenen Stimmen alle in einem Geiste und gleichsam aus einem Munde sprechen. Die hier zum erstenmal zur Sprache gelangenden Schauspieler sind folgende:

Caroline Wolff, ein Kind.

Herr Wolff, ein Schauspieler voll Gefühl, angenehmer Stimme, der den Tasso spielt.

Herr Deny, ein kräftiger wohlgebildeter junger Mann, in der Oper den Baß singend.

Herr Lortzing gesetzt und deutlich sprechend.

" Strobe gleichfalls, in der Oper Tenorist.

" Molke gleichfalls, auch Tenorist.[150]

Dieses wären nun alle Personen, welche mitgewirkt. Liest man, gegenwärtiges Blatt zur Hand, das mitkommende Manuscript durch, so wird man die Ursachen einsehen, aus welchen Gründen die verschiedenen Stellen den charakterisirten Personen zugetheilt werden, und es fällt noch mehr auf, wenn die Rollen ausgeschrieben sind. Es kann, wenn man auch nicht gerade das Gedicht auf das Theater bringen will, doch auch in dieser Vertheilung eine sehr angenehme, gesellige Unterhaltung gewähren. Auf Verlangen werde gern auch wegen dem Arrangement des Theaters und wegen des Epilogs das Nähere mittheilen.


25/6987.


An Georg Sartorius

[Concept.]

[Mitte Januar 1815.]

Gleich in der Stunde erhielt ich Nachricht, daß Sie, theurer Freund, durch Weimar gegangen seyen, ja daß Sie zum Kegelthor wieder herauspassirt, und hegte kurze Zeit die Hoffnung, Sie bey mir zu sehen, worauf ich leider aber auch bald verzichten mußte. Ihr Aufsatz hatte mich freylich schon mit dem Recipe des großen Hexenkessels bekannt gemacht, allein ich hätte denn doch die nähern Ingredienzien und die Würze zu erfahren gewünscht. Mit jenen Papieren soll verfahren werden nach Ihrer Äußerung. Das Unangenehme, was Sie erduldet, wird in kurzer Zeit[151] verschwinden, gegen die Vortheile, die Ihnen für's ganze Leben zurückbleiben, ja, schon in Ihrem gegenwärtigen Geschäft muß das Erfahrene vorzüglich zu statten kommen.

Das übersendete Heft scheint mir, soviel ich es beurtheilen kann, großen Beyfall zu verdienen. Schon ist das Zusammenschmelzen der einzelnen Landschaften die trefflichste Einleitung, die verbreitete Wahlfreyheit der Corporationen bringt nach und nach alle kluge Leute in die Versammlung und giebt den Committenten selbst freyere Gesinnung. Den Syndicus in gewissen Fällen auf den Präsidentensessel zu setzen, den Präsidenten unter die Votanten, scheint mir sehr glücklich ausgedacht. Man sieht durchaus eine gegründete, breite, sichere Existenz, die eine noch größere, ja die größte im Hintergrunde hat. Die Schriften, Reden und Antworten, die Gebote, so wie die Anordnungen, sind alle aus einem Sinn, aus einem Mund, einer Feder, und es läßt sich von diesem Vorbild für Deutschland das Beste hoffen. Soviel scheint mir nach der ersten Ansicht von diesen Dingen, über die ich freylich niemals nachgedacht. Ich mag mich sehr gern regieren und besteuern lassen, wenn man mir nur an der Öffnung meines Fasses die Sonne läßt.

Sie sehen hieraus, mein theuerster Freund, daß dieses Geschäft, wenigstens nach außen, eine gute Miene macht, und daß wir andern, im Parterre,[152] mit der Exposition des Stücks sehr zufrieden sind. Ich wünsche daß alle diejenigen, die mitspielen, hinter der Coulisse die gleiche Empfindung haben mögen.

Wenn ich mit der Übersendung des Manuscripts noch etwas zaudere, werden Sie verzeihen; es ist zwar abgeschrieben, doch wünscht ich mich von der größtmöglichen Sicherheit unterwegs erst überzeugen zu können.

Mehr sag ich dießmal nicht. Durchl. Herzogin haben mir die besten Grüße an Sie aufgetragen. Von Neuigkeiten aus Osten sind Sie besser unterrichtet wie wir; Desport ist zurück mit einer Ladung Christpuppen für die Kinder, die Alten sind dießmal noch leer ausgegangen.

Theilen Sie mir von Ihrem Landtag das Mittheilbare mit, und lassen Sie mich wissen, wann Sie wieder in Göttingen seyn können.


25/6988.


An Christian Gottlob Voigt

[Concept.]

[Mitte Januar 1815.]

Ew. Excellenz

bin ich dankbar verpflichtet, daß Sie ein Fach, in welchem ich gegenwärtig versire, auch bey unserer Bibliothek begünstigen wollen. Ich hoffe mit Hülfe unseres guten Lorsbach, das, was wir nun besitzen, zu ordnen und nützlich zu machen.

[153] Genau besehen sind solche neue Studien in die man sich hineinwirft, eine Art Hegire, man flüchtet wo man sich etwas Paradiesähnliches erwartet.

Freylich war der Unfall erzeugende Unfall, den mir ein wunderlich Geschick Dienstag zwischen 1 und 2 Uhr zudachte, etwas derb, und nur die liebevolle Theilnahme würdiger Freunde und Freundinnen, (bey denen alles Gute verweilen möge!) konnte uns so schnell wieder aufrichten und herstellen, wenn ich gleich nicht leugnen will, daß die Nachempfindung mir noch in allen Gliedern liegt.

Zu einiger Unterhaltung nehme mir die Freyheit, zwey dicke Bände zu übersenden, sie enthalten das Stammbuch der Stammbücher, welches ich in Frankfurt zu acquiriren das Glück hatte.

Ein Baron Burkana, der sich aus Aleppo in Syrien herschreibt, erscheint 1749 in Europa, und spielt 20 Jahre den überall willkommenen Reisenden, präsentirt sein Stammbuch jedem den er begegnet, es wächst wie ein Schneeballen und dient ihm statt Paß und Empfehlungsscheiben. Meine Sammlung von Handschriften, die Ew. Excellenz einen so kostbaren Zuwachs verdankt, hat dadurch abermals reichlich gewonnen. Die bedeutendsten Personen sind mit Papierschnitzchen bedeutet.

Ew. Excellenz werden dieses wunderbare Document nicht ohne Theilnahme durchlaufen.

[154] Von der Bibliotheksangelegenheit nächstens mehr, unser Personal sollte das Collegium der Parzen lieber als die vorgesetzte Commission anrufen.


25/6989.


An Christian Gottlob Frege und Comp.

[Concept.]

Ew. Wohlgeb.

verfehle nicht schuldigst zu benachrichtigen, daß ich auf Dieselben drey Anweisungen unter heutigem Datum ausgestellt:

an Herrn Cammer-Calculator Stötzer allhier von 50 rh.

an Herrn Magister Stimmel in Leipzig von 150 rh.

an die Herren Gebrüder Felix von 100 rh.

welche gefällig für Rechnung des Herrn Doctor Cotta in Stuttgart zu honoriren bitte.

Genehmigen Sie zugleich, daß ich bey dem neuen Jahre, in welches wir getreten, meinen Antheil versichere, den ich unausgesetzt an Dero Wohlbefinden nehme, wie ich denn nichts sehnlicher wünsche, als daß Sie mit uns allen in dem gegenwärtigen Jahre, durch friedliche und glückliche Zeit, für die Unruhe und die Unfälle der vorigen, reichlich mögen entschädiget werden. Der ich mich geneigtem Andenken angelegentlichst empfehle.

Weimar den 16. Jan. 1815.[155]


[Beilage.]

Die Herren Geheime Cammerrath Frege und Comp. in Leipzig belieben gegen diese meine Anweisung für Rechnung des Herrn Dr. Cotta in Stuttgart an Herrn Cammer-Calculator Stötzer in Weimar oder Ordre die Summe von

Funfzig rh. Sächs.

gefälligst auszahlen zu lassen.

Weimar den 16. Jänner 1815.


25/6990.


An Franz Dominicus Maria Josef Brentano

Die glückliche Ankunft es gütig übersendeten Weines habe ich sogleich Ihrer Frau Gemahlin dankbarlich gemeldet, und statte Denenselben, nachdem ich von dem köstlichen Safte genossen, gleichfalls meinen verbindlichsten Dank ab. Unvergeßlich ist mir all das Gute was mir durch Ihre Freundschaft und Aufmerksamkeit in Frankfurt geworden, und woran ich lange Zeit in der Erinnerung zehren kann.

Erlauben Sie zugleich, daß ich eine Bitte anfüge: ich werde nächstens das Stammbuch, dessen Einweihung mir Ihre Frau Gemahlin anvertraut, mit einigen Worten und Kränzen geziert, übersenden, wünsche aber, daß solche ihr nicht eher zu Hand komme, als bis ich die ganze werthe Familie und andere theuere Freunde eingeschrieben, damit noch[156] viele Wünsche für ein so theures Haupt sich zu den meinigen gesellen mögen.

Haben Sie die Güte, bey schicklicher Gelegenheit, mich allen denjenigen würdigen Personen in's Andenken zurückzuführen, denen ich so manche frohe Stunde in meiner gleichsam erst wieder erworbenen Vaterstadt verdanke, vorzüglich aber lassen Sie mich in Ihren Familienkreisen in freundlicher Erinnerung leben.

ganz ergebenst

Weimar den 16. Jänner 1815.

J. W. v. Goethe.


25/6991.


An Friedrich von Luck

Weimar, den 16. Januar 1815.

Ihr liebevoller Brief, werthester Herr und Freund, der mir so manches Gute eröffnet, was Sie bey unserm kurzen Zusammenleben an mir entdeckt zu haben glauben, würde mich beschämen, wenn ich mir nicht der Gebrechen, die mir wie jedem andern ankleben, so deutlich bewußt wäre. Sind es doch (um nur von dichterischen und schriftstellerischen zu reden) gerade die eigenen und fremden Gebrechen, die wir bekennen und darstellen, eben das, was uns andern interessant, vielleicht gar liebenswürdig macht. Eisern Sie daher nicht so gegen Ihre persönlichen Mängel, sondern bedenken Sie, daß diese nur wie Wappenschilder in Stammbäumen, die Verwandtschaft der[157] großen Menschenfamilie unter einander bezeichnen. Wir erkennen daran nach unten und nach beyden Seiten hin, wie manche hübsche Ahnen und Vettern wir gehabt haben, und können vermuthen, daß ähnliche Eigenschaften sich auch in der Zukunft oberwärts verzweigen werden.

Ihr Heftlein behalte ich also bey mir, und hoffe bald Gelegenheit zu finden, es unter hohe und schöne Augen zu bringen, deren Glanz uns leider schon seit gar langer Zeit verlassen hat.

Leben Sie, meiner eingedenk, recht wohl, und empfehlen Sie mich dem Herrn Oberst und Commandanten auf das allerbeste.

Goethe.


25/6992.


An Friedrich Wilhelm Joseph von Schelling

Haben Sie tausend Dank, werthester Herr und Freund, für das schöne und ehrenvolle Blatt, welches Sie übersendet, und sprechen gefällig gegen den Herrn Director und die ansehnliche Akademie mein dankbares Anerkennen mit freundlichen Worten aus. Durch die gute Aufnahme des jungen Müller wird unser Kunstkreis Ihnen verschuldet, es soll mich sehr freuen in der Folge zu sehen, wie jene Anstalten auch bey einem der Unsrigen Früchte erzeugen.

Mit Sehnsucht erwarte ich das mir angekündigte Werk. Ich bin geneigter als jemals die Regionen zu besuchen, worin Sie als in Ihrer Heimath wohnen.[158] Je älter man wird, desto mehr verallgemeint sich alles, und wenn die Welt nicht ganz und gar verschwinden soll, so muß man sich zu denen halten, welche sie aufzubauen im Stande sind.

Die Wahl einer so lieben Gattin gab mir die Versicherung Ihres häuslichen Glücks, und eine unmittelbare Nachricht davon ist mir höchst erfreulich. Erhalten Sie mir beyderseits einen freundschaftlichen Antheil, bis ich hoffentlich einmal so glücklich bin, Sie unter Ihren Kunstschätzen zu besuchen.

Da man von trefflichen Freunden entfernt ihnen oft länger als billig stumm bleibt, so sind die Stunden, die ich auf meine Arbeit wende, mir um desto angenehmer, weil ich hoffen kann, mich dadurch so manchem verehrten Geiste unvermuthtet zu nähern und ihm für das längst Empfangene auch eine kleine Gabe hinzureichen.

Eine frische Ausgabe meiner Werke, die ich so eben vorbereite, wird manches Neue bringen. Möge sie Ihnen nicht mißfällig seyn, vielmehr zur Erheitrung dienen. Leben Sie recht wohl und gedenken mein zu guter Stunde.

Treu verbunden

Weimar, den 16. Jänner 1815.

Goethe.


Erlauben Sie, daß ich als Nachschrift ein paar kleine Angelegenheiten empfehle. Die erste betrifft unsern hiesigen geschickten Bildhauer Weißer, der[159] eine Marmorbüste, Lucas Cranach vorstellend, für die Sammlung Ihrer Königlichen Hoheit des Kronprinzen gearbeitet und solche vor einiger Zeit nach München abgesendet hat. Er sieht nun der Zahlung mit einiger Verlegenheit entgegen, da er, wie es Künstlern oft zu gehen pflegt, sich nicht eben in den reichlichsten Umständen befindet. Soviel ich weiß, ist diese Zahlung nur durch die Abwesenheit Ihrer Königlichen Hoheit verspätet worden, vielleicht könnten Sie, verehrter Freund, etwas zu ihrer Beschleunigung wirken; so würden Sie einen braven Mann, für den ich mich zu interessiren alle Ursache habe, sehr verbinden.

Das Zweyte betrifft eine freylich sehr veraltete Sache: im Jahre 1803 erhielt ein bayrischer Künstler, Herr Hoffmann, bey uns den Preis. Die Vorstellung war Ulyß und der Cyclop, seine Zeichnung ist dem Januar von 1804 der Allgemeinen Jenaischen Literatur-Zeitung copeylich vorgesetzt. Er machte mir darauf ein Geschenk des Originals, wünschte aber, daß solches in München zu seiner Empfehlung gesehen würde. Ich sendete sie auch dorthin ab, wenn ich nicht irre, an Herrn von Mannlich. Die erfolgten stürmischen Zeiten machten dieses Blatt, so wie manches andere, vergessen, und erst jetzt, da ich meine Zeichnungen der lebenden Künstler in Ordnung bringe, werde ich wieder daran erinnert.

Wollten Sie wohl die Gefälligkeiten haben, Sich darnach zu erkundigen. Vielleicht ist sie aufzufinden,[160] denn es war damals der Wunsch, daß sie der Akademie vorgelegt würde. Erhielt' ich sie dann, durch Ihre Gefälligkeit und Sorgfalt, in gutem Zustande zurück, so würde diese Document früherer und nicht ganz undankbarer Bemühung mir doppeltes Vergnügen machen.

G.


25/6993.


An Johanna Maria Melber

[Concept.]

Das neue Jahr will ich nicht heranwachsen lassen, ohne Ihnen, verehrte und geliebte Tante, mit treuen Worten zu versichern, wie glücklich es mich im alten gemacht eine Zeitlang in Ihrer Nähe bleiben zu können, und ein Zeuge Ihres Wohlbefindens und Ihrer häuslichen Zufriedenheit zu seyn. Es giebt mir diese Erinnerung die größte Heiterkeit, wenn ich, wie es nun so oft geschieht, meine Gedanken nach der lieben Vaterstadt richte.

Seyn Sie versichert, daß alle Liebe und Freundschaft die Sie mir erwiesen mir unvergeßlich bleibt, und daß ich nichts mehr wünsche, als noch manche Jahre Sie, mit den werthen Ihrigen, im heitern Wohlseyn anzutreffen, damit Ihr würdiger Sohn noch lange in Ihrer Gesellschaft des Glücks genieße, das er Sich und Ihnen zu erbauen gewußt; empfehlen Sie mich ihm und der lieben Nichte zum allerschönsten.

Weimar 16. Jan. 1815.[161]


25/6994.


An Nikolaus Meyer

[Concept.]

[18. Januar 1815.]

Vergangenes Frühjahr hatte ich Hoffnung, mein würdiger Freund, mich Ihnen zu nähern, indem ich den Vorsatz faßte nach Eylfen zu gehen. Da sich aber meine Curfahrt nach Wiesbaden wendete, so mußte ich auf jene Aussicht Verzicht thun. Am Rhein, Mayn und Neckar habe ich wohl drey Monate verlebt, und dort manches Angenehme und Gute genossen; denn freylich haben jene Gegenden einen Glanz und eine Heiterkeit, die wir in nördlicher Lage vermissen, doch wollen wir gern mit Himmel und Erde zufrieden seyn, wenn uns nur der Friede beschert bleibt, an dessen Abwesenheit wir so lange gelitten.

Ihre schöne und mannigfaltige Sendung erwidre ich dankbar, und wünschte etwas dagegen erstatten zu können, welches mir vielleicht in einiger Zeit gelingt.

Wie sehr erfreu ich mich an Ihrem und der Ihrigen Wohl. Sie haben durch Thätigkeit und Leiden verdient, daß ihnen endlich auch glückliche Tage zu Theil werden. Lassen Sie mich Ihrem Kreise wie sich die Meinigen empfehlen, und bleiben Sie meiner dauerhaften Anhänglichkeit versichert.[162]


25/6995.


An Franz Kirms

Können Ew. Wohlgeb. mir, der sich seit einiger Zeit gar nicht wohlbefindet ein paar Nösel Madera aus dem Hofkeller abgeben lassen; so werde es danckbar erkennen.

W. d. 21. Jan. 1815.

Goethe.


25/6996.


An Christian Heinrich Schlosser

[Concept.]

[23. Januar 1815.]

Auf Ihren lieben Brief will ich gleich etwas erwidern, um auch ein älteres Blatt flott zu machen, das schon längst für Sie daliegt; fahren Sie ja fort, unser wechselseitiges Wircken immer lebendig zu erhalten!

Für Ihre Äußerungen über die beyden bewußten Bücher sage ich verbindlichsten Dank, und bewundere den ruhigen, scharfen Blick, mit dem Sie, auch noch in solchen mitunter stürmischen Halbfinsternissen, umherschauen. Aufrichtig gesagt so haben Sie mir erst den Sinn dieser Arbeiten aufgeschlossen: denn ich verhalte mich gegen solche Geistesproducte völlig wie ein gemeiner Leser; was mich anmuthet, eigne ich mir zu, und erbaue mich daran in meinem Sinne; das Übrige lasse ich liegen, als jenem Individuum, der Zeit und den Umständen wohl gemäß, obgleich mir nicht eingänglich.

[163] Was Sie mir über Ihr Verhältniß zu meiner Art und Weise sagen, ist mir tröstlich und kräftigend: denn ich bin mir bewußt, daß Sie an dem Gebäude, das ich mir zur Wohnung auferbaute, keinen schroffen Abschluß, sondern, in Hoffnung der Zukunft, gar manche angebrachte Verzahnung (pierres d'attente) finden werden, wo Sie, da Ihnen Local und Nachbarschaft nicht mißfällt, Sich ohne weiteres, auch in Ihrem Sinne anschließen können.

Will jemand sich nach eigner Lust einen Platz wählen, so ist auch nichts dagegen zu sagen; soviel ist aber gewiß, daß, wenn sich die Garten-Besitzer um Frankfurt hätten vereinigen können, ihre Lusthäuser in reihen zu setzen, so würde es nicht leicht schönere Vorstädte geben.

Was ich aber jetzo beynahe ausschließlich beschäftigt, gesteh ich Ihnen am liebsten, da ich dabey mit Freude Ihrer gedenken kann. Ich habe mich nämlich, mit aller Gewalt und allem Vermögen, nach dem Orient geworfen, dem Lande des Glaubens, der Offenbarungen, der Weissagungen und Verheißungen. Bey unserer Lebens- und Studien-Weise, vernimmt man soviel von allen Seiten her, begnügt sich mit encyklopädischen Wissen und den allgemeinsten Begriffen; dringt man aber selbst in ein solches Land, um die Eigenthümlichkeiten seines Zustandes zu fassen, so gewinnt alles ein lebendigeres Ansehen.

[164] Ich habe mich gleich in Gesellschaft der persischen Dichter begeben, ihren Scherz und Ernst nachgebildet. Schiras, als den poetischen Mittelpunct, habe ich mir zum Aufenthalte gewählt, von da ich meine Streifzüge, (nach Art jener kleinen Dynasten, nur unschuldiger wie sie) nach allen Seiten ausdehne.

China und Japan hatte ich vor einem Jahre fleißig durchreist, und mich mit jenem Riesenstaat ziemlich bekannt gemacht. Nun will ich mich innerhalb der Grenzlinie der Eroberungen Timurs halten, weil ich dadurch an einem abermaligen Besuch im jugendlieben Palästina nicht gehindert werde.

Wenig fehlt, daß ich noch arabisch lerne, wenigstens soviel will ich mich in den Schreibezügen üben, daß ich die Amulette, Talismane, Abraxas und Siegel in der Urschrift nachbilden kann.

In keiner Sprache ist vielleicht Geist, Wort und Schrift so uranfänglich zusammengekörpert.


[Beilage.]

In diesen Tagen ist mir etwas besonders Vergnügliches begegnet. Ich wußte nämlich schon lange, daß Herr Staatsrath Schulz in Berlin, ein vorzüglicher Mann in jeder Rücksicht, meine Farbenlehre mit Neigung ergriffen und besonders den physiologischen Theil weiter bearbeitet, jedoch seine Bemerkungen nur notirt, und weil er erst noch weiter vorschreiten wolle, nicht redigirt habe. Nun hat er, auf mein[165] dringendes Ansuchen, die Sache, wie sie gegenwärtig vor ihm liegt, als ein gewandter Geschäftsmann, mit großer Klarheit darzustellen die Gefälligkeit gehabt, und Resultate sowohl als einzelne Erfahrungen zusammenzufassen und aufzuzeichnen. Es ist das erste Mal, daß mir widerfährt zusehen, wie ein vorzüglicher Geist, der nicht früher mit mir in Verbindung gestanden, meine Grundlagen gelten läßt, sie erweitert, darauf in die Höhe baut, gar manches berichtigt, supplirt und neue Aussichten eröffnet. Es sind bewunderns- und beneidenswerthe Apperçus und Folgerungen, welche zu großen Hoffnungen berechtigen.

Die Reinheit seines Ganges ist ebenso klar als die Ramification seiner Methode. Die größte Aufmerksamkeit auf sehr zarte, im Subject vorgehende Erscheinungen, Scharfsinn ohne Spitzfindigkeit, dabey große Belesenheit, so daß es nur von ihm abhängt, meinen historischen Theil höchst schätzbar zu bereichern. Wenn ich die Erlaubniß von ihm erhalte, den Aufsatz drucken zu lassen, so wird er gewiß, auch schon in seiner jetzigen Gestalt als Entwurf, sehr wirksam werden.

Kurz darauf hat mir mein Freund und vieljähriger Mitarbeiter, Doctor Seebeck, gegenwärtig in Nürnberg, einen sehr bedeutenden Aufsatz über solche Farben gesendet, welche im Innern von Glaswürfeln erscheinen, wenn man sie gewissen Reflexionen aussetzt. Über diese wichtige Erscheinung gab und giebt das Schweiggerische Journal nähere Auskunft. Ob[166] ich nun gleich gegenwärtig diese schöne und lustige Farbenlehre zu bearbeiten abgehalten bin, so freut mich doch höchlich die Thätigkeit wohlgesinnter Freunde, und ich sehe schon zum voraus, daß durch solche neue Ansichten und Entdeckungen, in wenig Jahren, gar manche Lücke, die ich in meiner Darstellung, wissentlich und unbewußt, offen ließ, glücklich wird ausgeführt seyn, und ich kann mich indessen auf meine eigentlichsten Fächer einschränken.

Diese Tage that man mir einen ernstlichen Antrag Hamanns Schriften herauszugeben, er kam von unserem Freunde Nicolovius. Jedoch hab ich diesen Werthen selbst dazu ermuntert, und ihm alles mitzutheilen zugesagt, was ich von jenem trefflichen Mann besitze. Eine solche Herausgabe mußte sich bis auf unsere Tage verziehen, wo sie den Deutschen gewiß eine reiche Schatzkammer eröffnen wird.

Für einen jungen, thätigen accuraten Mann, der wohlbestellte Druckereyen in seiner Nähe hat, und welcher dem Abdruck mit Genauigkeit und Geschmack vorstehen mag, ist die darauf zu verwendende Arbeit gewiß an sich selbst belohnend.


25/6997.


An Christian Gottlob Voigt

Ew. Excellenz

haben, bey flüchtiger Durchsicht des merkwürdigen Stammbuchs, abermals Ihren Schnellblick in labyrinthische[167] Blätter bethätigt; wäre ich davon nicht schon so oft Zeuge gewesen, so hätt es dießmal zu meiner Beschämung gereichen müssen. Ich besitze diese Bände schon lange, habe sie oft genug durchblättert, auch wohl einen allgemeinen Begriff gefaßt, was damit zu thun seyn möchte; dabey ist es aber auch geblieben und nur durch Ew. Excellenz Theilnahme kann dieses Curiosum entziffert, geordnet und, zu Unterhaltung und Anregung, eine Notiz davon gefertigt werden. Ich habe dem Doctor Vulpius die beyden Bände nebst Ew. Excellenz gefälligen Aufsatz übergeben, und zugleich ein nach dem Alphabet schon verfertigtes Namen-Register, woran nur wenige, leicht wiederherzustellende Bogen fehlen. Man könnte daraus, da die Blätter nur auf einer Seite beschrieben sind, durch Zerschneiden gar leicht einen alphabetischen Catalog fertigen und so Ew. Excellenz Absichten und Wünschen entgegen gehen. Der Bibliothekar wird sich von allem näher unterrichten, und davon Vortrag zu thun die Freyheit nehmen.

Schließlich bemercke daß es diesen beyden Bänden zu keiner geringen Empfehlung gereicht, daß sie nach dem Tode des wunderlichen Reisenden auf Veranstaltung des Herrn v. Birkenstock gesammelt, geordnete, gebunden und mit der schönen lateinischen Schlußrede versehen worden. Von seiner trefflichen Tochter erhielt ich das bedeutende Geschenk.

W. d. 23. Jan. 1815.

G.[168]


25/6998.


An Carl Friedrich Zelter

Unseren Freund Raabe, welcher nun bald ein Vierteljahr mit uns hauset, kann ich nicht abgehen lassen ohne dich durch ihn zu begrüßen; er wird erzählen wie es bey uns aussieht und daß wir uns ganz wohl befinden, ja fürtrefflich, wenn wir die Kleinigkeiten des Tags nicht abziehen wollten.

Meine ernstliche Betrachtung ist jetzt die neuste Ausgabe meiner Lebens-Spuren, welche man, damit das Kind einen Namen habe, Werke zu nennen pflegt. In den zwey ersten Bänden wirst du manches finden das quellenhaft ist, du wirst es sammeln und auf deine Mühe leiten.

Zu der Herzogin Geburtstag, am 30., geben wir Zenobia nach Calderon, von Gries; wahrscheinlich bleibt auch dieses Stück ein ausschließliches Eigenthum unserer Bühne. Proserpina, von Eberwein, die du kennst, wird den 3. Februar gegeben; wir haben diesem Werklein noch wunderlich eingeheizt, daß es als Luftballon steigen und zuletzt noch als Feuerwerk zerplatzen kann. Soviel für dießmal in Eile, weil wir so lange gezaudert.

Vale optime

den 23. Jan. 1815

Goethe.[169]


25/6999.


An Christian Gottlob Voigt

Unserm guten Hermann wollen wir die Ruhe gönnen, da er das Licht des Tags lange genug und zuletzt mit Bequemlichkeit geschaut. Daß bey Ew. Exzell. fortdauerndem Antheil, bey seinen redlichen Gesinnungen, nach seinem Tode sich alles in bester Ordnung finden würde, daran war nicht zu zweifeln. Haben Sie die Güte, bey frischer Übernahme, neuer Ordnung und Aufstellung des Münzkabinetes gefällig mitzuwirken! Freylich möchte hiezu eine mildere Jahreszeit abzuwarten seyn. Allenfalls könnte man gegen das Frühjahr einen Ofen setzen und wärmere Tage anticipiren.

Wie mit des Hinterlassenen Besoldung unsre länger und kürzer Harrenden erquickt werden können, darüber werde mir ehstens eine geneigte Beurtheilung erbitten. Das Mitgetheilte danckbar zurücksendend.

W. d. 24. Jan. 1815.

G.


25/7000.


An Friederike von Franckenberg

[Concept.]

[25. Januar 1815.]

Hätten mir die Weimarischen Freunde, welche das Glück hatten, an dem frohen Tage persönlich in[170] Gotha aufzuwarten, nicht schon die erwünschte Nachricht gebracht, daß vor dem edlen Jubelgreise meiner im Guten gedacht worden; so hätte ich doch nicht gezweifelt an der freundlichen Aufnahme meines treu gemeynten Opfers: denn was von Herzen kommt, geht gewiß zu Herzen. Nun aber find ich mich doppelt belohnt, da ich die mir so werthe Versicherung, von Ihrer beyderseitig so theuren Hand erhalte. Sey mir das vorigen Sommer heiter aufgefrischte Andenken gütig und gnädig bewahrt und mir die Hoffnung vergönnt in guter Stunde wieder anklopfen zu dürfen.

Ganz will ich aber die Sorge nicht verhehlen, welche ich früher, bey Ankündigung jenes seltenen Festes empfunden, daß nämlich die an einem solchen Tage unvermeidlichen Anstrengungen und Erregungen unserm würdigen Dekan schaden, und einige Nachwehen den Glanz des Festes vedunkeln möchten.

Ich wünsche nichts sehnlicher als daß diese Wolken schnell vorüberziehen, und ich von völliger Wiederherstellung baldigst erfreuliche Nachricht vernehme.


25/7001.


An Christian Friedrich Wilhelm Jacobs

[Concept.]

[25. Januar 1815.]

Wohlgeborner,

Insonders hochgeehrtester Herr.

Ew. Wohlgeboren schätzbare Sendung erfreut mich auf vielfache Weise; vor allem dancke für das geneigte[171] Andenken, und für die mir so günstige Überzeugung daß ich an allem was Kunst und Wissenschaft fördern kann, den lebhaftesten und aufrichtigen Antheil zu nehmen fortfahre.

Sodann erfüllt Ihre schöne Arbeit im Besondern einen Wunsch, den ich für's Allgemeine täglich hege, daß die Beschäftigung, ein anerkanntes Wahre zu bestärken, uns Deutschen, nach glücklicher Wiederherstellung, angenehmer seyn möge. Als das Behagen an eignen Entdeckungen; denn wie viel Treffliches ist nicht gefunden, was immer nur Widerspruch erleidet, oder mißstellt, verschleift und zersplittert wird.

So wie in allen Ihren Arbeiten, erkenne ich auch hier die Luft an vollständiger, deutlicher Einsicht, ein redliches Anerkennen, und ein treues Aufbauen.

Nicht weniger hat mich, sowohl im Einzelnen als im Ganzen erfreut, daß wir die Bestätigung eines früher wohlgefaßten Gedankens, abermals der an die übrige Kunst immer mehr sich anschließenden Münzkunde schuldig sind. Wir haben diesem dergestalt geleiteten Studium schon so manche Anschauung zu verdanken, und je weiter man nachsucht, je mehr Vortheil wird man davon ziehen. Ew. Wohlgeboren wünsche Glück zu der Ihnen gegönnten trefflichen Gelegenheit, die gewiß niemand besser benutzen würde. Vielleicht sind die Weimarischen Kunstfreunde bald im Stande hierzu auch einigen Beytrag zu liefern;[172] wir haben diese Fundgruben seit geraumer Zeit nie außer Acht gelassen.

Möge Deutschlands Horizont sich immer mehr aufhellen, und der gereinigte Äther, besonders auch Bewohnern nachbarlicher Städte, die Luft erregen, sich wieder, wie vormals, persönlich und schriftlich das Gute mitzutheilen, was sie besitzen und hervorbringen. Gern würde ich der trüben, isolirenden Zeiten vergessen, wenn ich in unsern Gegenden wieder ein Aufblühen gemeinsamen Wirkens erlebte, wie ich es fand, als ich vor vierzig Jahren hierher zu Besuche kam, ohne Ahndung, daß ich in diesem Bezirk soviel genießen und leiden sollte.

Erhalten Sie mein Andenken bei Gönnern und Freunden und bleiben mir, bey so verwandten Studien, immer theilnehmend geneigt.

Weimar d. 23. Jan. 1815.


25/7002.


An Johann Georg Lenz

Ew. Wohlgeboren

erhalten hierbey, mit vielem Dank, die mitgetheilten drey Briefe zurück. Es ist mir sehr angenehm zu sehen, daß, indem Sie manchen braven Mann durch ein Diplom vergnügen, dagegen für das Museum entschiedenen Vortheil erreichen.

Zugleich lege bey ein Blättchen, worin Herr[173] Doctor Bremser in Wien einen Wunsch äußert. Da die darunter stehende copeyliche Stelle aus Serenissimi Briefe zeigt, wie viel Serenissimo daran gelegen, daß die verlangten Würmer bald nach Wien gelangen, so ersuche Ew. Wohlgeboren mir solche baldmöglichst in einem Gläschen wohlverwahrt anherzusenden, da ich eben Gelegenheit finde sie dorthin zu spediren. Leider werden uns Schnee und Kälte abhalten, Ihre Jahresfeyer zu besuchen, wünschen aber, daß alles glücklich von Statten gehe.

Die Büste hat man mir bis dorthin versprochen, freylich ist die Kälte dem Gelbgießen nicht günstig.

Ich wünschte zu dieser Epoche etwas Gefälliges erzeigen zu können.

Das Beste wünschend.

Goethe.

W. d. 25. Jan. 1815.


25/7003.


An Christian Gottlob Voigt

Was bisher auf unser Bibliothek geschehen, ist beyfallswürdig und die Epoche ja nicht so weit entfernt, daß man hoffen kann, gegen solche Bemühung einige Ergötzlichkeiten abzureichen.

25. Januar 1815.

G.[174]


25/7004.


An Christian Gottlob Voigt

[Concept.]

Ew. Excellenz

lege hierbey einen Brief vor des Herrn Geheimde Rath von Dohm, worauf seiner Zeit dilatorisch geantwortet wurde. Vor einigen Tagen erhalte von Serenissimo, welchem das Verlangen nach Wien gemeldet, folgende Entschließung.


»Den Wunsch des Geheime Rath von Dohm, wegen Fürstenbundes-Notizen kann Geheime Rath von Voigt am besten erfüllen, der meine alten Manuscripte im Archiv hat; sollte sich etwas Interessantes darinne finden, so steht es sehr an Dohm zu Diensten, den ich bestens zu grüßen und zu danken bitte.«


Haben Ew. Excellenz die Güte mir hierüber Ihre Meynung zu sagen. Mögen Sie mir die Acten schicken, so will ich sie durchlaufen und alsdann daraus referiren. Ich kann solches um so leichter, als ich in der Sache complicirt und implicirt war; das worauf alles ankam, steht gewiß nicht in den Acten.

Weimar den 26. Jänner 1815.


25/7005.


An Johann Georg Lenz

Da nichts billiger ist, als daß derjenige, der eine gemeinnützliche Anstalt gegründet und gefördert, auch,[175] für ewige Zeiten, derselben in persönlichen Gegenwart vorstehe; so hat Herzogl. Commission sich's zur vergnüglichen Pflicht gerechnet, beygehendes Bildniß den Sälen des Museums zu widmen. Glücklicher Weise hat die Mahlerin die ansprechende und zuvorkommende Freundlichkeit des gegen Fremde und Einheimische immer bereitwilligen Naturforschers so gut ausgedrückt, daß nichts zu wünschen mehr übrig bleibt, als daß er sich selbst, im Bilde, lange Jahre froh und heiter begrüßen möge.

Zu dem bevorstehenden Feste alles Glückliche wünschend.

Weimar den 27. Jänner 1815.

J. W. v. Goethe.


25/7006.


An den Herzog Carl August

Ew. Durchl.

gnädigstes Schreiben vom 16ten dieses habe, zu meiner danckbaren Freude, bald zu erhalten das Glück gehabt. Bergrath Lenz hat sogleich die verlangten Egel eingepackt und sie sind, nebst einem Schreiben an Dr. Bremser, an Geh. R. Voigt übergeben worden. So gut ist es, daß auch die unscheinbarsten Dinge geachtet und aufbewahrt werden, weil man immer einmal dadurch erfreuen und nutzen kann.

Der biographische Versuch über Prinz Ligne ist sehr glücklich gerathen und setzt eine schöne Übersicht[176] des Weltwesens voraus. Ich habe mich dadurch auf's wunderbarste angeregt gefunden, und sogleich angefangen, unserm abgeschiednen Freunde ein Requiem zu dichten, wovon einsweilen der Eingang beyliegt. Ich bin schon weit hinein, und wäre wohl schon fertig, wenn nicht die Bewegung der festlichen Tage meine geringe Thätigkeit für das Nächste in Anspruch nähme. Ich hoffe aber bis zur Hälfte Februars das Ganze zu Stande zu bringen und werde es dann sogleich an Graf Odonel senden.

Haben Ew. Durchl. die Gnade mich diesem trefflichen Manne vielmals zu empfehlen. Unter den neuen Bekanntschaften, die jene große Völkerfluth mir zugeführt, behauptet er allerdings den ersten Rang. Möchten doch die äussern Umstände ihm so günstig seyn als er es verdient.

Im Orient, wo ich mich jetzt gewöhnlich aufhalte wird es schon für das höchste Glück geachtet, wenn von irgend einem demüthigen Knecht, vor dem Angesichte der Herrin gesprochen wird und Sie es auch nur geschehen läßt. Zu wie vielen Kniebeugungen würde derjenige hingerissen werden, deßen Sie selbst erwähnte! Möchte ich doch allerhöchsten Ortes nur manchmal nahmenweise erscheinen dürfen!

Da Ew. Durchl. gewiß in Gesellschaft öfter auf Orientalisten treffen, so dient es vielleicht zur Unterhaltung, wenn erzählt wird: daß wir vor Kurzem, zu hiesiger Bibliotheck, ein wohl erhaltenes unvergleichliches[177] Prachtstück Persischer, handschriftlicher Art und Kunst angeschafft haben. Es ist das Methnewi des Mohammed Dschelaleddin Rumi, ein Gedicht welches von den Sofis für das fürtrefflichste Buch nach dem Koran gehalten wird. Dieses Exemplar ist in Schiras geschrieben, und zwar zu einer Zeit, wo diese Stadt die Residenz der Persischen Kayser war, welches sie ohngefähr um 1500 aufgehört hat zu seyn.

Mögen Ew. Durchl., indessen wir die Fundgruben des entferntesten Orients mentaliter wühlen, in dem nächsten Osten, persönlich die Erfüllung Ihre Wünsche und der unsrigen erfahren!

unterthänigst

W. d. 29. Jan. 1815.

Goethe.


25/7007.


An Heinrich Carl Abraham Eichstädt

Ew. Wohlgeboren

freundliche Sendung hat mich diese Tage sehr bedeutend unterhalten. Es ist wohl der Mühe werth etwas länger zu leben, und die Unbilden der Zeit mit Geduld zu ertragen, wenn uns beschert ist, zu erfahren, daß eine so seltsame Persönlichkeit, als die des Verfassers jenes biographische Versuchs, die mit sich selbst nicht einig werden konnte, sich doch noch zuletzt, in Geist und Gemüth der vorzüglichsten Männer der Nation, dergestalt rein abspiegelt, daß nicht mehr[178] von Lob und Tadel, sondern nur von physilogischen und pathologischen Bemerkungen die Rede bleibt.

Danken Sie dem vorzüglichen Manne, der, wie es auch die Unterschrift andeutet, gar wohl für einen Plural gelten kann.

Verhehlen will ich jedoch nicht, daß mich das Studium dieser Blätter, eben so sehr, zu weiterer Fortarbeit aufgemuntert, als auch davon abgeschreckt hat. Und so bin ich auf einen Differenz-Punct gerathen, von welchen ich mich bald wieder zu ermuthigen hoffe. Wie geschwinde würde das geschehen, wenn ich mich mit einem solchen Mann nur kurze Zeit über diesen Gegenstand unterhalten könnte. Denn was mir im Laufe der Arbeit, besonders indem ich vorwärts schreite, immer deutlicher wird, und was aus jenen so echten als liebevollen Betrachtungen des Referenten hervorgeht, ist, daß es nun über diese Confession eine zweyte, und über diese sodann wieder eine dritte, und so bis in's Unendliche bedürfe, und die höhere Kritik würde immer noch zu thun finden.

Bey Bearbeitung des vierten Bandes entspringen neue Schwierigkeiten, und die Gefahr wird schon größer, es möchten die Euphemismen deren sich Ironie in einer gewissen Region mit Glück bedient, in einer höheren zu Phrasen auslaufen, und wo finden sich immer die glücklichen Augenblicke des guten Humors, wo das Rechte allenfalls zu leisten wäre?

[179] Ew. Wohlgeb. so wie in jenem vorzüglichem Manne glaube ich Folgendes in Vertrauen mittheilen zu dürfen.

Schon seit einem halben Jahr habe ich den vierten Band, welcher ohngefähr bis zur Hälfte gediehen war, plötzlich liegen lassen und, um nicht völlig zu stocken, zehen Jahre übersprungen, wo das bisher beengte und beängstigte Natur-Kind in seiner ganzen Losheit wieder nach Luft schnappt, im September 1786 auf der Reise nach Italien.

Diesen, aus Instinct ergriffenen, und sodann mit Überlegung verfolgten Ausweg wünsche ich von jenem vortrefflichen Menschenkenner gebilligt um desto muthiger fortzuwandern. Ich rette mich in eine Epoche, von der mir die entschiedensten Documente übrig sind, Tagebücher, Briefe, kleine Aufsätze, unendliche Skizzen, von mir und andern, und zu diesem allen die Gegenwart und Theilnahme meines vortrefflichen Reise- und Lebensgefährten des Hofrath Meyers. Diese anlockende leichtere Arbeit wird gewiß rückwärts günstigen Einfluß erweisen, und die indessen vergehende Zeit mich über einige Bedenklichkeiten hinausheben.

Noch einiges hab ich auf dem herzen, das ich vielleicht später bringe, nur meinen Dank für das, was über die modernen Tyrtäen gesagt ist, will ich nicht zurückhalten; wenig fehlt, daß sie uns die Freude über unser neu auflebendes Glück verkümmert hätten.[180] Und so will ich, nochmals dankend, für dießmal Abschied nehmen.

ergebenst

Weimar den 29. Jan. 1815.

J. W. v. Goethe.


25/7008.


An Jakob Wilhelm Christian Roux

Ew. Wohlgeboren

danke zum schönsten, daß Sie mich so freundlich an das Jena Besprochene erinnern; ich gebe hierüber folgende vorläufige Auskunft: so eben bin ich beschäftigt, die Papiere, welche sich auf meine italiänische Reise beziehen, zu sichten und zu redigiren. Hierbey sey ich nun freylich, daß dieser wörtlichen Darstellung sehr zum Vortheil gereichen müßte, wenn, aus meinen eignen Skizzen sowohl, als denen der Freunde und Kunstgenossen, was bedeutend ist und erläutern könnte, in Kupfer gestochen, dem Werklein beygefügt würde. Es sollte mir angenehm seyn wenn Ew. Wohlgeb. diese Arbeit übernehmen wollten, da alle die dazu erforderlichen Eigenschaften sich bey Ihnen gar glücklich verbinden.

In gedachter Rücksicht aber wird es nöthig seyn, daß man eine strenge Auswahl treffe, damit ein Unternehmen, welches ohnehin weitaussehend ist, innerhalb seiner Gränzen bleibe.

Ich gestehe, daß ich darüber schon seit einiger Zeit mit meinem vieljährigen Freunde und damaligen[181] Kunstgefährten, zu Rathe gegangen, wie die Sache anzustellen sey, damit vergebliche Mühe und Kosten entfernt werden. Vor allen Dingen wäre ein Format festzusetzen, daß alle Platten von einer Größe würden. Klein Folio wäre hierzu das Schicklichste; man könnte alsdann, wenn der Gegenstand Reichthum und Werth genug hat, Ein Bild, es sey nun stehend oder liegend darauf bringen oder den Raum in die Länge und Quere, nach Belieben eintheilen.

Brächte man mehr Bilder auf eine Platte, so müßte man solche Gegenstände wählen, welche der Zeit, der Nachbarschaft oder dem Interesse nach zusammengehören. Sodann würde man nach Maaßgabe des darzustellenden Gegenstandes, bald bloße Umrisse, bald mehr und weniger ausgeführte Blätter, vielleicht auch, wie es sich schicken will, Aquatinta anbringen, und so dem Charakter dieser Sammlung am nächsten kommen und den Zweck auch am schnellsten erreichen. Geht man nun so zu Werke, daß diese Abbildungen sich auf Buch, Buch sich auf sie bezieht, so ist höchst wahrscheinlich, daß der Verleger des Werkes auch den Verlag der Kupferplatten übernähme, die man für einen billigen Preis überlassen könnte, und dabey der Mühe und Gefahr eines Selbstverschleißes überhoben wäre. Da aber die Einleitung sowohl als auch die Ausführung dieser Sache, auf das planmäßigste zu ordnen ist, und meine öftern Abwesenheiten von Weimar Irrungen oder Stockungen[182] er zeugen könnten, so wird Herr Hofrath Meyer so lange ich gegenwärtig bin mitwirken, und wenn ich mich entfernen sollte meine Stelle mit Rath und That versehen. Sobald es mit Vorarbeit und Überlegung weiter gediehen, so hoffe das Vergnügen zu haben, in Weimar oder Jena, mich mündlich mit Ew Wohlgeb. davon zu unterhalten.

Der ich recht wohl zu leben wünsche, mich geneigtem Andenken empfehle

ergebenst

Weimar den 29. Januar 1815.

Goethe.


25/7009.


An Franz Kirms

d. 30. Jan. 1815.

Haben denn die Herren Dresdner das Geld erlegt oder angewiesen. Das Manuscr. liegt fertig, doch möcht nicht gern erst hinterdrein die Zahlung sollicitiren. – Wie schlecht sich die Berliner gegen mich aufführen ist kein Geheimniß.

Dank für Ew. Wohlgeb. Bemühung!

G.[183]


25/7009a.


An Franz Kirms

[30. Januar 1815.]

Ew. Wohlgeb.

wollen die Gefälligkeit haben Sich die zwölf Louisd'or von hiesiger Post zahlen zu lassen. Ich sende deshalb das Manuscr. mit Bitte die Adresse drauf setzen zu lassen.

Danckbar

Goethe.[149]


25/7010.


An Georg Wilhelm Lorsbach

Ew. Wohlgeboren

erhalten hiebey eine Kiste, deren Inhalt angenehm seyn möge. Dieses ist der Wunsch Herzogl. Bibliotheksoberaufsicht,[183] welche dankbar anerkennt die Bemühungen, welche Dieselben sich gegeben haben bey Prüfung der orientalischen Manuscripte, die wir auf Dero Empfehlung angeschafft.

Ich werde jedoch nächstens wieder in den Fall kommen, Ihre Gefälligkeit in Anspruch zu nehmen; Sie erinnern sich gewiß der außerordentlichen Pracht eines von der Zeit sehr mißhandelten Buches, welches Dieselben für das Tohfat ahra des Dschami erkläret. Unser geschickter Buchbinder hat die einzelnen Blätter und Lagen glücklich wiederhergestellt; eh nun aber solches gebunden wird, ersuche ich Ew. Wohlgeboren, das Manuscript vorher durchzugehen, ob nicht vielleicht bey der Arbeit einige Blätter verlegt worden. Die Lagen sind oben mit arabischen Zahlen bezeichnet, und Ew. Wohlgeb. werden leicht alles entziffern und ordnen können.

Da ich bey dieser Gelegenheit die übrigen orientalischen Schriften unsrer Bibliothek gerne catalogirt und geordnet sähe, so werd ich mir in der Folge die Freyheit nehmen, dieselben nach und nach zu senden, wenn ich nicht indessen das Vergnügen haben sollte, eine persönlich belehrende Bekanntschaft glücklich zu erneuern.

Ergebenst

Weimar den 31. Januar 1815.

Goethe.[184]


25/7011.


An Bernhard Anselm Weber

[Concept.]

[2. Februar 1815.]

Es hätte mir nichts Angenehmeres begegnen können, als aus Ihrem Briefe zu ersehen, daß Sie Sich noch unermüdet mit der Ausbildung unserer gemeinsamen Arbeit beschäftigen. Ich zweifle nicht, daß das Werk dadurch immer mehr gewinnen wird. Geben Sie mir aber doch gefällig einige Auskunft über eine Stelle im Morgenblatt, wo von Berlin aus gemeldet wird, daß in Erfolg einer Königl. Kabinettsordre auf dem Theater nichts, was sich auf die nächsten Umstände bezöge, erscheinen, und also auch mein Stück nicht aufgeführt werden solle.

Da nach Ew. Wohlgeb. Äußerungen dieses ein leeres Gerücht zu seyn scheint, so verfehle nicht drey Strophen Schlußchor zu schicken, die ich schon früher gesendet hätte, wenn ich nicht den letzten Augenblicken recht anzupassen die Absicht gehabt. Indessen glaube ich, sie werden so ganz zweckmäßig und singbar seyn.

Was die neue Oper betrifft, so erlauben Sie daß ich von dem Gegenstande und dem Plan vorerst noch ein kleines Geheimniß mache. Die Aufnahme des Epimenides wird ausweisen ob die Früchte meine Bemühungen, wie ich so sehr wünsche, auf dem Berliner Theater gedeihen können. Das Schema wird[185] indessen ausführlich gefertiget, um bey der Unterhaltung darüber die Forderungen des Herrn Componisten auf's schnellste und leichteste zu erfüllen. Erhalten Ew. Wohlgeb. mir bis dahin ein geneigtes Andenken. Leider steht es aber mit öffentlichen wie mit Privat-Angelegenheiten noch so unsicher daß ich nicht wissen kann, inwiefern ich mich im Frühjahre oder Sommer vom Hause entfernen darf. Freylich wäre mein angelegentlichster Wunsch Berlin mit allen seinen Vorzügen und Schätzen näher kennen zu lernen. Indessen haben Sie die Gefälligkeit mich Ihren Herrn Mit-Directoren bestens zu empfehlen, wie denn auch die Meinigen mir die schönsten Grüße aufgetragen haben, und mit mir hoffen, daß eine geistreiche musicalische Unterhaltung, die uns in dem vorigen Jahre zu Theil wurde, uns in dem vorigen Jahre zum Theil wurde, die uns in dem vorigen Jahre zu Theil wurde, uns auch in diesem Frühjahr nicht mangeln werde. Mich angelegentlichst empfehlend.

Weimar den 30. Jänner 1815.


25/7012.


An Heinrich Carl Abraham Eichstädt

Ew. Wohlgeboren

haben uns auf unserm Haushaltungsapparat einen Stahlkolben gewünscht, den man glühend in vorbereiteten Punsch taucht, um ihn zu erhitzen. Einen solchen vulcanischen Punsch hat uns einmal der gute Voß vorgesetzt, welcher einen solchen Stahlkolben von Eutin[186] mitgebracht hatte; ich aber habe dergleichen nie besessen. Ich muß daher mein Bedauern ausdrücken, daß ich damit nicht aufwarten kann.

Zu allen angenehmen Diensten willig, mich bestens empfehlend

ergebenst

Weimar den 4. Februar 1815.

Goethe.


25/7013.


An Christian Heinrich Schlosser

[Concept.]

[6. Februar 1815.]

Sie würden mir, mein Werthester, nicht so oft und keine so blätterreiche Briefe schreiben, wenn Sie nicht wüßten, daß Sie mir dadurch große Freude machen. Auf Ihren letzten erwidere ich sogleich einiges, weil ich gerade mittheilen kann, was Ihnen bey Ihrer gegenwärtigen Beschäftigung brauchbar ist.

Ich sende nämlich mit der fahrender Post, um einen Stab gewickelt eine tabellarische Behandlung der Tonlehre, die ich vor einigen Jahren unternommen, nachher aber liegen lassen. Nach Empfang Ihres Briefs habe ich sie aufgesucht und zusammenschreiben lassen, und sende sie, ohne sie weiter zu revidiren noch zu complettiren. Bei einer Arbeit dieser Art, eigentlich zum didactischen Zweck bestimmt, kommt es hauptsächlich darauf an, ob sie alle die Phänomene enthalte, die man in einem solchen wissenschaftlichen[187] Cirkel kennt, und ob man sich den Inhalt gern in dieser Ordnung denken mag. Die Ähnlichkeit dieser Schematisirung mit dem Schema der Farbenlehre ist nicht zu verkennen; erst finden Sie das Allgemeine, sodann das Besondere in 3 Abtheilungen. Hier steht das Subjectiv-Organische wieder voraus, das Objectiv-Organische wieder voraus, das Objectiv-Physische, Mathematische ihm entgegen.

Aus beyden bildet sich durch Mechanik eine technische Mitte, und durch das Gegeneinanderarbeiten dieser drey Thätigkeiten entspringt die Möglichkeit einer Kunstbehandlung, welche Sie unten im rothen Nahmen finden werden. pp.

Ganz vollständig kann die Tabelle nicht seyn, haben Sie die Güte zu bemerken, was fehlt, und wo es hin zu rangiren wäre. Nicht weniger haben Sie die Gefälligkeit die Methode nach allen Seiten durchzudenken, und zu prüfen, inwiefern sie mit Ihrer Denkweise übereinstimmt.

Die Blätter erbitte mir gelegentlich wieder zurück.


25/7014.


An Sulpiz Boisserée

Nur ein paar Worte zur Begleitung der Raabischen Zeichnung. Dieser gute Freund und Künstler ist vor kurzer Zeit von hier abgereist, und hat mir das Blatt für Sie hinterlassen, nachdem er manches hübsche Porträt hier gefertiget, und sich eine freundliche[188] Neigung erworben und erhalten. Mehr sage ich nicht, denn ich lebe in einem wunderbaren Gedränge.

Stets eingedenk meiner Heidelberger Freunde, die ich alle herzlich zu grüßen bitte. Erhalten Sie mir Freundschaft und Liebe bey sich und den Ihrigen.

Weimar d. 7. Febr. 1815.

Goethe.


25/7015.


An Christian Gottlob Voigt

Wie betrübt es unserm guten Lenz in den letzten Jahren gegangen, ist uns beyden nur zu wohl bekannt. Außerdem daß er das traurige Kriegsschicksal mit den übrigen Jenensern getheilt, hat ein Beinbruch ihn noch sehr zurückgesetzt. Ihm in diesen Zeiten eine Zulage zu verschaffen, wird, bey verlängerter Abwesenheit Serenissimi und bey so viel Competenten am Teich Bethesda schwer seyn, wenigstens verspätet werden.

Mögen Ew. Excellenz ihm ein Geschenk von 50 rh. reichen lassen, so wird es ihn sehr glücklich machen. Die Casse verträgt's und Lenz bringt durch seine Thätigkeit die herrlichsten Sachen in die Sammlung, wovon wir allenfalls nur das Porto tragen.

Weimar 7. Febr. 1815.

G.[189]


25/7016.


An Carl Ludwig von Knebel

Für die mitgetheilten orientalischen Perlen danke zum allerschönsten. Ich habe sie sogleich mit aufgereiht. Wenn du noch etwas dergleichen besitzest, so bitte mir es nicht vorzuenthalten. Meine Schatzkammer fühlt sich täglich mehr mit Reichtümern aus Osten; wie ich sie ordnen und aufstutzen kann, muß die Zeit lehren. Ich segne meinen Entschluß zu dieser Hegire, denn ich bin dadurch der Zeit und dem lieben Mittel-Europa entrückt, welches für eine große Gunst des Himmels anzusehen ist, die nicht einem jeden widerfährt.

Die neuen Seebeckischen Versuche und Entdeckungen sind allerliebst, ich möchte sie dir vorzeigen und auslegen. Du erinnerst dich der Farben, die ich epoptische genannt habe, die auf den Oberflächen der Körper durch Hauch, Druck, Erhitzung u.s.w. entspringen; nun hat man gefunden, daß auch im innern des Glases, es sey in Scheiben- oder Körpergestalt, wenn es schnell verkühlt, durch Reflexion zwischen 2 Spiegeln, sich farbige Bilder erzeugen, die sich nach der Gestalt der Körper richten, in vollkommener Ähnlichkeit mit den Chladnischen Tonfiguren. Man muß das Phänomen mit Augen sehen, weil das Wunderbare und Anmuthige davon nicht zu beschreiben ist.

Und hiermit für dießmal das schönste Lebewohl!

Weimar d. 8. Febr. 1815.

G.[190]


25/7017.


An Franz Dominicus Maria Josef Brentano

Hierbey folgt das neuangekündigte Büchlein, einige mahlerische und poetische Blumen enthaltend. Ich bin so frey meinen Wunsch zu wiederholen, daß es der verehrten Besitzerin nur alsdann in die Hände komme, wenn mehrere Freunde ihren Namen eingeschrieben. Mögen Sie dabey, in Ihrem verehrten Familienkreise, meiner freundlich gedenken; so werden Sie mich dadurch sehr glücklich machen, denn ich wünsche nichts mehr, als daß Sie sämmtlich überzeugt seyn und bleiben mögen, daß keine Zeit die dankbaren Empfindungen für die glücklichen Tage, die ich durch Sie genossen, vermindern könne.

Mit diesem Wenigen mich angelegentlichst empfehlend.

gehorsamst

Weimar d. 12. Febr. 1815.

Goethe.


Vor der Absendung des Gegenwärtigen erfreut mich noch, theuerster und verehrter Herr und Freund, Ihr gütiges Schreiben, woraus ich mit Vergnügen ersehe, daß mein Gedancke Beyfall findet. Möge er, durch Ihre Sorgfalt ausgeführt, zur guten Stunde freundlich wirken und ich Ihnen stets empfohlen bleiben!

G.[191]


25/7018.


An Christian Gottlob Voigt

Ew. Exzell.

weltvertheilende Sendung hat mich, in einem sehr beschränkten Lebenskreise, wundersam erregt. Wir müssen das wohl über uns walten lassen biß Seelen und Körper auf uns herab steigen.

Wiederhole ich mir manche Jahre so will mir scheinen daß wir uns und unserm Fürsten Glück zu wünschen haben daß es noch so schließt.

Doch Ew. Exzell. wissen alles was ich dencke und empfinde.

Nächstens der friedlichen Jenaischen Anstalten Ackten und Agenden stilles Fortleben.

Möge empfohlen bleiben.

W. d. 14. Febr. 1815.

G.


25/7019.


An Georg Sartorius

[Concept.]

Bis jetzo hatte ich nicht den Muth, mein würdiger Freund! Ihr großes Werk mit der Post fortzuschicken, nun aber findet sich eine ominose Gelegenheit, indem mein Sohn einen Todtenkpf an Blumenbach schickt, diese Bogen beyzulegen, und so werden sie Ihnen ja wohl in einiger Zeit zu Handen kommen.

[192] Noch habe ich der lieben Frau kaum für das herrliche Portefeuille gedankt, Ihnen auch noch nicht für die erwünschte Chocolade, möge Ihnen alles nach Wunsch gehen, und Sie das neue Königreich in jedem Sinne auch zu unserm Heile gründen. Unsere gnädigsten Herrschaften sind noch in Wien, wir haben wenig Hoffnung sie so bald wiederzusehen. Wie es übrigens mit der europäischen Christenheit steht, wissen besser als ich, und haben gewiß daran so wenig Freude als ich.

Von mir kann ich sagen, daß ich vor wie nach beschäftigt bin, wie St. Diogenes mein Faß zu wälzen, wobey mir die Motion gar nicht übel bekommt. Lassen Sie von Zeit zu Zeit von Sich hören, und erhalten mir Ihr freundliches Andenken.

Weimar den 16. Febr. [1815.]


25/7020.


An Franz Kirms

Was ich an Herrn von Poseck durch meinen Sohn wollte antworten lassen, ersehen Ew. Wohlgeboren aus Beyliegendem. Indessen da Ew. Wohlgeboren selbst zur Nachgiebigkeit rathen, so will ich die Sache ignoriren, bitte aber jenes Concept als Protestation zu den Acten zu legen.

d. 17. Febr. 1815.

G.[193]


25/7021.


An Christian Gottlob Voigt

Ew. Excell. verzeihen, wenn ich einiges später nachbringe, als meine Absicht war; die mir von einem wunderlichen Geschick zugedachten Prüfungen werden mein Säumen entschuldigen.

1) Ein gnädigstes Handbillet Durchlauchtigster Herzogin.

2) Das Schreiben des Herrn von Hoff, welchem meinen Dank für das Übersendete abzustatten bitte. Freylich sieht die Ehrenmünze einem Mennoniten-Saale ähnlich, wo nur wenige Worte zwischen weißen Wänden erschallen. Unserer Zeit ist nicht bilderstürmerisch, aber bildlos.

3) Kirchenrath Lorsbachs Danksagungsschreiben für den übersendeten Wein. Für unsre orientalischen compendiosen Schätze habe ich ein Schränkchen machen lassen. Die chinesischen hatte einmal Klaproth catalogirt.

Die Korane, prosaische und poetische Werke, in arabischer, persischer und türkischer Sprache, werde nach und nach unserm Jenaischen Weissager zusenden und einen Catalog zu ordnen suchen.

4) Mehr Belehrung und Freude versprech ich mir jedoch aus den Anordnungen, welche Ew. Excell. bey dem Münz-Kabinett treffen werden. Es wird sich[194] finden daß wir in Weimar auch in diesem Fache schöne Besitzungen haben.

Ew. Excell. Sammlung antiker Münzen, die meinigen vom funfzehnten Jahrhundert her, besonders auf Kunstgeschichte berechnet; sodann die herzogliche, die Geschichte des Hauses erläuternd, welches in diesem Augenblicke zwischen Seyn und Nichtseyn schwankt. Möge uns so mancher schöne Besitz zunächst Freude und Unterhaltung geben.

5) Die Abschrift des famosen Aufsatzes; ich habe ihn mit dem Abschreiber collationirt, welches um so nöthiger war, als die Abschrift stellenweis sehr unleserlich war. Das gedachte eigenhändige Exemplar des Verfassers bring ich auf eine wundersame Weise nach Göttingen, worüber Ew. Excell gewiß lächeln werden.

6) Ein paar Worte über den zwischen uns und Norden schwankenden Freund.

7) In einigen Tagen erhalten Ew. Excell. die Museums-Acten von 1813 und 1814 mit einer Vorarbeit zu künftigem ausführlichen Bericht.

Eine kleine Bemühung, der ich günstige Aufnahme erbitte.

treulichst ergeben

Weimar 17. Febr. 1815.

Goethe.[195]


25/7022.


An Johann Friedrich Cotta

Da ich von Herrn Legationsrath Bertuch vernehme daß Ew. Wohlgeboren glücklich möchten zu Hause angekommen seyn, so wünsche ich Glück zur Rückkehr, und sende verschiedene Blätter bezüglich auf unsere Geschäfte.

1) Entwurf eines Contracts zu gefälliger Prüfung.

2) Entwurf einer Anzeige. Wenn Sie dieselbe supplirt und extendirt, so erbitte ich mir solche nochmals zur Durchsicht.

3) Inhaltsverzeichniß der 20 Bände zur Anzeige gehörig.

4) Bemerkungen zu den zwey ersten Bänden welche bis zur Ankunft des Manuscripts bey Seite zu legen bitte.

5) Ein meine Bereitwilligkeit zum Damen-Calender und Morgenblatt mitzuwirken aussprechendes Blatt.

Von sämmtlichen Blättern habe Abschriften behalten, damit Sie Sich mit größerer Bequemlichkeit darauf beziehen mögen. Ich behalte mir vor noch manches nachzubringen, sowie ich die vier ersten Bände vor Ende Februars abzusenden denke, und noch einige Cautelen wegen des Druckes beyfügen werde.

[196] Wollten Sie die Gefälligkeit haben, die Rechnung wegen unseres Vergangenen zu stellen; mir fehlen, um die meinigen abzuschließen, einige kleine Posten auf beyden Seiten.

Ich wünsche zu vernehmen daß es Ihnen in allem nach Wunsch gegangen sey und hoffe dieses Frühjahr, da Ostern zeitig fällt, Sie bald bey uns zu sehen.

ergebenst

Weimar d. 20. Feb. 1815.

Goethe.


Entwurf eines Contracts.

Der Herr Geheime Rath von Goethe zu Weimar überläßt Herrn Doctor Cotta in Stuttgart die abermalige Ausgabe seiner Werke, uns zwar wird Folgendes bestimmt und bedingt:

1) Die Zahl der Bände ist auf zwanzig festgesetzt, den Inhalt derselben weist beyliegendes Verzeichniß.

2) Die Zahl der Lieferungen hängt von dem Herrn Verleger ab, so wie die Termine derselben.

3) Das Verlags-Recht wird bis Ostern 1823 zugestanden; nach Ablauf dieses Termins behält der Herr Verleger das Vorrecht vor andern unter gleichen Bedingungen.

4) Der Verfasser bedingt sich dagegen die Summe von

Sechzehn Tausend Thalern, sächsisch.[197]

5) Die Zahlungs-Termine können auf die Lieferungs-Termine gesetzt werden. Man ist nicht abgeneigt einen Theil der Summe gegen 5 pro Cent Interesse und halbjährige jedem Theil freystehende Aufkündigung stehen zu lassen, wenn daraus für den Herrn Verleger einige Bequemlichkeit entspränge.

6) Die Zahl der Exemplarien bleibt wie bey den bisherigen Verlags-Artikeln auf 44 festgesetzt, wovon 20 Velin-Papier, 24 auf Schreib-Papier

s. m.

Weimar, d. 20. Febr. 1815.

Goethe.


Entwurf einer Anzeige.

Da eine schon längst bereitete Ausgabe der Werke des Herrn Geheime Rath von Goethe durch die Zeitumstände verhindert worden, so konnte es nicht fehlen, daß vollständige Exemplare derselben im Buchhandel fehlten und auf vielfältiges Nachfragenden Freunden damit nicht gedient werden konnte. Es geschieht daher mit besonderem Vergnügen und Zuversicht daß unterzeichnete Verlags-Handlung hiermit anzukündigen im Stande ist, daß eine neue Ausgabe gedachter Werke gegenwärtig unter der Presse sey; sie wird aus zwanzig Bänden bestehen wovon nachstehendes Verzeichnis eine allgemeinere Übersicht giebt.

Aus demselben ist zu ersehen daß nicht nur der Inhalt der vorigen Ausgabe auch in der neuen zu finden seyn wird, so wie was von demselben[198] Verfasser bisher im Druck erschienen, insofern es dem ästhetischen Fache angehört, sondern daß auch manches mitgetheilt werden soll, was durch die Bekenntnisse aus dem Leben des Verfassers eingeleitet und sowohl faßlich als genießbar gemacht worden, und künftig noch harmonischer in sich werden kann.

Da auch bisher mehrmals Klage geführt worden, daß man, besonders in den letzten Jahren, keine Exemplare auf Velin-Papier sich anschaffen können, so wird, da eine eigentliche Prachtausgabe in dem gegenwärtigen Moment wohl nicht räthlich seyn möchte, eine Subscription auf Velin-Exemplare hierdurch eröffnet, unter folgenden Bedingungen:

(Die Bedingungen werden inserirt)

Diese Ausgabe theilt sich in (fünf?) Lieferungen welche in nachstehenden Terminen erscheinen sollen:

(Inserantur die Termine und sonstige merkantilische Erfordernisse)

(NB. Man verspricht gewöhnlich die Namen der Subscribenten drucken zu lassen; sollte dieses auch dießmal geschehen, so wünschte aus mehreren Ursachen, daß sie nicht dem ersten Bande vorgesetzt, sondern später nachgebracht würden, es ließe sich vielleicht alsdann etwas Artiges und Obligantes dem Publicum erzeigen, wodurch ein solches Register auch einmal auf eine geistreiche Weise eingeführt würde; doch dieses bleibt unter uns und ich erkläre mich näher darüber.)

W. d. 20. Feb. 1815.

G.[199]


Inhalts-Verzeichniß

der zwanzig Bände Goethischer Werke.


1. Band.

Zueignung.

Lieder.

Gesellige Lieder.

Balladen.

Elegien.

Episteln.

Epigramme.

2. Band.

Sonette, funfzehen.

Vermischte Gedichte, drey und dreyßig.

Antiker Form sich nähernd, vier und zwanzig.

An Personen, funfzehen.

Kunst betreffend, zwölf.

Parabelartig, eilf.

Gott, Gemüth und Welt, über funfzig.

Sprichwörtlich, über zwey Hundert.

Epigrammatisch.

3. Band.

Wilhelm Meister, drey Bücher.

4. Band.

Wilhelm Meister, vier Bücher.

5. Band.

Laune des Verliebten.

Die Mitschuldigen.

Die Geschwister.

Mahomet.

Tancred.

Theatralische Gelegenheits-Gedichte.

[200] 6. Band.

Götz von Berlichingen.

Egmont.

Stella.

Clavigo.

7. Band.

Iphigenie auf Tauris.

Torquato Tasso.

Die natürliche Tochter.

Elpenor.

8. Band.

Claudine von Villabella.

Erwin und Elmire.

Jery und Bätely.

Lila.

Die Fischerin.

Scherz, List und Rache.

Der Zauberflöte 2. Theil.

Maskenzüge.

Carlsbader Gedichte.

Des Epimenides Erwachen.

9. Band.

Faust.

Puppenspiel.

Fastnachtspiel.

Das Neueste von Plundersweilern.

Pater Brey.

Satyros.

Bahrdt.

Parabeln.

Legende.

Hans Sachs.

[201] Mieding.

Künstlers Erdenwallen.

Künstlers Apotheose.

Epilog zu Schillers Glocke.

Die Geheimnisse.

10. Band.

Der Groß-Cophta.

Der Triumph der Empfindsamkeit.

Die Vögel. Der Bürgergeneral.

Die Zeichen der Zeit.

11. Band.

Reinecke Fuchs.

Hermann und Dorothea.

Achilleis.

Pandora.

12. Band.

Werther.

Briefe aus der Schweiz I. und II. Abtheilung.

13. Band.

Das Römische Carneval.

Fragmente über Italien.

Caliostro Stammbaum.

Unterhaltungen deutscher Ausgewanderter.

14. Band.

Die Wahlverwandtschaften.

15./16 Band.

Cellini.

17./18./19. Band.

Aus meinem Leben.

20. Band.

Miscellen.


[202] Bemerkungen,

zu den zwey ersten Bänden.

Man hat zwar möglichst gesorgt, daß alles bestens geordnet werde, allein es wäre doch zu wünschen, daß ein geistreicher Mann die beyden Bände Gedichte nochmals durchsähe, und, sollte sich irgend ein Bedenken finden, mir solches, mir solches anzeigte.

Für den Maître en page, habe ich bey der Zueignung eine Bemerkung beygelegt, daß nämlich die Stanzen nicht gebrochen werden mögen. Dieses gilt auch von allen übrigen Gedichten, besonders von Balladen, wie solches schon bey der ersten Ausgabe gut beobachtet worden.

Dann versteht sich von selbst, daß die Foliirung sich nur auf das Manuscript bezieht, damit die festgesetzte Ordnung nicht getrennt werde, die Paginirung bleibt dem Setzer überlassen. Sollte zufälliger Weise irgend ein Gedicht übersprungen oder weggelassen werden, so bitte inständigst, solches nicht anderwärts einzuschalten. Ein solches Unglück ist bey der ersten Ausgabe mit Lilis Park geschehen: dieses Gedicht blieb aus dem ersten Bande weg, und ward zum Schluß des 8. Bandes nachgebracht. Hier hätte es nun schon, hinter den Geheimnissen, einen bösen Effect gemacht; allein, da die beyden Blätter, worauf es stand, dergestalt innerhalb des Bogens abgedruckt waren, daß sie durch den Buchbinder erst ausgeschnitten und hinten angeklebt werden sollten, dieser aber gewöhnlich[203] die Bemerkung übersah; so entsprang daraus der unheilbare Mißstand, daß die Blätter zweyer ganz entgegengesetzten Gedichte durch einander gebunden wurden, und der Inhalt dieser Productionen, der Genuß derselben, dem Leser wo nicht geraubt, doch wenigstens sehr unangenehm gestört wurde.

Es sey mir verziehen, daß ich dieses Umstandes weitläufig erwähnt, es kann aber nichts wünschenswerther seyn, als daß dergleichen bey einer neuen sorgfältigen Ausgabe vermieden werde.

Einen andern Übelstand der vorigen Ausgabe, an dem ich selbst Schuld war, habe dießmal zu verbessern gesucht. Es sieht nämlich gut aus, wenn einzelne gar zu kleine Gedichte oben auf der Seite stehen, und unten ein zu großer weißer Raum bleibt. Wo es einigermaßen nöthig und schicklich war, habe ich kleine Gedichte untereinander gestellt. Die wenigen Fälle, wo es nicht geschehen konnte, mögen hingehen.

Wo, bey späterer Redaction, einige Folia ausgehoben und translocirt worden sind, ist jedesmal bemerkt.

Mit Vorbehalt das Weitere anzuzeigen.

W. d. 20. Febr. 1815.

G.


Zu dem Damen-Calender so wie zu dem Morgenblatte bin ich geneigt einiges mitzutheilen, wegen des letzten will ich nur erinnern, daß es keinesweges[204] Eigensinn gewesen wenn ich daran nicht öfter theilgenommen.

In der deutschen Literatur ist nicht leicht zu wirken wenn man seine Kräfte nicht zusammenhält, ja es ist zu bemerken, daß durch die vielen Tagesblätter und Wochenhefte gar manches Gute verschlungen und mit dem Geringern in's Gleiche gestellt wird, dieß liegt in der Natur de Sache und ist nun einmal nicht zu ändern.

Das Einzige, worum ich ersuchen würde, wäre aß der Herr Redacteur, dem ja so viel Stoff zu Gebote steht, die Gefälligkeit hätte eine Auswahl zu treffen, so daß nicht Aufsätze folgten die dem vorhergehenden ganz heterogen sind, wie es mir einigemal bey Dingen ergangen, auf die ich einigen Werth legte. Zwar wird man hierüber im Laufe des Lebens immer gleichgültiger, es ist aber doch besser sich und andern unangenehme Eindrücke zu ersparen.

W. d. 20. Feb. 1815.

G.

Die erste Lieferung zum Morgenblatt wird nächstens abgehen.


25/7023.


An Georg Wilhelm Lorsbach

Ew. Wohlgeboren

erhalten abermals hiebey ein schönes persisches Manuscript, worüber ich um einige Aufklärung bitte.

Können Sie mir die beste Übersetzung von Megnoun[205] und Leila anzeigen oder mittheilen, so geschieht mir eine besondere Gefälligkeit.

War der berühmte Rumi, der Verfasser des Methnewi, ein Zeitgenosse des Motanabbi?

Verzeihen Sie wenn ich auch manchmal eine ungeschickte Frage thue; da ich in einem für mich ganz neuen, ungeheuer weiten Fach mich fast verliere. Für die treffliche Recension, aus der ich auf einmal soviel Belehrung nehmen konnte, sage den verbindlichsten Dank.

ergebenst

Weimar, den 22. Febr. 1815.

Goethe.


25/7024.


An Thomas Johann Seebeck

Ew. Wohlgeboren

für den lehrreichen Brief und die fördernde Sendung zu denken, darf ich nicht länger unterlassen; dadurch aufgeregt habe unsern, zwar braven, aber immer zaudernden Mechanikus genöthigt, den schon seit einem Jahr vorgehabten Apparat aufzustellen, wodurch ich denn im Stande war, alles was Sie mir zugedacht vollständig zu nützen. Die mitgesendeten Platten besonders zeigen das Phänomen zum allerschönsten.

Durch den von Ihnen entdeckten Einfluß entdeckten Einfluß einer schnellen Verkühlung schließen sich diese Phänomene[206] genau an unsere übrige Farbenlehre. Es scheint hier etwas im Innern des Glases auf der Oberfläche geschieht. Die durch schnelle Abkühlung verursachte Undulation fixirt sich im Glase, und das aufgehobene Gleichgewicht erstarrt in seiner Polarität; durch Spiegelung wird diese innere Differenz manifestirt, wie auch bey den durch Druck entstandenen Farben in einem Falle Spiegelung, und im andern durchfallendes Licht nöthig ist. Höchst merkwürdig daß die geviertheilten Tafeln ihrer Form gemäß, in dem ganzen Quadrat gleiches Phänomen hervorbringen, wodurch auf die Ähnlichkeit mit den Magneten hingedeutet wird. Ferner bringt uns die Einwirkung verendeter Temperatur den Turmalin in Gedanken, so wie die Ähnlichkeit mit den Chladnischen Figuren uns auf die Schwingungsknoten des Tones hinweist.

Und so hätten wir denn auch diese Juwele in den bekannten Kreis zum vollständigen Schmuck abermals eingefaßt. Ich freue mich herzlich auf alles was Sie auf ihrem Wege noch erobern werden, und bewundere nur Ihre Geduld, mit welcher Sie die vier- und achtkantigen Lichtstrahlen bearbeiten mögen. Es giebt einen kein Wunder, daß die Geschichte der Wissenschaften wie ein Flözgebirge aussieht, da man durchsinken muß, um zu reichen Lagern zu gelangen. Die Woge der Lebendigen verfährt wie das Meer, das den Bernstein, den es auswirft, gleich wieder mit Dünensand[207] bedeckt. Wie sehr mir denn auch Ihre Aufmerksamkeit auf alles, was in diesen Fächern öffentlich erscheint, zu Statten kommt, muß ich danckbar erkennen. Alle Nationen sind doch darin gleich, daß Mitwerber sich einander den Tag zu verkümmern suchen; deswegen muß ein jeder, der irgend etwas Ernstliches zu leisten denkt, wo nicht an die Nachwelt, doch wenigstens an morgen appeliren.

Möge Sie mir gelegentlich den kleinen Aufsatz über die Doppelbilder des Kalkpaths mit der Tafel zurücksenden, ich habe keine Copie davon. Haben Sie den Rizetti nicht mehr nöthig, so wünscht ich diesen auch unserer Bibliothek wieder zu erstatten.

Wegen Comparetti kann ich soviel melden.

Und so muß ich denn noch zum Schluß eines für uns sehr günstigen Ereignisses gedenken. Es war mir nämlich schon längst bewußt, daß Herr Staatsrath Schultz in Berlin sich mit der Farbenlehre beschäftige, und nun hat er die Gefälligkeit gehabt, mir sowohl im Allgemeinen als Besondern seine Überzeugungen und Arbeiten mitzutheilen. Er hat sich ausschließlich mit dem Physiologischen beschäftigt, ist tiefer in's Subject zurückgegangen und hat wunderwürdig schöne Ansichten erobert. Mehr sage ich nicht, weil es mich zu weit führen würde. Erhalte ich die Erlaubniß, das Heft entweder öffentlich oder wenigstens im Stillen mitzutheilen, so erhalten Sie es vor allen.

Weimar, den 23. Febr. 1815.[208]


25/7025.


An Wilhelm Christoph Leonhard Gerhard

Die mir zugewendete Sendung konnte mir nicht anders als sehr angenehm seyn. Schon seit beynahe vierzig Jahren, als so lang ich mich in Weimar aufhalte, suchen wir die Maskenbälle, welche gar bald in ein wildes, geistloses Wesen ausarten, durch dichterische Darstellung zu veredeln, und es ist uns bis auf die letzte Zeit mehr oder minder geglückt. Der Maskenzug, den Sie bey de Ihrigen vor den Augen hatten, war freylich der glänzendste, und ich freue mich, daß Sie bey Ihrem Unternehmen, soviel das Programm vermuthen läßt durch die Persönlichkeiten und andere Umstände gleichfalls, wie es Ihre Dichtung verdient, begünstigt worden sind.

Lassen Sie nicht ab, Sich auch in der Folge um solche Dinge zu bemühen; sie sind in manchem Sinne belohnend, und wo bedarf es mehr einer geistreichen Freude, als zu einer Zeit, wo die herzliche nicht immer zu finden ist. Haben Sie die Gefälligkeit, mir manchmal eine Probe Ihres schönen Talentes mitzutheilen, ich bin überzeugt, daß jede Anwendung desselben Ihnen und andern Freude machen wird.

Mich zu geneigtem Andenken empfehlend

ergebenst

Weimar d. 27. Febr. 1815.

Goethe.[209]


25/7026.


An Bernhard Hundeshagen

Wohlgeborner,

Insonders hochgeehrtester Herr!

Durch Ihren gefälligen Brief und die angenehme Sendung erfüllen Sie einen Wunsch, den ich gehegt, und kommen dem Vorsatze zuvor, den ich diese Tage gefaßt hatte. Ich wollte nämlich Ew. Wohlgeboren schreiben und mich entschuldigen, daß ich, nach so freundlichem und mich entschuldigen, daß ich, nach so freundlichem Empfang und Unterhaltung vergangenen Sommer, noch nichts von mir vernehmen lassen und nur zu Erfrischung geneigten Andenkens eine poetische Blumenlese vorausgeschickt. Ferner wollt ich anfragen, wie weit es mit dem interessanten Risse der Mainzer Festung gekommen, und mir einstweilen einen Probeabdruck erbitten. Alles dieses ist nunmehr erledigt, und ich eile nur, meinen verbindlichsten Dank abzustatten.

Fürwahr, es ist ein schönes Werk, welches wohl verdient, dem sämmtlichen Europa gewidmet zu werden. Ich hoffe, daß Ihre Bemühung nicht unbelohnt bleiben wird. Herr Felsing hat abermals seine außerordentliche Kunst bewährt.

Mit den übersendeten Exemplaren habe ich nach Ihrer Vorschrift gehandelt. Das für Durchl. Herzog bestimmte ist einstweilen Durchl. Herzogin übergeben, an Durchl. Erbprinz das zweyte, Herrn Legationsrath Bertuch das dritte, und das vierte dem vorzüglichen[210] Geschäftsmanne, welcher auf jede Weise in dem Falle ist, ein Gesuch dieser Art zu befördern.

Das mir bestimmte Exemplar lege mit Dank zu den andern schönen Rissen und Zeichnungen, die ich Ihrer geneigten Mittheilung schuldig bin.

Daß Sie Ihre schöne Mitbürgerin an mich erinnern und von den übersandten Gedichten vielleicht einiges aus ihrem Munde hören wollen, weiß ich recht sehr zu schätzen; sagen Sie dem lieben Kinde, daß ich bey mancher Rollenvertheilung an sie denke und mich freue, nächsten Sommer, nicht in den letzten, sondern in den ersten Tagen meines Wiesbader Aufenthalts, ihrer angenehmen Gegenwart zu genießen. Erneuern Sie bey Gönnern und Freunden mein Andenken und bleiben Sie überzeugt, daß ich Ihre Verdienste und Fähigkeiten so wie Ihre Thätigkeit und Geneigtheit in ihrem ganzen Umfange zu schätzen weiß! Die Frankfurter Damen habe ich noch nicht gesehen, hoffe aber nächstens darauf.

Mögen doch auch Ihre Wünsche wie die unseres Freundes Voigt baldigst erfüllt werden!

Ergebenst

Weimar, den 27. Februar 1815.

Goethe.


Nachschrift.

Nach öfterer Betrachtung Ihrer schönen Platte muß ich noch einiges zum Lobe derselben beyfügen. Die große Ausführung der Arbeit wirklich bewundernswerth,[211] und die genaue Charakterisierung der einzelnen Theile erregt das größte Zutrauen zu der Wahrheit und Richtigkeit des Ganzen. Sowohl Zeichner als Kupferstecher haben sich der größten Genauigkeit beflissen, und man begreift eben so wenig, wie jener diesem so scharf vorarbeiten und dieser jenem mit solcher Treue nachfolgen können. Jedermann, der das Blatt gesehen, ist davon entzückt.


25/7027.


An Dietrich Georg Kieser

[Concept.]

Ew. Wohlgeboren

verzeihen ja, wenn ich auf Ihre freundliche Einladung bisher nicht geantwortet. Ich dachte mich diese Tage wieder in jene Gegenden zu versetzen, wohin sich der Reisende begiebt, allein es war mir nicht möglich, da mancherley Geschäfte und unangenehme Ereignisse zusammentrafen, mir Zeit und Lust verkümmerten. Ich muß also hoffen künftig an der Ausbeute theilzunehmen, da Sie Ihren Freund wohl selbst auf manches Gute aufmerksam machen werden, welches mich gleichfalls interessirt. Ersuchen Sie ihn allenfalls, daß er das Mineralogische, besonders das Geologische nicht außer Acht lasse.

Meine Frau wird in diesen Tagen nach Jena gehen, da ihr eine Ortsveränderung und Zerstreuung[212] sehr nöthig thut. Haben Sie die Güte, ihr einige Aufmerksamkeit zu schenken. Herr Hofrath Stark ist von allem unterrichtet, es würde mir sehr erwünscht seyn, wenn Sie mit ihm über ihren Zustand conferiren möchten.

Der ich auch mich zu geneigtem Andenken empfehle.

Weimar d. 27. Febr. 1815.


25/7028.


An Carl Cäsar von Leonhard

Ew. Hochwohlgeboren

verzeihen, wenn ich meinen Dank für das Übersendete später ausdrücke, es hat zeither gar mancherley auf mir gelegen, auch heute fass' ich mich kurz, um nicht ganz zurückzubleiben.

Für die Kennzeichen aus dem Vorkommen sollen Sie gepriesen seyn; ich halte sie, wo nicht wichtiger, doch eben so wichtig als alles übrige.

Unter uns gesagt, so muß es seltsam scheinen, wenn der treffliche und hochverdiente Werner in einem ganz empirischen Wissen eine Abtheilung vorzüglich empirisch nennt. Ein jedes Mineralienkabinett ist eigentlich empirischer, als das Vorkommen der Mineralien; denn dieses deutet doch auf eine ungeheure Naturursache, die wir zwar nicht kennen, aber doch vermuthen und ahnden. Jenes ist eine künstliche Zusammenstellung zersplitterter und unvollständiger[213] Naturproducte, nach beliebigen Grundsätzen, wie sie dem einen oder dem andern Forscher gemäßer sind. Behalten Ew. Hochwohlgeboren ja bey Ihrer weit verbreiteten Kenntniß die Bezüge jeder Art einen wie den andern beständig im Auge.

Die Altersfolge der Metalle schließt sich genau an das Vorige. Diese Betrachtung belebt alle unsere geognostischen Bemühungen. Ich wüßte an Ihrem Aufsatz nichts zu erinnern. Allenfalls würde ich den Artikel Zinn folgendermaßen fassen:

»Zinn, als unmittelbarer Gemengtheil, sein eingesprengt in Granit, oder vielmehr in Gebirgsarten, in die er übergeht als Gneis, Greißen pp. Hier kommt es vor: in die ganze Gebirgsmasse vertheilt als sogenanntes Stockwerk, auf Gängen, ohne sich in's Nebengestein weit zu verbreiten, als Lager und in andern abweichenden Bestimmungen. Der an obgenannten Gebirgsarten sich manchmal anschließende Porphyr ist auch nicht ganz gehaltleer, sodann verschwindet das Zinn aus der Gebirgsfolge, und erscheint nur wieder in Seifenwerken als secundär.«

Wird es mir möglich, den langbereiteten Aufsatz über die Zinnformation zu redigiren und zu übersenden, so werden die hier nur kurz gethanen Äußerungen ihre Rechtfertigung und Erklärung finden.

Die beyden Manuscripte behalte ich noch und sende sie nur auf verlangen zurück, weil ich sie, als sehr bedeutend, immer gern im Auge behalten möchte.

[214] Mich Ew. Hochwohlgeb. und den theuern Ihrigen so wie dem ganzen verehrten Hanauer Cirkel angelegentlichst empfehlend

Weimar, den 27. Februar 1815.

Goethe.


25/7029.


An Heinrich Carl Friedrich Peucer

[Concept.]

Indem Ew. Wohlgeboren beyliegende Acten dankbar zurücksende, füge ich die Bitte hinzu, Dieselben möchten Herzogl. Hochpreisl. Regierung auf das lebhafteste ausdrücken, wie dankbar ich bin, für die höhere Einsicht, welche dieselbe in den Fall der mich betroffen hat, nehmen wollen. Ich wünsche, daß die schweren Leiden, die daraus für mich erfolgt, meinen Mitbürgern zu Gute kommen, und jene Unterbehörde, der eine so große Gewalt in die Hände gegeben ist, nie außer Acht lassen möge, daß in Friedenszeiten jede Härte furchtbar bleibt, weil sie, zur Übereilung gesellt, mehr Unglück als selbst der Krieg zu verursachen im Falle ist.

Der ich mich geneigtem Andenken und fortgesetztem freundschaftlichem Antheil angelegentlichst empfehle.

Weimar den 27. Febr. 15.[215]


25/7030.


An Johann Friedrich Rochlitz

Ew. Wohlgeboren

danke verbindlichst für den übersendeten Catalog, und bitte mir die Erlaubniß aus, gegen Michael Dieselben mit einigen Aufträgen beschweren zu dürfen.

Bey Gemälden, noch mehr aber bey Zeichnungen, kommt alles auf die Originalität an. Ich verstehe hier unter Originalität nicht, daß das Werk gerade von dem Meister sey, dem es zugeschrieben wird, sondern daß es ursprünglich so geistreich sey, um die Ehre eines berühmten Namens allenfalls zu verdienen.

Die Nummern des Catalogs, auf welche ich meine Aufmerksamkeit richte, werde ich Ew. Wohlgeboren übersenden, mit besondern Bemerkungen dabey, was ich nach der Analogie hoffe oder erwarte. Mögen Ew. Wohlgeboren hiernach Blätter beschauen, beurtheilen und würdern, und solche erstehen oder erstehen lassen, so werd ich es dankbar erkennen, und alles was Sie beschlossen und angeschafft ohne Weiteres mit Vergnügen genehmigen, überzeugt, daß ich mich selber nicht besser hätte berathen können. Anweisung auf eine proportionirte Summe erfolgt zugleich.

Diese Bemühungen wage ich um desto eher, Ihnen, mein verehrter Freund! anzusinnen, als Sie durch eine so gütige auszeichnende Aufnahme meines biographischen Versuchs, Sich gleichsam als meinen wohlwollenden[216] Schuldner bekennen. Fahren Sie fort mich auf meinem Wege mit guten Wünschen und Theilnahme zu begleiten. Der Verlust, den wir alle mehr oder weniger erlitten haben, und der Sie, leider! so hart betroffen, kann nur verschmerzt werden, wenn wir uns immer treuer an einander schließen, und der Deutsche immer mehr einsehen lernt, daß nirgends für ihn Heil zu finden sey als bey seinen Landsleuten. Unter diesen frommen Wünschen und Vorsätzen, dürfen wir freylich nicht an's Öffentliche denken, welches leider schon durch die traurigsten Spaltungen zu zerfallen droht. Möge dieß Glück wenigstens Privatpersonen aufbewahrt seyn, daß sie fortfahren einander zu schätzen und zu lieben.

ergebenst

Weimar den 27. Febr. 1815.

Goethe.


25/7031.


An Johann Heinrich Meyer

[Februar oder März 1815?]

Indem ich die niedlichen Blättchen übersende wollte bemercken dass im Laufe dieses Monats ein klein Folioblat mit gold Ranken, vielleicht, mit unterwobnem Silber wünsche. Worauf zu denken bitte. Das Nähere besprechend

G.[217]


25/7032.


An Christian Gottlob Voigt

[Concept.]

Ew. Excellenz

geben mir ja wohl einen Wink, was ich dem verdienten Hundeshagen auf sein Gesuch allenfalls antworten und, wär es auch nur im Allgemeinen, für Hoffnung geben könnte.

Daß man einen Nachtisch weder zu verfertigen noch zu verkaufen erlaube, finde ich dem Geist und Sinne, nach der Bemühung unserer Buchhändler bey'm Congresse, ganz gemäß; das Folgende scheint mir zu viel gebeten, denn Rectification schon vorhandner Karten hiernach, so wie theilweise Benutzung, möchte wohl nicht zu untersagen seyn.

Ohnzielsetzlich, mit dem Wunsch empfohlen zu seyn.

Weimar den 1. März 1815.


25/7033.


An Christiane von Goethe

Nur mit einigen Worten will ich melden daß es mir ganz wohl gehet, und ich meine Zeit theils allein, theils mit August, Riemer und Meyer zubringe; überall wird Ordnung möglichst hergestellt. Habe Dank für die gegebenen Nachrichten. Mein größter Wunsch ist daß du dich glücklich wiederherstellen[218] mögest. Grüße alle Freunde und entschuldige mich, daß ich nicht schreibe; es giebt diesen Morgen gar zu viel zu thun.

Alles Gute und Vergnügliche wünschend.

Weimar den 4. März 1815.

G.


25/7034.


An Friedrich Carl Ernst von Haake

[Concept.]

Ew. Hochwohlgeboren

haben gestern die Gefälligkeit gehabt Sich persönlich nach mir zu erkundigen, und ich verfehle nicht für dieses Freundschaftszeichen meinen verbindlichsten Dank abzustatten. Zugleich ließen Sie mir ein höchst schätzbares Blättchen zurück, woraus ich erkenne daß Ihro des Herzogs von Gotha Durchl. mein in Gnaden gedenken wollen. Ich bin hiervon äußerst gerührt, dabey aber auch in Verzweiflung, daß ältere und neuere Übel mich schon geraume Zeit verhindern glänzender Gesellschaft beyzuwohnen. Möchten Ew. Hochwohlgeb. Deshalb meine unterthänigste Entschuldigung übernehmen, und Ihres gnädigsten Herrn Huld und Gnade mir auch für die Zukunft bewahren, so würden Sie hierdurch die früher erprobte Geneigtheit abermals bethätigen, und mich auf's neue höchlich verpflichten.

[219] Der ich mich mit Verehrung und Anhänglichkeit unterzeichne.

Weimar d. 5. März 1815.


25/7035.


An Christian Heinrich Schlosser

[Concept.]

Ihre letzte Sendung, mein Werthester! hat mich erfreut und angeregt, doch konnte ich diesem Triebe nicht folgen, weil mir diese Zeit daher manches Traurige begegnet. Indessen habe ich einen Entwurf gemacht, in welchem ich die Differenzen unserer Vorstellungsart und Denkweise auseinander setze. Kann er zur Reise kommen, so überschicke ich ihn.

Meine gute Frau, die sich einer schweren Krankheit wieder erholt, grüßt mit mir Ihre verehrte Frau Mutter auf das herzlichste. Sie soll nach Carlsbad gehen, und ich wünschte ihr mit ein paar neuen Kleidern eine kleine Freude zu machen. Zwey Muster liegen bey, das seidene zeigt nur den Stoff an nicht die Farbe, welche nach beliebiger Einsicht gewählt werden könnte; von jedem bittet man um 14 Ellen. Bitten Sie wegen dieser Bemühung um gütiges Verzeihen. Zugleich lege ein Conto bey, dessen Betrag an Herrn Kriegsrath Toussaint in Hanau gefällig zu berichtigen wäre.

[220] Möchte Sie mir denn geneigtest vermelden, auf welche Summe ich nächste Ostern in unserer Casse rechnen, und darauf Anweisung geben dürfte.

In Hoffnung, daß Sie die mitgetheilten Tabellen zu bearbeiten fortfahren, empfehle ich mich zum freundschaftlichen Andenken.

Weimar d. 8. März 1815.


25/7036.


An Johann Georg Lenz

Ew. Wohlgeboren

übersende die bedeutende Briefe zurück, indem ich für das beygelegt Gewesene zum schönsten danke.

Von dem guten Töplitzer Freunde zu vernehmen ist mir sehr angenehm; es ist ein sehr braver und tüchtiger Mann, an den ich den bösen Zeiten oft gedacht habe.

Wenn Sie Serenissimi Rückkehr feyern wollen, so wird es recht schön seyn. Es ist diese Epoche freylich für uns von der größten Bedeutung.

Leben Sie recht wohl und behalten mich in geneigtem Andenken.

Weimar den 8. März 1815.

Goethe.[221]


25/7037.


An Carl Friedrich Wilhelm Duncker

[Concept.]

Der Herr Geheime Hofrath Kirms hat mir Ew. Wohlgeb. Brief sogleich zugestellt, und ich verfehle nicht zu erwidern, aß mir der Inhalt desselben sehr angenehm war, so soll denn doch zuletzt das nur zu sehr verspätete Werk seine Darstellung erleben.

Das übersendete Manuscript folgt hiebey wieder zurück; die Veränderung der Arie und das Schlußchor sind hinzugefügt, und es möchte nun auch dem Druck kein weiteres Hinderniß entgegenstehen.

Dem Sinne des vorjährigen Contract gemäß rücke ich gern den Termin ihres Verlag-Rechts bis auf Michael des gegenwärtigen Jahrs. Wollen Sie mir über die zugesagte Summe [von vierzig Louisd'or] eine Assignation auf Leipzig senden, so werde ich's dankbar erkennen.

Von Königlicher Direction ist noch nichts an mich gelangt; geschieht es, so werd ich auch Ihres Wunsches gedenken, daß von Seiten des Theater-Rendanten kein Textbuch verkauft werde, und dieses Gesuch mit Gründen unterstützten. Könnten Sie es aber nicht einleiten, daß Ihre Ausgabe an der Porta verkauft würde, wie es ja mit italiänischen Opernbüchern geschieht, welche nicht zerstückelt sondern ganz, mit Recitativ und allem abgedruckt werden.

[222] Sollte sich der Rendant nicht mit gewissen Procenten begnügen?

Eine Anzahl Exemplare des Epimenides darf ich wohl von Ihrer Gefälligkeit erwarten, mögen Sie mir vorläufig ein paar Aushänge-Bogen schicken, damit ich Druck und Format kennen lerne. Lassen Sie ja den Maître en page recht wachsam seyn, damit die Abtheilungen geschmackvoll werden, und die Strophen nicht zersplittert.

Weimar den 8. März 1815.


25/7038.


An Christiane von Goethe

Aus deinem Briefe habe ich mit Vergnügen gesehen, daß es gut geht, und wünsche nichts weiter als glückliche Folge. Grüße mir alle Freunde und entschuldige mich wenn ich nicht schreibe. Mein Katharr hat so überhand genommen, daß mir selbst das Dictiren beschwerlich wird, wodurch ich denn wenigstens für den Augenblick verhindert bin euch zu besuchen. Übrigens scheint sich allerley Angenehmes ereignen zu wollen. Die Berliner schreiben, daß sie den Epimenides den 30. März aufführen werden, zu Ehren der Einnahme von Paris, dieser Gedanke wäre denn ganz gut, wenn nicht wieder etwas Albernes dazwischen kommt. Da ich nicht an Hof gehen konnte, als der Herzog von Gotha hier war, so hat er mir die Ehre[223] erzeigt, mich zu besuchen. Er war sehr gnädig und in seinen Äußerungen mäßig und wohlwollend. Diesen Charakter hat er auch dießmal nicht überall behauptet.

August steht mir in allen Dingen bey, Meyer und Riemer besuchen mich oft, auch wird viel geschrieben, und es geht in allem vorwärts. Auch sind die Kupfer und Zeichnungen unterdessen geordnet wor den.

Ich lege ein Packetchen für Harras bey, es ist Veronesischer Broccoli-Samen, zugleich 4 Körner von Pinien. Wenn der Broccoli gut geräth, so soll er uns auf den Herbst von Zeit zu Zeit etwas herüberschicken. Unser Gärtner mag sich nicht weiter damit abgeben, und mag auch wohl recht haben.

Grüße alle Freunde, gedenke meiner und laß mich mit jedem Botentage etwas von dir wissen.

Weimar d. 8. März 1815.

G.


25/7039.


An Franz Kirms

Möchten Ew. Wohlgeb. Beykommendes mit der heutigen reitenden Post an Herrn Duncker abgehen lassen; ich würde es selbst thun wenn ich nicht wünschte und hoffte, daß Sie ihm ein freundlich Wort hinzufügen würden; es ist immer gut, mehrere Connexionen zu erhalten. Ich habe, was er wünscht zum Manuscript hinzugefügt, und schick es ihm zurück[224] mit der Zusage seines Verlag-Rechts bis Michael dieses Jahrs.

Wollten Sie zugleich die Anfrage hinzuthun, ob man bald nach der Aufführung eine Abschrift der Partitur für Weimar erhalten könnte; so hört man was sie sagen, und besonders würde der neue Decorateur seine Kunststücke dabey zeigen können.

Mich bestens empfehlend.

Weimar den 8. März 1815.

G.


25/7040.


An Heinrich Carl Abraham Eichstädt

Ew. Wohlgeboren

letztere hier zurückkehrende Sendung hat mich wirklich betrübt, denn wen sollte es nicht schmerzen, daß ein hohler Tageswahn hier als Urtheil und zwar als ein von Kopf zu Fuß gewaffnetes, das Zeitalter bedrohendes Urtheil auftritt. Herr – Us scheint mir kaum derselbe, von dem so manche geistreiche und beyfallswürdige Recension in Ihren Blättern steht. Das Übel aber liegt freylich in der oberflächlichen Zeitbildung, da denn alle Urtheile nach und nach nur aus dem einzelnen Menschen und seiner augenblicklichen Stimmung hervorgehen.

Wer die Geschichte recht erkannt hat, dem wird aus tausend Beyspielen klar seyn, daß das Vergeistigen des Körperlichen, wie das Verkörperndes[225] Geistigen nicht einen Augenblick geruht, sondern immer unter Propheten, Religiosen, Dichtern, Rednern, Künstlern und Kunstgenossen hin und her pulsirt hat; vor- und nachzeitig immer, gleichzeitig oft.

Und sollte man nicht, auf diesem höhern Standpunct, mit unsern paar Männern auch fertig werden? Man gebe einem jeden sein entschiedenes individuelles Talent mit Wohlwollen zu, man charakterisire es mit Einsicht und Schärfe und zeige hinterdrein den Gebrauch und Mißbrauch desselben, sowohl an den Originalgeistern, als an den Nachahmern, und so wird man das Capitel sehr in die Enge bringen. Wie wollte man denn sonst eine Dogmen- und Literargeschichte schreiben. Anstatt aber auf dem wirklich hohen Standpunct unserer Zeit der Nachwelt vorzugreifen, die Sache abzuthun und der Mitwelt nützlich zu seyn, so verwirrt sich der Fühlende, Denkende, Urtheilende mit in der Tagesmenge und hilft den Staub erregen, den er löschen sollte.

Dem Übel ist indessen nicht zu steuern. Halten Ew. Wohlgeb. so lang als möglich dergleichen Einflüsse von Ihrer Zeitschrift ab; freylich wird es schwer seyn, weil soviel junge, thätige, vorzügliche Männer an dieser Krankheit leiden, und vielleicht erst in zehen Jahren das Thörige und Unglückliche davon einsehen lernen.

Verzeihen und secretiren Ew. Wohlgeb. diese meine vielleicht hypochondrischen Äußerungen, ich wollte aber[226] Ihr geneigtes Zutrauen, wenigstens mit augenblicklicher Aufrichtigkeit, dankbar erwidern.

ergebenst

Weimar den 10. März 1815.

Goethe.


25/7041.


An Christian Gottlob Voigt

[10. März 1815?]

Ew. Excell. übersende eine Vorarbeit zu einem unterthänigsten Bericht über die Jahre 1813 und 1814 der Jenaischen wissenschaftlichen Anstalten.

Seit jenem, im November 1812 erstatten, von Serenissimo gnädig aufgenommen Berichte sind zwey sehr stürmische Jahre vorüber gegangen, nach deren Verlauf wir ein Geschick dankbar zu verehren haben, das uns in diesen Schreckenszeiten weder Verlust an unsern wissenschaftlichen Besitzung, noch völlige Unterbrechungen unserer Thätigkeit erleiden ließ, so daß wir nunmehr auf jene Zeit getrost zurücksehen können.

Nachdem ich in beynahe dreyßig Monaten jenen Geschäften keine persönliche Aufmerksamkeit widmen konnte, begab ich mich, sobald nur Durchmarsch und Einquartierung aufhörte, nach Jena, und hatte die Freude zu sehen, daß durch Treue und Aufmerksamkeit der Männer, denen die verschiedenen Anstalten übergeben sind, nicht weniger durch Theilnahme wohldenkender[227] Mitbürger, sich alles in vollkommener Ordnung finde, wohl erhalten und in einzelnen Theilen verbessert, ja sogar ansehnlich vermehrt sey. Ich beeiferte mich nun auch von meiner Seite, alles, was zu weiterer Begründung, Erhaltung und Erweiterung gedachter Institute dienlich seyn möchte, kennen zu lernen und in ein Geschäft wieder einzugreifen, das von den frühsten Zeiten her meine liebste Angelegenheit gewesen.

Ob man nun gleich erst nach einem nochmaligen Aufenthalte in Jena, wozu im Frühjahr sich Zeit und Gelegenheit finden wird, einen alles umfassenden Hauptbericht, sowohl zu Überschauung des Vergangenen, als zu Leitung des Zukünftigen, wird aufstellen können; so habe ich doch nicht verfehlen wollen, das Nöthigste vorzubereiten.

Vielleicht bedürfen keine Acten so sehr wie die vorliegenden, daß man von Zeit zu Zeit ein Repertorium über sie fertige, denn das Geschäft hat so viele Abtheilungen, deren jeder man einen besondern Fascicul widmen könnte, wenn nicht mehrere Partieen dergestalt in einander griffen, daß die Sonderung schwer würde. Nicht zu gedenken, daß einzelne hefte sich leicht verlieren.

Der treue Biliotheks-Schreiber David Färber ging mit Tode ab, nachdem er lange gekränkelt hatte.

Nach Lenzens Wunsch: die Büsten gnädigster Herrschaften und seiner Vorgesetzten aufzustellen, sind[228] solche bei Weißern bestellt worden. Die Büste Durchlauchtigster Herzogin ist zur Feyer des 30. Januars 1815 schon hinüber.

Stiftung, Vermehrung und Erhaltung eines so schönen Instituts verdiente dem Bergrath Lenz wohl die Aufmerksamkeit, daß man bey dieser neuen Einrichtung sein Bildniß, wie es dem Büttnerischen unten in der Bibliothek geschehen, aufstellte. Solches war von Demoiselle Seidler recht glücklich gemalt.

Als Durchlaucht der Erbprinz neulich einen Grabhügel bey Groß-Romstedt eröffnen ließen und die daselbst gefundenen wenigen Alterthümer auf Herzogliche Bibliothek gebracht wurden, so wurden an den Rentamtmann Urlau zu Capellendorf 20 Thaler ausgezahlt, um diejenigen Arbeiter proportionirlich zu belohnen, welche bey sorgfältigem Ausgraben der Körper sich besonders hervorthaten. Hierdurch sind eine Anzahl wohlerhaltener Schädel, sogar mit Unterkiefern, ja ein ganzes Skelett in unsre Hände gekommen, welche mit Sorgfalt nach Jena geschafft und daselbst aufgestellt worden sind. Denn es ist freylich eine schwierige Aufgabe, morsche und durcheinander geworfene Reste dergestalt zu erhalten, daß sie den Freunden der Wissenschaft zum Vergnügen und Nutzen gereichen. Das Nähere wird zu den Acten gebracht werden.

Im Kabinett der naturforschenden Gesellschaft, so wie im anatomischen, ist Klage über wäßrigen[229] Branntewein, welcher schneller verdunstet. Es wäre die Frage, ob man nicht einen Versuch machen sollte, nach Sömmerings Vorschlägen, den Branntewein, ehe man ihn auf die Präparate gießt, zu dephlegmiren. Da wir Platz und Gläser genug haben, wird sich nächsten Sommer gar leicht ein Versuch machen lassen.

Serenissimus haben an das physikalische Kabinett ein paar Luftballone gesendet; auch ist ein Ofen zu Füllung derselben und andern Feuer-Versuchen im Schlosse auf höchsten Befehl angelegt worden.

Meine sämmtlichen optischen und chromatischen Instrumente, Vorrichtungen und Zubehör habe ich nach Jena schaffen und einstweilen in der Bibliothek ausstellen lassen.

Die Einrichtung des botanischen Gartens besteht, wie immer. An derselben ist nur zu bemerken, daß die Anstalt nicht sowohl durch Nachlässigkeit, als durch Eigensinn des Gärtners (in welcher Eigenschaft er mit allen Jenensern wetteifert) theilweise in's Stocken gerathen.

G.


25/7042.


An Christiane von Goethe

Nichts könnte mir angenehmer zu hören seyn, als daß du dich wohlbefindest und dich nach und nach[230] erholst, aber eben deswegen wünsche ich, daß du dich einrichtest noch einige Zeit drüben zu bleiben. Meinen Katharr muß ich abwarten, dabey kann mir niemand helfen, aber wer gegenwärtig seyn muß, dem wird grade ein solches übel lästig und langweilig. Ich führe mein Leben wie immer durch, es geschieht alle Tage etwas. August macht seine Sachen ganz ordentlich, Meyer und Riemer kommen meistens die Abende.

Da du nun drüben gute Unterhaltung hast, und nach dem stürmischen Wetter der letzten Tage guter Zeit entgegen sieht, so seh ich nicht ein, warum du den Ort verändern willst. Richte dich ein, daß du den Montag nach Palmarum wieder hier bist, da läßt sich mancherley vorarbeiten und verabreden, ehe die Höchsten Herrschaften kommen. Das wird wieder einen gewaltigen Sturm geben, möge er der letzte dieser Art seyn.

Rath Völkel wird heute erwartet, von der Ankunft der Hoheit weiß man noch nichts Gewisses. Durchl. Herzog sind auf den 29. huj. angekündigt.

Nun habe ich auch einen Brief von dem Graf Brühl als Königl. Theater-Intendanten, worin er mir meldet, daß Epimenides zur Feyer des Jahrestags der Einnahme von Paris gegeben werden solle. Ich habe ihm zu diesem Zweck noch einiges hinzureimen müssen, und so kommt denn dieses langbearbeitete und verschobene Werk auch endlich zu Stande.

[231] Beyliegenden Brief gieb Lenzen mit meinem Dank zurück. Dieser Biedermann findet doch noch immer Gelegenheit sich einen Spaß zu machen. Die Proserpina gieb Knebeln: es ist zwar immer noch die alte, die er kennt, und die neue Musik nicht überliefern.

An Voigt schreibe ich ein Blättchen, das du ihm übergeben wirst. Sonst wüßte ich nicht viel zu sagen bey dem einfachen Lebenslauf den wir führen. Der Orient giebt noch immer die meiste Beschäftigung.

Und somit lebe wohl, grüße Madame Kirsch und alle Freunde, vor allen Dingen aber für Erheitrung und Erneurung alter angenehmer Bilder. Danke Herrn Hofrath Stark für seine umständliche und guten Relation. Und so nochmals das beste Lebewohl!

Herzlich theilnehmend und das Beste wünschend

Weimar d. 11. März 1815.

G.

Auch ist das Nothwendigste nicht vergessen.


25/7043.


An Carl Friedrich Moritz PaulGraf von Brühl

Wie wird sich, verehrter Herr und Freund! der alte Epimenides erfreuen, wenn er, nach langem Schlafe, die Augen aufthut und den rüstigen jungen wackern Mann zur Seite sieht, dem er seinen Spielraum verdankt. Da er ohnehin redselig ist, hoff ich wird er[232] es an guten freundlichen Worten der Erkenntlichkeit in seinem und meinem Namen nicht fehlen lassen.

Vor allen Dingen muß ich aber aussprechen, wie leid es mir thue Ihrer lieben Einladung nicht folgen zu können. Meine Gesundheit erlaubt mir wohl, ja sie nöthigt mich, im Sommer eine Badereise zu thun, Winter und Frühjahr halten sie mich dagegen zu Hause. Wäre ich aber auch in Versuchung gerathen, in diesem außerordentlichen Falle eine Ausnahme zu wagen, so würde ich doch durch ein freudiges Ereigniß abgehalten werden, welches uns bevorsteht, indem unser gnädigster Herr auf den 2. Oster-Feyertag angekündigt ist. Verzeihen Sie also mein Außenbleiben und lassen mir die Hoffnung eines fröhlichen Wiedersehns.

Aber auch aus der Ferne will ich gern nach Ihren Wünschen mitwirken. Die verlangte Strophe folgt hierbey, sie entsprang ganz natürlich durch die Bestimmung, die Sie dem Stück gegeben. Es wird dadurch am Schlusse wieder belebt, wenn, obschon in einer so kurzen Zeit, manches darin veraltet seyn sollte. Doch die Sache bleibt jung und neu, und Sie werden schon bey der Aufführung alles in Eins zu verschmelzen wissen.

Da ich vermuthe, daß Epimenides zugleich auch Sänger ist, denn Herr Capellmeister Weber meinte, die Rolle sollte Herrn Gern zu Theil werden; so habe ich ihm das beyliegende Schluß-Recitativ gleichfalls[233] zugedacht. Seine beyden Priester mögen ihm assistiren und sie zu drey das Chor einleiten. Wie viel reicher könnte man freylich dergleichen Dinge ausstatten, wenn man gegenwärtig wäre, von allen Mitteln unterrichtet, deren man sich bedienen dürfte. Es soll mich um unserer aller willen freuen, wenn das Ganze geräth, und durch Ihre Vorsorge soviel Beyfall erhält, um zur Permanenz zu gelangen.

Ihrer Amtsführung traue ich das Beste zu, und weissage ihr Glück. Das Theaterwesen ist ein Geschäft, das vorzüglich mit Großheit behandelt seyn will; eben weil es fast aus lauter Kleinheiten besteht, von denen zuletzt das Gute und Rechte wie von selbst entspringt.

Und nun komme ich noch mit ein paar Bitten hinterdrein, die erste, daß Sie die Besetzung der Rollen des Epimenides mir gefälligst senden, sodann aber jemand anstellen wollen, der mir eine baldige freundliche Nachricht von der Aufführung und deren Wirkung, einigermaßen umständlich ertheilte.

Möge Ihnen und Ihrer Frau Gemahlin für immer empfohlen seyn

der aufrichtig zugethane

Goethe.

Weimar den 12. März 1815.


[234] Nachschriftlich.

Herr Duncker, dessen Verlagsrecht auf den Epimenides bis Michael dieses Jahrs, wie billig war, verlängert habe, erwähnte schon bey unserer ersten Übereinkunft eines Umstandes, wegen dessen er mich um Intercession bat; er wiederholt gegenwärtig sein Ansuchen, und ich nehme mir die Freyheit Folgendes zu bemerken.

Es ist überall herkömmlich, daß die Opernbüchelchen gedruckt werden, die italiänischen durchaus mit Arien und Recitativ, vertritt; dergleichen Abdrücke entweder zu Gunsten der Caffe selbst, oder irgend eines Angestellten sind lieblich, ja nöthig.

Nur tritt bey'm Epimenides der fall ein, daß die Grenzlinie zwischen dem Abzudrucken und Auszulassenden wohl schwer zu ziehen seyn möchte, vielmehr müßte ich voraussehen, daß beynahe das ganze Stück abgedruckt werden müßte, freylich zum Schaden des einheimischen Verlegers.

Da ich überzeugt bin, daß eine verehrte Intendanz hierin alle mögliche, den Umständen gemäße Billigkeit würde obwalten lassen, so hab ich diese Nachschrift nur hinzugefügt, um mein Herrn Duncker deshalb gethanes Versprechen dadurch zu lösen.

mit dem Wunsche empfohlen zu seyn.

G.[235]


25/7044.


An August Wilhelm Paulus?

[Concept.]

Ich habe dir, mein lieber kleiner Freund, vor einiger Zeit bemahlte und bereimte Blätter geschickt, um dir dadurch vorläufig anzudeuten, daß ich oft und gern deiner gedenke. Mit dem Gegenwärtigen aber erhältst du eine Sendung, welche dir angenehmere und nützlicher seyn soll.

Da du Neigung hast zu Mineralien, so wird es wohlgethan seyn, wenn du sie in einer gewissen Folge und Ordnung kennen lernst. Wirst du die in der gegenwärtig Sammlung enthaltenen Stücke hübsch von einander unterscheiden lernen, und ihr nebst ihrer Gestalt auch ihren Namen einprägen, so wirst du schon einen guten Schritt gethan haben, und wirst dich im Mineralreiche nicht ganz fremd finden. Ich wünsche nichts mehr als daß ich diesen Sommer möge persönlich ein Zeuge deiner Fortschritte seyn.

Der lieben Mutter empfiehl mich zum allerschönsten, danke ihr für die freundschaftliche Aufnahme und für so vieles Gute, es sollte mich wundern, wenn ich nicht manchmal im grosen Zimmer spukte.

Beyliegendes Blatt übergieb deinem theuern Vater, und sage ihm, es betrübe mich gar sehr, daß ich den Weg, ein Sofi zu werden, nicht früher eingeschlagen. Der Schwester, wenn sie recht schön spielt, applaudire in meinem Namen, und sorge dafür, daß mein Andenken[236] immer recht lebendig bleibe. Möge mir das Glück werden, in einigen Monaten die Freunde gesund, fröhlich und wohlwollend wiederzufinden.

Weimar den 17. März 1815.


25/7045.


An Franz Kirms

Bey den mit Bleystift bezeichneten Paragraphen scheint mir zu bemerken, daß die Resolution nicht auf diese Weise zu geben sey; es ist bey uns eine unbedingt ausgesprochene Einrichtung, daß, wer zehn Jahre bey'm Theater ist, vom Statisten-Dienst befreyt seyn soll; wir können also diese allgemeine Gunst in diesem besondern Fall nicht limitiren noch bedingen, auch würde eine solche Resolution uns keinen Vortheil bringen; jener Theil wird die Einschränkung bemerken und dagegen protestiren, und wir können ohne auffallende Ungerechtigkeit alsdann nicht auf unserer Resolution beharren.

s. m.

Weimar d. 20. März 1815.

G.


25/7046.


An Christian Gottlob Voigt

Ew. Exzell.

verzeihen meinem durch Hyoscyamus gar sehr umnebelten Gedächtniß daß der lange bereit stehende[237] Kasten erst heute erfolgt. Danckbar für alles Mitgetheilte werde das Groß-Folio-Heft studiren und bald zurücksenden. Es scheint, dem ersten Anblicke nach, daß man gar viele Rücksichten im Auge hatte. Welche Confusion aus den Begünstigungen der Mediatisirten entspringen müsse, scheint mir nur allzuklar.

Und das Neueste? Was soll man sagen? Ein paar diplomatischer Phrasen thun's freylich nicht ab. Ein unübersehbares Unglück scheint sich wieder zu entfalten und von allen Seiten höre ich Chorus: Plectuntur Achivi.

aufrichtig verbunden

G.

d. 22. März 1815.


25/7047.


An Johann Friedrich Cotta

In dankbaren Erwiderung Ew. Wohlgeb. gefälliger Zuschrift vom 18. März vermelde, daß mit der heutigen fahrenden Post ein Packet in Wachstuch an Dieselben abgegangen ist. Es enthält die zwey ersten Bände meiner Werke, worin die kleinen Gedichte enthalten die zwey ersten Bände meiner Werke, worin die kleinen Gedichte enthalten sind, sodann die zwey folgenden, enthaltend Wilhelm Meister.

Zugleich ein kleines Packet für das Morgenblatt: das deutsche Theater überhaupt, besonders die Bemühungen des Weimarischen betreffend. Ich denke[238] unter dieser Form manches zur Sprache zu bringen, worüber sich zu erklären sonst keine Gelegenheit findet.

Ferner hab ich die Hälfte einer Novelle beygelegt, sie sollte auch einen Theil der Wanderjahre Wilhelm Meisters ausmachen; mögen Sie solche in dem Damen-Calender abdrucken lassen, so werde ich aufgeregt werden, Fortsetzung und Schluß zu schreiben, welche schon mehrere Jahre vorbereitet sind, zu deren Ausführung ich aber nicht habe gelangen können.

Aufrichtig erfreue ich mich Ew. Wohlgeboren fortgesetzter Thätigkeit auch für's Ganze: es ist gewiß gegenwärtig kein größeres Verdienst als für das Wohl einzelner Staaten zu arbeiten, weil alles zweckmäßige und Wohlgereichte als Beyspiel und Anfeuerung allen zu Gute kommt.

Freylich ist bey den neuern ungeheuern Ereignissen die ganze Welt mehr gespannt als erregt, doch sind wir ja in so vielen Jahren gewohnt, von Tag zu Tag zu leben, und unsere höhern und geringern Pflichten, in Hoffnung der Zukunft auf gut Glück auszuüben.

Auf alle Fälle hoffe ich nächsten Sommer unserm gemeinsamen Zwecke widmen zu können.

Darf alle Fälle hoffe ich nächsten Sommer unserm gemeinsamen Zwecke widmen zu können.

Darf ich ersuchen mir die Ankunft des bedeutenden Packets melden zu lassen.

ergebenst

Weimar d. 27. März 1815.

Goethe.[239]


25/7048.


An Franz Friedrich Carl Graf von Giech

[Concept.]

Es ist allerdings für einen glücklichen Originalgedanken zu achten, wenn junge Männer, die einem vorzüglichen Lehrer ihr Zutrauen geschenkt, und dagegen eine faßliche und erfreuliche Welt-Anschauung von ihm erhalten haben, nunmehr auch, wünschend daß dergleichen Einsichten und Verdienste mehr bekannt und anerkannt werden, eine seiner bedeutendsten Schriften in's Publicum zu bringen suchen, auf eine Weise, welche die sicherste ist, das heißt, in Form eines Geschenks.

Rühmt man mit Recht die Bibelanstalten, warum sollte man nicht auch loben, wenn eine Gesellschaft von Überzeugten ihre und ihres Lehrers Bekenntnisse zu verbreiten sucht.

Was mich betrifft, erstatte für das Übersendete allen Dank, indem ich nunmehr einen Begriff von dem Manne zu fassen, über den ich, allenfalls nur im Allgemeinen, ein günstiges Vorurtheil bey mir walten ließ. Mich verlangt zu sehen, wie er das unerfaßliche Ganze in seinem Individuum einzuschließen und abzurunden versucht hat. Denn dieß ist ja wohl die Aufgabe, die sich Prophet und Poet, Mathematiker und Philosoph, unbewußt oder bewußt zum Ziel setzen.

[240] Ich zweifle nicht, daß auch daraus für mich manche schöne Aufklärung hervortreten werde.

Schenken Sie mir in Ihren wohlgesinnten Kreisen ein geneigtes Andenken, und geben mir von Ihrem Bemühen und Vorschreiten von Zeit zu zeit einige Nachricht.

Weimar den 31. März 1815.


25/7049.


An Carl Ludwig Woltmann

Weimar, den 31. März 1815.

Die letzten Blätter unserer Literaturzeitung will ich nicht lange vor mir sehen, ohne dem Verfasser des darin enthaltenen Aufsatzes aufrichtig zu danken, daß er sich mir zu erkennen gegeben. Ich behandle gewöhnlich solche Zeitschriften wie Maskenbälle, wo uns ein Vermummter manchmal anspricht, dem wir wohl abmerken, daß ihm unsere Zustände nicht unbekannt sind, ohne daß wir gerade, wer er sey, entziffern könnten; und in solchem Falle ist dann eine Enthüllung sehr angenehm.

Ich pflege öfters zu wiederholen, daß der Deutsche wohl zu berichtigen wisse, nicht zu suppliren, zu ergänzen. Dieß ist aber bey Ihnen gerade das Gegentheil. Sie lassen Werth oder Unwerth auf sich beruhen, und wissen durch Wünsche, ja durch klare[241] Andeutung zu zeigen, wie einer Arbeit noch mehr Fülle zu geben wäre.

So ist es auch das Rechte; denn niemand sollte über etwas urtheilen, wenn er nicht zugleich bewiese, daß er es selbst machen könne.

Der Historiker, wenn ihm ein Werk seines Faches vorgelegt wird, ist sogleich im Stande, den Stoff von der Form zu scheiden, und deswegen in dem Falle, beyde genauer zu würdigen. Die Behandlung wird von ihm eingesehen; er begreift, was daran natürlich und der Sache gemäß, oder was poetisch, rhetorisch, diplomatisch wäre, und wie man die Mittel alle nennen mag, durch die man ein Vergangenes mehr um des Ganzen, als seiner Theile willen festhalten und überliefern möchte. Nur auf diese Weise kann der höheren Kritik vorgearbeitet werden, welche dann Anachronismen, Prolepsen und dergleichen wohl ermitteln und herausfinden wird, wenn sie nur den echten lydischen, schwarzen, festen und doch sammetartigen Stein mit Aufmerksamkeit anwenden will.

Zu dem allen aber gehört die Treue eines Wardeins, dem seine Pflicht gegen das große Publicum angelegen ist. Leider ist in unseren Tagen mehr als je der Fall, daß jede Art Scheidemünze, eben weil sie cursirt, zugleich als herrliches Metall herausgestrichen wird.

Im Bereiche der Wissenschaft, wo ich leider auch einige Besitzung habe, die ich nicht aufgeben kann,[242] sieht es eben so schlimm, beynahe schlecht aus. Es fehlt nicht an Retardationen, Präoccupationen, stillschweigenden Nachschleichen hinter dem rechten, ohne es bekennen zu wollen, Reticenzen aller Art, und wie das Otterngezücht alle heißen mag, wodurch Faulheit, Dünkel und Mißwollen ihre Tageszwecke erreichen.

Bey dem gewaltsamen Fortrollen der Welt sind sie ganz ruhig über alles, was sie in zehn Jahren sagen werden und sagen müssen. Diese Niederträchtigkeiten sind in Frankreich, England, Deutschland zu Hause, wie ich von meinen Freunden vernehme, welche der neuen wissenschaftlichen Literatur folgen und eine weitläufige Correspondenz führen.

Vorstehendes Fremde und Häßliche würde ich nicht ausgesprochen haben, wenn ich nicht die schöne Bemerkung, die ich Ihnen schuldig bin, zu rühmen und zu preisen hätte, die nämlich, wo Sie sagen, daß auch in Deutschland ein entschiedenes, redliches, fleißiges und beharrliches Talent nicht durchdringen werde, wenn der Froschlaich unserer Literatur sich eben so anastomosirt und organisirt zeigen würde, wie das französische Wesen zu Voltaires Zeiten. Glücklicher oder unglücklicher Weise kann in Deutschland keine Einheit der Urtheile statt finden; und die Spaltungen werden in's Unendliche gehen, sobald nur noch mehr von den älteren Autoren, deren Daseyn auf eine mannigfache Weise gegründet ist, das Zeitliche gesegnen werden[243] Mit den Wissenschaften ist es eine ganz eigne Sache. Diese ruhen auf ungeheuren Grundpfeilern und behaupten ihre Wohnung in einem Pallaste, welchen Baco selbst nicht prächtig genug beschrieben hat. Besucht man sie aber –

(Die Fortsetzung folgt.)


Nachschrift.

Beyliegendem werden Sie, mein trefflicher Freund, wahrscheinlich gleich einen Geist ansehen, welcher mit rheumatischen Nebeln umhüllt ist. Ich will es aber doch abschicken, damit mein Nichtschreiben nicht für Nachlässigkeit gehalten werde. Sobald ich mich wieder freyer fühle, hoffe manches mittheilen zu können. Ihre Sendung erwarte ich mit Verlangen. Erhalten Sie mir ein geneigtes Andenken.

Goethe.


25/7050.


An Franz Kirms

Auf die unangenehmste und eine in diesem Augenblick höchst fatal aufregende Weise, kommt mir die Nachricht, daß Lortzings aufgekündigt haben, und daß man ihnen hierauf in einem anonymen Briefe den Undank gegen mich sehr bitter vorgeworfen. Die guten, leidenschaftlich erregten Menschen, nicht wissend welchem Heiligen sie sich widmen sollen, kommen gerannt und flehen um Leitung und Führung.

[244] Was soll ich nun hiezu sagen? als daß ich den letzten peremtorischen Erlaß an Lortzing sehr ungern unterschrieben habe; sollte ich aber, in meinem wüsten Kopf, Mäßigungs-Gründe zusammensuchen? was hätte mich hiezu veranlassen können?

Hat man mich nicht bisher schon mürbe zu machen gesucht, durch Vorwürfe, daß ich bey Contracts-Verlängerungen die Schauspieler ungebürlich begünstige (Siehe Rehbock)? Habe ich nicht sehr hochklingende Maximen wiederholt zu hören gehabt, daß man gerade bey Contracts-Verlängerungen nicht allein auf dem Status quo bestehen, sondern auch ältere, längst aufgegebene Befugnisse der Commission und Regie wieder zu erobern suchen soll?

Vielleicht hätte ich, in gesunden Tagen, meine Gegenmeinung zu äußern gesucht, so ließ ich es aber gehen, wohl voraussehend welche tötdliche Wunde wir unserem Theater zu schlagen im Begriff stehen.

Nun möchte ich aber erfahren, welche Ursache wir dem Hof und Publicum angeben wollen, warum wir zwey treffliche Schauspieler, ganz ohne irgend eine Veranlassung, vom Theater jagen?

Ich wüßte niemand zu antworten der mich fragte. Denn nicht einmal die geringste Condescendenz, z.B. wegen der kleinen Rollen, die man alle in's Feuer werfen könnte, hat man gehabt, es wäre wenigstens ein Zipfel gewesen wo man wieder hätte anknüpfen können; da sollte aber alles rein abgewiesen und[245] abgeschlagen seyn; ich weiß nicht welch ein dictatorischer Geist uns auf einmal ergriffen hat; ich werde mich demselben gewiß nicht entgegen setzen, weil daraus auf's neue Vorwürfe für künftige Jahre sich für mich entfalten können.

Wegen diesen Äußerungen habe ich dringend um Verzeihung zu bitten, weil sie mehr einem Fieberkranken als einem Geschäftsmann geziemen, in einem fieberkranken Geschäft jedoch kann es zuletzt wohl nicht anders werden.

Mich selbst aber körperlich und geistig betrachtet muß ich zu verwahren suchen und mir in den nächsten vier Wochen alle Communication in Theatersachen durchaus verbitten, ich fühle mich nicht fähig meine eigenen kleinen Geschäfte zu führen, wie sollte ich glauben in einem so wichtigen einflußreichen, in einem bewegten Moment den rechten Punct zu treffen.

Dieses Blatt mag zum Preis dienen daß mir der Kopf nicht auf dem rechten Fleck steht und daß ich bis auf bessere Zeiten wohl von einem Geschäft zu dispensiren seyn möchte, bey dessen Führung man alle Ursache hat sich auf's strengste selbst zu besitzen.

W. d. 31. März 1815.

Goethe.[246]


25/7051.


An Christian Gottlob Voigt

[Ende März oder Anfang April 1815.]

Nur mit einem Worte meinen aufrichtigsten Dank für's Mitgetheilte mit Bitte um Fortsetzung.

Ich will gern an meinem Schnuppen laboriren wenn ich nur keinem diplomatischen Diener in Wien bewohnen darf, wo sich jedes über die neusten Greuel expektorirt.

Eine Bemerckung unter Hunderten! Ist es wohl das Betragen eines gewandten Ministers, eine Sache, die er befördern will, in dem Augenblicke seinem Fürsten vorzulegen, wenn er ihn gegen sich erzürnt weiß. Ich halte dies für die erste Spitzbüberey, die je in diplomaticis begangen worden. Gersdorfs Haft, Leidenschaft pp. gefällt mir nicht, wie will man da seine Zwecke verfolgen? Ich fürchte die armen Seelen werden im preußischen Fegefeuer noch lange schmoren.

G.

Verzeihung meiner catharralischen Hypochondrie.


25/7052.


An Christian Gottlob Voigt

[Ende März oder Anfang April 1815.]

Um ferner gütige Communication zu verdienen sende das Mitgetheilte dankbarlichst zurück. Meiner[247] katharralischen Hypochondrie sey verziehen daß mir einfällt wie ich auch einmal durch diese Schule gelaufen bin und daß mich Ao. 1791 und 92 die trefflichen Lucchesinis, Haugwitze und Steins eben so höflich und eben so schlecht traktirt haben, als jetzt unserm Freunde von deren Nachfahren begegnet. Wehe den Bittenden. Was Gründliches vom Berliner Aufstande wünschte wohl zu vernehmen.

Bald kann man den Traum vom Leben nicht unterscheiden. Wäre nicht noch das Losungswort

Liebe und Anhänglichkeit.

G.


25/7053.


An Franz Kirms

Ew. Wohlgeboren

verzeihen wenn ich beykommenden Kasten uneröffnet zurücksende. Es ist nicht Affectation wenn ich dringend ersuche mich eine Zeitlang von allen dramatischen Berathungen zu dispensiren; sobald ich mich dazu wieder fähig fühle werde ich mich gewiß melden; indessen Herr Graf Edling mit frischen Augen in diese Dinge am besten Einsicht nehmen wird.

Weimar d. 1. April 1815.

Goethe.[248]


25/7054.


An Christian Gottlob Voigt

Ew. Exzell.

freye und durchdringende Ansichten erheitern und erquicken mich. Erhalte Sie Gott Sich und uns – und mir Ihre Gewogenheit.

W. d. 1. Apr. 1815.

Goethe.


25/7055.


An Christian Gottlob Voigt

Ew. Excellenz

erhalten hiebey die letzten wenigen Expeditionen welche nach Jena zu erlassen wären, um eine Anordnung, die schon seit 27 Jahren für nothwendig geachtet wird, endlich abzuschließen und für die Zukunft zu begründen. Wenn ich mir keine große Thätigkeit zuschreiben mag, so kommt mir meine Beharrlichkeit manchmal komisch vor. Mögen Ew. Excellenz diesem beendigten Geschäft einigen Beyfall zulächeln, so will ich Munda und Expedition sogleich besorgen.

anhänglich

Weimar d. 2. April 1815.

Goethe.


25/7056.


An Johann Jacob von Willemer

Das Reserve-Bataillon ist in schönster Ordnung angekommen, und hat sich gefreut von seinen Vorgängern[249] noch die wollen zwey Drittheile in den Kasematten der Festung vorzufinden. Sie sehen daß die Mäßigkeit hinter dem 51. Grade zu Hause ist, und daß unsere Dankbarkeit mehrere Jahre auf diesem Schatze ruhen wird.

Daß Sie Ihr Werk so glücklich vollendet, freut mich unendlich; es ist sogar wünschenswerth, daß man etwas, was gleichsam überreif in uns geworden, auf eine tumultuarische Weise los werde. Ich erwarte es mit Vergnügen; mögen Sie mir nicht die Aushängebogen schicken? denn auch das Ernsteste hat als Novität einen frohern Anstrich.

Nun muß noch etwas Lustiges erzählen: Es liegt schon lange ein kleines Gedicht für Sie und die lieben Ihrigen bey mir fertig, die Leute sagen, es sey nicht übel gerathen, und doch kann ich es nicht fortschicken. Sie rathen die Welt durch, und finden die Ursache nicht. Ich werde mir alle Mühe geben, es bald vom Stappel zu schaffen. Möge es doch zugleich mit endlicher Friedensberuhigung bey Ihnen eintreffen. Leben Sie tausendmal wohl mit Gemahlin und Kindern und was daraus folgt.

Ich habe viel gelitten, meine gute Frau war zwey Querfinger vom Tode. Jetzt ist sie wieder auf den Beinen, da mich der schrecklichste Katharr seit vier Wochen heimsucht.

Werde ich denn wohl das alles, bey einem schönen Oberrader Sonnenuntergang, hinter mich werfen und[250] vergessen? Behalten Sie mir ein freundliches Andenken.

Herzlich ergeben

Weimar d. 3. Apr. 1815.

Goethe.


25/7057.


An Carl Ludwig von Knebel

Mein theuerster Freund, ich muß dir nur mit wenigen endlich wieder einmal einen Gruß zusenden, und dir anzeigen, daß ich von dem schrecklichsten Katarrh, der mich schon seit vier Wochen, unter hundert Formen quält, mich endlich zu erholen anfange.

Ich habe leider die Zeit über, weder nach außen noch innen, etwas geleistet. Indessen sind alte Bemühungen zur Sprache gekommen. Epimenides ist am 30. März endlich in Berlin erwacht, gerade zu rechter Zeit, um dasselbige, was sich die Deutschen bisher so oft in dürrer Prosa vorgesagt, symbolisch zu wiederholen, daß sie nämlich viele Jahre das Unerträgliche geduldet, sich sodann aber auf eine herrliche Weise von diesem Leiden befreyt. Jedermann wird hinzufügen, daß neue Thatkraft nöthig ist, um das Errungene zu schützen und erhalten. Von der Aufführung selbst hab ich noch keine Nachricht, aller vorläufiger Bericht aber deutet auf den besten Willen und die zweckmäßigsten Anstalten. Mir scheint, unser Carl Brühl habe zeigen wollen, was man leisten[251] könne. Die Besetzung der Rollen ist ohne Tadel. Am übrigen arbeiten sie schon beynahe 11 Monate (vom 7. May vorigen Jahrs war Ifflands Brief datirt, in welchem er mir den Antrag thut) und in solcher Zeit, dächt ich, könnte man was vor sich bringen. Ich hoffe, sie werden mit Absendung von Exemplarien nicht allzulangsam und nicht allzukarg seyn. Ich hoffe dir bald eins zu senden. so muß uns denn doch zuletzt etwas ernstlich Gesäetes und Gepflanztes unvermuthet entgegen keimen. Melde mir doch auch, ob dir etwas Erfreuliches begegnet; ich wünschte nichts mehr als die erste Frühlingszeit in deiner Nähe zuzubringen. Lebe recht wohl und laß mich bald etwas Freundliches hören.

Weimar den 5. April 1815.

G.


25/7058.


An Johann Heinrich Meyer

Ich melde Ihnen, mein theurer Freund, daß ich den mir immer noch problematischen Hercules mit dem Hirsche nochmals von Facius ernstlich probiren lassen, welcher mir so eben sagen läßt, daß er nicht dafür stehen könne, er sey härter als das gewöhnliche Glas, aber nicht so hart als Stein. Ich sende ihn daher zurück, um dieses dem Abgeordneten zu eröffnen; da er gegenwärtig ist, so wird er wohl thun sich selbst zum Facius zu verfügen und sich überzeugen[252] zu lasen, und so schmelze denn unser Handel ziemlich in's Enge zusammen.

Weimar d. 5. April 1815.

G.


25/7059.


An Johann Heinrich Meyer

Da auf gemeldete Weise 40 rh. von der Summe die man ausgeben wollte zurückfallen; so fragt sich's ob man nicht auf die Hammilton handeln sollte. Es ist immer ein tolles Zeichen der nächstvergangnen Zeit. Freylich müßte man sie näher ansehen, und vielleicht ein prinzliches Gebot thun. Jedoch alles unvorgreiflich und Ihrer Weisheit anheim gegeben!

d. 5. Apr. 1815.

G.


25/7060.


An Christian Gottlob Voigt

Ew. Excellenz

lege hierbey vier Munda zu gefälliger Unterschrift schließlich vor.

1. Die Anordnung wegen des Kabinetts,

2. den Erlaß an Bergrath Lenz deshalb.

3. und 4. Die den beyden Catalogen der von Ihro Kaiserl. Hoheit nach Jena gegebenen Mineralien angefügten Munda des Versichrungsscheines.[253]

Das Concept derselben findet sich fol. 20 der beygefügten Acten sub [*Venus]. Die nöthigen Abschriften für Oken und Färber will ich auch noch besorgen. Und damit nicht etwa durch Persönlichkeiten, welches in Jena so oft der Fall ist, unsere gute Absicht abermals retardirt oder verschoben werde, so mag der Assessor wenn es mit Ew. Excellenz Genehmigung geschieht sich hinüber verfügen und die Sache einleiten und abschließen; zugleich auch nachsehen und untersuchen, was etwa diesen Sommer zunächst zu thun sey.

Der gute Sachse bessert sich, obgleich langsam, vielleicht deutet das Gerücht seines Todes auf ein langes Leben.

mich angelegentlichst

empfehlend

Weimar d. 5. April 1815.

Goethe.


25/7061.


An die Herzogin Louise

[Concept.]

[7. April 1815.]

Ew. Durchl. für die erste Nachricht des aufgeführten Epimenides unterthänigst danckend lege das Wercklein selbst zu Füßen wie ich es so eben erhalte.

Ob man gleich dem gemeinen Menschenverstand gemäs wohl sagen könnte der weise Mann hätte früher aufwachen, oder länger schlafen sollen, so muß man sich doch in die Schickungen ergeben die so über große wie über kleine Dinge walten. Mag doch der[254] poetische Prophet den Deutschen abermals bildlich darstellen das Ungeheure das sie gelitten, wovon sie Sich befreyt und was sie zum zweytenmal wieder gewinnen sollen.

Möge ich bald des lange entbehrten Glücks genießen Ew. Durchl. mit einiger Unterhaltung aufwarten zu können.


25/7062.


An Bernhard Anselm Weber

[Concept.]

Ew. Wohlgeb.

gefällige baldige Nachricht von der guten Aufnahme des Epimenides erkenne ich dankbarlichst, und wünsche eine solche Wendung der Zeitläufte, daß unsere Arbeit auch in Zukunft erfreuen könne. Ich läugne nicht, daß ich der so gelungenen Aufführung beywohnen und mich bey soviel Pracht und Kunst vorzüglich auch Ihrer Composition hätte erfreuen mögen.

Was eine neue Oper betrifft, so dürfte dieses Frühjahr zu derselben kaum Rath werden, denn durch einen heftigen und hartnäckigen Katharr habe ich den ganzen März verloren, und die nächsten Monate deshalb viel zu thun, weil ich die Herausgabe meiner Werke fördern muß, auch eine abermalige Badereise im Sommer vorzunehmen genöthigt bin.

Und so bin ich denn auch vollkommen Ihrer Meinung, daß ein Werk der Art das immer viel[255] Zeit kostet, mit der wir Ursache haben haushälterisch umzugehen, nicht als eine Privatsache behandelt, sondern nur auf Anregung und Begünstigung einer verehrlichen jetzt so thätigen Intendanz unternommen werden dürfte, weil denn doch die Ausführung zuletzt von ihrer Entscheidung abhängt. Lassen Sie uns daher die Sache gut überlegen, ich werde indessen den Gegenstand näher bedenken, und wahrscheinlich giebt mir die Freyheit, wie man sie auf der Reise genießt, Luft und Muth, den Entwurf dergestalt vorzubereiten, daß eine Zusammenkunft in kurzer Zeit desto fruchtbarer seyn kann.

Die Meinigen empfehlen sich zum allerschönsten und bedauern mit mir, daß wir nicht gleich den schönen May zu einer ergötzlichen Zusammenkunft wieder bestimmen können.

Mich zu geneigtem Andenken angelegentlichst empfehlend.

Weimar d. 9. April 1815.


25/7063.


An Carl Friedrich Wilhelm Duncker

[Concept.]

Die beyden letzten Sendungen, welche mir die Nachricht von der bevorstehenden und wirklichen Aufführung des Epimenides zugleich mit den Aushängebogen und einigen Exemplaren in die Hände lieferten, erkenne ich dankbar, so wie ich auch die Bemühungen,[256] Das Stück, sowohl durch Zeitungs-Artikel, als durch ein Vorwort, bey'm Publicum einzuführen, gar sehr zu schätzen weiß. Herrn Professor Levezow bitte für seine wohlgesinnte und wohlgedachte Darstellung auf das allerschönste zu danken.

Was Ihren erneuerten Wunsch, wegen abermaliger Verlängerung des Termins Ihres Verlagsrecht betrifft, werde ich mich billig finden lassen, und keine neue Ausgabe so leicht übereilen. Soviel für dießmal, damit wenigstens ein vorläufiges Wort mit heutiger Post an Sie gelange.

Weimar d. 9. Apr. 1815.


25/7064.


An Johann Georg Lenz

[Concept.]

Ew. Wohlgeboren

ersehen aus den copeylichen Anlagen, was Herzogl. Commission, wegen künftiger Benutzung des zoologischen Kabinetts zu verfügen geruht. ich erledige mich dadurch eines hohen Auftrags Denenselben das Weitere überlassend.

Mich mit besonderer Hochachtung unterzeichnend

Ew. Wohlgeboren

ergebenster Diener.

Weimar d. [10.] April 1815.[257]


25/7065.


An Jakob Andreas Conrad Levezow

Wohlgeborner,

Insonders Hochgeehrtester Herr!

Es wird nun bald jährig, daß der verewigte Iffland mich zu einem Festspiele aufforderte. Bedenkt man, wie schnell es geschrieben, durch mancherley Hindernisse aber verspätet worden, so daß es erst jetzt, in dem sonderbarsten Augenblicke erscheint; so könnte man geneigt seyn, auch hierin eine Schickung zu sehen, welche in kleinen, wie in großen Dingen waltet. Denn wenn das Glück, nach seiner ersten Bestimmung, den Deutschen was sie gelitten bildlich vortragen, und ihnen sodann zu dem errungenen Heil Glück wünschen sollte; so mag es jetzt aussprechen, welchen großen Werth dasjenige habe, was sie zum zweytenmal erkämpfen müssen.

Mit aufrichtigem Dank erkenne ich, was manche Monate daher, zur Aufführung des Stücks vorbereitet worden, freue mich und bewundere herzlich, wie eine einsichtige thätige Intendanz zuletzt alle Strahlen in einen Brennpunct zu der großen und herrlichen Wirkung versammelte.

So ist mir auch höchst schätzbar, und hat meinen ganzen Beyfall, was Ew. Wohlgeboren zu Gunsten dieser Beyfall, was Ew. Wohlgeboren zu Gunsten dieser Angelegenheit mitwirken mögen. Die Absicht[258] des wohlgelungenen Vorworts in seinen drey Theilen ist dem Endzweck vollkommen gemäß, und konnte nicht verfehlen eine schnellere, günstigere Aufnahme zu bewirken.

Denn auch ich bin vollkommen der Meinung, daß man alle Ursache hat das Publicum vorzubereiten, sobald man etwas unternimmt, dessen Bahn außerhalb des gewöhnlichen Gleises liegt. So klein unser Weimarisches Publicum ist, und eher zu übersehen, so habe ich doch niemals verfehlet, bey den mannigfaltigen und oft seltsamen Versuchen, die wir mit fremden und ungewohnten Dingen gemacht, durch schickliche Vorbereitung und Eileitung einem neuen Gegenstand vorher die nöthige Gunst zu verschaffen. Viel schwerer ist es freylich, wenn man es mit einer großen nicht durchaus gebildeten Masse zu thun hat. Indeß kommt es hierbey, wie bey allem guten und Rechten darauf an, daß die Unternehmenden einen freyen redlichen Willen, und eine treue unbefangene Erkenntniß zeigen; so wird das Publicum gewiß, (mich Ew. Wohlgeb. eigener Worte zu bedienen,) »sich auch den Eindrücken des Besten und Vollkommenen gern und freudig überlassen, wenn es ihm nur von reinen Händen und mit Liebe und Sorgfalt gepflegt, dargeboten wird.«

In Dresden hat man solche Mittheilungen herauszugeben angefangen, wodurch manches Gute bewirkt werden kann. Meine Absicht ist, auf dem Wege des[259] Morgenblattes etwas Ähnliches zu thun, und besonders auch darzulegen, wie manches auf dem Weimarischen Theater stattfinden konnte, was auf andern Bühnen eben so gut gelingen müßte, wenn man die nöthigen Vorbereitungen und Einleitungen nicht versäumte.

Sollte nun Gefolge dessen, was bey dieser letzten Gelegenheit geschehen, fernerhin eine solche Vorberedung mit dem Publicum auch in Berlin stattfinden; so würden die trefflichen Absichten des neuen Herrn Intendanten dadurch gewiß sehr gefördert.

Lassen Sie mich nun nach diesen Betrachtungen, dankbar auf die so genaue und unbewundene Relation von der Aufführung unseres Festspieles hinblicken. Diese freundliche Klarheit und billige Gerechtigkeit thut wohl, indem sie unterrichtet und uns den großen Complex eines angefüllten Schauspielhauses vor Augen stellt, wo Bühne, Parterre und Logen in ewiger Wechselwirkung begriffen, ein großes belebtes Ganze darstellen, das vielleicht das Höchste ist, was Kunst und Kunstliebe zu Stande bringen und genießen kann. Ich müßte in's Einzelne gehen, wenn ich aussprechen wollte, wie sehr mich das scharfe als zarte Urtheil er freut und befriedigt hat.

Höchstnothwendig war es freylich, daß der unerwarteten Wendung der Dinge gedacht, und hoffnungsreiche Trostworte aus dem Munde des Kretensischen Sehers vernommen würden. Es hätte diese Ermuthigung[260] nicht besser ausgedruckt werden können, als es durch Ew. Wohlgeboren geschehen ist.

Mögen Sie mich des Herrn Intendanten Hochgeb. zum angelegentlichsten empfehlen, und mir in Ihrem werthen und geistreichen Kreise ein geneigtes Andenken erhalten, so werden Sie einen meiner liebsten Wünsche in Person, theils zum erstenmal theils in Rückerinnerung voriger guter Zeiten begrüßen und verehren möchte.

Sollten ferner Ew. Wohlgeb. Anlaß nehmen können, der sämmtlichen Künstler-Gesellschaft für den Ernst und die Liebe zu danken, welche sie meinem Stück widmen wollen; so würde ich, wenigstens zum Theil, mich von einer Schuld erledigt fühlen, deren Umfang mir durch Ew. Wohlgeboren genaue Nachricht sehr deutlich und anschaulich geworden.

Kann ich dem dortigen Theater etwas Angenehmes und Förderliches erweisen; so werde ich es mit Freunden thun. Wie ich denn noch schließlich der Proserpina erwähne, deren Partitur man nach Berlin verlangt hat. Sobald mir möglichst ist, sende ich einen kleinen Aufsatz, wie es eigentlich mit der Wiederbelebung dieses kleinen Stücks gemeint sey, und so günstige Wirkung hervorgebracht hat, wobey ich nicht verfehlen werde anzuzeigen, durch welche Mittel auf andern[261] größern Theatern diese Wirkung nicht nur erreicht, sondern gesteigert werden könne.

Mich wiederholt Ihrer freundschaftlichen Neigung empfehlend

ergebenst

Weimar d. 13. April 1815.

J. W. v. Goethe.


25/7066.


An Christian Gottlob Frege und Comp.

Ew. Wohlgeboren

beschwere abermals mit einer kleinen Bemühung. Da ich zu einer Reise in die böhmische Bäder wenigstens für den Anfang eine Summe des dortigen Papiergeldes mitzunehmen wünschte, so ersuche Dieselben mir für 200 rh. sächsisch Einlösungs- oder Anticipations-Scheine, wie solche jetzt dort im Handel und Wandel gültig sind, entweder durch eine sichere Gelegenheit oder auf der Post zu übersenden, und den Betrag gedachter 200 rh. für Rechnung des Herrn Doctor Cotta in Stuttgart gefälligst zu notiren.

Der ich die Ehre habe mich mit vorzüglicher Hochachtung zu unterzeichnen.

Ew. Wohlgeb.

ganz ergebenster

Weimar d. 13. April 1815.

DienerJ. W. v. Goethe.[262]


25/7067.


An Christiane von Goethe

Ich freue mich gar sehr daß dein Hauptwunsch und Zweck erfüllt ist, so können wir denn wieder eine Weile ohne Sorgen leben.

Mein Tag geht sehr angenehm hin. Ich bin fleißig. Mittags leistet August Gesellschaft, die Köchin ist lobenswerth. Abends kommt Hofr. Meyer und so geht es früh wieder von vornen an. Aus dem Hause sehn ich mich nicht. Wie es in Jena aussieht kann ich mir dencken. Der Menge kann man nicht übel nehmen wenn sie bey so grosen drohenden Übeln Verrath fürchtet. Nur mag ich nicht Zeuge ihrer Verwirrungen seyn. Bleibe solange dirs behagt. Auch uns bist du immer willkommen!

W. d. 15. Apr. 1815.

G.

Danck für die Spargel!


25/7068.


An Christian Gottlob Voigt

Ew. Exzell.

geben mir gefälligst einen Winck wann es an der Zeit ist daß man unsrer verehrten Fürstinn ein Wort des glückwünschenden Theilnehmens sage. Auch ein Brieflein gleichen Inhalts werde bitten Serenissimo entgegen zu senden. Hat der böse Catharr seinen Abschied[263] genommen? Ich befinde mich ganz leidlich nur eine fatale Heiserkeit kann ich nicht ganz loswerden. Mit dem Wunsche empfohlen zu seyn.

W. d. 15. Apr. 1815.

Goethe.


25/7069.


An H. G. Hellmann

[Concept.]

[Mitte April 1815.]

Ob sich aus dem zarten und liebevollen Gemüthe, welches in Ihren kleinen Liedern waltet, in der Folge ein poetisch Talent entwickeln werde, läßt sich gegenwärtig noch nicht entscheiden. Unsere deutschen Rhythmen sind so geläufig geworden, daß sich auch ein Poet derselben zum Hausgebrauche bemächtigen kann. Um aber ein Urtheil über jene Frage näher zu bringen, würde ich Ihnen Folgendes rathen:

Hüten Sie sich vor allen Negationen die ich mit rother Tinte unterstrichen habe, ferner von allen Übertreibungen welches indirecte Negationen sind. Beyde geben weder Bild, noch Empfindung, noch Gedanken. Im Gegentheil suchen Sie sich immer einen gehaltvollen Gegenstand. Sie nennen Sich z.B. einen Freund Seetzens, eine Präconisirung seiner Verdienste wäre das Würdigste was ein Freund unternehmen könnte. In Ihrem Liede steht er als ein ganz leerer Name, Sie verlassen Sich auf den Hörer, daß er wissen soll, wer er ist.

[264] Das Lied: der Frühling, enthält die Elemente des Frühlings, aber blos an einander gereiht bringen sie keinen Frühling. Das Lied: Meine Wünsche ist in jenem Sinne am meisten zu billigen, es giebt das Anschaun eines gewissen ländlichen Zustandes der bedeutend genug ist, nur läuft es wieder zu schwächlich ab.

Soviel ist's was ich auf Ihr Vertraun erwidern kann. Die Kunst ist freylich unendlich und wenn wir über die erste Hindernisse hinweg sind, da kommen erst die rechten. Indessen sind die von mir angedeuteten Bedingungen die ersten und unerläßlichsten von allen.


25/7070.


An Carl Friedrich Zelter

Da du, mein lieber schweigsamer Freund, grade zur rechten Zeit die Zähne von einander thust; so soll dir das bisherige Versäumniß von Herzen verziehen und überdieß der schönste Dank gesagt seyn. Schon waren mir verständige und ausführliche Nachrichten von der Aufführung des Epimenides zugegangen, nun kommst du aber mit kühner Feder, das Tüpfchen auf das i, das Häkchen über's u zu setzen, und nun wird mir die Schrift erst vollkommen lesbar.

Alles beruht darauf, daß ein solches Stück ein Dutzend mal hintereinander gegeben werden könne. Vergegenwärtige man sich die Elemente, aus welchen[265] eine solche Vorstellung zusammengesetzt ist, und man wird an einer glücklichen Ausführung beynahe verzweifeln.

1) Die Arbeit es Dichters als Grundlage, der durchaus hier immer den äußern Sinn beschäftigen und zugleich den innern anregen will, der vom Zuschauer verlangt, daß er jeden Augenblick schaue, merke und deute.

2) Der Componist, der das Gedicht begleiten, tragen, heben und fördern soll, und auch diese seine Pflicht mehr oder weniger erfüllt.

3) Das Orchester, das die Intention des Capellmeisters vollkommen ausführen soll.

4) Schauspieler und Sänger, die an dem ihnen in die Hand gegebenen Leitfaden sich durch so manche Gefährlichkeiten hindurch zu winden haben, jeder einzeln seine Pflicht thun, und doch auf die übrigen merken soll.

5) Gedenken wir der Kleidung, die auch nicht gleich paßt und bequem ist.

6) So mancher kleinen Requisiten, auf die soviel ankommt.

7) Der Decoration, deren Erfindung zum Ganzen stimmen, an deren Verändrung nichts stocken soll

8) Und nun dann ein Publicum aus so vielen Ständen und Culturen zusammengesetzt, das, wenn gleich mit gutem Willen, doch nur kalt und unvorbereitet heran kommt, und dem man[266] gar nicht übel nehmen kann, wenn es im gegenwärtigen Fall mit Unglauben, und in der schlechtesten Stimmung der Welt sich versammelte.


Wieviel Dutzend zinnerne Teller gehörten dazu, um die refractären Ingredienzien einer solchen Glockenspeise zu schmelzen. (vid. Cellini II. Th. pag. 176.)

Bey öfterer Wiederholung ist es ganz etwas Anders, da entstehen ohne Blasebalg und Flammen, ohne Kunst und Vorsatz, die zarteste Wohlverwandtschaften, welche jene abgesondert scheinenden Glieder auf die gefälligste Weise zu einem Ganzen verbinden. Von der handelnden Seite mehr Sicherheit und Gelenkigkeit, erworben durch Übung, gestärkt durch Beyfall, getragen durch lebendige Ein- und Übersicht des Ganzen. Von der schauenden Seite Bekanntschaft, Gewohnheit, Gefallen, Vorurtheil, Enthusiasmus, und wie die guten Geister alle heißen mögen, ohne die uns die Ilias und Odyssee selbst nur ein todtes Gerüste bleiben werden können, weil die Schauspieler das Stück und das Publicum die Schauspieler immer mehr andern aufregt in's Theater zu gehen, und das allgemeine Wochengespräch zuletzt die Nothwendigkeit hervorbringt, daß jeder die Neuigkeit gesehen habe.

[267] So erlebt ich in Rom daß eine Oper, Don Juan (nicht die Mozartische), vier Wochen, alle Abende gegeben wurde, wodurch die Stadt so erregt ward, daß die letzten Krämers-Familien, mit Kind und Kegel in Parterre und Logen hauseten, und niemand leben konnte, der den Don Juan nicht hatte in der Hölle braten, und den Gouverneur, als seligen Geist, nicht hatte gen Himmel fahren sehen.

Dieß alles sage ich dir, mein Freund, mehr zum Schwätzen, denn ich spreche zu einem Wissenden, und möchte wohl einmal einer deiner Aufführungen vom Tode Jesu beywohnen. Durch dich aufmerksam gemacht auf alle Erfordernisse, welche unerläßlich sind, damit ein solches Werk zur Erscheinung komme.

Daß du die Achse, worauf sich mein Stück herumdreht, (doch wie ich hoffe ohne Knirschen und Knarren,) so fest gehalten und tief empfunden, freut mich sehr, ob es gleich deiner Natur ganz gemäß ist. Ohne diese furchtbaren Ketten wäre das Ganze eine Albernheit. Daß dieses Exempel an Frauen statuirt wird, macht die Sache läßlicher, und zieht sie in's Gebiet der Rührung; doch wollen wir nichts weiter davon reden, sondern die Wirkung den Göttern anheim stellen.

Zu allem was dir, in öconomischem Sinne, Gutes widerfahren kann, wünsche ich Glück. Wohin ich mich diesen Sommer wende, weiß ich selbst nicht. Wiesbaden hat mir gar zu wohl gethan und ich[268] möchte es gern wiederholen, doch mag sich's draußen am Rheine, wenn auch alles gut geht, jetzt wieder höchst unerfreulich wohnen; doch man steckt sich am Ende in's warme Wasser, und entäußert sich der Außenwelt.

Das Catelsche Heft will ich gelegentlich durchsehen. Empfiehl mich dem Verfasser schönstens. Ich hüte mich zwar jetzt vor der Architectur wie vor dem Feuer. Je älter man wird, desto mehr muß man sich beschränken, wenn man thätig zu seyn begehrt. Nimmt man sich nicht in Acht, so geht man, bey so vielen fremden Aufforderungen, für lauter Theilnahme und Urtheilsprechen mit geist- und leiblichen Kräften in nichtigen Rauch auf.

Daß du dem Hans Adam eine tüchtige Jacke auf den Leib gepaßt haben wirst, daran zweifle ich keineswegs, und freue mich ihn darin stolziren zu sehen. Unter meinen spätern Dingen will ich etwas aussuchen. Das Orientalisiren finde ich sehr gefährlich, denn eh man sich's versieht, geht das derbste Gedicht, wie ein Luftballon für lauter rationellem und spirituellem Gas, womit es sich anfüllt, uns aus den Händen und in alle Lüfte.

Soviel möge für dießmal genug seyn. Versäume nicht manchmal zu schreiben, wenn du ja auch nur das Theater zum Text nimmst; mir wäre in mehr als einem Sinne dran gelegen, zu erfahren und zu schauen, was das neue Regiment leistet und wirkt,[269] wobey es mir denn auch auf eine halbe Stunde dictiren nicht ankommen soll woran dir, recht betrachtet, doch auch gelegen seyn müßte.

Eben als ich bedachte was ich noch auf diesen Raum setzen sollte, kommt Herr M. und bringt mir Gruß und Gabe, beydes erfreulich. Ich habe ihn heiter empfangen, aber zerstreut: denn eben als er ankam war ich über hundert Meilen weit vom Hause weg. Die Notenblätter sind köstlich! Keinen von drey Männern besas meine Sammlung. Also den schönsten Danck. Da wir die Berliner zum Nachdencken und zum Calembour gebracht haben; so wollen wir's eine Weile dabey bewenden lassen. Herrn Staatsrath Schulz grüsse schönstens. Seine Hefte habe die Zeit wieder durchstudirt, sie und Er sind mir nur desto lieber geworden. Nun Adieu! möge dies ein glücklicher Anfang neueröffneter Communication werden.

W. d. 17. Apr. 1815.

G.


25/7071.


An Christian Gottlob Voigt

Mit verbindlichstem Dancke erstatte die Publica. Eine Seele die mir gute Hoffnung giebt habe die Freyheit genommen roth vorzustreichen.

Zufällig als ich Herrn v. Gersdorf Depesche las lag das Blätchen auf meinem Tische welches im Couvert hierbey folgt. Ein seltsamer Contrast von[270] Handschrift ist wohl nicht zu sehen. Bald hoffe meines Hausarrestes entledigt zu seyn.

W. d. 18. Apr. 1815.

G.[271]


25/7072.


An Christian Gottlob Voigt

Den Bericht des Cammerassessors über die jenaische neuste Expedition werden Ew. Excellenz fol. 22 beygehender Acten eingeheftet finden, so wie die Copie einer Registratur dessen, was dabey vorgenommen – fol. 23 und 24. Es ist daraus, wie aus einigem mündlich nachgeholten, ersichtlich daß das Aufgetragene durchaus befolgt worden, und daß überhaupt in den für die Wissenschaft bestimmten Räumen und dort aufbewahrten Geräthschaften gute Ordnung herrscht.

Bergrath Voigt wird, nachdem er durch die Autorität Herzoglicher Commission berechtiget, den[184] Hofgärtner Wagner in seine Grenzen zurück gewiesen, die botanische Anstalt in die erste, vom Professor Batsch, mit wissenschaftlicher Genehmigung Herzoglicher Commission, bestimmte Ordnung zurückbringen und dieses Sommerhalbejahr vorzüglich dazu anwenden.

Wie die Thätigkeit des Bergrath Lenz sich nach allen Seiten gleichbleibe, und wie gut er wisse, fremde und entfernte Personen für unsere Zwecke zu interessiren, davon zeugen die beygelegten Briefe und verschiedenen Verzeichnisse von bedeutenden und unterrichtenden Gebirgsfolgen.

Professor Fuchs würde auch in Vermehrung des Kabinetts vorschreiten, wenn ihm nicht die Cadaver von allen Seiten verkümmert würden.

Das chemische Laboratorium zog billig eine vorzügliche Aufmerksamkeit auf sich, da dieses, seiner Natur nach, einer beständigen Thätigkeit gewidmet seyn muß. Bergrath Döbereiner unterläßt nicht durch Verfolgung neuer Versuche seiner Geschicklichkeit Ehre zu machen (fol. 25 seq.), wie er denn auch in dem Schweiggerischen Journal Notiz davon zu geben Gelegenheit nimmt, weil denn doch von einem academischen Lehrer vorzüglich verlangt wird, daß er seine Talente durch den Druck bekannt mache.

Wenn er anzeigt daß seine Versuche kostspielig sind, so ist ihm wohl zu glauben; denn da er mit Kohlen, Salzen und Geistern zu thun hat, die sich[185] mehr oder weniger verändern oder verflüchtigen, so ist der Chemiker derjenige Naturforscher, der am meisten auf einen billigen Zuschuß Anspruch machen kann.

Herzogliche Commission wäre in dem Fall ihn gegenwärtig ohne ihre Unbequemlichkeit zu unterstützen, wenn sie ihm aus der Separat-Casse 50 rh. zugestehen wollte, da die von Ihro Kaiserlichen Hoheit gnädigst verwilligte Summe nicht nur zur Anschaffung von Instrumenten, sondern auch zu anderen Requisiten anzustellender Versuche bestimmt ward.

Mit Ew. Excellenz gefälliger Beystimmung würde die Angabe einer solchen Summe besorgen mit dem Vorbehalt, daß Bergrath Döbereiner bey seinem nächsten Berichte, zu welchen Versuchen sie angewendet worden, anzeigen möchte.

In einem orangefarbnen Papierchen liegt das Metall bey, welches aus der Kohle dargestellt werden kann, aber freylich noch weit von der Eigenschaft des Goldes entfernt zu seyn scheint.

Herr von Münchow kommt in diesen Tagen von Halle zurück oder ist schon angekommen. Der neue Krieg setzt unserem parallaktischen Instrumente abermals Hindernisse entgegen, die Arbeiter ergreifen die Waffen und die Einquartirung verengt die Werkstätten.

Von den hessischen und sächsischen Walzwerken ist die Nachricht eingegangen, daß sie das Messingblech in der Größe, wie wir es verlangen, nicht liefern[186] können. Man wird das Rohr von Kupfer machen müssen, welches denn auf eins hinaus kommt. Und so muß man denn sehen wie man die täglichen Hindernisse besiegt, es bleibt hier wie überall nichts anders übrig.

Weimar den 19. April 1815.

J. W. v. Goethe.[187]


25/7073.


An Carl Joseph Hieronymus Windischmann

Die Sendung, welche Ew. Wohlgeboren mir früher zugedacht, ist endlich glücklich angekommen. Die Folge der Gebirgsarten war mir sehr angenehm, da sie mir gezeigt daß am Mayn, wie am Neckar, der eigentliche Granit tief liegt, und dessen Abartungen, so wie die auf ihn folgenden Gebirgsarten freyer am Tage erscheinen, da sich denn zuletzt der Sandstein anschließt, der jedoch auch von früher Entstehung seyn mag. Alles zusammen ist mir eine sehr werthe Folge einige Stücke besonders merkwürdig: der Quarz mit Braunsteinkiesel vielleicht jener Gegend einzig angehörig. Können Sie mir von diesem Mineral in[273] der Folge einige deutliche Crystalle verschaffen, so würden Sie mich besonders verbinden. Die illuminirte Karte wird freylich dieser freundlichen Gabe die Krone aufsetzen. Sollte man nicht in jener Gegend Wolfram und Eisenglanz entdecken? einige Stücke deuten auf eine Formation welcher diese Mineralien nicht fremd sind.

Und nun lassen Sie mich diesen irdischen Ballast bey Seite legen und in dem herrlichen Luftballon des Ramajan ungehindert aufsteigen. – Die Erzählung des Satananda ist ein kostbares Document und stellt, mit großer Weisheit und Tiefe, den ungeheuern Conflict dar, welcher zwischen der königlichen und Priestergewalt, in den indischen Verhältnissen auf eine Weise muß gerast haben, von der wir gar keinen Begriff hätten, wenn nicht auch Kirche und Staat der Christen ähnlichen Bewegungen ausgesetzt gewesen wären, die einer lebhaften Einbildungskraft unter ebenso furchtbaren Bildern erscheinen dürften. Verharren wir jedoch bey unserem indischen Gedichte, so wird man es groß, erhaben, ungeheuer und dabey wohl ersonnen, wohl erdacht nennen dürfen, ja man fühlt eine leise Anmuthung an's Schöne, welche gar wohlthätig wirkt.

Indessen lassen Sie mich gestehen, daß wir andern, die wir den Homer als Brevier lesen, die wir uns der griechischen Plastik, als der dem Menschen gemäßesten Verkörperung der Gottheit, mit Leib und[274] Seele, hingegeben, daß wir, sag ich, nur mit einer Art von Bangigkeit in jene gränzenlosen Räume treten, wo sich uns Mißgestalten aufdringen und Ungestalten entschweben und verschwinden. Dies soll indessen den Dank nicht verkümmern den ich Ihnen für diese Mittheilung erstatte und schuldig bleibe. Fahre Sie ja fort mich vom Gedeihen der Unternehmung theilweise zu unterrichten, und mich so köstliche Dinge genießen zu lassen, die auf anderen Wegen nicht zu mir gelangen würden. Die beyden angedeuteten Stücke der Heidelberger Jahrbücher habe noch nicht aus dem Strudel der Interessenten herausfischen können.

In Hoffnung eines baldigen Wiedersehens empfehle mich zum allerschönsten.

aufrichtig theilnehmend

und ergeben.

Weimar d. 20. April 1815.

J. W. v. Goethe.


25/7074.


An den Großherzog Carl August

[Concept.]

[22. April 1815.]

Durchlauchtigster Grosherzog,

gnädigster Herr,

Sie haben, verehrtester und geliebtester Fürst, von Jugend an, durch Hoheit des Geistes und der Gesinnung, Sich Vorzüge zu erwerben gewußt, welche[275] über alle andern erhaben sind, ja von Geburt und Glück, als von Folien, nicht Wesenheit, sondern nur einen lebhafteren Glanz gewinnen.

Ereignet sich's nun daß Höchstdenselben, für so vielfaches, redliches inneres Bemühen, auch von außen ein gebührendes Beywort ertheilt wird; so benutzen wir mit Freuse, wenn die Hof- und Canzleysprache uns nunmehr erlaubt dasjenige als ein Anerkanntes auszusprechen, was sonst bei aller Wahrheit als Schmeicheley hätte erscheinen können.

Ew. Königl. Hoheit haben bisher den kleinen Kreis bis in's Unendliche erweitert, indem Sie in einem jedem Einzelnen der Ihrigen eine gemäße Thätigkeit zu erregen und zu begünstigen gewußt. Möge Höchstdenenselben eine lange Reihe von Jahren gegönnt seyn, um, in einem ausgebreiteteren Wirkungskreise eben diese Wohlthat fortzusetzen.

Erlauben Höchstdieselben mir fernerhin davon als freudiger Zeuge zu verharren, ja, in dem kleinen Bezirk, der meiner Thätigkeit angewiesen bleibt, redlich mitzuwirken, so werden auch meine spätern Tage, wie die bisherigen, die ich in Ihrer Nähe und durch Ihre Gunst und Einfluß genutzt und genossen, nicht ohne Wirkung und Frohsinn verfließen.[276]


25/7075.


An Heinrich Carl Abraham Eichstädt

Beykommendes Packet veranlaßt mich die durch meinen leidigen Katarrh und dessen Einflüsse leider unterbrochene Communication wieder anzuknüpfen und mich zu ferneren gefälligen Mittheilungen zu empfehlen.

Der Verfasser dieser Hefte ist früher in unserer Literaturzeitung freundlich behandelt worden. Sein Streben und Ausdauern verdient es allerdings. Ohne eigentliche wissenschaftliche Bildung hat er sich durch die neueren philosophisch-religiosen Richtungen bis zu einer wirklich schönen und lobenswürdigen Ansicht durchgeschlungen, wobey ich freylich nicht verkenne was dem Individuum und was dem Allgemeinen angehört.

Ein Recensent wie derjenige, der sich Num. 61 über die Güglerische Schrift so trefflich und einsichtsvoll geäußert, würde schöne Gelegenheit finden in demselben Sinne belehrend und vermittelnd zu seyn.

Ein anderes beyliegendes Heft, das, einer glücklichen Epoche angehörend, durch ein seltsames Geschick bis in die jetzige verspätet worden, empfiehlt sich gleichfalls einem wohlwollenden und einsichtigen Urtheil.

Mit Vorbehalt, einiges Andere nächstens nachzubringen, wünsche ich von Ew. Wohlgeboren Befinden das Beste zu vernehmen.

Ergebenst

Weimar den 22. April 1815.

J. W. v. Goethe.[277]


25/7076.


An Carl Ludwig von Knebel

Auf deinen letzten vertraulichen Brief habe ich bisher geschwiegen, weil ich hoffen durfte, daß ich bey Rückkehr meiner Frau vernehmen würde, du seyst über deine häuslichen Angelegenheiten beruhigt; da denn dieses also auch erfolgt, so hat es mir besondere Freude gemacht. Freylich ist die Einwirkung jener großen politischen Atmosphären-Veränderung an jedem, selbst dem stillsten häuslichsten Barometer zu spüren, und eine völlig veränderte Weltansicht waltet in jedem Gemüthe. Man weiß wahrlich nicht, woran man besser thut, ob sich über die Zustände aufzuklären, oder sich darüber zu verdüstern. Ja, beydes will nicht gelingen: wer könnte jetzt im Dunkeln und Trüben verweilen, da jeder Tag die Wolken, die er bringt, wieder auseinander reißt? Epimenides selbst würde dießmal nicht in einem heilsamen Schlummer verharren können.

Und so folgt denn hier das Werklein, das vor kurzem als ich dir's vorlas, noch ein besseres Ansehn hatte; es mag denn als ein seltsames Document einer so merkwürdigen Epoche in der Geschichte der deutschen Poesie seinen Platz einnehmen.[278]

Mehr sage ich für dießmal nicht, als daß es mir sehr weh thut, mich einem Jenaischen Aufenthalte dieses Frühjahr nicht hingeben zu können. Mein vierwöchentlicher Katarrh hat mich in allen Dingen sehr retardirt, so daß ich jetzt kaum weiß, wo und wie ich alles angreifen soll, was mir obliegt. An eine Badereise muß ich such denken, obgleich niemand voraussehen kann, wozu und wohin man gelangen wird.

Leb recht wohl und erhalte mir deine freundschaftliche Theilnahme.

Der Deinige

Weimar d. 22. April 1815.

Goethe.

Ist wegen Ausgabe deiner Gedichte etwas entschieden?


25/7077.


An Friedrich Siegmund Voigt

[Concept.]

Meine Frau machte mir bey ihrer Rückkunft Hoffnung, daß wir bald angenehme Neuigkeiten von Ihnen erfahren würden, und nun freut mich's unendlich, aus Ihrem Briefe zu vernehmen, daß sich alles glücklich ereignet hat.

Möchten doch Ihre und der lieben Ihrigen Tage, wie jene herrliche Schale, für die ich noch nicht gedankt habe, immerfort in Purpur und Goldglanz schimmern, und en recht froher Sommer diesem für Sie so günstigen Frühjahr folgen.

[279] Ein Büchelchen, das ich beylege, wird gewiß Ihre Aufmerksamkeit auf sich ziehn, vielleicht gelingt es Ihnen noch besser als dem würdigen Übersetzer die seltsame Terminologie aufzuklären.

Da Sie in Ihrem Garten Raum und Gehülfen haben, sollte man nicht den kleinen Aufwand und die geringe Mühe drangeben, und einmal ein Schock recht ausgesuchter Tulpenzwiebeln, mit genugsamer Sorgfalt in einen anzulegenden Kasten pflanzen und warten? Es würde gewiß daraus manche Belehrung entspringen, wenn Ew. Wohlgeb. Form und Färbung dieser Blumen, nach bekannten Grundsätzen und nach den Winken des türkischen Blumenkenners beobachten wollten. Die Wartung dieser Zwiebeln ist in der neuern Zeit mit großer Aufmerksamkeit behandelt worden, und ist auch gewiß unserm Hofgärtner nicht fremd.

Lassen Sie unser Andenken in Ihrem werthen Familienkreise immer fortleben.

Weimar d. 22. April 1815.


25/7078.


An Johann Georg Lenz

Ew. Wohlgeboren

haben uns durch die hier zurückgehenden Papiere abermals einen Beweis Ihrer Thätigkeit und des Glücks gegeben, das ihre Bemühungen belohnt; fast[280] möchten wir aber bey dem Vergnügen, das wir dabey empfinden, wieder in Bangigkeit gerathen, daß der erst kürzlich ausgeweitete Raum bald zu eng werden möchte. Doch es wird sich auch Rath finden, und wir werden Ihnen indessen zu allem Gelingen Glück wünschen. Mich zu geneigtem Andenken empfehlend.

ergebenst

Weimar, d. 22. April 1815.

Goethe.


25/7079.


An Johann Wolfgang Döbereiner

Ew. Wohlgeboren

haben mir durch die Nachricht von Ihrer bisherigen Thätigkeit sehr viel Vergnügen gemacht; ich wünschte nur ein Augenzeuge dabey seyn zu können und mich von soviel neuen und schönen Entdeckungen zu belehren. Des Herrn Geheimrath von Voigt Excellenz theilen meine Gesinnungen und tragen mit mir kein Bedenken Ew. Wohlgeboren funfzig Thaler zu jenen löblichen Zwecken auszahlen zu lassen. Der Rentamtmann Kühn hat deswegen Verordnung erhalten, welcher das Geld gegen Quittung Ew. Wohlgeboren einhändigen wird. Haben Sie die gefällige Sorgfalt, aufzuzeichnen, zu welchen Versuchen besonders diese Summe verwendet wird, damit Herzogliche Commission höchsten Orts deshalb Rechenschaft ablegen könne.

[281] Möchten Sie mir von Zeit zu Zeit von Ihrem Befinden und fortgesetzter Thätigkeit Nachricht geben.

Aufrichtig theilnehmend

ergebenst

Weimar den 22. April 1815.

J. W. v. Goethe.


25/7080.


An Christian Gottlob Voigt

Beykommendes werden Ew. Exzell. unserm gnädigsten Herrn entgegen zu bringen die Gefälligkeit haben.

Unsers werthen G. Briefe kommen mir vor wie ein Tagebuch unsres Frühlings, wo die schönsten, blüthenlockenden Tage, von verderblichen Frostnächten gefolgt, nunmehr Trauer statt Freude veranlaßen. Jene neulich roth angestrichene Stelle schwärzt sich in meiner Einbildungskraft. Doch was will man in so bedenklichen Zeiten dencken und sagen.

Möchten Sie doch von allen bösen Tagen des Catharrs befreyt seyn. Auch ich fühle noch immer Nachwehen!

G.

W. d. 22. Apr. 1815.


25/7081.


An Johann Jacob von Willemer

Heute traf alles zum schönsten zusammen, denn eben als ich die Möglichkeit vor mir sah das versprochene Gedicht nächstens abzusenden, kommt Ihr[282] gehaltreiches Packet an, und, durch eine ziemlich natürliche Ideen-Verbindung, tranken wir zu Mittag, an unserem Familientischlein, im köstlichen Eilfer Ihre und der liebwerthen Kleinen erwünschte Gesundheit.

Was ich mir aus Ihren Heften (welche nur der Form, nicht dem Inhalte nach, Bruchstücke sind) gern verdeutlicht habe, ist die Übereinstimmung des gemeinsamen Zwecks, dem wir beyderseits entgegen gehen. Diejenigen unholden Figuren mit denen Sie kämpfen, sind auch meine Widersacher, da wo Sie Sich begründen, ist auch die Region wo ich meinen Grund suche.

Nun tritt aber die Differenz der Individuen hervor! denn indem Sie nach dem Allgemeinen streben, muß ich, meiner Natur nach, das Besondere suchen. Meine Tendenz ist die Verkörperung der Ideen, Ihre die Entkörperung derselben, und in dieser umgekehrten Operation liegt gerade unser Gemeinsames.

Ich erwarte recht mit Verlangen wie die Jenenser sich darüber vernehmen lassen. Es finden sich in unserer Zeitung auch neuerlichst trefflich einsichtige Recensionen: wie, zum Beispiel No. 61 und 62 die heilige Kunst oder die Kunst der Hebräer, von Anton Gügler recensirt worden, wo uns die Übersicht, die wahre Schätzung, die Gabe trübe Stellen aufzuklären, und die mangelhaften zu ergänzen, durchaus zur Bewunderung hinreißt.

[283] Der April eilt zu Ende; in sechs Wochen sollte ich, von rechtswegen, schon wieder in Ihrer Nähe seyn, indessen ist es gerade jetzt, wo jedermanns Verstand still steht, wohl zu entschuldigen, wenn man mit Entschlüssen zaudert. Die Meinigen grüßen zum allerschönsten, das räthselhafte Gedicht will ich einem Meßfreunde anvertrauen.

mit aufrichtigen Wünschen,

W. d. 24. Apr. 1815.

Goethe.


25/7082.


An Johann Diederich Gries

Ew. Wohlgeboren

sage den verbindlichsten Dank für das schöne Exemplar der trefflich gelungenen Übersetzung der beyden mir so werthen Calderonischen Stücke. Möchten Ew. Wohlgeboren doch von allen Seiten aufgemuntert werden diese glückliche Arbeit fortzusetzen.

Wenn ich, im Vertrauen auf Ew. Wohlgeboren schönes Talent, zu diesem Unternehmen zufälligerweise den ersten Anlaß gab; so muß ich gestehen daß gar manches, was ich mit Zweck und Vorbereitung eingeleitet und gefördert, nicht so glücklich von Statten gegangen. Und so ist es denn im Leben immer tröstlich und erfreulich, wenn wir, Eins in's Andere gerechnet, soviel Gewinn am Ende vor uns sehen.

Zenobia werden wir einige Zeit ruhen lassen,[284] um unterdessen in Überlegung zu ziehen was zu thun sey diesem Stück sein vollkommenes Recht zu verschaffen.

Doppelt ungern habe ich mich vier Wochen im Zimmer gehalten, da der böse Katharr mich verhinderte meinen Frühlingsbesuch in Jena abzustatten. Möchten Sie der nun zu hoffenden gleicheren Jahreszeit gesund und froh genießen.

ergebenst

W. d. 26. Apr. 1815.

J. W. v. Goethe.


25/7083.


An Johann Jacob von Willemer

Möge die Verspätung des beykommenden Gedichts durch die Erklärung entschuldigt werden: daß es lange auf dem Papier stand, ehe die Einfassung, ohne die es nichts bedeutete, hinzugefügt werden konnte. – Denn obgleich solche Zierrathen im Orient nicht fremd sind so kostete es doch einige Mühe sie nach Weimar zu verpflanzen.

Unter Glas und Rahmen wünschte ich das Blättchen an Ihrer Wand zu wissen; damit Sie meiner in guter Stunde eingedenk seyn mögen. Um baldige Nachricht und Auskunft bittend

herzlich verbunden

W. 26. April 1815.

Goethe.[285]


25/7084.


An Friedrich Wilhelm Heinrich von Trebra

[Concept.]

[27. April 1815.]

Obgleich, mein verehrter Freund, beykommendes Gedicht noch vor acht Wochen ein besseres Ansehn hatte als jetzt, wo es eher zu trauriger Betrachtung als zu frohen Gefühlen Veranlassung giebt; so will ich es doch übersenden da man in diesen bedenklichen Zeiten das Denken doch einmal nicht unterlassen kann und dann hat doch die Poesie immer etwas Versöhnendes, wenn sie uns mehr zum Überschauen, als zu einer besondern Theilnahme auffordert. Übrigens ist es auch nicht unzeitig daß die Nation öfters daran erinnert werde, was sie verloren hatte, was sie eroberte und jetzt zum zweytenmal wieder erringen soll.

Daß mir früher das gute Sachsen und besonders auch euer Gebirgszustand immer im Sinne gewesen, traust du mir wohl zu.

Warum ich aber diese kleine Sendung beeile, ist, um für den letzten schönen Transport aufrichtig Dank zu sagen. Er traf mich eben über dem Ordnen, wozu mich der frühzeitige, friedliche Frühling aufforderte. Meine Zinnfolge, was Deutschland betrifft, ist durch deine gütige Theilnahme so schön vollständig und unterrichtend als man nur wünschen kann. Der wiedereröffnete Welthandel sollte mir nun auch aus fremden Landen etwas bringen und so gehen denn auch diese[286] Hoffnungen wie ein räuberischer Arsenikkies vielleicht im Rauch auf.

Der schöne Achatgang liegt immer vor mir auf dem Schreibtische, als blattbeschwerend. Es ist eine sehr wundersame merkwürdige Bildung. Und so lebe wohl, gedenke mein mit den lieben Deinigen. Werde ich dieß Jahr nach Töplitz geschoben; so steht dir ein Besuch vor, den du nicht so geschwind als das letztemal loswirst.


25/7085.


An Heinrich Carl Friedrich Peucer

Ew. Wohlgeboren

haben die Gefälligkeit, diese freundlichen Gruppen ferner zu sammeln und abzuschließen. So wird sich dann das Weitere bereden und die Darstellung anordnen lassen. Dankbar

Goethe.


25/7086.


An Johann Wolfgang Döbereiner

Weimar den 29. April 1815.

Als ich die Stelle las, welche auf dem folgenden Blatte ausgeschrieben ist, mußte ich mich der interessanten Bemerkung erinnern, welche mir Ew. Wohlgeboren vor einiger Zeit mittheilten, daß es eigentlich die Beymischung des Braunsteins sey, welche dem[287] Eisen die Eigenschaft verleihe Stahl zu werden. Daher also mag es kommen, daß die Siegenischen und die Dillenburgischen Eisensteine bequem vortrefflichen Stahl liefern, weil sie innig mit Braunstein gemischt sind, der sich also schon bey'm Ausschmelzen mit dem Eisen verbindet. Dieselbe Bewandtniß mag es mit dem indischen haben, wahrscheinlich in einem höheren Grade.

Ich freue mich auf die Ausführung derjenigen Gedanken, welche Sie mir im Allgemeinen mittheilen. Von der purpurfarbnen Tinctur, welche durch Verdünnung blau wird, möchte ich wohl ein Pröbchen sehen.

Das Beste wünschend

ergebenst

Goethe.


25/7087.


An die Hoftheater-Commission

Um die in manchem Sinne sehr wichtige Verbesserung unseres Theaters näher zu überlegen und besser zu übersehen, wünschte ich eine commissarische Session, morgen, Sonntag früh um 11 Uhr, wozu ich mich auf dem Hofamte einfinden würde.

Herr Genast und Steiner, auch unser Decorateur wären einzuladen, auch die Theater-Meister zu beordern. Da uns die Ausführung der Sache wohl überlassen bleiben wird, so ist es nothwendig derselben alle Aufmerksamkeit zu schenken.

Weimar d. 29. April 1815.

J. W. v. Goethe.[288]


25/7088.


An Carl Ludwig von Knebel

Weimar den 29. April 1815.

Indem ich ein Packet unseres immerfort poetisirenden Freundes aus Frankfurt überschicke, entschuldige ich mich, daß ich kein Exemplar des Epimenides für unsere theure Prinzeß ablassen konnte. Meine Berliner Papierfreunde haben sich nicht zum freygebigsten erwiesen.

Ich zweifelte nicht, daß mein neues Siegel dich aufmerksam machen werde. Es gelangte dieser treffliche alte Carniol zu mir grade in den Tagen jener schlimmen Nachrichten, die unsern Zustand auf's neue erschüttern. Ich zog daraus eine günstige Vorbedeutung, und lege dir, weil der Stein erhaben ist und sich in Siegellack niemals ganz ausdrückt, einen Abdruck in Wachs bey, der dir, mit nackten und bewaffneten Augen betrachtet, gewiß Freude machen wird.

Nun lebe recht wohl und gedenke mein!

G.


25/7089.


An Christian Gottlob Voigt

Ew. Excellenz

haben, auf architectonische und ästethische Treu und Glauben, einen Vorschlag der Theater-Commission[289] gebilligt und günstig befördert, wofür ich den gehorsamsten Dank hiermit abstatte.

Damit aber Ew. Excellenz auch einigermaßen zum Schauen gelangen und sich überzeugen, daß es wohl einiges Aufwandes werth sey, die von unserem Decorateur verfertigten Decorationen auf mehrere Jahre vor allem verderben zu bewahren, so bitte die in beykommender Pappe verwahrten Bilder um sich her zu stellen, und den angenehmen Effect der tiefdenkenden und doch nur heitern Zwecken gewidmeten Decorationskunst zu genießen.

Dieser Mann hat in Frankfurt am Mayn bey Fuentes gelernt, einem Schüler Gonzagas, des Mayländischen Künstlers, welcher, in der zweyten Hälfte des vorigen Jahrhunderts alle seine Vorgänger an Geschicklichkeit und Geschmack übertraf.

Und so dürfen wir uns nicht wundern, wenn aus dem großen Strom auch ein Bächlein, von Würzburg her, auf unsere Mühle geleitet wird.

Ew. Excellenz gütiger Begünstigung dieses Geschäft auch für die Folge empfehlend

Weimar d. 29. April 1815.

G.[290]


25/7089a.


An Beata Lortzing

Madame Lorzing wird ersucht sich mit beykommenden Stanzen vorläufig bekannt zu machen.

mit einem guten

Morgen,

Weimar den 29. April 1815.

Goethe.[39]


25/7090.


An Carl Friedrich Moritz PaulGraf von Brühl

Das hätte Paläophron wohl nicht zu denken sollen, daß er nach so langen Jahren abermals ein Festspiel[290] seines Dichters durch persönlichen Einfluß begünstigen, und ihm einen entschiedenen Beyfall erringen werde.

Schon ward ich, durch die Berliner Zeitung, aufmerksam, wie man das Publicum auf dieses problematische Stück sehr wohlbedacht, vorbereitet habe. So kam mir auch das Vorwort bald zu Händen. Einzelne gute Nachrichten gingen ein, bis denn zuletzt, durch Ihre Vorsorge, Herr Professor Levezow, von allem Vorgegangenen und Geleisteten umständlichst unterrichtete, und mich dadurch möglichst an Ort und Stelle versetzte. Und so will ich denn gern gestehn, daß, ob ich gleich niemals großes Verlangen trug, einer Vorstellung meiner Stücke beyzuwohnen, ich mir doch, um dieses nicht zu versäumen, Fausts Mantel recht sehnlich gewünscht habe.

Überzeugen Sie Sich, mein trefflicher Freund! daß ich den gefühltesten Dank deshalb in meinem Herzen verwahre, und solchen, insofern es in meinen Kräften steht, auch in der Folge theilnehmend zu bethätigen wünsche, wie ich denn überhaupt allem, was Sie im Einzelnen des Stücks, bey allenfalls wiederholter Aufführung anordnen werden, zum voraus meinen unbedingten Beyfall zusichere.

Wie glücklich die höhere Stelle, welche Sie bekleiden, auf Theater und Publicum wirken muß, ist gar nicht berechnen, dieß zeigt der einzelne Fall, wo Sie höchsten Orts einige Bedenklichkeiten sogleich mit wenigen Worten auflösen und zurechtlegen konnten.

[291] Und gerade ist dieses der Punct, auf welchen ich Sie im Stillen Ihre Aufmerksamkeit zu richten bitte. Ma hat die höheren Forderungen der Poesie, die sich eigentlich auf dem Theater nur symbolisch oder allegorisch aussprechen können, der Tragödie und Comödie durchaus verkümmert, und alles was nur einigermaßen die Einbildungskraft in Anspruch nimmt, in die Oper verwiesen, und auch hier hat sich die Prosa des Trauer- und Lustspiels, ja des Dramas nach und nach eingeschlichen, daß die Geister selbst oft die prosaische Figuren von der Welt sind.

Diese Richtung, in welcher sich Autoren, Schauspieler Publicum wechselsweise bestärken, ist nicht zu ändern, ja ihr nicht gerade entgegenzuarbeiten; aber sie zu lenken und zu leiten geht doch an, und wenn man es nur im Einzelnen thut; hierzu habe ich früher die Masken, später die spanischen Stücke gebraucht. Es ist aber immer eine Gefahr dabey.

Mit Ihrer Anordnung, welche den Besitz der Rollen aufhebt, haben Sie nicht einen großen, sondern den ersten Schritt gethan. Ein Stück ist halb gespielt, dessen Rollen zur Individualität der Schauspieler passen, wodurch denn freylich die Kunstbemühungen sich in mehrere Gestalten zu verwandeln, nicht ausgeschlossen werden. Auch habe ich Ihre Anordnung sogleich hier pro notitia publicirt. Bey uns kommt aus vielen zusammentreffenden Umständen jenes[292] Übel nicht so sehr zur Kraft, im Einzelnen suche ich's durch Negotiationen abzuthun.

In's Morgenblatt habe ich einige Betrachtungen gegeben, denen ich Ihre Aufmerksamkeit erbitte.

Auf einer Sommerreise hoffe ich soviel Freyheit des Geistes zu gewinnen, um die vorseyende Oper zu fördern. Ich habe ein Sujet, dem ich einiges Glück verspreche, man muß nur sehen, ob es unter der Arbeit die Probe hält.

Ich höre daß Proserpina nach Berlin verlangt worden, und bitte einem Aufsatz im neusten Stück des Bertuchischen Mode-Journals einige Aufmerksamkeit zu schenken. Wird jedoch mit Ernst an die Aufführung gedacht, so erbiete mich zu einer nähern Erklärung, wie es eigentlich mit der neuen Verkörperung dieses abgeschiedenen Theatergeistes gemeint sey. Das Gelingen der Vorstellung hängt von gar manchen Bedingungen ab.

Zur Aquisition des Herrn Devrient wünsche Glück, ich habe sehr viel Gutes von ihm gehört.

An Faust wird schon seit einigen Jahren probirt, es hat aber noch nicht gelingen wollen. Er steht gar zu weit von theatralischer Vorstellung ab. Man müßte vieles aufopfern, das aber auf andere Weise zu ersetzen, dazu hat Geist und Humor nicht hinreichen wollen. Jedoch darf ich nicht verhehlen, daß wir im Begriff stehn eine Probe zu machen, und zwar folgendermaßen:

[293] Ich habe die beyden ersten großen Monologe von Faust in's Engere gezogen, und überdieß die Scene zwischen ihm und Wagner herausgeworfen, so, daß vom Anfang:

Habe nun, ach! Philosophie pp.

bis zu den Schlußworten des Chors:

Euch ist der Meister nah,

Euch ist er da!

das Monodram in einem fortgeht, und durch die Erscheinung des Geistes unterbrochen wird.

Die Absicht ist, Fausten mit seltner musicalischer Begleitung recitiren zu lassen, die Annährung und Erscheinung des Geistes wird melodramatisch behandelt, das Schlußchor melodisch, woraus denn ein kleines Stück entsteht, welches etwas über eine halbe Stunde dauern mag. Unserm Oels ist die Rolle des Faust zugedacht; wie es gelingt, werde anzuzeigen nicht verfehlen. Vielleicht daß sich hieran noch einige andre Scenen schließen, und wer weiß, wohin es führen kann!

Herr Geh. H. R. Kirms giebt mir Nachricht daß Sie, verehrter Freund, den Beyfall den Sie meiner Arbeit gaben auch noch, zum Überfluß, durch goldene Zeugniße bekräftigen wollen, wofür ich den verbindlichsten Danck erstatte.

Gedenken Sie mein gelegentlich in Gegenwart Ihrer liebenswürdigen Gemahlinn; so weiß ich daß es zur guten Stunde geschieht.

[294] Haben Sie die Güte mir die Folge Ihrer Anordnungen mitzutheilen und bleiben meiner aufrichtigen Theilnahme versichert.

W. d. 1. May 1815.

Goethe.


25/7091.


An Franz Kirms

In der Lorzingischen Sache traue ich meinem Urteil nicht und bitte sie nach Überzeugung zu behandeln.

W. d. 1. May 1815.

G.


25/7092.


An Carl Cäsar von Leonhard

Für das Übersendete sage den schönsten Dank. Ich habe sogleich daraus ein kleines Heft gemacht, damit mir nichts, was auf Ihre Thätigkeit hindeutet, wieder verloren gehe.

Die Anzeige für Mineralogen giebt auch mir die besten Hoffnungen, denn so leidenschaftlich ich diesem Fache ergeben bin, so fehlt es mir doch an Zeit, ja an Gelegenheit, mich, wie ich wünschte, darin zu ergehen und festzusetzen. In Ihrem Werke sehe ich nun zum voraus meine Hoffnungen und Wünsche erfüllt; schon in diesem Entwurf herrscht weite Umsicht und Klarheit dergestalt, daß man an dem Gelingen keineswegs zweifeln darf. Was ich zum Besten des Unternehmens beytragen könnte, werde ich mit dem größtem Vergnügen thun.

[295] Den Aufsatz über die Altersfolge der Metalle lasse ich abschreiben und sende das Original zurück. Meine Bemerkungen über die Zinnformation schließlich zusammenzustellen, muß ich einen Anlauf nehmen, wie es immer geht, wenn man ein Angefangenes lange liegen ließ; das Nachzubringende will alsdenn nicht mehr passen, und man muß das Ganze wieder vornehmen, doch kann ich wohl hoffen, es dießmal zu Stande zu bringen.

Könnten Sie mir eine Notiz über Geologie und Mineralogie Persiens nachweisen, so geschähe mir gegenwärtig ein besonderer Gefalle.

Des Auftrags der Wetterauischen Gesellschaft werde ich mich schwerlich entledigen können, jene hohe Person hat ein Diplom der Jenaischen mineralogischen Gesellschaft entschieden abgelehnt. Erlauben Sie jedoch bey dieser Gelegenheit Ihnen als Candidaten zur Aufnahme in Ihre weitumfassende Gesellschaft meinen Sohn, den Hofjunker und Cammer-Assessor Julius August von Goethe, hiermit gehorsamst zu empfehlen. Die Liebe zu natürlichen Wissenschaften, besonders Mineralogie und Geologie ist ihm angeerbt und von Jugend auf ausgebildet worden. Auch im Versteinerungsfache, so weit unser letztes Flözgebirge einigen Beytrag liefert, wird er gern an Handen gehen.

Die Sammlung in kleinem Format, der Sie erwähnen, habe ich bey meiner ersten Durchreise durch Hanau gesehen, und ich gestehe gern, daß ich nichts[296] Appetitlicheres kenne, ich werde gewiß keine Gelegenheit sie zu empfehlen versäumen.

Unser guter Lenz ist, seitdem ihn die Fama getödtet hat, nur alle Tage munterer, und Ihnen sehr ergeben; möge er uns lange erhalten werden.


Vorstehendes war schon am 17. März geschrieben: Körperliches Mißbehagen aber, die Störung, welche die neusten Weltaussichten unerwartet in unsere Geschäfte und Mittheilungen bringen, hielten dieß Blättchen zurück, welches ich nun um so lieber fortschicke als ich, auf Ihr erfreuliches Schreiben vom 22. April, aufrichtigst Glück wünsche, daß die deutschen Angelegenheiten auch zu Ihren Gunsten eine entschiedene Wendung nehmen.

Ich sage nicht zu viel wenn ich versichere daß ich diese Zeit her immer um Ihretwillen beunruhigt gewesen. Denn da ich das Glück gehabt, durch Ihre gastfreye Aufnahme, Ihre Gesinnungen und vielseitigen Verhältnisse näher kennen zu lernen, so mußte mir es höchst peinlich seyn, eine so vollkommene und so vielwirkende Thätigkeit gehindert, gestört und vielleicht zuletzt gar vom Orte getrieben zu sehen. Es gereicht mir nun zum wahren Trost, in diesen auf's neue stürmenden Zeiten einen Freund sicher gelandet zu wissen.

gehorsamst

Weimar d. 1. May 1815.

Goethe.[297]


25/7093.


An Heinrich Carl Friedrich Peucer

[1. May 1815.]

Ew. Wohlgeb.

vermelde dankbarlichst, daß mich das Manuscript noch vor Schlafengehen erfreut hat. Die Zeit ist kurz, um darüber zu conferiren; Sie erlauben mir daher eine Redaction nach meinem poetischen Gewissen. Enger muß ich das Ganze zusammendrängen. Nach der Aufführung kann dieß zur angenehmen Unterhaltung dienen. Die ersten Stanzen sind schon in Mad. Lortzing's Händen. Die Schlußrede erhält sie auch noch heute, und das Übrige wird sich anschließen. Mich bestens empfehlend.

Ergebenst

Goethe.[298]


25/7093a.


An N.N.

Unterzeichneter tritt bey der Wahl eines Deputirten für den Frauenthor-Bezirk, der Majorität bey, mit völliger Beruhigung.

Weimar den 1. May 1815.

J. W. v. Goethe.[149]


25/7094.


An Christian Gottlob Frege und Comp.

[Concept.]

Ew. Wohlgeboren

verfehle nicht anzuzeigen, daß die übersendeten 1100 fl. Einlösungsscheine zur rechten Zeit bey mir angelangt, wie ich denn hiedurch über 194 rh. 8 gr. Sächs. dankbar quittire, nicht weniger auch mit Dank anerkenne, daß Dieselben einen Zeitpunct haben ergreifen wollen, um mich vortheilhaft mit gedachten Papieren zu versehen.

[298] Der ich die Ehre habe, mich mit Anwünschung alles Guten zu unterzeichnen.

Weimar d. 2. May 1815.


25/7095.


An Christian Heinrich Schlosser

[Concept.]

Dießmal gehört ein Entschluß dazu, Ihnen nach einer so langen Pause zu schreiben. Die mancherley Übel und Unbilden, die mich betroffen, haben mich an vielem Guten gehindert, und das zu Anfang des Jahres rasch unternommene Gute verspätet. Die neusten Welt- und Kriegsbegebenheiten trüben auch meinen Blick, wenn ich ihn jener Gegend zuwende, wo ich vor einem Jahr so viele Liebe und Freude genossen, wenn ich mir vorstelle, daß Ihre verehrte Frau Mutter vielleicht noch eine beschwerlichere Einquartirung zu befürchten hat als die meinige war, und die doch mit nicht so reinen Segenswünschen und ewig zu empfindender Dankbarkeit scheidet. Empfehlen Sie mich ihr und den theuern Ihrigen zum besten. Leider vermindert sich auch die Hoffnung, Sie dieses Jahr wiederzusehn. Am Ende dieses Monats wirds sich's entscheiden, ob ich das heilsame Bad auch unter weniger günstigen Auspicien benutzen kann.

Auf Ihr werthes Schreiben vom 20. März erwidere Folgendes. Da meine Frau nach Carlsbad[299] geht, würde die Anschaffung jener Sammlung gar wohl geschehen können und da sie solche auf ihrem leichten Wagen nicht mit herausbringen kann, so ließe man sie auf Dresden gehn, von da hierher u.s.w. Dieses alles wollt ich gern besorgen, wär ich nur überzeugt, daß solches zu Ihrem wahren Nutzen gereichte. Allein jene Sammlung ist ein Specialissimum, nur demjenigen diensam, der es in ein schon erkanntes Allgemeines einschließt. Auch bin ich im Stande, Ihnen grade die wichtigsten Stücke von hier aus mitzutheilen, indem ich manches doppelt oder in großen Exemplaren besitze, wovon gar wohl ein kleineres abgeschlagen werden kann.

Was ich für Sie gegenwärtig für das Räthlichste halte, ist, wenn Sie Sich die beyden, auf beyliegendem Blättchen unterstrichenen Sammlungen anschafften, zwey Schränke machen ließen, groß genug um die 200 oryktognostischen und die 100 geognostischen Exemplare darin weitläufig auseinanderzulegen. Sie erhalten dadurch sogleich ein Fachwerk, wo Sie alles, was Ihnen aus diesem Reiche zukommt, dazwischen legen können, Sie haben Cataloge nach der neusten Terminologie, welche mit den Leonhardischen Tabellen, dem Taschenbuch und den übrigen Schriften und Arbeiten genau zusammentrifft, und dieses alles um ein geringes Geld. Hätte ich dergleichen vor vierzig Jahren haben können, so wäre manche saure Mühe ja manche hundert Thaler erspart worden. Es dient[300] auch zu besserer Communication unter uns beyden, wenn ich weiß, daß die mir bekannten Systeme bey Ihnen in der Ordnung liegen, wie bey mir, und ich seh mich im Stand, Ihnen recht interessante Beyträge zu schicken. Die Carlsbader Sachen werden alsdann ihren rechten Platz finden.

Die den Chladnischen so nahverwandten Seebeckischen Figuren geben uns allerdings eine äußerst heitere Aussicht in die Natur, welche nach allen Seiten hin als unendlich und doch immer als Eins angeschaut wird. Das Instrument ist so vollkommen, daß der große Capellmeister von Ewigkeit zu Ewigkeit gar bequem darauf spielen kann.

Um die herrliche Gelegenheit sich in Kunstsachen umzusehen, zu erfreuen und zu belehren, habe ich alle Ursache Sie zu beneiden. Ich muß mich damit begnügen, daß ich das zu ordnen suche, was sich unter meinem Dach befindet. Ein trefflich geschnittener Stein mit dem ich zu siegeln gedenke ist mir unterdessen an den Finger gekommen, Sie werden sich des schönen Gedankens und der geschmackvollen Ausführung gewiß erfreuen.

Und so lege ich denn auch die schon längst geschriebenen Blätter bey, entscheiden Sie, ob meine Sorge einigen Grund hatte, und fahren Sie fort in diesem holden und bedeutenden Fache mir Ihre Gedanken und Ansichten mitzutheilen. Morgen kommt die Musik einmal wieder bey uns mit recht bedeutender[301] Erscheinung heran: Achill von Paer wird, zum größten Theil sehr gut besetzt, in italiänischer Sprache, gegeben. Möchten Sie doch diesen Abend unser Gast seyn! Das herzlichste Lebewohl!

Weimar d. 5. May 15.


[Beilage.]

Meine Tabellen werden mir nun erst lieb, und ich segne den Gedanken sie Ihnen ohne weiteres zugeschickt zu haben und erwidere gleich soviel als nöthig ist, um die Übereinstimmungen sowohl unserer Denkweise, als die Verschiedenheit derselben in's Klare zu setzen.

Die 12 mit Nummern bezeichneten Puncte geben einen Beweis wie ernstlich und gründlich Sie Sich mit der Sache abgeben, und wie schön Sie solche aus dem Innern zu entwickeln trachten. Hier finde ich nichts was mir widerstrebte, vielmehr mag ich es gern der Betrachtung zu Grunde legen. Eigentlich beurtheilen kann ich's nicht weil mir die schöne Tonwelt gewissermaßen ganz fremd geworden. Zugleich bemerke ich daß die aus der Farbenlehre angeführten Parallelstellen mir vollkommen passend, aufklärend und begründend scheinen.

Die folgenden Puncte die Sie mit Buchstaben bezeichnet enthalten dagegen manches meiner Überzeugung widerstrebendes, ja es sind Äußerungen darin die ich untereinander selbst nicht in Harmonie bringen kann. Da Sie eine Abschrift Ihres Briefes haben,[302] so führe ich ihn nur stellenweise an, mit meinem Bemerkungen an der Seite:

[Aus Schlossers Brief:]


a) Der sogenannte Gegensatz zwischen Dur und Moll, ist keineswegs ein ursprünglicher, sondern ein abgeleiteter; weder die Kunst noch die Wissenschaft ist auf ihn zu gründen. Er ist dasselbe und nichts als dasselbe


Die roth unterstrichenen Ausdrücke vermeide ich in wissenschaftlichen Aufsätzen. Es klingt gleich so apodiktisch, daß man den Leser dadurch unwillig macht. Die doppelt unterstrichenen Worte finde ich hier um so weniger an ihrer Stelle als hierauf ein Gleichniß folgt, welches gerade das Gegentheil von dem Behaupteten darthut:


als was in dem prismatischen die Verkehrung eines Lichten im schattigen Grunde zu der Verkehrung des Schattigen im lichten Grunde ist.


Wenn dieses Gleichniß passen soll so wird ja dadurch zugegeben, daß beyde Phänomene von gleichem Werth sind, daß sie beyde in der Natur liegen, daß nur auf sie beyde, und zwar auf ihr Wechselverhältniß die Farbenlehre gegründet werden kann; folglich mußte auch die Tonlehre, wo nicht auf unser jetziges Dur und Moll, doch gewiß auf ein Analogon desselben gegründet werden. Sollte es daher wohl verantwortet werden können, wenn hinzugefügt wird:


Die ewige Naturordnung wird nicht von ihm berührt.


Sie machen nunmehr selbst einen Versuch dieses Analogon des Molltones zu finden.


[303]

Das Phänomen, [daß bey energischer Erscheinung des Dreyklanges, man nehme an auf C, als dem Grundtone, nach unten F, und as mitbeben, muß wie in No. 7 erklärt werden. F ist die reine Quinte unter C, wie as die grose Terz unter C ist. Von C an muß dabey gerechnet werden, und nicht von F. Bebte die harmonische Septime mit, so würde diese nicht von e, sondern von d herzuleiten seyn und unter F fallen müssen,] nicht über F.


Ich wünsche nichts mehr als daß Sie auf diesem Wege fortarbeiten.


Dieses ganze Phänomen ist weiter gar nichts,


Das roth unterstrichene Wort kann ich an dieser Stelle auch nicht billigen.


als was bey energischem Eintreten des Farbenbildes der doppelte Regenbogen ist.


Hierbey muß ich bemerken daß der Regenbogen hier als Gleichniß steht, und nicht als ein Parallelphänomen zu dem Gesagten. Lasse ich es jedoch gelten, so spricht es für meine Behauptung, denn die beyden Regenbogen sind nothwendige Correlata, keiner besteht ohne den andern, virtualiter sind sie immer zugleich da, obgleich in der zufälligen Erscheinung der Untere manchmal allein und also öfterer gesehen wird. Beyde zusammen sind in der ewigen Natur gegründet, und wenn Gott den Urvater Noah auf einen Regenbogen aufmercksam machte; so war es gewiß ein doppelter.

Sie fahren fort:


Will man den Grund [des sogenannten Moll suchen, so liegt er, wie oben bey der Verkehrung des Lichten in[304] schattigem Grunde gesagt wurde, innerhalb der Tonmonade selbst. Die grose Terz des Grundtones verhält sich nehmlich zu der reinen Quinte desselben, als eine kleine Terz; und kehrt auf diese Weise die] Erscheinung in sich selber um.


Hier treffen wir nun völlig zusammen, indem Sie aussprechen, der Grund des sogenannten Moll liegt innerhalb der Tonmonade selbst. Dieß ist mir aus der Seele gesprochen. Zur nähern Entwicklung dieses Urgegensatzes bahnte vielleicht Folgendes den nähern Weg. Dehnt sich die Tonmonade aus, so entspringt das Dur, zieht sie sich zusammen, so entsteht das Moll. Diese Entstehung habe ich in der Tabelle, wo die Töne als eine Reihe betrachtet sind, durch Steigen und Fallen ausgedrückt; beyde Formeln lassen sich dadurch vereinigen, daß man den unvernehmlichen tiefsten Ton als innigstes Centrum der Monade, den unvernehmbaren höchsten als Peripherie derselben ansieht.


b) die wichtige Lehre [von der Harmonie und Melodie erhalten daher folgende Bestimmung.

Im weitesten Sinne ist alles harmonisch, weil jeder Klang Dreyklang ist. Empirisch harmonisch nennen wir, wo bey mäsiger Erwekkung des Dreyklangs man die ihn constituirenden Töne nicht nur mitbeben läßt, sondern mit anschlägt und deutlich hörbar macht.

Melodisch ist dagegen wo, bey auseinander folgenden Dreyklängen, wir nur ein Glied dieser Dreyklänge würklich anschlagen, und deutlich hörbar machen.

Dadurch wird gleich das grose Gesezz begreiflich, daß nichts melodisch richtig seyn könne, was nicht auch] harmonisch richtig sey.[305]


Diese Stelle muß ich freudig anerkennen.


c) Vorzüglich wichtig [werden obige Säzze für Constituirung der so genannten diatonischen Tonleiter (in Dur, denn nur der Durton liegt in der Natur) die so wie sie numerisch, oder wie man sagt melodisch erklärt werden soll, von Willkühr in Willkühr führt, und nirgends tief fuset.

Ihre wahre Begründung in der Natur ist folgende.

Der positiv constituirende Pol des natürlichen Dreyklanges, ist Grundton und Quinte. Die lezztere auf direkte und indirekte Weise. Der Grundton sey C, so sind also die Quinten G und F. Nun giebt es aber keinen Klang in der Natur, es sey denn der natürliche Dreyklang. Die Verwandtschaften des Grundtones C, die Töne die mit und in ihm leben, weben und sind, sind also die Dreyklänge G, und F.

Diese Dreyklänge heißen, C. E. G.

G. H. D.

F. A. C.,

sie nun in melodische Ordnung gebracht, innerhalb der Weite in welcher der Grundton wiederkehrt, bilden die diatonische Skala


1815


Grundtöne der jedesmal drüberstehenden melodischen Glieder der Dreyklänge.

Hier sieht man denn deutlich wie richtig die Behauptung bey der Folgerung a ist. F so wie es als Grundton, d.h. als Einheit des zu messenden auftritt, nimmt nicht as, die kleine Terze, sondern a die grose Terze zu sich. Auch ist ja F moll mit C dur gar nicht verwandt, (hat gar keine Anziehung zu ihm) dagegen F dur gleich die 2te Stelle seiner] Verwandschaft behauptet.[306]


wird gleichfalls zu demjenigen was unter den Nummern begriffen ist, dankbar hinzugefügt, nur gegen die an Rand geschriebene Behauptung:


Nur der Durton liegt in der Natur


muß ich mich verwahren.


d) Alle Art das Urphänomen [der Klangwelt atomistisch und numerisch darzustellen, ist so vergeblich als in irgend einer anderen Sphäre des vorhandenen. Das Zahlenverhältniß schafft nie. Doch läßt sich nicht läugnen, daß es die Tonwürkungen auf eine sehr innige Weise begleitet, ganz so innig wie die Farbenwürckungen vom Raum nicht können losgerissen werden. Der Grundschematismus davon liegt in der Erscheinung des natürlichen Dreyklanges, wie er in No. ) aufgestellt ist; daselbst folgen,

1234567

C.c.g.c.e.g.boder i

11/21/31/41/51/61/7?

Mit dem Unfaßbareren des Zahlenverhältnisses ein. Vielleicht sind beyde unfaßbar aus demselben höheren Grunde; für die Tonlehre aber entspringt die Unfaßbarkeit nicht aus dem Zahlenverhältnisse, sondern das Zahlverhältniß trifft nur] mit ihr zusammen.


finde ich gleichstimmig mit meiner Überzeugung. Die Zahlen sind wie unsere armen Worte nur Versuche die Erscheinungen zu fassen und auszudrücken, ewig unerreichende Annäherungen. Die Stelle:


Man kann wohl sagen, [daß der Raum für die Farbe und das Auge das sey was die Zahl für den Ton und das Ohr; und dieselbe Unfaßbarkeit des Raumes findet durch das Violette in dem Farbenbilde statt, wie sie durch die Septime] für die Zahl eintritt.[307]


ist sehr schön; was von Verhältniß des Raumes und der Zahl (des Nebeneinander und Nacheinander) zu Farbe und Ton gesagt wird, finde ich sehr geistreich, so wie das Vergleichen des Violetten mit der Septime.

Über die nicht bezeichneten Stellen äußere Folgendes:

Es freut mich sehr daß Sie diesem schönen Fache soviel Neigung und Sorgfalt zugewendet, und bey originaler Behandlung desselben, auch das Studium der bisherigen Theoristen sich angelegen seyn lassen. Stellen Sie dereinst Ihre Überzeugungen auf, so lassen Sie ja das Geschichtliche einen würdigen Theil Ihres Werckes ausmachen.

In dem Folgenden:


Daß die Molltöne [der menschlichen Natur gemäser seyen, als die Durtöne, ist in einem grosen Sinne wahr; gehört aber nicht unter die Reihe der Phänomene in welcher ich es rubricirt finde. Auch erleidet es merkwürdige pathologische und psychische Modifikationen. Sein Grund ist ein metaphysischer. Nemlich: so wie die Lichtwelt zu dem Sinne des Verstandes, dem Auge, spricht, und ein heiteres Verhältniß nach aussen gründet; so spricht die Tonwelt zu dem Sinne des Gemüthes (um dies düstere Wort zu brauchen) dem Ohre, und zerstört das Verhältniß nach aussen. Das Gemüth wird daher durch die Musik bewegt, wie durch keine andere Kunst, selbst die Poesie nicht ausgenommen. Der Hang des Unendlichen, Fernen, Ungetrennten in uns schwillt kraft ihrer über die Dämme von heute und gestern, erhebt sich zu Höhen und senkt sich in Tiefen, wo er nicht verweilen kann, weil ihm dazu allein Würklichkeit gebende Sinn fehlt. Jeder kann das in sich selbst beobachten; das Horn, ein männlicher Marsch, ein Tanz,[308] lauter Weisen, die in eine helle Gegenwart rufen, regen uns doch nicht zu gegenwärtigem Daseyn an, sondern stimmen zu einer Weite, zu einer inneren Bewegung und Würkung, von der Malerey und Plastik uns ablenken, und uns ruhig auf uns selbst stellen. Hier liegen die Gründe warum diese lezzten Künste das Thier garnicht bewegen, Musik es nach Maasgabe gewaltig ergreift.

Ist daher der menschlichen Natur der Mollton gemäser als der Durton, so will das eigentlich sagen, die Befestigung des Menschen in der Natur fernste, sie in ihren Fugen erschütternde, macht die Wehmuth in uns anklingen, gegen die wir alle zu kämpfen haben, die wir uns, wir mögen es gestehen oder nicht, alle verbergen möchten, und nicht los werden können.

Eben darum aber, weil er das Gemüth am entschiedensten gegen die Natur kehrt, oder aus ihr entwendet, liegt er selbst nicht in der Natur, wenigstens nicht auf eine ursprüngliche Weise. Sein Gefallen ist im Sittlichen zu suchen.

Ich bemerke noch, daß wie ohne Licht und Nichtlicht keine Farbe, so ohne Bewegung und Nichtbewegung kein Ton. Auf welche Weise ich glaube das Urphänomen der Bewegung entdekkt zu haben, schreibe ich wenn Sie diesen Bogen Antheil schenken.

Indem ich nun noch die Bitte zufüge das hier zusammengestellte Niemand mitzutheilen; auch melde daß ich zu bequemerer Berichtigung von Ihrer Seite eine wörtliche Abschrift dieses Briefes bewahre, und mich nun rüste das Schema in allen Theilen auf's genauste durchzugehen, umarme ich Sie vortrefflicher Mann mit unwandelbarer, vollkommner Liebe.

Fft. a. M. 11ten

Ganz der Ihrige

Febr. 1815.

Schlosser.][309]


tritt Ihre Individualität liebenswürdig hervor, zugleich aber kommt die Differenz zwischen unsern beyden Denkweisen erst recht zur Sprache.

Meine Überzeugung ist diese: wie der Durton aus der Ausdehnung der Monade entsteht, so übt er eine gleiche Wirkung auf die menschliche Natur, er treibt sie in's Object, zur Thätigkeit, in die Weite, nach der Peripherie. Ebenso verhält es sich mit dem Mollton; da dieser aus der Zusammenziehung der Monade entspringt, so zieht er auch zusammen, concentrirt, treibt in's Subject und weiß dort die letzten Schlupfwinkel aufzufinden, in welchen sich die allerliebste Wehmuth zu verstecken beliebt.

Nach diesem Gegensatz werden kriegerische Märsche, ja alles Auf- und Ausfordernde sich im Durton bilden müssen. Der Mollton hingegen ist nicht allein dem Schmerz oder der Trauer gewidmet, sondern er bewirkt jede Art von Concentration. Die Polonaisen sollen in diesem Tone geschrieben seyn, nicht blos weil diese Tänze ursprünglich nach sarmatischer Art darin verfaßt sind, sondern weil die Gesellschaft die hier das Subject vorstellt, sich concentriren, sich gern in einander verschlingen, bey und durcheinander verweilen soll. Diese Ansicht allein läßt begreifen, wie solche Tänze, wenn sie einmal eingeführt sind, sich bis zu unendlicher Wiederholung einschmeicheln können. Lebhaftere Tänze wechseln sehr klüglich mit major und minor ab. Hier bringt Diastole und Systole[310] im Menschen das angenehme Gefühl des Athemholens hervor, dagegen ich nie was Schrecklicheres gekannt habe als einen kriegerischen Marsch aus dem Mollton. Hier wirken die beyden Pole innerlich gegen einander, und quetschen das Herz anstatt es zu indifferenziren. Das eminenteste Beyspiel giebt uns der Marseiller-Marsch.

Wie Sie Sich nun aber recht zutraulich vorgenommen Ihr Innerstes bey dem gegenwärtigen Anlasse gegen mich aufzuschließen, so konnte es nicht fehlen daß die Differenz zwischen unsern beyden Denkweisen auf das schärfste zur Sprache käme. Es geschieht dieß da Sie das Wort Gemüth ein düsteres Wort nennen, da ich es nur als das heiterste kenne, und es nur auszusprechen brauche, um an alles Frohe und Leuchtende erinnert zu werden. Freylich haben Sie Sich gegen den Schluß Ihres Briefes gleichsam wollüstig in die düstern Regionen des Subjects versenkt, wofür ich Ihnen auch dankbar bin, denn wie wollte ich sonst, auf eine so liebevolle und geistreiche Weise, in die Labyrinthe der Menschennatur zurückgezogen werden.

Und da wir nun einmal immer im Aufklären sind jener Differenzen, die uns nicht entzweyen müssen; so will ich mein allgemeines Glaubensbekenntniß hierher setzen.

a. In der Natur ist alles was im Subject ist.

y. und etwas drüber.

[311] b. Im Subject ist alles was in der Natur ist.

z. und etwas drüber.

b kann a erkennen, aber y nur durch z geahndet werden. Hieraus entsteht das Gleichgewicht der Welt und unser Lebenskreis in den wir gewiesen sind. Das Wesen, das in höchster Klarheit alle viere zusammenfaßte, haben alle Völker von jeher Gott genannt. Ihre Stellung, mein Freund, gegen die vier Buchstaben scheint mir folgende zu seyn: Sie geben a zu, und hoffen es durch b zu erkennen, Sie läugnen aber das y, indem Sie es durch eine geheime Operation in das z verstecken, wo es sich denn wohl bey einer Untersuchung auch wieder herausfinden läßt. Die Nothwendigkeit der Totalität erkennen wir beyde, aber der Träger dieser Totalität muß uns beyden ganz verschieden vorkommen. Möge diese treue und schnelle Erwiderung Sie zu neuen Mittheilungen veranlassen. Die sämmtliche Physik liegt bey mir tabellarisch vorbereitet, mehr oder minder ausführlich wie jene Blätter die Sie schon in Händen haben. Möge ich vernehmen, daß Sie und die theuren Ihrigen sich recht wohl befinden.

Weimar den 19. Febr. 1815.


Sie sehen, mein theurer Freund! aus dem Datum des Vorstehenden, daß es einige Zeit bey mir liegen geblieben. Folgende Betrachtung die mir nach Abschrift desselben in den Sinn kam hat diesen Aufschub[312] veranlaßt: eigentlich sollte man die Differenzen in welchen man gegen seine Freunde steht, oder in welche man gerathen kann, nicht in die Ferne ausdrucken und schärfen, denn anstatt, daß sich in der Gegenwart manches gar bald ausgleicht, so hat die Abwesenheit den Nachtheil, daß sie das Wohlwollen schwächt und Mißverständnisse vermehrt.

Nunmehr aber will ich diesem Erfahrungssatz einmal entgegen handeln, denn es wäre ja besser, wenn wir bey ungleichbarem Zwiespalt unserer Gesinnungen, lieber auf eine Zeitlang von einander Abschied nähmen und dem guten Genius überließen unsere Wege wieder zu nähern und zur Berührung anzuleiten, als daß wir durch Schweigen und Ausweichen uns stummerweise nach und nach von einander entfernten. Nehmen Sie daher meine Äußerungen freundlich auf, denn ich wünschte, daß wir das große Kunststück, das Schillern und mir gelang, bey völlig auseinanderstrebenden Richtungen ununterbrochen eine gemeinsame Bildung fortzusetzen, auch zusammen bestünden, welches um so verdienstlicher wäre, als Jahre und Überzeugungen noch weiter auseinanderstehen. Möge ich das Beste und Freundlichste von Ihnen vernehmen.

Weimar d. 26. Febr. 1815.[313]


25/7096.


An Johann Georg Lenz

Weimar d. 5. May 1815.

Ew. Wohlgeboren

abermalige Mittheilung habe mit vielem Vergnügen erhalten. Es ist sehr natürlich und schicklich, daß wir uns alle der neuen Würde unseres Fürsten, welche gewiß folgenreich und gesegnet seyn wird, erfreuen.

Da ich meine Mineralien-Sammlung nach Anleitung Ihrer Erkenntnißlehre gegenwärtig mit Sorgfalt durchgehe, so stoße ich auf einen Zweifel: ich weiß nämlich nicht sogleich den gemeinen Feldspath vom dichten Feldspath zu unterscheiden, indem wenigstens die äußeren Kennzeichen ziemlich mit einander übereintreffen. Wollten Sie mir herüber einigen Aufschluß geben, so würden Sie mich sehr verbinden. Allenfalls senden Sie mir ein Paar charakteristische Stücke herüber, welche ich sogleich zurücksende.

Der ich recht wohl zu leben wünsche.

Goethe.


25/7097.


An Heinrich Carl Friedrich Peucer

[5. May 1815.]

Ew. Wohlgeb.

erhalten beygehend sowohl ein Acten-, als Feststückchen mit Dank zurück. Zugleich vermelde, daß unser Nachspiel[314] im Gange ist, und daß Mad. Lortzing Anfang und Ende gar artig spricht. Ob Sie alles billigen werden, was ich in der Mitte begonnen, will ich nicht voraus bejahen. Bis zur Vorstellung bitte von der Sache keine weitere Kenntniß zu nehmen, sodann wird es gewiß zu angenehmer kritischer Unterhaltung dienen. Das Exemplar der Hagestolzen erbitte mir zurück.

Ergebenst

Goethe.


25/7098.


An Johann Isaak von Gerning

Eh ich das mir Übersendete der Expedition unserer Jenaischen Literatur-Zeitung zuschicke, fühle ich mich gedrungen, Ihnen, theuerster Freund! und den verehrten Theilnehmenden, welchen mich gehorsamst zu empfehlen bitte, Folgendes zur Überlegung anheim zu geben.

Ein solcher, gegen eine Recension gerichteter Aufsatz wird, als Antikritik, den Gesetzen und dem Herkommen gemäß, sogleich dem Recensenten im Manuscripte mitgetheilt. Nun ist aber Gegenwärtiges dergestalt beschaffen daß ich es einem Gegner nicht in die Hände geben möchte. Denn so gründlich auch der Inhalt und so gut der Vortrag genannt werden kann; so fände doch wohl ein böser Wille Gelegenheit, aus der doppelten Hand und aus den vielen wieder corrigirten Correcturen einige Bolzen zu schnitzen, die[315] er, mit sophistischer Wendung, zu seiner Vertheidigung brauchen könnte.

Wäre dieses jedoch das einzige Bedenken, so hätte ich sogleich eine Copie fertigen und der Behörde zugehen lassen. Da aber die Berichtigung von der Art ist, daß dadurch wirklich, für den unbefangenen Leser, mysteria iniquitatis aufgedeckt werden; so steht zu befürchten, daß man durch irgend eine Wendung entweder den Druck ablehnen, oder die Wirkung desselben auf andere Weise zu entkräften suchen werde, wie ich denn nicht leicht erlebt habe, daß ein Recensent in seiner Erklärung auf eine Antikritik sein Unrecht eingestanden.

Mein unmaßgeblicher Rath wäre daher, das Manuscript nochmals abschreiben zu lassen, solches genau durchzugehen, indem die Darstellung hie und da noch mehrere Klarheit, zu völliger Überzeugung des Lesers, vielleicht gewinnen könnte, und alsdann diese Berichtigung nach Halle an die Allgemeine Literatur-Zeitung direct zu senden, welche als eine Gegnerin der Jenaischen kein Bedenken tragen wird, gegen die Gebühr, diesen Aufsatz ohne beygefügte Widerrede einzurücken. Will der Jenaische Recensent sich alsdenn vertheidigen, so geschieht es doch nicht in demselbigen Blatte, und ist in manchem Sinne vortheilhafter.

Auch dieses würde ich, aus Liebe zur Wahrheit und aus wahrer Hochachtung für die interessirten Personen sogleich selbst gethan haben, wenn nicht mein[316] Verhältniß zu beyden Literaturzeitungen mir einen solchen Schritt verböte.

Durch alle diese Betrachtungen und bey näherer Überlegung der Sache entschließe mich daher, nicht erst eine Antwort abzuwarten, sondern, da die Publication des Aufsatzes keinen Aufschub leidet, denselben nebst den Beylagen sogleich zurücksenden, wobey ich aufrichtig bekenne, daß es mir leid thut, hiebey nicht mitwirken zu dürfen, weil ich schon bey meinem Frankfurter Aufenthalt in dieser Sache, im Sinn der Berichtigung belehrt worden.

Zum Schlusse, mein Werthester! muß ich noch für die schöne Übersetzung danken. Sie liest sich gar angenehm und in so wilden, kriegrischen Zeiten ist die Heiterkeit des glücklichen Römers höchst willkommen. Knebel wird selbst vermelden, wie sehr ihn diese Arbeit gefreut hat. Sie kam zu den gegenwärtigen schönen Frühlingstagen recht gelegen, und hiemit will ich mich Ihnen und meinen sämmtlichen lieben Landsleuten herzlich empfohlen haben.

Weimar d. 8. May 1815.

Goethe.


25/7099.


An Franz Kirms

[8. May 1815.]

Für Mad. Deny habe sogleich einige neue Strophen eingeschaltet welche ihr zugestellt werden sollen.

[317] Die Expeditionen wegen Deny habe sämmtlich unterzeichnet, ob ich gleich gewünscht hätte, Commisio möchte sich entschloßen haben, diesen brauchbaren Schauspieler gleich jetzt zu fixiren, der gegenwärtig in einer bedrängten Lage wahrscheinlich billige Bedingungen sich gefallen ließe. Die Zulage der Frau verwilligt, die 20 rh. ihm vorgeschossen retten ihn nicht. Daß Graf Brühl mir ganz offen gesagt hat: daß er auf ihn reflectire habe ich früher mitgetheilt.

G.


25/7100.


An Ludwig Friedrich Catel

Ew. Wohlgeboren

danke verbindlichst für die Mittheilung des wohl ausgearbeiteten Hefts, wodurch ich auf die angenehmste Weise an Gegenstände erinnert wurde, mit denen ich mich früher viel beschäftigt. Leider bin ich jetzt so weit davon abgekommen, daß ich ein Gutachten, und zwar in einem so wichtigen Falle, zu geben mich nicht getraue. Soviel darf ich jedoch gestehen, daß ich völlig Ihrer Meynung bin, man solle jene altdeutsche Bauart zwar höchlich schätzen, ihr Andenken erhalten, ihr historische Untersuchungen widmen, und von ihr, besonders im Technischen, manches lernen; neue Gebäude jedoch in diesem Geschmack und Styl aufzuführen, keineswegs unternehmen.

[318] Was aber für eine Form und Weise bey Erbauung protestantischer Kirchen zu wählen sey, diese Frage getraue mir nicht zu beantworten, noch die deshalb gethanen Vorschläge zu beurtheilen. Es treten so manche, sogar widersprechende Bedingungen ein, wodurch die Aufgabe sehr schwer zu lösen wird, indem, was auf der einen Seite zum Vortheil gereicht, auf der andern dagegen einen Nachtheil bringt, und uns in Verlegenheit setzt, was wir denn eigentlich aufopfern sollen. Doch ich darf nicht weiter gehn, weil es mich in Untersuchungen führen würde, ein Fach betreffend, welches mir so gut als fremd geworden. Nehmen Sie indeß meinen Dank für die mannigfaltigen schönen Beobachtungen, an denen Ihr Aufsatz so reich ist. Mich zu geneigtem Andenken empfehlend

ergebenst

Weimar den 10. May 1815.

J. W. v. Goethe.


25/7101.


An die Hoftheater-Commission

Da ich nächste Woche nach Wisbaden abzureisen gedenke und in diesen letzten unruhigen Tagen eine so wichtige Angelegenheit, als die Bestimmung des Sommeraufenthalts unsrer Gesellschaft, ohnmöglich übersehen und beurtheilen kann; so finde mich genöthigt meinen verehrten Herren Mitkommissarien diese Sache, so wie die übrigen, mit dem völligsten Zutrauen[319] einer einsichtigen und glücklichen Leitung, anheim zu geben und zugleich meinen verbindlichsten Danck für bisherige sorgfältige Theilnahme mich gehorsamst und angelegentlichst empfehlend hinzufügen.

W. d. 10. May 1815.

Goethe.


25/7102.


An Carl Ludwig von Knebel

Ich muß, mein lieber Freund, schriftlich von dir Abschied nehmen, da ich vor meiner Abreise dich in Jena nicht mehr besuchen kann. Da die Zurückkunft unseres gnädigsten Herrn sich immer weiter hinausschiebt, so werde ich durch freundliche Ermahnungen, ja sogar durch eine Art Geheiß unserer gnädigsten Fürstin nach Wiesbaden gleichsam getrieben, indem ich meine Wohnung, die grade in dieser Jahrszeit am angenehmsten ist, ungern verlasse und mich hinaus wage in das Welt- und Badegetümmel, wo man wohl Heilung, aber keine Erquickung hoffen darf. Ich wünsche dir, indessen es draußen stürmt, in deinem Thal Friede und Freude.

Daß dir die Gemme, von der ich dir einen Abdruck schickte, viel Freude machen würde, war ich überzeugt, indem du auf solche Dinge ein geübtes Auge hast. Es ist diese geschmackvolle, ja prächtige Composition in einen schönen, gegen die Hyacinthfarbe hinziehenden Carniol geschnitten, echt antiken Ursprungs, etwa aus[320] den Zeiten der Antonine. Die Stäbe zu beyden Seiten sind eigentlich militarische Signa, als auf welchen Adler sowohl als Victorien und andere Gestalten zu stehen pflegten. Daß die Siegesgöttinnen den Jupiter Serapis zu kränzen, oder vielmehr ihre kleinen Kränzlein auf den Modius, gleichsam als auf einen Altar, zu legen scheinen, ist sehr gut ausgedacht. Der Adler führt keinen Donnerkeil, sondern nur gleichfalls einen Kranz im Schnabel. Das, worauf er steht, könnte man für ein Septum halten; es sind aber eigentlich die drey Buchstaben

1815

in einer Art von Pfeilschrift. Was diese bedeuten, ist schwer zu rathen, ob man ihnen gleich, auf unsere Zeiten, einen ziemlich directen Bezug geben könnte. Wundersam ist es freylich, daß man in keiner Schwefelsammlung einen Abdruck, in keinem Werke eine Abbildung davon gesehen. Meyer selbst, bey seiner weitumfassenden Kenntniß, erinnert sich dessen nicht. Dieser Stein ist mir seit 10 Jahren schon bekannt, die Hände, die ihn damals hielten, sind durch Schulden und Tod aufgelöst. Die sehr saubere Fassung deutet auf die erste Hälfte des vorigen Jahrhunderts. Verzeih, daß ich über diesen mir so werthen Talisman so viele Worte mache.

Gar manches hätte ich noch zu sagen, und ich hätte dich deshalb noch gern gesprochen. Eine Fahrt zu dir will sich jedoch mit meinen Zuständen nicht vereinigen lassen. Nimm daher meine besten Wünsche für dein Wohl, grüße die Deinigen und gedenke mein.[321] Da ich erst etwa in 8 Tagen gehe, so gieb mir noch ein paar freundliche Worte auf den Weg.

Unserer lieben Prinzessin von Mecklenburg empfiel mich schönstens und wünsch ihr Glück zu der Vermehrung der kleinen Familie. Und somit nochmals ein herzliches Lebewohl!

Weimar d. 10. May 1815.

G.


25/7103.


An Christian Gottlob Voigt

Auch diese letzten zwar untröstlichen, aber freylich, aus der allgemeinen Stellung der größeren Angelegenheiten, begreifliche Nachrichten sende mit aufrichtigem Danck zurück.

Gersdorf ist wirklich zu beklagen.

Nächstdem lege ein Paar Attestate eines, wie es scheint Dienstlosen, bey. Ich habe sie mit einer Empfehlung von einem Freund, ohne näheres erhalten. Ew. Exzell. gönnen diesen Blättern wohl ein Plätzchen. Nach Bekanntwerdung der neuen versprengte Meriten anmelden.

Sodann ist es meine Pflicht anzuzeigen daß ich nächstens aufwarten werde um mich nach Wisbaden zu beurlauben. Die verzögerte Ankunft unsers gnädigsten Herrn scheint eine frühere und bälder geendigte Cur anzurathen, wozu ich durch meine Kranckhaftigkeiten[322] veranlaßt, durch freundliche, ärztliche Antriebe, ja gewissermassen durch ein Geheiß unser gnädigsten Fürstinn genötigt werde.

Gönnen Ew. Exzell. mir noch ein Stündchen Gehör und ertheilen mir alsdann einen freundschaftlichen Segen. Wie ich denn auch um einen Canzley Paß zu bitten habe.

Mich gegenwärtig und abwesend zu günstiger Theilnahme empfehlend

W. den 10. May 1815.

Goethe.


25/7104.


An Friedrich Ludwig Seidel

[Concept.]

Ew. Wohlgeb.

haben mir die Ehre erzeigt, eine meiner älteren Arbeiten Ihren musicalischen Bemühungen zu Grunde zu legen. Ich fühle mich dafür dankbar verbunden, und wünsche daß die gegenwärtige so thätige Intendanz der königlichen Theater dem Unternehmen Beyfall schenken und solches begünstigen möge. Ob Ihre Composition bey uns könne aufgeführt werden, hängt freylich von gar vielen Umständen ab, auch ist das Stück mit Tänzen durchwebt, wozu wir kein Personal haben. Wollen Ew. Wohlgeboren indessen unserm verdienten Herrn Capellmeister Müller eine Partitur senden, so würde sich darüber rathschlagen lassen. Ich[323] werde ihn vor meiner bevorstehenden Abreise davon avertiren, und behalte mir das Nähere bey meiner Rückkunft zu melden vor.

Das Beste wünschend und mich zu geneigtem Andenken empfehlend.

Weimar d. 10. May 1815.[324]


21/7105.


An Christian Gottlob Voigt

Weimar den 12. May 1815.

Da ich vor meiner Abreise nach Wiesbaden zu erfahren und in die Acten zu bringen wünschte, wie weit das parallaktische Rohr gediehen; so wurde der Hofmechanikus Körner veranlaßt, hierüber nähere Auskunft zu geben.

Seitdem er mit den Objektiv-Gläsern zu des Herrn von Münchow Zufriedenheit fertig geworden und also den obern Theil des genannten Rohres zu Stande gebracht, hat er sich mit dem untern Theile fleißig beschäftigt und an den vielfachen Okularen immerfort gearbeitet, welche er denn auch sämmtlich vorlegte. An denen man denn freylich eine sehr große Mühe und Accuratesse bewundern mußte. Es bestehen aber solche, in der Kunstsprache: astronomische Köpfe genannt, in folgenden:

1. Der Bradleysche Retikel, nebst astronomischem Kopf.

2. Der Kreismikrometer, mit dergl.[187]

3. Der Kopf zu dem Schraubenmikrometer.

4. Der Kopf zu Zenithal-Beobachtungen.

5. Fünf Stück diverse astronomische Köpfe zu verschiedenen Vergrößerungen nebst zugehörigem Sonnenglas.

Diese sämmtlichen Stücke wurden vorgezeigt, und so wohl die metallnen Köpfe selbst, als die darin befindlichen Gläser, auch die Zusammensetzung beyder der Vollendung nah gefunden.

Auf die Frage, was denn noch gegenwärtig an dem Instrumente fehle, gab der Künstler die Auskunft:

a) Ein Schraubenmikrometer.

b) Zwey Wasserwagen;

weshalb er aber selbst auf die Glashütte gehen müsse, um die Röhren in seiner Gegenwart blasen zu lassen.

c) Das Rohr, wozu zwar das Kupferblech bestellt sey, allein man habe doch noch einen Versuch gemacht, Messingblech vom Harz zu erhalten.

d) Das Holzgestell, welches vom Tischer, nach der Vollendung der metallnen Theile des Instruments, unter der Zeit da sie zusammen gesetzt würden, gar leicht gefertigt werden könnte. Er wollte sich zwar nicht anheischig machen bis Johannis das Instrument nach Jena zu liefern, allein versprach doch bis dahin weit vorgerückt zu seyn.

Hiebey fehlt es nicht an Klagen über den leidigen Krieg, der ihm die aus Fremde verschriebenen[188] Arbeiter geraubt habe, auch klagt er über die Einquartirung nicht allein als lästig und zerstreuend, sondern auch ihm darinne schädlich, weil seine Instrumente für wandernde Krieger besonders angreifische Waare seyen, und ihm so wie bey vorigen Durchzügen, also auch bey den gegenwärtigen schon manches zu fehlen anfange. Wogegen denn freylich nur leidiger Trost erwiedert werden konnte.

So viel habe ich zu abermaliger Beurtheilung des Geschäftsganges bey diesem so wichtigen Inventarienstück der Sternwarte aufzeichnen wollen, wie ich denn nicht verfehlen werde, Herrn Professor von Münchow die weitere Aufsicht über diese Angelegenheit bestens zu empfehlen, wie auch den Hofjunker und Cammer-Assessor von Goethe zu mannigmaligem Besuch der Körnerischen Werkstatt aufzufordern.

Weimar den 12. May 1815.

G.[189]


25/7106.


An Carl Dietrich von Münchow

Ew. Hochwohlgeboren

meinen Besuch in dieser schönen Jahreszeit abzustatten, bey heiterem Himmel Ihrer belehrenden Unterhaltung[324] zu genießen, ist bisher ein vergeblicher Wunsch gewesen, der mir nun so bald nicht erfüllt werden wird, weil ich mich früher als ich geglaubt, nach Wiesbaden begeben muß, um zeitiger wieder zurück zu seyn. Da ich denn nichts Angelegentlicheres habe, als vor meiner Abreise Ew. Hochwohlgeboren das Ihnen an sich schon empfohlene Instrument auch von meiner Seite und mich selbst zu geneigtem Andenken zu empfehlen.

Hofmechanikus Körner versichert mir, daß er die Objectiven zu Ihrer Zufriedenheit vollendet und nur die Ocularen unter Händen habe, die er mir dann auch vorgezeigt und mich mit diesen astronomischen Köpfen in Bekanntschaft gesetzt hat. Sie geben, soviel ich einsehe, von dem Fleiß und der Accuratesse des Künstlers ein gutes Zeugniß.

Bis Johanni glaubt er zwar nicht das Instrument abliefern zu können, verspricht aber bis dahin weit abliefern zu können, verspricht aber bis dahin weit vorzurücken. Ew. Hochwohlgeboren beurtheilen am besten, was man von ihm fordern und verlangen darf, sowohl in Absicht auf die Güte der Arbeit und deren Genauigkeit, als auf die Zeit, worin sie vollendet werden kann und ich entferne mich daher in voller Beruhigung, diese bedeutende Angelegenheit in den besten Händen zu wissen.

Mein Sohn, der Cammer-Assessor, hat vielleicht das Glück, Ihnen in dieser Zeit aufzuwarten, dem ich einen freundlichen Empfang in Ihren heiligen Hallen erbitte.

[325] Mich zu geneigtem Andenken angelegentlich empfehlend

Weimar den 13. May 1815.

Goethe.


25/7107.


An Christian Gottlob Voigt

Alles was Ew. Exzell. anzuordnen gedencken, wie es in dem Blatte ausgedrückt ist, welches ich wieder beylege um es nicht zu wiederholen, werde mit Vergnügen unterzeichnen, wenn es gefällig seyn sollte noch vor meiner Abreise die Expedition zu erlassen, in jedem Falle aber sey es Dero Anordnung völlig anheim gestellt. Auch das Utile welches dabey zur Sprache kommt werden Dieselben am besten beurtheilen, verhältnißmäßig gegen andre Dienerschaft betrachtet. Aufzuwarten verfehle ich nicht.

Zu den Wiener Nachrichten läßt sich freylich nichts sagen als daß man wohl recht behalten wird insofern man furchtsam und ungläubig war.

Zum lieblich unlieblichen Pfingstfeste die beste innere Zufriedeneit.

[13. Mai?] 1815.

G.


25/7108.


An den Großherzog Carl August

Indem Ew. Königl. Hoheit ich in Gedanken weiter nach Osten begleite, und Höchstdieselben erst in Ungarn,[326] nun aber in Salzburg aufsuche, so freut es mich unendlich, daß diese Länder mit ihren Naturgegenständen, Völkerschaften und Menschenwerken, von denen man seit der frühsten Jugend soviel erzählen hören, nun auch von Ihnen beschaut werden, und mir dadurch die angenehme Hoffnung entspringt, durch Höchst Ihro Geist und Sinn, auch zu näherer Kenntniß genannter Reiche und Provinzen zu gelangen. Dagegen muß ich mein Geschick bedauern, da mich meine krankhaften Zustände in die Fremde verweisen, ohne daß ich dießmal Hoffnung hätte, gemüthliche Gegenden oder frohe Menschen zu besuchen. Die allgemeine Stimme, ja ein gnädigstes Geheiß Ihro Frau Gemahlin, Königl. Hoheit, treibt mich nach Wiesbaden, und ich folge diesem Antriebe um desto eher, als zu Höchst Ihro Rückkunft meine Cur vollendet seyn möchte, da ich denn nichts sehnlicher wünsche, als Höchstdieselben in guter Gesundheit, nicht weniger theilhaft so mancher schwererrungenen Güter und als meinen gnädigsten und gunstreichen Fürsten und Herrn wieder persönlich zu verehren.

Schließen darf ich nicht, ohne für die köstlichen handschriftlichen Blätter zu dancken mit welchen Höchstdieselben meine Sammlung zu bereichern geruht.

[Mitte] May 1815.[327]


25/7109.


An Carl Friedrich Zelter

[17. May 1815.]

Auf deinen liebwerthen Brief erwidre sogleich einiges, damit du Lust behaltest, manchmal die Feder anzusetzen. Zuvörderst also ersuche ich, mir vom Theater von zeit zu Zeit Nachricht zu geben, denn da ich mit dem Grafen Brühl, den ich als Knaben gekannt, in gutem Verhältnisse stehe, da es, durch seine Bemühung, mit dem Epimenides so gut abgelaufen, so möchte ich ihm gern etwas zu Liebe thun, und überhaupt mit dem Berliner Theater im Einverständniß bleiben. Es bedarf nur einiger Anregung und ich arbeite wohl wieder eine Zeitlang für die Bühne, und dann ist denn doch Berlin der einzige Ort in Deutschland, für den man etwas zu unternehmen Muth hat. Durch die vielen Journale und Tagesblätter liegen uns ja sämmtliche deutsche Theater ganz nackt vor Augen, und wohin möchte man bey genauer Einsicht sein Vertrauen wenden? Sprich nur nach deiner Art immer recht derb und deutsch, damit ich in Klarheit bleibe und meinen guten Willen nicht in falschen Unternehmungen verschwende.

Meine Proserpina habe ich zum Träger von allem gemacht, was die neuere Zeit an Kunst und Kunststücken gefunden und begünstigt hat: 1) Heroische, landschaftliche Decoration, 2) gesteigerte Recitation und Declamation, 3) Hamiltonisch-Händelische Gebärden,[328] 4) Kleiderwechslung, 5) Mantelspiel und sogar 6) ein Tableau zum Schluß, das Reich des Pluto vorstellend, und das alles begleitet von der Musik, die du kennst, welche diesem übermäßigen Augenschmaus zu willkommener Würze dient. Es ward mit vielem Beyfall aufgenommen, und wird bey Anwesenheit fremder Herrschaften zum brauchbaren Musterstückchen dienen, dessen was wir vermögen.

Seit einiger Zeit habe ich gerade so viel Humor, Aufsätze in's Morgenblatt zu geben; damit du aber nicht lange zu suchen brauchst, bezeichne ich dir die Nummern und wünsche daß du sie aufsuchest.

No. 69. Nachricht von altdeutschen in Leipzig entdeckten Kunstschätzen.

" 75 und 76. Anzeige von Epimenides Erwachen.

" 85 und 86. Mittheilungen, das deutsche Theater betreffend.

Zunächst wird erscheinen Don Ciccio, berüchtigt in der italiänischen geheimen Literatur durch 365 Schmäh-Sonette, welche ein geistreicher Widersacher auf ihn geschrieben, und ein ganzes Jahr durch täglich publicirt.

Ferner über Shakespeare: a) als Dichter überhaupt betrachtet, b) verglichen mit den Alten und Neusten, c) als Theaterdichter angesehn.

Sodann bring ich die Feyer zu Ifflands und Schillers Andenken, wie sie bey uns auf den 10. May angeordnet ist, zur Sprache.

[329] Nicht weniger werde ich von der Aufführung der Proserpina Rechenschaft geben, und dasjenige, was ich oben nur kurz ausgesprochen, umständlicher darthun, damit eine gleiche, ja eine erhöhte Vorstellung dieses kleinen Stücks auf mehreren Theatern statt haben könne.

Um dir ein neues Gedicht zu schicken, habe ich meinen orientalischen Divan gemustert, dabey aber erst klar gesehen, wie diese Dichtungsart zur Reflexion hintreibt, denn ich fand darunter nichts Singbares, besonders für die Liedertafel wofür doch eigentlich zu sorgen ist. Denn was nicht gesellig gesungen werden kann, ist wirklich kein Gesang, wie ein Monolog kein Drama.

Das Gastmahl der Weisen habe ich secretirt; wenn es bekannt würde, so müßte es gewisse Individuen sehr tief verletzen, und die Welt ist denn doch nicht werth, daß man sich, um ihr Spaß zu machen, mit der Welt überwerfe.

Ich beschäftige mich jetzt mit meiner italiänischen Reise und besonders mit Rom. Ich habe glücklicherweise noch Tagebücher, Briefe, Bemerkungen und allerley Papiere daher, so daß ich zugleich völlig wahrhaft und ein anmuthiges Mährchen schreiben kann. Hiezu hilft mir denn höchlich Meyers Theilnahme, da dieser mich ankommen und abreisen gesehen, auch die ganze Zeit, die ich in Neapel und Sicilien zubrachte, in Rom blieb. Hätte ich jene Papiere und[330] diesen Freund nicht, so dürft ich diese Arbeit gar nicht unternehmen: denn wie soll man, zur Klarheit gelangt, sich des liebenswürdigen Irrthums erinnern, in welchem man, wie im Nebel, hoffte und suchte, ohne zu wissen was man erlangen oder finden würde. Bey dieser Gelegenheit wird Winckelmann in der neuern Meyer-Schulzischen Ausgabe gelesen, in welcher diese Werke einen unglaublichen Werth erlangt, indem man sieht was er geleistet hat, und worin denn das eigentlich besteht, was man, nach so vielen Jahren, zu berichtigen und zu ergänzen findet. Meyer hat hierin unschätzbares Verdienst, und wenn er diese Arbeit nunmehr zum Grunde legt, und sein Leben über so fortfährt, alles was ihm bekannt wird, nachzubringen; so ist für die Kunst, die durch vieles hin- und herreden und pfuschen täglich unsicherer wird, und zu ihrer Erhaltung sehr viel gethan.

Seine eigne Kunstgeschichte, von den ältesten bis auf die neuesten Zeiten, ist auch schon vom Anfang bis zu Ende entworfen, und in einzelnen Theilen meisterhaft ausgeführt. Das Verdienst solcher Männer wie Rubens, Rembrandt p. hat noch niemand mit soviel Wahrheit und Energie ausgesprochen. Man glaubt sich in einem Bildersaale ihrer Werke zu befinden: Licht- und Schattenwirkung und Farbengebung dieser trefflichen Künstler spricht uns aus den schwarzen Buchstaben an.

Entschließe dich doch zu einer Geschichte der Musik[331] in gleichem Sinne! Du würdest es gar nicht unterlassen können, wenn ich dir nur eine Viertelstunde von Meyers Arbeit vorläse. Aus deinen Briefen und Unterhaltungen kenne ich schon manchen eure trefflichen Meister. Mit demselben Sinne und mit derselben Kraft müßtest du bey einer bedeutenden Periode anfangen, und vor- und rückwärts arbeiten; das Wahre kann blos durch seine Geschichte erhoben und erhalten, das Falsche blos durch seine Geschichte erniedrigt und zerstreut werden.

Was das Falsche belangt, so erlebte ich diese Tage ein merkwürdiges Beyspiel. Ein Citat Winckelmanns wies mich auf die Homilien des Chrysostomus, ich wollte doch sehen, was der Kirchenvater über die Schönheit zu sagen gewußt habe, und was fand ich! einen Pater Abraham a Sancta Clara, der die ganze hohe griechische Cultur im Rücken hat, in der niederträchtigen Umgebung lebt, und seinem schlechten Publicum mit goldenem Munde das dümmste Zeug vorsagt, um sie durch Erniedrigung zu erbauen. Was man aber griechische Sprache und Bildung auch in diesem widerwärtigen Abglanz bewundert! Nun aber begreife ich erst unsere guten Neuchristen, warum sie diesen so hochgeschätzten, sie müssen immer dieselben Salbadereyen wiederholen und jeder fühlt daß er diesen Vortrag nicht erreichen kann.

Und so mögen denn diese Blätter zu dir wandern, indessen ich mich von dir entferne. Versäume nicht[332] mir bald nach Wiesbaden zu schreiben, so sollst du auch von dorther etwas vernehmen und möchte uns das Glück bald wieder zusammenführen!

G.


Eh ich abschließe seh ich meinen Divan nochmals durch, und finde noch eine zweyte Ursache, warum ich dir daraus kein Gedicht senden kann, welches jedoch zum Lobe der Sammlung gereicht. Jedes einzelne Glied nämlich ist so durchdrungen von dem Sinn des Ganzen, ist so innig orientalisch, bezieht sich auf Sitten, Gebräuche, Religion und muß von einem vorhergehenden Gedicht erst exponirt seyn, wenn es auf Einbildungskraft oder Gefühl wirken soll. Ich habe selbst noch nicht gewußt, welches wunderliche Ganze ich daraus vorbereitet. Das erste hundert Gedichte ist beynahe schon voll; wenn ich das zweyte erreicht habe, so wird die Versammlung schon ein ernsteres Gesicht machen.

Als ich dieses Blätter gleich nach Empfang deines lieben Briefs anfing, dachte ich nicht, daß ich zugleich darin Abschied nehmen sollte, denn ich habe mich mehr aus fremden Andrang, als aus eigner Bewegung entschlossen, in diesen Tagen nach Wiesbaden zu gehn und daselbst so lange zu bleiben, als es die Umstände erlauben wollen. Unser Großherzog ist noch nicht wieder zurück, und da seine Ankunft ungewiß ist, so will ich diese Frühlingszeit noch mitnehmen.

[333] Kannst du nicht selbst kommen, so schreibe mir bald, besonders das Theater betreffend. Ich habe wieder einmal einigen Glauben, es sey möglich, gerade in diesem Zeitpuncte etwas dafür zu wirken, und wenn der auch nur ein halbes Jahr hält, so ist immer inzwischen etwas geschehen. Sind wir doch diesem Glauben und dieser Beharrlichkeit wenigstens das Weimarische Theater schuldig.


25/7110.


An Carl Ludwig Woltmann

Weimar den 17. May 1815.

Ew. Hochwohlgeboren

gedachte nicht eher zu schreiben als bis das versprochene Packet angekommen wäre; da es aber noch nicht in meinen Händen ist, zur Zeit, wo ich nach Wiesbaden im Begriff stehe, so will ich nicht verfehlen, dieses anzuzeigen und für den erquicklichen und belehrenden Brief vorläufig zu danken, bis der bedeutende Inhalt Ihrer Sendung mir Gelegenheit giebt, etwas Ernstliches zu erwidern.

Der Gedanke, daß ein Historiker reise, und im Mittelpunkte verschiedener Reiche diese aufkläre, ist so schön als richtig. Der gewandte Schriftsteller wird sich dadurch eine große Mannigfaltigkeit bereiten, und[334] sowohl in Form als Styl sich nicht immer ähnlich bleiben, wie es geschehen muß, wenn er immer von einem und demselben Standpuncte ausgeht. Doch ich muß abbrechen, da mir auch nur aus Ihren vorläufigen Nachrichten so viel entgegen quillt.

Leider senden mich die Ärzte an den unruhigen Rheinstrom; tausendmal lieber hätte ich Sie an der Moldau besucht; es ist denn doch nicht erlaubt, daß ich Prag noch nicht gesehen habe.

Grüßen Sie Ihre treue Lebensgefährtin auf das schönste. Leben Sie recht wohl und gedenken mein.

Ihr

J. W. v. Goethe.


25/7111.


An Georg Sartorius

[Concept.]

Ihren lieben Brief erhalte ich in dem Augenblick, als ich Ihnen zu schreiben vorhabe, und zu sagen, daß ich nach Wiesbaden gehe, um dort ein paar Wochen Bade-Cur wegzuhaschen. In vorigem Jahr bekam sie mir außerordentlich gut und dich kam heiter und froh nach Hause. Bald aber beliebte es den verruchten Dämonen mich auf eine empfindlich abgeschmackte Weise mit Fäusten zu schlagen. Da nun zu gleicher Zeit das Schicksal der Welt sich auf eine seltsam ungeheuere Weise herumwandte, so ist begreiflich,[335] daß auch die zäheste Natur sich nicht so leicht wieder erholt. Ärzte, Freunde, ja die fürstlichen Personen selbst treiben mich mit verehrungswerther Theilnahme fort, und ich gehorche diesem Winke, da ich sonst noch gezaudert hätte, denn wer möchte jetzt ohne die größte Noth Geld und Zeit am Rhein vergeuden.

Trübt sich der Himmel nicht allzusehr, so entsage ich der Hoffnung nicht über Cassel und Göttingen zurückzukehren. Dieses Vergnügen mag ich mir nicht allzulebhaft ausmahlen; aber es würde mich sehr glücklich machen, Sie einmal wiederzusehn, und mich in dem reichen wissenschaftlichen Cirkel zu erquicken. Empfehlen Sie mich der lieben Gevatterinn zum schönsten, sowie Herrn Hofrath Blumenbach. Mein Sohn erwidert nächstens seinen werthen lehrreichen Brief. Es hat mich gar höchlich gefreut, daß er den übersendeten Schädel auch für höchst schön hält. Diese Überreste deuten auf einen gesunden, herrlichen Volksstamm.

Herr von Müller hat mich durch umständliche und fleißige Erzählung zu Ihnen nach Hannover versetzt, und nun versetze ich mich selbst nach Göttingen, um Ihnen scheidend die Hand zu drücken, und mich unter den besten Wünschen abermals zu empfehlen.

Weimar den 17. May 1815.[336]


25/7112.


An Johann Wolfgang Döbereiner

Ew. Wohlgeboren

sage recht vielen Dank für die übersendeten Präparate. Ich sah mich dadurch in den Stand gesetzt, die schönen Phänomene zu bewundern, und ich hoffe um so mehr bey meiner Wiederkunft von Wiesbaden Gelegenheit zu finden, in Ihrem Laboratorium die Fülle solcher Erscheinungen in ihrem Zusammenhange zu schauen. Ein Paar Stückchen Brauneisenstein aus der Grafschaft Altenkirchen folgen hiebey. Der sogenannte fasrige ist wirklich ein sehr interessantes Mineral; ich bin auf dessen Braunsteingehalt neugierig.

Mehr sag ich nicht, als daß ich wünsche bey meiner Rückkehr Sie gesund und froh in Ihren Geschäften zu finden.

Ergebenst

Weimar de 17. May 1815.

J. W. v. Goethe.


25/7113.


An Friedrich Justin Bertuch

Ew. Wohlgeboren

danke für die vertrauliche Mittheilung der hiebey zurückkommenden Papiere auf's allerschönste. Man kann sie in jedem Sinne wichtig nennen, weil sie uns einen höchst interessanten Zeitpunct lebendig[337] darstellen. Man tröstet sich über einen ungünstigen Erfolg. wenn man die redlichen Bemühungen sieht, welche angewendet worden. Da nun aber, wie es scheint, die buchhändlerischen mehr als die politischen mit einem guten Erfolg gekrönt werden sollen, so kann man uns allen Glück dazu wünschen.

Der ich zu geneigtem Andenken mich angelegentlichst empfehle

ergebenst

Weimar d. 17. May 1815.

Goethe.


25/7114.


An Johann Heinrich Meyer

Indem ich Ihnen, mein theurer Freund, Beykommendes dankbar zusende, schicke ich zugleich ein Buch als Mappe, worin ich die an Herrn von Diez addressirten Gedichte zu legen bitte, da ich wünsche daß sie von Liedern selbst vom Brette geschnitten werden, indem dieses eine gefährliche Operation ist, die ich nicht verrichten mag; doch wünsche ich daß solche zwischen den beygelegten weißen Bogen gelegt werden, weil die Roten abfärben könnten.

Weimar d. 17. May 1815.

G.[338]


25/7115.


An Johann Heinrich Meyer

Ich habe Ihnen, mein Werthester! heute früh die bewußten Seelen zugesendet, mögen Sie mir daraus einige wählen, die zu meiner historischen Sammlung taugen, z.B. von den ältern Florentinern und andern früheren; so würden Sie mich verbinden. Fragen Sie doch auch Herrn von Rumohr, was der Verkaufspreis des Werkes ist. Man wünscht ohnehin in Frankfurt a/M. ein solches für eine Schule, damit man es empfehlen und zugleich sagen kann was es kostet. Auch den Titel erbitte mir.

Weimar d. 19. May 1815.

G.


25/7116.


An Heinrich Friedrich von Diez

Hochwohlgeborner

Insonders Hochverehrter Herr!

Ew. Hochwohlgeboren werden ein geringes Zeugniß meiner Dankbarkeit für so viele und schätzbare Belehrungen freundlich aufnehmen. Das Buch Kabus vereinigt mich und meine Freunde schon geraume Zeit in der angenehmsten Unterhaltung, indem darin die verschiedensten Schicksale, Beschäftigungen und Liebhabereyen auf die vernünftigste Weise geregelt werden, es sey nun von Zuständen die Rede, die uns[339] nur historisch und analog interessiren, oder sich bis auf unsere Zeit wirklich fortsetzen. Und so will ich so vieles andere nicht berühren, auch für das angenehme Tulpengeschenk nur mit wenigen Worten aufrichtig danken.

Erlauben Hochdieselben mir zugleich einige Anfragen, und zwar zuerst, was die auf dem beygefügten Deckel befindliche Schrift für ein Buchanzeige?

Sodann wünschte einige Kenntniß von dem türkischen Roman Vamek und Ada zu erhalten, besonders auch zu erfahren, worin etwa das Charakteristische ihrer Personen und Schicksale besteht, wodurch sie sich vor andern Liebenden auszeichnen. Herbelot hat sich gar zu kurz gefaßt.

Wobey ich mir zunächst die Erlaubniß ausbitte, in einem Reiche, worin ich nur als Fremdling wandle, indessen Sie es unumschränkt beherrschen, manchmal Ihren Schutz und Ihre Gunst anrufen zu dürfen.

Ew Hochwohlgeb.

gehorsamster Diener

Weimar d. 20. May 1815.

J. W. v. Goethe.


25/7117.


An Carl Friedrich Moritz PaulGraf von Brühl

Im Begriff nach Wiesbaden abzugehen, verfehle ich nicht, meinem würdigen und verehrten Freunde davon Meldung zu thun, nicht weniger ein in[340] meinem letzten Briefe angedeutetes Versprechen zu erfüllen. Es geht nämlich mit der fahrenden Post eine kleine Rolle ab, worauf ich jenen Aufsatz über Proserpina gewickelt habe, welche jedoch zu secretiren bitte, bis er im Morgenblatt erscheint, für welches er bestimmt ist.

Zugleich finden Sie auf derselben Rolle eine Zeichnung, wie wir das Reich des Pluto dargestellt, welches denn freylich auf einem großen Theater vollständiger, bedeutender und herrlicher erscheinen kann.

In der Berliner Zeitung habe ich mit Vergnügen einige auf's Theater bezügliche Aufsätze gelesen, mögen wir dergleichen darin öfters finden, es soll an einem freundlichen Widerhall aus Süden nicht fehlen.

Wie trefflich Herr Devrient im Kaufmann von Venedig gespielt, davon hab ich schon umständliche Nachricht; Sie sehen also auch hieraus, daß Sie beobachtet sind.

Anliegend finden Sie die vom Herrn Geheime-Hofrath Kirms verlangte Quittung oder vielmehr eine Interims-Quittung; ich stelle solche dankbar aus, mit der Bitte, sie bey sich zu verwahren, bis ich von Frankfurt her auf gedachte Summe eine Assignation sende, welche gefällig zu honoriren bitte.

Mich zu gütigem Andenken, auch in weiterer Ferne, angelegentlich empfehlend.

Weimar den 20. May 1815.

Goethe.[341]


[Beilage.]

Die von Königl. Preußischer Hochansehnlichen Ober-Theater-Intendanz mir zugedachten zweyhundert und funfzig Thaler, in Golde, als Honorar für das Festspiel Epimenides, acceptire hiemit danckbar und quittire darüber vorläufig; mir vorbehaltend gedachte Summe, von Franckfurt am Mayn aus, durch Assignation von Königl. Haupttheater Casse zu erheben, welche Anweisung sodann als förmliche eigentliche Quittung zu betrachten wäre. Weimar d. 20. May 1815.

J. W. v. Goethe.


25/7118.


An die Hoftheater-Commission

Die Unzelmannische Sache ist von solcher Wichtigkeit daß ich sie, bey der Zerstreuung, in welche mich meine nahe Abreise versetzt, in ihrer Verwicklung zu übersehen mich nicht getraue, mich vielmehr allem was herzogliche Commission verfügen wird, conformire.

Nur muß ich noch bemerken daß ich Herrn Unzelmann keineswegs einen Urlaub zugestanden. Ich mag Herrn Genast, der mir von de Sache gesprochen, geantwortet haben: daß ich nicht dagegen sey, welches aber voraussetzt daß herzogliche Commission darin einstimme und die nöthigen schriftlichen Expeditionen mir allenfalls zur Mitunterschrift vorlege[342] Ich erkläre also hiermit, wegen der Zukunft, daß ich ausser dem Kunstfach nie etwas persönlich anordne und daß in allen anderen Fällen meine etwaigen Äusserungen dahin zu deuten sind: daß ich, wenn herzogliche Commission dieses oder jenes beschließen wolle, vorläufig damit einverstanden sey.

Goethe.

Weimar d. 20. May 1815.


25/7119.


An Christian Gottlob Voigt

[etwa 20. Mai 1815?]

Vor einiger Zeit erwähnten Ew. Excell. einer Translocation der Zeichenschule. Da ich sehr wünschte daß dieser Kelch bey uns vorübergehen könnte habe ich, da die Sache nicht weiter urgirt worden, auch geschwiegen. Sollte sie aber noch im Werke seyn; so muß ich inständigst bitten daß eine solche Veränderung nicht in meiner Abwesenheit geschehe. Das Institut wird auf jeden Fall sich dadurch nicht verbessern.

G.


25/7120.


An Christian Gottlob Frege und Comp.

[Concept.]

Ew. Wohlgeboren

meine bevorstehende Reise nach Wiesbaden zu berichten und Dieselben vorher um eine abermalige Gefälligkeit zu ersuchen, halte für Pflicht. Ich habe nämlich zu[343] Gunsten meiner Frau, welche sich nach Carlsbad begiebt, zwey Assignationen ausgestellt, jede zu Einhundert Gulden Sächs., welche wenn sie präsentirt werden sollten, zu honoriren und wie die vorigen auf Herrn Dr. Cottas in Stuttgart Rechnung zu notiren bitte.

Auch in mehrerer Ferne mich Ihrem geneigten Andenken empfehlend.

W. d. 21. May 1815.


26/7121.


An Christiane von Goethe

Kund und zu wissen jedermann den es zu wissen freut, daß ich

In Erfurt 7 1/2 Uhr

In Gotha 11 –

Gisenach 3 –

eingetroffen. Daß mich unterwegs sogleich die guten Geister des Orients besucht und mancherley gutes eingegeben, wovon vieles auf das Papier gebracht wurde. Nun lebet wohl und gedenckt mein.

Eisenach

d. 24. May

G.

1815.


Nahe bey Gotha gegen Eisenach finden sich auf den Chausseehaufen viele Ammonshörner und Pecktiniten, aus einem schwachen Steinlager. Wie der Kalckstein stärcker und fester wird hören sie auf.[1]


26/7122.


An Christiane von Goethe

Wiesbaden. Sonnabend

d. 27. May 1815.

Vor allen Dingen also die Fortsetzung der Stationen.


d. 25. May

von Eisenach ab6 Uhr

von Bercka –8 1/4

- Fach –11

- Buttlar –1 1/2

- Hünefeld –3 3/4

in Fulda Angek.6 1/2


d. 26. May

von Fulda5 1/4

Neuhof7

Schlüchtern10

Saalmünst.11 1/2

Glenhaus.1

Hanau6

Franckf.8


d. 27. May

von Franckf.8 1/2

Hadersheim11

Wiesbaden1 1/2


Durchaus ist alles gut gegangen. Hier hab ich grade das gewünschte Zimmer getroffen. Ich richte mich ein. Die Reise war nicht unfruchtbar. Mein Divan ist mit 18 Assessoren vermehrt worden. In Frfurt hab ich niemand gesehen. Wenn man von der Höhe vor Wiesb. den Rhein sieht, von Oppenheim herab, bey Maynz vorbey fließen und wie er dann, gegen Elfeld, die große Aue in sich faßt und weiter hinab die Reihe von Ortschaften, der Johannesberg und bis Bingen die Landschaft erscheint; so weis man doch warum man Augen hat. Dies zu erfahren war mir sehr nötig. Nun lebet wohl und liebet.

G.[2]


26/7123.


An Sulpiz Boisserée

Nicht zu viel sage ich, wenn ich Sie versichere, daß ich täglich und stündlich Ihrer gedenke, und nicht zu fromm drücke ich mich aus, wenn ich hinzusetze: in meiner Art von Gebet. Sie mit Ihren unschätzbaren Besitzungen wieder in der Kriegesklemme zu wissen ist mir peinlich. Sagen Sie mir, daß es besser steht, als man sich von weitem sorglich einbildet, und so werde ich einigermaßen getröstet seyn über die fehlgeschlagene Hoffnung Sie zu besuchen: Denn wir haben doch dieses Jahr von beyden Seiten mancherley guten Dingen etwas abgewonnen. Ihr letzter Brief hat mich sehr gefreut, jene Soutmannischen Kupfer besitze ich von Jugend auf, und wie ich Ihre Könige sah, sprach mich etwas Bekanntes an; nun habe ich die Blätter wieder betrachtet und es ist wohl keine Frage. Dadurch bezeichnet sich jene Epoche immer mehr als rückkehrend zur Porträtnatur. Lassen Sie mich bald von sich wissen; von hier gehe ich wieder grade nach Hause; meine Tage sind zugemessen, ich wäre sogar nicht hierher gekommen, wenn ich nicht von der vorjährigen Cur so entschiedene gute Wirkung empfunden hätte. Mögen Sie mich den sämmtlichen Gönnern und Freunden schönstens empfehlen und mir deren Gunst auf's neue versichern? Trifft Sie dieses in einem einigermaßen[3] ruhigen Moment, so schreiben Sie mir ausführlich.

Sie sehen aus vorstehendem, daß meine Canzley in die Kindheit zurückgekehrt ist. Wir müssen so oft wieder von vorne anfangen. Melden Sie mir doch etwas näheres über die Schicksale unsers Reinhardts, und wo er sich jetzt befindet.

Wiesb. d. 2. Juni 1815.

Goethe.


26/7124.


An Christiane von Goethe

Wiesbaden.

Nun bin ich so ziemlich eingerichtet, ich wohne allerliebst, aber theuer, esse gut und wohlfeil, Wein habe ich von Frankfurt verschrieben und werde mich also in diesen Hauptpuncten bald wohl versorgt finden. Morgens, nach köstlichem Schwalbacher Wasser, habe ich in dem heilsamen Wiesbade, das alles bekommt mir recht gut und ich kann dabey thätig seyn. Neapel rückt vor, so wie Sicilien; diese lustigen Erinnerungen unterhalten mich, ohne die mindeste Anstrengung. Ich habe sie so oft erzählt daß es Zeit ist sie auf dem Papier zu befestigen. Oberbergrath Cramer und Bibliothekar Hundeshagen sind freundlich, theilnehmend, hülfreich, wie voriges Jahr. Major von Luck aus Maynz hat mich schon besucht, von niemand weiter habe ich gehört und lebe also in[4] der erwünschtesten Einsamkeit. Des Tages gehe ich zweymal spazieren, die Gegend erscheint herrlicher, je mehr man sie sieht und schätzt.

Es ist das heiterste Wetter, freylich zum Schaden des Land- und Gartenbaues, sie haben in zehn Wochen keinen anhaltenden Regen gehabt. Indessen genießt man schon hier Schotenerbsen, auch ausgelieferte; was aber besonders erfreulich ist wird doch immer der Salmen bleiben, dessen Portion mit trefflicher Gelée man, zu jeder Stunde, für 30 Kreuzer im Cursaal haben kann. Es ist jetzt grade seine rechte Zeit, ich muß mich nur in Acht nehmen daß ich mich nicht daran überesse. Herzkirschen stehen schon, in großen Körben, an allen Ecken.

Unter den Pflanzen ist mit eine gefüllte Lychnis vorgekommen, als Gartenschmuck das schönste was man sehen kann, auf den Herbst hoffe ich soll man uns Pflanzen schicken. Die Rosen blühen vollkommen, die Nachtigallen singen wie man nur wünscht und so ist es keine Kunst sich nach Schiras zu versetzen. Auch sind die neuen Glieder des Divans reichlich eingeschaltet und ein frischer Addreßcalender der ganzen Versammlung geschrieben, die sich nunmehr auf hundert beläuft, die Beygänger und kleine Dienerschaft nicht gerechnet.

Und so sind denn die Tage der Reise und des hiesigen Aufenthalts froh und nützlich zugebracht. Die Fortsetzung nächstens.[5]


Sonntag den 4. Juni.

Nun bin ich volle acht Tage hier und alles läßt sich sehr gut an. Ich trinke das Weilbacher Schwefelwasser mit Milch, bade täglich und dictire dabey immer fort. Nach der Badeliste sind schon vierhundert Gäste hier, die ich nicht bemerke: der Ort ist groß, sie sind alle wahrhaft krank und dann komme ich auch weder an öffentliche Tische noch Orte. Bergrath Cramers bedeutendes Kabinett unterhält mich wie voriges Jahr, schon weiß ich mir die metallreichen Gegenden, bis nach der Grafschaft Mark hin, besser zu vergegenwärtigen und der Umgang mit diesem biedern, verständigen, unterrichteten Mann ist mir belehrend und erheiternd.

Die hiesige Bibliothek, alle Zeitungen, Staatsblätter und Journale anschaffend, sie in der schönsten Ordnung mittheilend, bewirkt gleichfalls eine für den Fremden sehr günstige Unterhaltung.


Mittwoch d. 7ten Jun. 1815.

Und nun zum Schlusse einiges! Deinen lieben Brief habe erhalten. Du wirst nun in Carlsbad seyn. An Genast schreibe ich. August lassen wir gewähren. Brentanos haben mich freundlichst besucht, Wein zurückgelassen und mich liebevoll eingeladen. Auch hier wird mir das Beste erwiesen. Beuters Dekorationen läßt mich Geh. R. Pfeifer nach und nach sehen, wenn das Schauspiel vorbey ist. Von denen[6] Sachen die du kennst sehr schöne. Eingerichtet bin ich zum Besten. Das hoffe ich nun von dir auch zu hören. Heut über 14. Tage schreib ich wieder. Melde mir wenn dieser Brief ankommt. Grüße die Geleitende.

G.

Carl macht seine Sachen sehr gut. Heute war Gewitter und Plazregen.

Die Liebe das beste!


26/7125.


An August von Goethe

Nun bin ich so ziemlich eingerichtet, ich wohne allerliebst, aber theuer, esse gut und wohlfeil, Wein habe ich von Frankfurt verschrieben und werde mich also in diesen Hauptpuncten bald wohl versorgt finden. Morgens, nach köstlichem Schwalbacher Wasser, habe ich in dem heilsamen Wiesbade, das alles bekommt mir recht gut und ich kann dabey thätig seyn. Neapel rückt vor, so wie Sicilien; diese lustigen Erinnerungen unterhalten mich, ohne die mindeste Anstrengung. Ich habe sie so oft erzählt daß es Zeit ist sie auf dem Papier zu befestigen. Oberbergrath Cramer und Bibliothekar Hundeshagen sind freundlich, theilnehmend, hülfreich, wie voriges Jahr. Major von Luck aus Maynz hat mich schon besucht, von niemand weiter habe ich gehört und lebe also in der erwünschtesten Einsamkeit. Des Tages gehe ich zweymal spazieren, die Gegend erscheint herrlicher, je mehr man sie sieht und schätzt.

Es ist das heiterste Wetter, freylich zum Schaden des Land- und Gartenbaues, sie haben in zehn Wochen keinen anhaltenden Regen gehabt. Indessen genießt man schon hier Schotenerbsen, auch ausgelieferte; was aber besonders erfreulich ist wird doch immer der Salmen bleiben, dessen Portion mit trefflicher Gelée man, zu jeder Stunde, für 30 Kreuzer im Cursaal haben kann. Es ist jetzt grade seine rechte Zeit, ich muß mich nur in Acht nehmen daß ich mich nicht daran überesse. Herzkirschen stehen schon, in großen Körben, an allen Ecken.

Unter den Pflanzen ist mit eine gefüllte Lychnis vorgekommen, als Gartenschmuck das schönste was man sehen kann, auf den Herbst hoffe ich soll man uns Pflanzen schicken. Die Rosen blühen vollkommen, die Nachtigallen singen wie man nur wünscht und so ist es keine Kunst sich nach Schiras zu versetzen. Auch sind die neuen Glieder des Divans reichlich eingeschaltet und ein frischer Addreßcalender der ganzen Versammlung geschrieben, die sich nunmehr auf hundert beläuft, die Beygänger und kleine Dienerschaft nicht gerechnet.

Und so sind denn die Tage der Reise und des hiesigen Aufenthalts froh und nützlich zugebracht. Die Fortsetzung nächstens.


Sonntag den 4. Juni.

Nun bin ich volle acht Tage hier und alles läßt sich sehr gut an. Ich trinke das Weilbacher Schwefelwasser mit Milch, bade täglich und dictire dabey immerfort. Nach der Badeliste sind schon vierhundert Gäste hier, die ich nicht bemerke: der Ort ist groß, sie sind alle wahrhaft krank und dann komme ich auch weder an öffentliche Tische noch Orte. Bergrath Cramers bedeutendes Kabinett unterhält mich wie voriges Jahr, schon weiß ich mir die metallreichen Gegenden, bis nach der Grafschaft Mark hin, besser zu vergegenwärtigen und der Umgang mit diesem biedern, verständigen, unterrichteten Mann ist mir belehrend und erheiternd.

Die hiesige Bibliothek, alle Zeitungen, Staatsblätter und Journale anschaffend, sie in der schönsten Ordnung mittheilend, bewirkt gleichfalls eine für den Fremden sehr günstige Unterhaltung.

Das Zimmer, worin diese sämmtlichen Neuigkeiten, in schöne Pappen geheftet, auf Pulten umherliegen, ist wirklich reizend zu sehen und muß den Zeitungslustigen doppelt ergötzen. Heute gehe ich nach Biebrich und so wäre denn die erste Woche feyerlich beschlossen.


Nun muß ich dir vorläufig berichten daß wir ein Unicum, ein Hysterolith, so groß wie diejenigen die du einzeln besitzest, in und am Gestein zu Handen gekommen!! Schon ist er in Baumwolle gepackt, daß ihm ja kein Schade widerfahre. Dabey sind noch einzelne, ferner ein wunderschöner Pectinit, klein, aber zweyschalig, wie die Jacobsmuscheln, oben flach unten[7] gehöhlt, ferner noch einige andere Exemplare jener gegliederten verkiesten Würmer im Dach-Schiefer von Dillenburg, die sich sehr rar machen.

Ich hoffe an Curiosis dieser Gegend auch dießmal reich nach Hause zu kommen, nur bedaure ich nicht mobil zu seyn. Wenn ich die Gegenden selbst besuchte, würde ich nicht allein den anschaulichsten Begriff wegtragen, sondern auch manches köstliche Product, welches mir dort die Freunde zudenken. Dieses sogenannte Übergangsgebirge ist mir höchst merkwürdig, weil ich seine Eigenthümlichkeiten erst jetzt kennen lerne, der ich sonst nur im Ur- und [in seinem Gegensatz] dem Flötzgebirge verweilte.

Brentanos haben mich, auf einen Augenblick, besucht. Georg und dessen Frau, auch Franz; dieser aber als Wittwer, alle in tiefer Trauer: denn die schöne Person, der du dich wohl erinnerst, starb in den Tagen meiner Reise nach Frankfurt. Für mich war es glücklich daß ich durcheilte und nicht in einen so zerstörten Zustand hineinrannte.

Wie viel man thun kann, anhaltend, in sechzehn bis siebenzehn Stunden, sich selbst gelassen und mit entschiedenem Zweck, erfahre ich wieder, seit langer Zeit zum erstenmale. Die sicilische Reisegeschichte geht ihnen lustigen Gang, ich dictire sogar im Bade. Dieß aber wird ganz allein möglich durch die bedeutende Vorarbeit, die ich, mit Ulinen, vor'm Jahr in Berka zu Stande brachte, woraus der vollkommne Calender[8] meiner Reise sich reihte. Dieß giebt mir ein Anhalten, welches auf andere Weise nicht denkbar wäre.

Nach Beuthers Arbeiten, der das hiesige Theater einrichtete, habe ich sogleich nachgefragt. Herr Geheimerath von Pfeiffer, dem die hiesigen Theatergeschäfte untergebend sind, hat die ganz besondere Gefälligkeit mir, an schicklichen Abenden, nach Beendigung des Schauspiels, wenn die Erleuchtung noch vollständig ist, mehrere Decorationen, aber wenigstens Hintergründe zu zeigen, wo ich denn das im Großen sehe, was mir im Kleinern schon kennen und was bey uns größer ausgeführt werden soll. Woraus erhellt, daß der Mann auf dem rechten Wege ist und daß wir auf jede Weise Freude an ihm haben werden.

Soweit möge es für diesmal genug seyn. Nahst du dich Ihro Königl. Hoh. der Fr. Grosherzoginn, so dancke Ihr auf das angelegenste, daß Sie mich zu meinem Heil hierher beordert, und richte theilnehmende Empfehlungen der Bibricher Herrschaften aus. Gleichfalls empfiel mich dem Erbgroßherzog und wo man mein freundlich gedenckt. Hofr. Meyer, Riemers, v. Müller und Peucer. Von dir hoffe ich auch bald zu hören. In Beyliegendem1 wird G. wegen des[9] Nachbarhauses aufmercksam gemacht. Und somit lebe deine Tage so sachte hin. Auch hier ist alles wie im tiefsten Frieden.

Wiesb. Donnerst. d. 8. Jun. 1815.

G.


1 Ich habe mich besonnen und will lieber Genasten nicht schreiben. Sprich mit ihm und veranlasse ihn mir zu schreiben. Über Theatersachen, auch über jene Sache an der mir viel liegt![9]


26/7126.


An August von Goethe

Du erhälst hierbey, mein Söhnlein, ein Gedicht, längst entworfen, heute erst geschrieben. Übergieb es den beyden Gefeyerten, mit meiner schönsten Empfehlung, Abschriften besorge, wie es sich schicken will. Peucern lässest du es vor allen sehen. Ich befinde mich wohl und bin fleißig, geht es so fort so kann ich weit gelangen. Sage mir bald auch etwas und empfiel mich überall.

W. d. 11. Jun. 1815.

G.


26/7127.


An Johann Friedrich Cotta

Ew. Wohlgeb.

freudliche Sendung habe zu rechter Zeit erhalten und verfehle nicht dagegen baldigst zu erwiedern: daß ich nach vollendeter Cur, leider, meinen Weg nach Norden gleich wieder antreten muß, welches mir umso mehr leid thut, als ich das Vergnügen nicht hatte Sie Ostern bey uns zu sehen, und doch über so manches zu sprechen wünschte was für Briefe nicht geeignet ist.

[10] Die Rechnung fand ich nicht beygelegt, den Contrackt sende von meiner Seite vollzogen zurück, mit einer Bemerckung zu No 5. In der Anzeige habe ein einziges Wort verändert.

Sehr angenehm ist es mir daß meine Mittheilungen in's Morgenblat mit Ihren Wünschen übereintreffen und daß der Herr Redackteur den Aufsätzen für gute Nachbarschaft sorgt. Hierbey folgt abermals ein Beytrag, nächstens noch einiges das sich anschließt. Auch etwas freundliches will ich auf die Nachricht von der Aufführung des Götz in Dresden erwiedern.

Bey der jetzigen Stimmung der Theater ist es der Mühe werth fördernd einzugreifen. Ich habe noch manches im Sinne wie man nach und nach immer mehr in's Ganze wircken kann. In Berlin hat man Epimenides zum drittenmal ausgeführt. Kosten und Sorgfalt welche darauf verwendet worden stehen im Gleichgewicht und geben einen Maasstab für folgendes. Diesmal nichts mehr als meine aufrichtigsten Wünsche.

Wiesb. d. 15. Jun.

Goethe.

1815.


Zugleich gehen ab.

1) Contrackt.

2) Anzeige.

3) a) zu Schillers und Ifflands Andencken.

b) Nachspiel zu den Hagestolzen.[11]


Contract.

Der Herr Geh. Rath von Goethe zu Weimar überläßt Herrn Dr. Cotta in Stuttgard die abermalige Ausgabe seiner Werke, und zwar wird folgendes bestimmt und bedingt:

1) Die Zahl der Bände wird auf zwanzig festgesetzt, den Inhalt derselben weiset beyliegendes Verzeichnis.

2) Sie erscheinen in fünf Lieferungen, je von acht zu acht Monaten.

3) Das Verlagsrecht wird bis Ostern 1823 zugestanden, nach Ablauf dieses Termins behält der Herr Verleger das Vorrecht vor anderen unter gleichen Bedingungen.

4) Der Verfasser bedingt sich dagegen die Summe von

Sechzehntausend Thalern sächs.

5) Die Zahlungs Termine sind bey jeder Lieferung

Drey tausend Thaler –

bey der letzten Lieferung

Vier tausend Thaler

Was der Herr Verfasser von diesen Zahlungen nicht bezieht bleibt gegen 5 pr. Cent jährl. Interessen, und halbjährige, jedem Theil freystehende Auskündigung stehen.

6) Die Zahl der Exemplarien bleibt wie bey den bisherigen Verlagsartikeln auf 44 festgesetzt, wovon 20 Velinpapier, 24 auf Schreibpapier.

Wiesbaden d. 15. Juni 1815.

J. W. v. Goethe.[12]


ad 5) Der erste Zahlungstermin trifft mit dem ersten Ablieferungstermin, also Ostern 1815 zusammen, sodann werden die Zahlungstermine von acht zu acht Monaten gerechnet.

eod.

G.


26/7128.


An Carl Friedrich Zelter

Wiesb. d. 16. Jun. 1815.

Dein längst ersehnter Brief ist mir erst gestern geworden, ich schreibe sogleich.

In den alten Bären ist dein Baumeisterlicher Geist gefahren, er würde dich in Verwunderung setzen. Der dunckle Gang ist erweitert, eine durchaus zusammenhängende Reihe von Zimmern angelegt. Der Vorplatz mit dem Balcon macht jetzt mein abgeschloßnes Vorzimmer, so ist es auch auf der andern Seite und so weiter. Jedermann würdest du willkommen seyn, mir am meisten. Was läßt sich aber in diesen Zeiten bestimmen. Wie lange ich hierbleibe? ob ich zurück oder seitwärts gehe wüßt ich nicht zu sagen. Die Entfernung ist zu groß um zu verabreden, handle also nach deinen Zuständen.

Die abermalige Recension des Epimenides verdancke dir höchlich. Das Resultat das mir entgegentritt möchte ich so ausdrücken: Es gebricht im Ganzen an Einbildungskraft und Gefühl, und da muß bald einmal Übertreibung, bald Ermangelung eintreten. Auch[13] dieses gäbe sich bey öfterer Wiederhohlung: denn was die Menschen nicht erfinden können das entdecken sie doch. Kannst du es einleiten daß die Inschrift, wenn sie Epimenides nicht rezitirt, hinter der Scene von Geistern gefunden wird; so ist viel gewonnen. Sie bringen das Stück doch gelegentlich wieder und vielleicht läßt sich ihm künftig eine selbstständige Form geben.

Der Brief an Catel war viel länger und ausführlicher dicktirt, wie mir es oft geht, beym Abschreiben lies ich abbrechen: denn je weiter man geht je mehr müßte man bestimmen und schließt doch nicht ab. Du hast ganz richtig geahndet was hinter jenem Gedanckenstriche folgen sollte. Lebe wohl. Das Schreiben wird mir sauer. Um die Wilder beneide ich dich. Wenn man älter wird sollte man in einer großen Stadt leben, und mit dir. Vale.

G.

An Dr. Christian Schlosser zu Franckf. a. M. bitte die beliebige Antwort zu adressiren.

Benedictus qui venit.


26/7129.


An Franz Kirms

[Concept.]

[Wiesbaden] d. 17. Jun. 1815.

Ew. Wohlgeboren

behandeln mich recht als einen Curgast indem Sie mir nur angenehme Dinge vermelden. Da steht denn[14] freylich oben an daß unser gnädigster Herr gesund und froh nach Hause gekommen. Möge alles was ihm, Gefolg so großer Bemühungen, gelingt volle Zufriedenheit und Freude bringen.

Bey'm Theater war unsere Schuldigkeit auf etwas Schickliches zu diesem erwünschten Empfang zu denken. Nach Kenntniß, daß unser Fürst nichts Aufgeblasenes liebt versuchte man ein leicht Vorübergehendes. Wird auch ein solches, in höherer Betrachtung, abgelehnt; so haben wir diese zu verehren und uns zu fügen.

Zunächst ist die Zufriedenheit Ihro Hoheit mit der Theaterveränderung eine Hauptsache. Die vorläufige Versicherung beruhigt mich. Beuther ist recht geschickt und wird bey uns noch zunehmen. Hier in Wiesbaden hat er vierzehn Decorationen gemahlt; durch besondere Gefälligkeit sah ich sie alle, theils nach geendigtem Schauspiel, theils an freyen Abenden. Der gute Begriff, den ich von dem Manne gehabt, erhöhte sich nur. Fixirte er sich bey uns; so sind wir von dieser Seite auf immer geborgen. Für gewisse Rollen wird seine Frau gewiß brauchbar werden.

Auch bin ich überzeugt, daß es mit Erfurt in diesem Jahr viel besser sey als mit Halle, und so wird durch Ihre Vorsorge auch dieser Sommer glücklich vorübergehn.

Wodurch Sie mir ferner großes Vergnügen machen, ist die Nachricht daß unser Theater zusammenbleibt. Man darf nur ein bißchen heraus in die Welt schauen,[15] so sieht man was für eine Verbildung und Unzulänglichkeit überall herrscht. In stillen Privatzuständen giebt es immer noch geborne Talente. Das hübsche Kind, hier am Orte, ist noch immer wie vor'm Jahr; Gott bewahre mich aber einen solchen Zankapfel nach Weimar zu werfen.

Um von mir zu reden, waren die ersten vierzehn Tage sehr erwünscht und angenehm, nun brechen aber die Übel, denen zu entgehen ich die Reife hierher machte, sehr fatal auf mich los, die gichtischen Schmerzen nehmen zu, daß ich den linken Arm kaum bewegen kann, und ich soll das Douchebad brauchen, das mit ganz zuwider ist. Der Arzt versichert aber das sey alles ganz vortrefflich, man müsse nur aushalten. Dieß ist nun keinesweges meine Absicht: denn mein größter Wunsch wäre baldmöglichst an Ort und Stelle zu seyn.

Übrigens leben wir hier im tiefsten Frieden und hören von nichts als von hohen Verbindungen; des Erzherzogs Carl mit der Prinzeß von Weilburg, des Palatinus mit der Prinzeß von Schaumburg. Dieß giebt mancherley zu reden und noch mehr zu denken.


26/7130.


An Christiane von Goethe

Dein Brief war nur zehn Tage unterwegs, deshalb schreibe ich sogleich wieder. Meinen umständlichen[16] Brief, der den achten von hier abging, wirst du erhalten haben. Da es im Carlsbad denn doch einmal auf's Steigen angesehen ist, so habt ihr wohlgethan in die Höhe zu ziehn. Die Aussicht ist immer höchst und auch bey Regenwetter tröstlich.

Ich lebe hier ganz einfach fort, man kann auch nicht viel Sprünge machen, denn das Bad ist auf die Länge doch angreifend und die Übel auf, die man gerne los seyn möchte. Die Ärzte verweisen uns zur Geduld und Ordnung. Übrigens ist es hier so stille wie im tiefsten Frieden. Sähe ich Sonntags in Biebrich nicht Östeicher und Preußen; so wüßte ich gar nicht daß Krieg bevorsteht und glaubte den Zeitungen kaum, deren mir täglich eine große Menge mitgetheilt wird.

In Biebrich habe ich den Erzherzog Carl gesprochen, der sich sehr freundlich und gnädig erwies. Sonst ist niemand Bekanntes unter den Curgästen.

Mein Speisewirth nährt mich zwar nicht köstlich, dabey ist aber angenehm daß sie einem zubereiten was man ihnen schickt. Brentanos haben mich von Frankfurt mit Artischocken versehen, heute sind große Krebse gekauft worden, von welchen das Stück etwas über 3 Kreuzer kostet. An Confect und getrockneten Früchten zum Nachtisch, nicht weniger an Chocolade lassen es die Freunde auch nicht fehlen. Rothen und weißen Wein ließen sie mir gleichfalls zurück. Ferner[17] habe ich einen Petit-Burgunder verschrieben, die Bouteille einen leichten Gulden, hier auf der Stelle, ein sehr angenehmer und trinkbaren Wein. Auf einem nahen Lustorte, der Geisberg genannt, findet sich treffliches Pökelfleisch, von welchem mir der freundliche Wirth manchmal ein Stück herein sendet. Denkt Ihr nun noch gutes Brot und Brezeln darzu, so seht Ihr ein daß mir von dieser Seite nichts abgeht.

August hat mir den Verlauf jener Feyerlichkeit umständlich beschrieben, es war alles recht schicklich und ordentlich, später habe ich noch ein Gedicht gesandt und dadurch meine Theilnahme aus der Ferne bewiesen.

Von Landsleuten hat mich Riese schon besucht und ein alter achtzigjähriger Forstmann. Sodann kann ich vermelden daß der Magnetismus in Frankfurt und überhaupt in dieser ganzen Gegend besonders unter jungen Ärzten im Schwange ist.


Und hier, im Gegensatz von so hohen Dingen, das Maas der Krebse die ich heute gespeist. Schwarz von Schaalen, auf dem Punckte des Übergangs die alte Hülle abzuwerfen.

1815

Weimarisch Maas über 7 Zoll.

Um die Seite noch anzufüllen will ich noch allerley, wie es mir einfällt, hinzufügen. Abermals haben[18] sich schöne Mineralien bey mir eingefunden, von Zeit zu Zeit wird ein Spaziergang in die Steinbrüche und auf die Bauplätze unternommen, wo allerley Merkwürdiges zusammengepocht wird. Für Jena wird auch ein interessanter Kasten zusammengepackt. Herr Oberbergrath Cramer, als Gevatter von Lenz, wird sich dabey hervor thun.

Gebaut wird hier sehr viel, die Anlagen dazu sind höchst verständig und lobenswürdig, die Linien, wornach gebaut werden muß, wohl überlegt. Es giebt Straßen die der größten Stadt Ehre machen würden. Alles greift eins in's andere, was aus den Kellern ausgegraben wird schafft man in Vertiefungen, die ein kleiner Bach verursachte und durchfloß, dadurch entstehen sehr schöne Gärten. Aufgeregt zu diesem Bauen werden die Einwohner durch die günstigsten Umstände. Die Plätze erhalten sie von der Herrschaft, ein ansehnliches verhältnißmäßiges Baudouceur dazu, dagegen sie vorschriftmäßig bauen müssen. Ein unerschöpflicher Steinbruch von kalkartigem Thonschiefer in der Nähe liefert das Material.

Und so lebe wohl. Versäume nicht mir wenigstens drey complete Creuzkrystalle von Müllern mitzubringen. Grüße ihn schönstens. Die Briefe an mich werden immer an Schlosser addressirt.

Wiesb. d. 17. Jun. 1815.

G.[19]


26/7131.


An August von Goethe

Copia Schreiben an die Mutter nach Carlsb. Wiesb. d. 17. Jun. 1815.

Dein Brief war nur zehn Tage unterwegs, deshalb schreibe ich sogleich wieder. Meinen umständlichen Brief, der den achten von hier abging, wirst du erhalten haben. Da es im Carlsbad denn doch einmal auf's Steigen angesehen ist, so habt ihr wohlgethan in die Höhe zu ziehn. Die Aussicht ist immer höchst und auch bey Regenwetter tröstlich.

Ich lebe hier ganz einfach fort, man kann auch nicht viel Sprünge machen, denn das Bad ist auf die Länge doch angreifend und die Übel auf, die man gerne los seyn möchte. Die Ärzte verweisen uns zur Geduld und Ordnung. Übrigens ist es hier so stille wie im tiefsten Frieden. Sähe ich Sonntags in Biebrich nicht Östeicher und Preußen; so wüßte ich gar nicht daß Krieg bevorsteht und glaubte den Zeitungen kaum, deren mir täglich eine große Menge mitgetheilt wird.

In Biebrich habe ich den Erzherzog Carl gesprochen, der sich sehr freundlich und gnädig erwies. Sonst ist niemand Bekanntes unter den Curgästen.

Mein Speisewirth nährt mich zwar nicht köstlich, dabey ist aber angenehm daß sie einem zubereiten was man ihnen schickt. Brentanos haben mich von Frankfurt mit Artischocken versehen, heute sind große Krebse gekauft worden, von welchen das Stück etwas über 3 Kreuzer kostet. An Confect und getrockneten Früchten zum Nachtisch, nicht weniger an Chocolade lassen es die Freunde auch nicht fehlen. Rothen und weißen Wein ließen sie mir gleichfalls zurück. Ferner habe ich einen Petit-Burgunder verschrieben, die Bouteille einen leichten Gulden, hier auf der Stelle, ein sehr angenehmer und trinkbaren Wein. Auf einem nahen Lustorte, der Geisberg genannt, findet sich treffliches Pökelfleisch, von welchem mir der freundliche Wirth manchmal ein Stück herein sendet. Denkt Ihr nun noch gutes Brot und Brezeln darzu, so seht Ihr ein daß mir von dieser Seite nichts abgeht.

August hat mir den Verlauf jener Feyerlichkeit umständlich beschrieben, es war alles recht schicklich und ordentlich, später habe ich noch ein Gedicht gesandt und dadurch meine Theilnahme aus der Ferne bewiesen.

Von Landsleuten hat mich Riese schon besucht und ein alter achtzigjähriger Forstmann. Sodann kann ich vermelden daß der Magnetismus in Frankfurt und überhaupt in dieser ganzen Gegend besonders unter jungen Ärzten im Schwange ist.

Um die Seite noch anzufüllen will ich noch allerley, wie es mir einfällt, hinzufügen. Abermals haben sich schöne Mineralien bey mir eingefunden, von Zeit zu Zeit wird ein Spaziergang in die Steinbrüche und auf die Bauplätze unternommen, wo allerley Merkwürdiges zusammengepocht wird. Für Jena wird auch ein interessanter Kasten zusammengepackt. Herr Oberbergrath Cramer, als Gevatter von Lenz, wird sich dabey hervor thun.

Gebaut wird hier sehr viel, die Anlagen dazu sind höchst verständig und lobenswürdig, die Linien, wornach gebaut werden muß, wohl überlegt. Es giebt Straßen die der größten Stadt Ehre machen würden. Alles greift eins in's andere, was aus den Kellern ausgegraben wird schafft man in Vertiefungen, die ein kleiner Bach verursachte und durchfloß, dadurch entstehen sehr schöne Gärten. Aufgeregt zu diesem Bauen werden die Einwohner durch die günstigsten Umstände. Die Plätze erhalten sie von der Herrschaft, ein ansehnliches verhältnißmäßiges Baudouceur dazu, dagegen sie vorschriftmäßig bauen müssen. Ein unerschöpflicher Steinbruch von kalkartigem Thonschiefer in der Nähe liefert das Material.


Randglossen. ad modum Werneri. Dein Brief, m. l. Sohn ist mir am gleichen Tage geworden. Zu dem glücklich gelungenen Feste gratulire ich. Mercke dir auch diese Formen, dergl. Dinge kommen immer wieder, bringen dasselbe Vergnügen und dieselben Unannehmlichkeiten.

Sollten Fälle vorkommen wo - !! – anzuwenden wäre, laß dich nichts irren. Gedencke des Polonius.

Carl macht seine Sachen sehr ordentlich, seine Schreibung hilft mir doch über das Nothdürftige.

Nun zum Schluß das Maas der Krebse wie ich sie heute gespeist in schwarzrothen Schaalen, eben im Begriff sie abzuwerfen. Voll und schmackhaft.


Weimarisch Maas über 7 Zoll.

Vale.

G.[20]


26/7132.


An den Fürsten Heinrich XIII.von Reuß-Plauen-Greiz

[Concept.]

Wenn vor einiger Zeit Herr Major von Roth sich mir vorstellte, so entschied seine einnehmende Persönlichkeit und die näheren Verhältnisse zu Ew. Durchlaucht alsbald zu seinen Gunsten. Da nun Höchstdieselben mir die Gnade erzeigen, gedachten verdienten Mannes gegen mich zu erwähnen, in dem Vertrauen, daß ich, auf seiner künftigen Lebensbahn, ihm einigermaßen nützlich seyn könnte, so überzeugen Sich Ew. Durchlaucht gewiß daß, in dankbarer Erinnerung so vieler mir seit früheren Jahren erwiesener Gnade und Zutrauens, und aus wahrer Anhänglichkeit, ich, soviel nur mein geringer Einfluß vermögen kann, gegenwärtig und künftig, zu Förderung der Absichten desjenigen beyzutragen verpflichtet bin, welchen Höchstdieselben geprüft und einer ferneren Vorsorge würdig achten. Sey auch mir die bisherige Gnade und Huld vollständig erhalten, damit ich Zeitlebens ein so unschätzbares Gut dankbar verehrend anerkennen möge.

[Wiesbaden] d. 18. Juni 1815.


26/7133.


An August von Goethe

Nachdem ich so lange nichts von dir gehört habe, wieder einmal zu schreiben habe verschiedne Anlässe.

[21] Herr Hänlein bringt mir, bey Tisch im Cursaal, viele Grüße von dir, Geh. R. Leonhard sendet das Diplom. Dieses behalte ich, den Brief sende. Dancke gleich, es ist eine besondere Aufmercksamkeit, da die Societät, unter der jetzigen Regierung, sich unthätig verhält.

Brentanos haben mich abermals besucht. Willemer auch, der dich herzlich liebt. Er hat mir ganz von freyen Stücken, in Geldsachen seine Dienste freundschaftlichst angeboten. Da nun in Frankf. das Abzugsgeld aufgehoben wird, und wir die Caution loskriegen; so würde er, wenn wir die Capitale retiriren wollten, uns wahrhaft erspriesliche Hülfe, ohne Risiko und Schaden, leisten können. Ich rede vorläufig mit ihm ab. Wahrscheinlich werden in der jetzigen Lage auch die Cessionen erleichtert; diese 4000 fl. hätten wir also auch erharrt! [Vid. Cammerjuncker.]

Dagegen hab ich zu klagen daß mir die Götter eine harte Systole zugedacht. Denn als ich eben eingerichtet und Cur und Thätigkeit recht im Zug war, wurde Carl sehr kranck, weshalb ich, mit großen Unstatten, von vorne anfangen mußte mich zu rücken und zu schicken. Das ist nun ziemlich vorbey, den Rest werden wir auch überstehen. Man muß nur dencken man wäre am achtzehnten leicht blessirt worden. Freude und Schmerz über diesen Tag waren auch hier sehr groß. Der letzte lindert sich, die erste[22] wächst, da man die Gefahr näher kennen lernt, in der man schwebte. Über Prinz Bernhard war man auch hier schnell beruhigt. Gefällig kam ein Abgeordneter von Biebrich mir es anzuzeigen.

Viele Versuchungen hab ich abweisen müssen, man lud mich nach vielen Seiten hin, wo es wohl ergötzlich gewesen wäre. Nun will ich mich noch etwas ruhig verhalten, und sodann die Cur von vorne anfangen. Bad und Weilbacher Schwefelwasser bekamen mir köstlich. Die Gegend nicht weniger. Man kann alle Tage ein paarmal die Augen stärcken.

Nachstehendes bitte sogleich abzuschreiben und an Döbereiner zu senden.


Mir haben aufmercksame Müller versichert: daß frische, kalte Wasser die Mühle stärcker treiben als laue oder warme. Eine Beobachtung die nur in der Nähe warmer Bäder gemacht werden konnte. Daraus würde denn doch nur folgen daß kältere Wasser schwerer, die wärmeren leichter wären. Sollte etwas ähnliches im physisch-chemischen vorkommen? Blumenbachs Beyspiel lehnt uns alte Fabeln als Fingerzeige des Wahren zu schätzen. Wie steht es mit dieser von einfachen Menschen mir erzählten Erscheinung? Hiemit hängt zusammen daß Nachts die Mühlen besser mahlen als bey Tage. Dies kann alles nur bey Oberschlächtigen bemerckt werden.

[23] Andre wundersam hübsche Dinge habe gesehen und erfahren. Es ist etwas lebendiges hier unter den Menschen, das man für die Wissenschaft gewiß nutzte, wenn man sich diesem Leben auch hingäbe. In jedem Sinne kenne ich nun die Landesart besser.

Und werde sie noch besser kennen lernen wenn ich noch einige Touren mit BergR. Cramer mache. Und zwar auf geschäftlichen Wegen, denn hier lernt man die Menschen kennen welche die Dinge unter sich haben und ihr Leben damit zubrachten, welche der Reisende nicht trifft.

Empfiel mich überall, grüße alles. Riemern sage: daß ein Freund der Neugriechen bey mir war, der (sogenannte) Volkslieder dieses Volks mit sich führt, das köstlichste, in dem Sinne der lyrisch, dramatisch, Epischen Poesie was wir kennen (und doch also Volkslieder). Ich dencke mit ihm in Bund zu treten und mitzubringen.


Im Augenblicke des Siegelns erhalte die ganze Sendung durch Lynckers. Ich will das Blat nicht aufhalten. Sage der Gräfinn Fritsch das freundlichste. Empfiel mich überall. An seidnen Strümpfen solls nicht fehlen. Bedancke dich zum allerschönsten für den Cammerjuncker. Und gedencke mein.

Wiesb. d. [5. Juli 1815.]

G.[24]


26/7134.


An Johann Heinrich Meyer

Ihr Brief, mein theuerster, mach mir große Freude, er kommt in einem Augenblick da Karl sich bessert. Durch sein Übel gingen mir vierzehn Tage aufs schmählichste verlohren und noch bin ich in einer Lage die nicht erfreulich ist; doch es bessert sich, das muß mir genug seyn, da ich zu fürchten hatte ihn in Wolzogens Nachbarschaft beyzusetzen.

Vielbedeutendes habe in der Nähe erlebt. Die großen Nachrichten des Verlustes erst, dann des Gewinnes trafen hier heftig. Der Nassauer einzelne Leiden und Sorgen theilte man mehrere Tage. Von Prinz Bernhards Wohlbefinden bey großer Gefahr wußte man früh genug. Und ich wünschte nur gleich meine Beruhigung so viele Meilen weiter. Erzherzog Carl sprach ich in Biebrich, traf daselbst manche alte Bekannte. Jetzt ist alles vorwärts und wir wären in Langeweile versuncken, wenn nicht der deutsche Merkur täglich Aufmercksamkeit erregte.

Lassen Sie Sich von August etwas über den Fund neugriechischer Balladen [so mögen sie genannt werden] sagen. Das ist das beste was mir in diesen Wochen vorgekommen. Sie sollen dem vergangenen Jahr hundert angehören. Dem Besten gleichreichend was mir in dieser Art haben.

[25] Übrigens sind Steine und Metalle das Geformteste was mir begegnet. Diese Lust und Liebe findet in aller Welt einige Befriedigung. Kunst, Wissenschaft und deren Verwandte spielen hier (das heißt in ziemlich weitem Kreise) eine sonderbare Rolle.

Einen guten Wein verspricht man sich dieses Jahr und das ist das liebste Gespräch mit dem man allgemeiner als mit dem Wetter durchkommt. Es ist aber auch keine Kleinigkeit. Das Rheingau ist werth viele Gedancken zu absorbiren.

Nun ist die Witterung wieder schön und die Beeren schwellen. Mein unterbrochnes Baden kann ich auch wieder anfangen.

Empfehlen Sie mich unsrer geliebten Hoheit aufs stillste und angelegentlichste. Ein zierliches Zeichen Ihres Andenckens verscheucht alle Mobilien um mich her. Ich habe es deshalb zugedeckt.

Frau v. Stein dancken Sie verbindlichst für das Andencken. Manchmal kommt es mir denn doch wunderbar vor daß ich meine Freunde und mich selbst hinter dem Thüringer Wald suchen muß, da man hier einer viertel Stunde Steigens nur bedarf um in die Reiche der Welt und ihre Herrlichkeit zu sehen.

Lynckers Ankunft macht mir viel Freude, ich hoffe ihnen nützlich zu seyn. Von Franckf. habe manche Freunde schon hier gesehen. Diejenigen welche sich um neue Verfassung am wenigstens kümmern sind die glücklichsten.

[26] Und so fehlt es mir nicht an manchem Guten. Kommt Carl wieder auf die Beine: so wollen wir des Restes danckbar genießen.

Die Resultate der Wiel. Aucktion sind recht hübsch zeitgemäß. Dancke vielmals für mitgetheilte Schilderung.

Liebern behandeln und bedeuten Sie vorgeschlagnermaßen.

Den Aufsatz über Zeichenschulen werde auch mit Freuden verdancken. Es ist doch nicht schlimm zu sagen was man auch allenfalls unterlassen mag.

Von Ihrem Landaufenthalt habe mir nichts bessers geweissagt. Sie werden sehr wohl thun diesen Gedancken aufzugeben.

Die Leipziger sollen gelobt und glücklich gepriesen werden daß sie etwas Gutes auffinden.

Und nun will ich schließen. Das Beste wünschend, für alle Förderniß schönstes danckend. Wenn ich mich von dem Unfall erholt habe muß ich nun erst überlegen was zu thun sey? Ausdehnen werd ich mich nicht, das sehe ich schon. Tausend Lebewohl!

Wb. d. 5. Jul.

G.

1815.


Beyliegende Poetica bitte Riemern mitzutheilen.[27]


26/7135.


An Antonia Brentano

Kaum hatten Sie Sich, verehrte Freundinn, zu meinen Leidgefühl entfernt: so kam der Brief, der Sie anmelden sollte gar freundlich an und tröstete mich über Ihren Abschied aufs lieblichste. So muß man denn auch wohl den Verirrungen des Zufalls manches Gute verdancken.

Die Erscheinung Ihres Herrn Schwagers führte mich dann abermals in Ihre Nähe. Seine dringende Einladung mit nach Ems zu gehen setzte in Versuchung, die ich überwand und nach wie vor mich hier befinde, nicht allzu weit von Ihnen entfernt.

Freund Willemer brachte mir durch seine Gegenwart frohe und bedeutende Stunden, und ich fühlte weniger wie sehr mich die Lage drückt in die ich durch Carls Kranckheit versetzt bin. Dieser gute Mensch erholt sich nun wieder und ich will die vierzehn böse Tage gern verschmerzen, wenn ich ihn herumkrabeln sehe.

Mad. Bansa hat Wort gehalten und mir das Mädchen producirt, das allenfalls für Dorotheens jüngere Schwester gelten könnte. Gestalten die nicht aus der Luft gegriffen sind müssen sich doch wohl hie und da auf der Erde wieder finden. Die Umgebung des Mädchens ist auch schön und bedeutend. Mutter, Geschwister, Tante, Mühle und Feldgüter, enge reinliche[28] Wohnung, wohlgeordnete Landwirthschaft im beschränckten Hofe. Es macht zusammen ein so hübsches Ganze als man nicht leicht findet. Möchte ich Sie und die lieben Ihrigen dort mit einer frischen Milch bewirthen!

Nicht weiter! Damit das Blat noch abgehe.

Wb. d. 6. Jul.

Herzlich verbunden

1815.

Goethe.


26/7136.


An August von Goethe

Deine Briefe vom Ende Juni habe wohl erhalten und mich daran erfreut. Nun möcht ich wohl abermals von dir erfahren, besonders wie es mit dem Treuterischen Hause steht und ob der Anschlag nahe ist. Versäume ja nicht Genast deshalb zu sprechen und selbst, oder durch ihn, das nöthige zu besorgen. Was den Preis betrifft, so ist es uns immer soviel, ja mehr, werth als andern. Mir ist sehr viel daran gelegen denn ein bauender Nachbar würde mir meinen Garten unerträglich machen. Schreibe bald über die Lage der Sache.

Meinen Brief vom fünften wirst du erhalten haben. Carl ist auf der Besserung und es wird noch einige Zeit brauchen bis er ganz hergestellt ist. Meine Zeit suche ich möglichst zu nutzen, indessen sind meine Plane und Vorsätze verrückt und ich muß nun abermals an die Cur gehen, und komme nicht, wie ich[29] wünschte, Ende Juli nach Hause. Wo ich mir will wohl seyn lassen, wenn diese bunte und verworrene Welt hinter mir liegt.

Frau von Lyncker hat mir gar manches gebracht und erzählt. Empfiel mich der Gräfinn Fritsch. Ehstens werd ich ihr schreiben. So verfehle denn auch nicht unsern Erbhoheiten das allerverpflichtetste zu sagen.

Chr. Schloßer ist gegenwärtig hier und mir zur angenehmen Unterhaltung. Es ist merckwürdig zu betrachten in welchem Kreise der Thätigkeit er sich bewegt.

Noch immer ist das Wetter ungünstig, die Badegäste vermehren sich jedoch. Vorgestern sah ich in Bieberich Herrn von Stein, der mich freundlichst behandelte und mich dringend zu sich einlud. Vielleicht besuche ich ihn Ende der Woche. Schreibe nur bald. Empfiel mich überall. Wiesb. d. 11. Jul. 1815.

Goethe.


26/7137.


An Christian Gottlob Voigt

Ew. Exzell.

einige Nachricht von mir zu überschreiben bereitete ich mich, es sind jetzt eben drey Wochen. Bis dahin hatte nichts als Gutes zu melden, auch ist mir persönlich bis jetzt alles wohl gelungen, nur ward mir mein treuer, sorgfältiger Diener kranck und ich dadurch in Sorge und Unbequemlichkeit versetzt. Nun geht es[30] wieder besser mit ihm und ich finde mir einigen Muth werthen Freunden Kunde zu geben wie es mit mir beschaffen sey.

Vor allem bitte daher Ew. Exzellenz unserm gnädigsten Herrn, den ich nicht brieflich zu behelligen wage, meinen unterthänigsten Danck, für die abermalige gnädige Beförderung meines Sohnes abzustatten. Es ist mir dadurch eine unerwartete große Freude geworden. Erhalten Ew. Exzell. diesem jungen Manne Ihre Gunst und erzeigen ihm die Ehre auf sein Thun und Lassen zu mercken.

Aus der Sorge um Prinz Bernhard war ich hier gar bald gerissen, indem ein Brief an den Herzog von Nassau, welcher viel Freude erregte, von dem besten Befinden Nachricht gab. Übrigens ist für den Zuschauer hier ein ganz eigen schöner Platz, indem alle Radien der jetzigen Weltbewegungen hier zusammenlaufen, deswegen auch Talleyrand hier eingemiethet hatte. Ein Elephant von Reisewagen steht noch hier.

In Bieberich sah ich Herrn v. Stein, der mir sehr freundlich begegnete und mich dringend zu sich einlud, deswegen ich denn auch nächste Woche mich nach der Lahn hinzubegeben dencke.

Herr von Hügel, welcher vergebens nach Fulda gezogen, um den einen Theil an Preußen zu übergeben, aber seine jenseitige Commissarien fand, hat mich auch besucht, und mir erzählt: die Phasanerie bey Fulda habe viele Liebhaber gefunden, auch sey man gar nicht[31] abgeneigt gewesen sie zu verschencken; er aber habe sie, als dem künftigen Landesbesitzer zur Annehmlichkeit unentbehrlich, zu erstreiten gewußt. Gewiß würde die Stadt noch unerfreulicher werden, wenn dieser Landsitz abgerissen wäre.

Während des provisorischen Zustandes hat Hessen die von Trümbachischen Güter in der Nähe von Hünefeld vor seinen Lehnhof gezogen. Auch diese Familie hofft durch Weimar von jenen Banden erlöst zu werden. Überhaupt wenn es auf die Stimmen der Landesbewohner ankäme; so würde unser Fürst zum Herrn des Ganzen, per acclamationem berufen werden. Von Pensionen die überall hinlasten hört man freylich nur zu viel reden. Hier aber sieht man mit Entsetzen die Gefahr in der man schwebte, und mit welchem Danck man das Fest jener Schlacht zu feyern hat. Franckfurt kann nun auch erst mit Beruhigung in seiner Verfassung beharren. Es hat noch wunderliche Händel gegeben bis das Regiment aus provisorischen Händen entlassen ward. Und nun meine herzlichste Angelegenheit, daß ich Ew. Exzell. und Frau Gemahlinn möge für immer empfohlen seyn. Wiesb. d. 11. Jul. 1815.

Goethe.


Ein Blättchen Beylage um zu berichten: daß ich auch Erzherzog Carl in Biebrich gesehen. Derselbe sowohl als die dortigen Herrschaften erkundigten sich[32] theilnehmend nach unserm Fürstenpaare und trugen mir viele Empfehlungen auf. Die wahrhaft gutwollende Herzoginn wünschte nichts mehr als die Nachricht von des Prinzen Bernhard Befinden so viele Meilen weiter im Augenblick zu spediren.

Mich selbst wiederhohlt angelegentlichst empfehlend.

Goethe.


26/7138.


An Johann Wolfgang Döbereiner

Ew. Wohlgeb.

haben wir unterm 1. May gemeldet daß Sie die Absicht hätten Besuche über die Stahlbildung anzustellen, indem Sie Manganoxyd und gepülfertes Glas auf Eisen wirken zu lassen gedächten. Hievon habe ich, im Allgemeinen, mit einem Freunde gesprochen, welcher mit den Stahlfabriken im Bergischen und der Grafschaft Mark in Verbindung steht. Er zweifelt nicht daß man dort wünschen werde von dem zu beobachtenden Verfahren unterrichtet zu werden und daß man solche Mittheilung zu honoriren geneigt sey. Vorläufig ersuche daher Ew. Wohlgeb. Ihre Versuche geheim zu halten, fortzusetzen und soweit als möglich zu treiben, auch mir baldingst wie weit Sie gekommen vertraulich anzuzeigen. Indessen erfahre ich wie man am Niederrhein hierüber denkt und kann, in der Mitte noch einige Zeit verharrend, ein beyden Theilen nützliches Verhältniß einleiten.

[33] Überhaupt bin ich hier, im Kreise unglaublicher Merkantilität und technischen Bestrebens, aufmerksam geworden wie hoch man zu schätzen weis was auf chemische und mechanische Weise fördert. Ich werde Sie ersuchen künftig jeden neuen Fund zu secretiren, mir ihn anzudeuten, damit man den Besuch manche, ihn zu fremden und eignem Nutzen anzuwenden. Sie sehen daß mich der Kaufmannsgeist anweht. Es sollte mich sehr freuen zwischen Ihnen und den hiesigen thätigen Freunden eine Verbindung zu knüpfen.

Baldiger Antwort entgegen sehend mit den besten Wünschen.

ergebenst.

Wiesbad. d. 11. Jul. 1815.

Goethe.


26/7139.


An Christiane von Goethe

Deinen lieben Brief vom 19. Juni habe zu rechter Zeit erhalten, den meinigen vom 17ten wirst du auch empfangen haben. Möge dir es recht wohl gegangen seyn! Persönlich habe mich auch recht gut befunden, leider ist mir aber mir aber Carl kranck geworden, wodurch denn freylich manche Unbequemlichkeit entsprang. Da wir aber einen sehr geschickten Arzt haben; so war die Sorge geringer, ich suchte meine Zeit möglichst zu nutzen und nun geht alles wieder ganz leidlich und wird nächstens im alten Wege seyn. Besuche von Franckfurt hab ich mehrere gehabt. Jetzt ist[34] Chr. Schlosser bey mir zu sehr angenehmer und nützlicher Unterhaltung. Die, bey immer trüben und kaltem Wetter, um so erwünschter ist. Einige schöne Tage habe auf dem Lande zugebracht. Sonntags fahre nach Bieberich. Gestern war ich mit Frau von Lyncker dort. Durch diese habe ich Briefe und Nachrichten von Weimar erhalten, auch ein sehr artiges Tässchen von Granit mit Stahlarbeit, von der Erbprinzess Hohheit.

Wegen des Treuterischen Hauses ist Vorsehung getroffen. Daß August zum Cammerjuncker erhoben worden, weiß ich zu schätzen. Er aber genösse der Ehre noch lieber, wenn auch was klingendes dabey gewesen wäre. Das wird auch kommen.

Kreuter höre ich benimmt sich sehr gut, August lobt ihn. Es war nicht anders zu vermuthen. Solch ein Wesen ist mir höchst nöthig.

Ehe Carl kranck wurde habe ich ihm viel dicktirt und das korrigirte abschreiben lassen, daß ich also doch nicht ganz leer nach Hause komme. Wenn wir nur erst wieder zusammen sind wird sich manches schicken und richten.

Vielleicht ist ein Brief von dir unterwegs. Wenn du diesen erhältst, schreibe mir noch einmal was du zu thun gedenckst, und dann nicht weiter. Ich dencke noch ein Stückchen Badekur mitzunehmen, in Franckfurt wenige Tage mich herum zu komplimentiren und dann nach Hause zu eilen. Die Menschen sind alle[35] so erstaunend in Agitation daß ich mich recht wieder zum Kappenfelsischen Giebel sehne.

Brentanos fahren fort sehr freundlich zu seyn, sie haben mir Wein und alles erfreuliche gesendet und gebracht. Georg hat seine schöne Frau verlohren. Er ist nach Ems und wollte mich auf's freundlichste mit sich. Franz und Frau waren schon zweymal hier.

Eine große stille und laute Freude ist in dieser Gegend wegen des errungenen Siegs. Wäre die Schlacht verlohren gegangen, so hätte man die unruhige, unglückliche Nachbarschaft schon wieder auf dem Halse. Unterdessen bedauert jede Familie einen todten, verwundeten, vermißten, verstummten. Und dies giebt bey so großem Glück dem Aufenthalt eine traurige Stimmung, auch blessirte kommen nach und nach. Die vorjährigen Vereine sind wieder in voller Thätigkeit. Und doch ist alles froh weil man bedenckt daß diese Übel von dem allergrößten hätten verschlungen werden können.

Nun lebe recht wohl an deinen Böhmischen Felsen. Grüße alles zum schönsten. Namentlich der Herzoginn v. Curland Durchl. Frau v. Reck und Tiedge. Schützen auch die wohl noch da sind. Deine Gesellschaft zum besten. Schöbe sich nicht so manches dazwischen was ich nicht wegräumen kann;[36] so wäre ich Anfangs August in Weimar. Schreibe mir wann du dort zu seyn gedenckst.

Wb. d. 11. Jul. 1815.

G.


26/7140.


An Carl Bertuch

Ew. Wohlgeb.

dancke verbindlichst für die bedeutende Gabe, für die manigfaltigen Nachrichten und die angenehme Hoffnung, bey nächstem Zusammentreffen soviel Bedeutendes, was man zu sehen wünschte, durch einen wohlschauenden Dritten gewahr zu werden.

Diesmal möchte nur wegen des Rostocker Monuments einige Worte sagen. Die Unternehmung ist so wichtig, daß man wohl noch einmal interloquiren darf. Dacher eröffne den Wunsch: Herr Schadow möge das Modell einer pedestern Statue verfertigen. Dem Urtheil würde hiedurch ein drittes vorgestellt, es gewänne größeren Spielraum.

Ein Standbild hat vieles vor sich, indess ein reitendes unendlichen Hindernissen begegnet. Doch davon könnte erst die Rede seyn, wenn mein Vorschlag genehmigt und ein Modell aufgestellt wird.

Entschuldigen Sie bey Herrn von Pren, daß ich nicht sogleich unmittelbar antworte. Diese Zwischenrede gelangt an Ew. Wohlgeb. in Hoffnung, daß wir diese drey Vorschläge, im Kreise der Weimarischen Kunstfreunde, diesen Winter zusammen überlegen.[37] Vielleicht springt etwas hervor das die Unternehmenden fördert. Solche Dinge kann man, wie hier der Fürst bedächtig ausgesprochen, nicht genug hin und her überlegen. Nicht weiter! damit das Blat nicht aufgehalten werde. Die schönsten Empfehlungen den lieben Ihrigen.

Wiesbaden. An Gellerts Geburtstag d. 14. Jul. 1815.

Goethe.


26/7141.


An Anton Genast

Für so manche gute Nachrichten bin ich Ihnen, mein werthester Herr Genast, viel Dank schuldig, möge diesen Sommer alles recht erwünscht gehen! Meine Gedanken sind auf Herbst und Winter gerichtet. Da nun der Feldzug so glücklich vorwärts schreitet und das Beste zu erwarten ist, so wünsche ich, daß auch bey uns Epimenides erwache und uns Freude bringe.

Wollen Sie wohl mit Herrn Geheimehofrath Kirms überlegen, wie man sich mit Herrn Capellmeister Weber in Verhältniß setzt, um gegen billige Vergütung die Partitur zu erlangen. Besetzen können wir das Stück sehr gut, Herr Beuther wird uns an Decorationen nichts fehlen lassen und Ihre Sorgfalt würde über das Ganze hinaushelfen. Denken Sie doch darüber! Ich wünschte es zum achtzehnten October zu geben. Es scheint lange hin, will aber vorbereitet seyn.

[38] Noch einige Zeit treffen mich Ihre Briefe hier. Da ich in die Nachbarschaft dringend und freundlichst eingeladen bin, kehre ich doch immer hierher zurück.

In dem bewußten Geschäft kennen Sie meine Wünsche. Auf welche Weise Sie denselben zu Gunsten wirken, soll durchaus meinen Beyfall haben. Wenn Sie mir mit umgehender Post schreiben, wie die Sache steht, werden Sie mich sehr verbinden.

Empfehlen Sie mich aller Orten und sagen mir etwas von den letzten Vorstellungen in Weimar und Erfurt.

Das Wetter ist nun wieder warm und bademäßig, mein getreuer, sehr hart angegriffener Carl auch wieder auf gutem Wege und so fügt sich's ja wohl, bis wir vergnüglich zusammentreffen.

Wiesbaden, d. 15. Juli 1815.

Goethe.


26/7142.


An Johann Heinrich Meyer

Auf den einen Punckt Ihres Schreibens eilige Antwort.

Ernesti, Gellert, Platner versahen von Leipzig aus die Welt mit Hofmeistern, im Durchschnitt hatten sie Ehre von ihrer Empfehlung. Sie konnten unter den vielen Schülern und Stellebedürftigen nur wählen und nach Erfordernissen sie austheilen. Ich habe keine Schüler, kein Verhältniss zu geprüften Jünglingen, ich würde also nur mit halber Überzeugung[39] rathen und empfehlen dürfen. Da aber unsre Verehrteste die Sache wieder zur Sprache bringt, so eröffne folgendes: Mit Geh. Rath Wolf hatte ich voriges Frühjahr die Sache durchgesprochen und er getraute sich, mit Beyrath mathematischer Freunde, in dem Kreise in dem er wirckt ein passendes Subjeckt zu finden. Unsre Trennung, verlängerte Reisen, Abwesenheit Ihro Hoheit ließen die Angelegenheit ruhen; wollte man sie wieder aufnehmen; so ließen Sie Sich die Ackten geben, die in dem Schrancke neben meinem Schlafzimmer, durch August, oder Kräutern gefunden werden. Sie schrieben, mit Ihro Hoheit Genehmigung, an Geh. R. Wolf, meldeten ihm die Bedingungen wel che in den Ackten ausgesprochen und von mir, zur Communication übersetzt und modifizirt sind. So wäre denn doch das Geschäft wieder eingeleitet, und vielleicht eh ich zurückkomme schon Vorschläge geschehen. Jener Freund erinnert sich gewiß unsrer vorjährigen Unterredung und seiner Theilnahme.

Wegen des Rostocker Monuments habe ein Interlocut an Bertuch geschickt und vorgeschlagen: ein Modell zu einer pedestern Statue fertigen zu lassen. Wenn etwas seyn soll, so dächte ich wäre dies das Beste, weil man da am wenigsten fehlgreifen kann. Wobey Sie auf alle Fälle loben werden daß ich Urtheil und Entschluß hinausgeschoben habe.

Unter uns! – den abgedruckten Brief des Prinzen Bernhard, den ich aus Weimar erhielt, secretirte ich[40] sorgfältig. Als er in der Franckfurter Zeitung erschien machte er die höse Wirckung, die ich befürchtete, daß er das Misverhältniß zwischen den Nassauern und Preussen hervorhetzte. Vulnera non dantur ad mensuram. Nich froh genug können wir aber seyn über das neue unverdiente Glück; denn wie das alles wieder am Pferdehaar hing, wird überall empfunden, besonders in dieser Nähe.

Und so leben Sie denn wohl! Meine Feder wird stumpfer und so sage ich Ihnen mit mehr Behaglichkeit daß ich hoffe Sie bald wieder zu sehen. Möge ich durch Sie am rechten Orte empfohlen seyn!

Wiesb. d. 15. Jul. 1815.

G.


Auch diesmal habe ich, wie es mir oft geht, die Hauptsache subintelligirt. Wenn ich auch jenen Darmstedter sähe und oberflechlich prüfte, wie wollt ich ihn beurtheilen? Und so schließt sich das Ende an den Anfang dieses Blattes.


26/7143.


An Constanze von Fritsch

Frau von Lyncker ist mir niemals hübscher vorgekommen als da sie mir das köstliche Gefäß und die lang entbehrten holden Worte meiner lieben Freundinn übergab. Meinen empfundensten Dank für jenes erstatten Sie höchsten Ortes und Sich[41] selbst sehen Sie einmal im Spiegel recht freundlich an, in meinem Nahmen und zu meinem Andencken.

Die Geschichte meiner Wanderungen theilt sich in zwey Epochen, eine günstige und eine Widerwärtige. Gute Wirckung des Bades, schönes Wetter, gemäße Thätigkeit, ununterbrochen fast einen Monat; dann kaltes Wetter, Carls Krankheit, worüber ich in Mismuth und Unthätigkeit verfiel, indem ich zugleich einen Diener, Rechter und Schreiber vermißte. Nun scheint sich's mit allem wieder in's bessre zu schicken. Auch die Übel sind nicht ohne Vortheil gelieben; denn ich habe gelernt daß man bey meiner Taille, mit Rheumatismus in der Schulter doch noch, wenn's Not thut, enge seidne Strümpfe selbst anziehen kann.


Montag d. 17ten.

Gedachtes Kunststück habe abermals gestern durchgeführt, es war aber auch der Mühe werth. Ein Fest in Bibrich zu Mittage, abends hier im Cursaal, welches Erzherzog Carl durch seine Gegenwart verherrlichte, war, bey dem doppelten schönen Local, höchst erfreulich. Nur konnte man niemanden seine Freude über das allgemeine Glück mittheilen, der nicht einen Familien Verlust zu bedauren hatte. Aber am betrübtesten war der Herzog selbst, der sich auf die würdigste Weise darüber erklärte.

Durch solche Feste und sonstige Unnäherungen bin in soviel Verhältnisse gekommen nach manchen[42] Seiten eingeladen worden, daß es mir bange wird wie ich scheiden will, ohne für unartig gehalten zu werden, und am Ende muß man doch auf den Rückzug denken.

Wie viel sollen Sie mir nicht von Wien erzählen! Damit ich wieder Muth fasse unsern allerhöchsten und hohen Damen auch nur in Gedancken mich zu nähern; wo nicht gar, wenn die Liebe zu kleinen Büchelchen noch obwaltet, mein Andencken wieder anzufrischen.

Mit der Bitte mich unsrer unmittelbarsten, gnädigsten Herrin oft und dringend zu empfehlen, schließe und nenne mich aufrichtig

Den Ihrigen.

Wiesb. d. 18. Juli 1815.

Goethe.


26/7144.


An Antonia Brentano

Unser kleiner Freund wird hoffentlich meine schönsten Grüße überbracht haben, ich muß ihm das beste Zeugniß geben. Er hat als ein ächt katholischer Christ, ohne sein Gewissen zu beschweeren, mit einem rein protestanischen Heiden, sich recht traulich benommen. Seine Gegenwart ist mir deshalb aufregend, unterhaltend und belehrend geworden. Carl ist wieder auf den Beinen, aber schwach, indessen bin ich auch so schon glücklich einen provisorischen Aufwärter los zu seyn. Ich fange nun an Besuche und Aufwartungen in der Gegend abzustatten, die alle schon entrichtet[43] seyn sollten. Dann will der Arzt mir noch eine Anzahl Bäder zumuthen und was wird mich nicht alles noch abhalten meine theuerste Freundinn zu begrüßen! Und wie werd ich mich anstellen um jener lockenden Einladung zu entgehen, welche, nebst vielem Erfreulichen, auch mancherley Bedrohliches in der Form zeigt. Dies alles müssen wir also in die Hände der waltenden Götter legen, wenn wir nicht besser thun für uns selbst zu handeln, da jene ohnehin genug zu thun haben.

Vierzehn Tage werden hinreichen diese Räthsel aufzuklären, da die großen Welträthsel eben soviel Knoten schürzen als lösen und uns unfreundlich an die Arglist der Penelope erinnern. Möge Sie dagegen mit offner Neigung meinen aufrichtigen Gesinnungen begegnen. Mich überall empfehlend

Wiesb. d. 18. Juli 1815.

Goethe.


26/7145.


An Heinrich Carl Friedrich Peucer

[Wiesbaden, den 18. Juli 1815.]

Ew. Wohlgeb.

werthes Schreiben hat mir sehr viel Vergnügen gemacht, indem es mich wieder in das liebe Weimar an Ihre Seite versetzte. Hier, so nahe an den großen Begebenheiten, fehlt es mir nicht an Unterhaltung, noch an Freunden, die auf mannichfaltige Weise Theil[44] nehmen an Großem und Kleinem, wofür ich mich interssire; doch fühl' ich mich aus dem Kreise gerissen, in welchem es mir am behaglichsten ist.

Unser dramatisches Werklein habe, wie Sie nun wohl selbst gesehen, mit einer Eileitung in's Morgenblatt gegeben. Es könnte uns nicht unangenehm seyn, wenn künftig andere Theater das Fest auf gleiche Weise feyerten. Bey nächster Gelegenheit lassen Sie uns etwas Ähnliches versuchen!

Die vergangenen Wochen habe mit abwechselndem Glück zugebracht. Mein Diener wurde sehr krank, und meine kleine, recht artig getroffene Einrichtung ward durch provisorische Aufwartung grausam gestört. Nun scheint sich's wieder in's alte Gleis zu lenken.

Eine Mittheilung in's Modejournal überlasse ganz. Erhalten Sie mir ein freundliches Andenken.

Ergebenst

Goethe.


26/7146.


An August von Goethe

Da ich dir, mein lieber Sohn, mit der Nachricht von meiner Systole beschwerlich gefallen; so will dir eine angehende Diastole sogleich vergnüglich melden. Sonntag d. 16ten. War in Bibrich großes Fest, welchem Erzherzog Karl, mit seinem Generalstab, auch dem Überrest von Preusen beywohnte. In Wiesbaden fortgesetzte Feyer bis Mitternacht.

[45] Dienstag d. 18ten Nach Maynz, bey Kayserl. Hoheit zu Tafel, höchst gnädig und freundlich aufgenommen. Kehrte mit dem Geschencke des Prachtwerckes: Grundsätze der Strategie zurück. Tags darauf sollte die Übergabe des Johannisberges an des Kaysers von Österreich Majestät geschehen. Wozu ich dringend eingeladen ward. Als ich nun

Mittwoch d. 19ten mich früh abzufahren bereitete, trat Herr v. Hügel bey mir herein, mir gratulirend daß mir von Kayserl. Maj. die Würde eines Kommandeurs des Leopoldsorden ertheilt worden. Meine Verwunderung war groß. Nun fuhr ich mit Herrn v. Hügel auf den Johannisberg. Nach vollbrachter Übergabe, vor Tafel, wünschten mir die sämtlichen Beamten Glück, unter allerley Scherzen und Bezügen. Wie denn unter den Österreichern großes Wohlwollen gegen mich ist. Einige kannte ich schon von Böhmen her.

Und so kam ich glücklich zurück. Auch hatte Carl diese Touren schon wieder mit gemacht. Officiel ist mir von jenem Ereigniß noch nichts zugekommen. Herr v. Hügel wußte es auch nur aus den Zeitungen. Nun lebe wohl. Überstehe muthig die Systolen, die Ausdehnung wird sich geben.

Wsb. d. 20. Jul. 1815.

G.

Secretire diesen Brief, Morgen schreibe ich an Serenissimum. Es ist zwar kein Geheimniß, doch geziemt es sich daß ich davon zu erst zu ihm rede.[46]


26/7147.


An den Großherzog Carl August

Durchlauchtigster Großherzog

gnädigster Herr,

Ew. königliche Hoheit einige Nachrichten schuldigst mitzutheilen hat mir bisher nicht gelingen wollen; denn verschiedne an Höchstdieselben gerichtete Blätter veralteten über den anderen Tag, und da überhaupt das Beste was ich zu sagen hatte mehr in Betrachtungen als That, mehr in Reflexion als Begebenheiten bestand, auch dergleichen dem Papier anzuvertrauen nicht räthlich; so habe von Woche zu Woche gezaudert, die ich noch überdem in ziemlichem Unmuth über häusliche an fremdem Ort sehr beschwerliche Übel zubrachte.

Nun aber seyen die ersten heiteren Stunden Höchstdenenselben gewiedmet und vor allen Dingen meine aufrichtigste herzlichste Danckbarkeit ausgesprochen, für die meinem Sohn gnädigst gegönnte Beförderung; möge er sich jederzeit Ihro Höchsten Bemerckung werth machen.

Für mich selbst habe dann auch einen freudigen Danck hinzuzufügen. Denn als ich gestern mich bereitete, auf den Johannisberg zur Übergabe an Ihro Kayserl. Maj. von Österreich zu fahren, trat Herr v. Hügel herein, mir Glückwünschend daß Allerhöchstdieselben mich zum Commandeur des Leopoldsorden zu ernennen geruht, wobey ich sogleich, in meiner[47] frohen Verwunderung gedachte, wie auch dieses Gut Ew. königl. Hoheit früherer Verwendung schuldig geworden, und also auch die Feyer dieses Tags in danckbarer Erinnerung an Höchstdieselben zubrachte. Nach vollbrachter Übergabe, nach einem Umgang um Schloß und Berg, sodann einem heitern Mittagsmahl, die Gegend immerfort bewundernd, sah ich denn den Kayserl. Adler über den alten, in Eisen gegossnen Fuldischen Kreuzen schweben und also auch den Besitz dieses merckwürdigen Erdpuncktes entschieden. Möge doch auch bald das Ew. Hoheit zugesagte wircklich zu Theil werden. In diesen Tagen wird wohl die Übergabe jenes Landstrichs an Preußen geschehen.

Erzherzog Karls Kayserl. Hoheit ertheilten mir den freundlichsten Auftrag zu den allerbesten Empfehlungen als ich am 18ten in Maynz aufwartete. Das Gleiche war den 16ten am großen Feste zu Bibrich von den hiesigen Herrschaften geschehen.

Mögen Höchstdieselben auch meiner bey Ihro Frau Gemahlinn Hoheit in Gnaden gedencken und meiner ewigen Anhänglichkeit einen gnädigen Blick gewähren!

unterthänigst

Wiesbaden d. 20. Jul. 1815.

treu gehorsamstJ. W. v. Goethe


In einem Beyblatte gedencke der Hoffnung und Zuversicht daß Höchstdieselben mir noch einen längeren Aufenthalt in diesen Gegenden gewähren mögen.

[48] Der Großfürstinn Catharine Kayserl. Hoheit aufzuwarten gelingt mir wohl heute.

Einer freundlichen Einladung des Herrn von Stein zu Folge bereite ich mich in diesen Tagen denselben zu besuchen.

Die Empfindung in diesem Augenblicke ist sehr angenehm daß, durch das allgemeine Glück die Herzen mehr geöffnet, sich freyer gegen einander bewegen. Klänge nicht hie und da die Mishelligkeit innerer Partheien hervor; so würde man sich im Himmel glauben. Auch blickt schon wieder niemand nach Paris mit Zufriedenheit.

Der Ihrigen sich empfehlend

Goethe.


26/7148.


An Sulpiz Boisserée

Ihren werthen Mahnbrief erhalte im Augenblick da ich meine Gebirgsreise anzutreten im Begriff bin. Also kürzlichst! Nach Heidelberg gelange schwerlich; wenn ich in Franckfurt eintreffe erfahren Sie gewiß. Ohne Sie gesehen zu haben will ich nicht scheiden, ohne persönlich erneuerte Wechselversicherung des schönsten Verhältnisses. Nur ein herzlich Lebewohl Ihnen und den Lebensverwandten.

Wies. d. 21. Jul. 1815.

Goethe.[49]


26/7149.


An Sulpiz Boisserée

Wiesb. d. 1. Aug. 1815.

Dienst. d. 25ten Jul. führte Herr Min. v. Stein mich im Wagen bis Thal E. im Nachen bis Cöln.

Mittw. d. 26. Der Dom, in und auswendig, oben und unten, mit allem Zubehör. Privatsammlungen, Merckwürdiges.

Donnerst. d. 27. Um die Stadt gefahren, Besuche, Bilder. Walrafs angefüllte Wohnung. Gebäude. Schulrecktor. Auf Bonn. Fuchs begleitete.

Freytag d. 28. Canonicus Pick. Mittag Andernach. Über Laach, die Steinbrüche nach Coblenz.

Sonnabend d. 29. Frühstück auf der Carthause, veranschtaltet durch Görres und Familie. Zu Wagen ferner. Nach Nassau.

Sonnt. 30. In Nassau.

Montag 31. In Wiesbaden.

Daß ich nach allem diesem Sie verfehlen mußte war mir sehr schmerzlich. Bis Sonnab., d. 5ten, bleib ich hier, dann wohl noch acht Tage in Franckfurt. Uns zu besprechen ist höchst nöthig, wär es nur eine Stunde.

Herzlichst Goethe.[50]


26/7150.


An August von Goethe

Wiesb. d. 1. Aug. 1815.

Deine Beyden Briefe vom 18. und 20. vorigen Monats erhielt ich gestern bey meiner Rückkehr. Beyliegendes kommunicable Blättchen bezeichnet meine Reisefreuden. Herrn Geh. R. v. Voigt zeigst du es zuerst, bey Übergabe des Billets. Mündlich habe viel zu erzählen: denn du kannst dencken daß diese Tour so bedeutend als kurz war. Alle Beamten und Angestellte haben die größte Deferenz für Herrn v. Stein, und die Menschen-Masse den besten Willen gegen mich. Sie haben mich enthusiastisch, ja fanatisch aufgenommen, so daß man es kaum erzählen darf. Beynahe alles habe gesehen und bin aufgeregt worden über Erhaltung und Ordnen der Kunstschätze am Rhein mein Gutachten abzugeben. Das will ich denn auch wohl thun, denn es ist der Mühe werth, die besten Dinge stehn am Rande des Verderbens und der gute Wille der neuen Behörden ist groß, dabey herrscht Klarheit und so läßt sich etwas wircken.

Das ich mit Herrn v. Stein gerade in diesem Moment die Reise machte hat viel zu dencken gegeben; sonderbar genug ist es daß sie absichtslos, aus dem Stegreise geschah, gewiß aber nicht ohne Folgen bleiben wird. Die Schilderung dieses auserordentlichen Manns wird auch für dich fruchtbar[51] seyn. So wie mehrere Menschen bedeutend und schätzenswerth gefunden wurden, von denen du gern vernehmen wirst.

Und nun sollst du Danck haben wenn du Tuch und Stickerey zur neuen Uniform von Dresden auch für mich besorgst. Zum Geburtstag des guten Grosherzogs wollen wir uns herausputzen. Die Rose am Fus und was daraus folgt will mir nicht gefallen. Möge Baden recht hülfreich seyn.

Zugleich sendet Micio einige Theater Assignationen zu mäßigem Gebrauch. Es sind deren zehne. Viere für Kreiter bestimmt, an welchen eher hätte dencken sollen. Grüße ihn schönstens. Wenn ich zurückkomme soll Neapel mundirt werden. Carls Kranckheit setzte mich zurück. Von der Mutter habe gute Nachricht. Sie will nun den neunten auch in Weimar seyn.

Meine Absicht ist nächsten Sonntag d. 6ten abzugehen. Bey Willemer auf der Gerbermühle dencke zu logiren. Schreibe allenfalls nach Franckfurth, bey Chr. Schlosser abzugeben.

An Westen, seidne Strümpfe u. d. werde dencken.

Nun lebe wohl. Grüße alles. Lebe ruhig, und gedencke daß unser Zustand einer von den Besten bleibt. Diese herrliche Gegend ist so untergraben, daß der gegenwärtigen Generation wenig Freude übrig bleibt. Ich möchte um alles hier nicht wohnen.

Vale

G.[52]


Die Reiseblättchen, das an Herrn v. Voigt bestimmte kommt nächstens. Empfiel mich und grüße. Gestern erhielt ich durch Herrn von Hügel, nebst sehr ehrenvollem Schreiben des Fürsten Metternich, die Decoration eines Commandeurs des Leopoldsordens. Nächsten Sonntag werde mich damit zieren.

Inliegendes besorge baldigst. Die Verse gieb Riemern mit meinem Gruße. Mehr sage nicht. Damit das Gegenwärtige gleich abgehe. Vale.

Wsb. d. 3. Aug. 1815.

Boisserée ist so eben angekommen.


26/7151.


An Joseph De Lort

[Concept.]

An Ihro Kaiserliche Hoheit beyliegendes Schreiben unterthänigst zu überbringen, wäre mir die angenehmste Pflicht, von welcher nur dadurch abgehalten werde, daß mich die letzten Tage meines Hierseyns durch mancherley Obliegenheiten geengt sehe. Ew. Hochwohlgeb. ersuche daher um die Gefälligkeit an meiner Stelle und mit meiner unterthänigsten Empfehlung, gedachtes Schreiben einzuhändigen.

Mit großem Vregnügen kann ich zugleich vermelden, daß die Ordens-Decoration, wozu mir auf dem Johannisberg so freundlich Glück gewünscht ward, mit einem verehrlichen Schreiben des Fürsten von[53] Metternich Erlaucht gestern in meine Hände gekommen, wodurch ich denn gleichfalls aufgefordert bin, Ihro Kaiserlichen Hoheit mich als verpflichteter Angehöriger darzustellen.

Ferner darf ich nicht mit Schtillschweigen übergehen, daß bey meiner dieser Tage ausgeführten Reise in die Lahngegend und sodann mit Herrn Minister von Stein nach Cöln, mir zum größten Vortheil gereichte, die erste Platte des mir gnädigst geschenkten Werkes vor meinem Abgang fleißig studieren und nach meiner Wiederkunft auf derselben sowohl die Wege, die ich betreten, als die Gegenstände, welche ich in der Ferne erblickt, genau kennen und beurtheilen zu lernen. Überraschend erfreulich war mir zu bemerken, wie der Kriegsmann, indem er seine Zwecke verfolgt, auch für Geognosten arbeitete. Wie denn alles was gründlich und tüchtig geschieht, nach mehreren Seiten hin seine Wirksamkeit bethätigt.

Mit wiederholter Empfehlung.

Ws. d. 3. Aug. 1815.


26/7152.


An Clemens Wenzel Nepomuk Lotharvon Metternich

[Concept.]

Durchlauchtiger, Hochgebohrner

Fürst und Herr.

Das unschätzbare Zeichen allerhöchster Gnade, welches Ew. Durchlaucht, begleitet von so ehrenvollen[54] Zeilen, durch eine theure Hand an mich gelangen lassen, verpflichtet mich zu dem gefühltesten Dancke, welchem keine Worte zu finden weis, dessen Ausdruck zu den Füssen des Trohns daher Höchstderoselben weitumfassendem Geiste zutrauensvoll anheim zu geben, mich genötigt sehe.

Noch überraschender wäre jene Höchste Gabe mir geworden, wenn nicht, auf meinem Lebenswege, Ew. Durchlaucht schon öfter als fördernden Schutzgeist erkannt hätte. Die Ehre, Mitglied einer ansehnlichen Kayserlich-Königlichen Academie der Künste zu seyn, verdancke Höchstderoselben gnädiger Aufmercksamkeit; wie denn auch Ihro persönliche Gegenwart, in so glücklichen als unruhigen Stunden, meine Wohnung von andringenden Kriegsübeln befreyte und mir die, Wissenschafts- und Kunstfreunden so wünschenswerthe Ruhe wiedergab.

Wird mir nun, ebenmäßig durch Ihro Vermittlung, eine unerwartete Auszeichnung zu theil; so bekenne mit Wahrheit daß ich leider die Gebrechen des Alters, so wie das Verschwinden der Kräfte, welchen der Mensch, als allgemeinem Schicksal, sich fügen lernt, zum erstenmal unangenehm empfinde, weil diese Allerhöchste, in der wichtigsten Epoche, auch auf mich gerichtete Aufmercksamkeit, nicht sowohl als Belohnung eines Verdienstes, sondern als Aufforderung zu bedeutenden Leistungen ansehen darf.

[55] Weil man sich aber vielleicht durch das, was man anregt, mehr Verdienst erwirbt, als durch das was man selbst vollbringt; so kann ich hoffen, durch fernere treue Fortwirckung auf deutsche Männer und Jünglinge der Allerhöchsten Absicht, wo nicht zu genügen, doch wenigstens, nach Pflicht und Vermögen, getreulich entgegen zu arbeiten, und so den Schmuck einer Allerhöchsten Auszeichnung mit bescheidnem Danckgefühle führen zu dürfen.

Vergönnt sey es daher schließlich anzuführen, daß ich mich so eben veranlaßt sehe zu bedencken: wie so manche am Rhein und Mayn, ja überhaupt in diesen Gegenden befindlichen und zu hoffenden Kunstschätze, durch Gunst und Aufmercksamkeit höchster Behörden, durch Theilnahme und Neigung Einzelner, versammelt, geordnet, erhalten werden könnten; der gestalt daß jeder Ort sich seines Kunstbesitzes erfreute und alle zusammen sich zu wechselseitiger Mittheilung des Genußes und der Kenntniß vereinigten.

Wäre dergleichen Übersicht und Vorschlag zu einiger Allgemeinheit und Reife gediehen; so würde Ew. Durchl. zu gnädiger Prüfung und Begünstigung die vollständigeren Entwürfe vertrauensvoll vorzulegen mir die Erlaubniß erbitten.

Wsb. d. 4. Aug. 1815.

pp.[56]


26/7153.


An Antonia Brentano

Meiner verehrten Freudinn zeige, die freundlichen Grüße danckbarlichst erwiedernd, eiligst an, daß heute nach Biebrich, morgen nach Maynz fahre, sodann bis Ende der Woche hier bleibe und Sonnabend in Franckfurt Sie zu finden hoffe. Wegen Anwesenheit höchster Personen bin ich hier meiner Stunden nicht Herr, doch wünsche nichts mehr als Sie auf Ihrer Durchreise nach Winckel zu sehen und werde mich daher im Orte halten und so lose als möglich. Franckfurt hat überhaupt eine andre Physiognomie als vor einem Jahr und nun verliert es gar den schönsten Zug. Leben Sie recht wohl. Möge die Reise und der Rheinaufenthalt recht gesegnet seyn.

Wünsche des herzlich geeigneten

Wsb. d. 6. Aug. 1815.

G.


26/7154.


An Johann Jacob von Willemer

Endlich darf ich hoffen, verehrter Freund, bey Ihnen einzutreffen. Sehr leid hat es mir gethan Sie am 21ten Juli versäumt zu haben. Nächsten Sonnabend, d. 12ten hoffe bey Ihnen anzuklopfen. Da aber manches Hinderniß begegnen könnte, bitte nicht allzuentschieden meiner zu warten. Mehr nicht! Lassen Sie mir die Freude mündlich auszusprechen[57] wie sehr ich Ihnen verbunden bin. Die schönsten Grüße den lieben Ihrigen.

treu ergeben

Wsb. d. 7. Aug. 1815.

Goethe.


26/7155.


An August von Goethe

Reise-Bericht.

July 21. Auf Idstein, Kirche und Schloß besehen. Oberselters zu Mittag bey Hüttenverwalter Münz. Nach Niederselters, den Brunnen sehr reinlich, die Wohnung des Brunnen-Commisairs Westermann sehr zierlich gefunden. Nachts in Blessenbach bey dem Landgeistlichen Pfarrer Meß.

22. In das Weinthal, wo nie Wein gewachsen, in die Lange Hecke, beyde Namen berüchtigt wegen Schinderhannes Fluchtwinkel. Lange Hecke, ein enges Thal, durchaus unregelmäßige Dachschieferbrüche. Halden und Höhlen, höhlenartige Häuser. Oberwärts Bleygrube, unterwärts Eisenhütte. Zunächst Eisensteingrube. Zu Mittag sämmtliche gestern benannte Angestelle. Abends Limburg.

23. Über Diez auf Holzappel. Wichtiger Bau auf Bley und Silber, sehr unterrichteter Bergcommissair, Schreiber, freundliche belehrende Bewirthung. Modell des Vewerfens der Gänge. An der Lahn her. Beschwerliche aber interessante Wege. In Nassau.

[58] 24. Trennte ich mich von Oberbergrath Cramer, den ich auf dieser Geschäftsreise begleitet. Spaziergang. Herrliches Local. Donnerwetter, Wolkenzüge, sehr trefflich zu den Oranischen und Steinschen Ruinen sich fügend. Auf Einladung des Herrn Minister von Stein in das Schloß gezogen. Höchst willkommene und belehrende Unterhaltung. Spaziergang auf die Burgen, wohin leicht zu besteigende Gänge führen. Familientafel. Die Hausfrau fehlte, wegen Krankheit. Entschluß nach Cöln zu fahren.

25. Zu Wagen, über Ems, glatten Wegs, sodann bergauf, bargab, hinter Ehrenbreitstein her in's Thal. Im Posthause gefrüstückt. Im Nachen fortgeschwommen. Angehalten bey Andernach und Linz wegen des Zolles. Durchaus bedeutend abwechselnde angenehme Ansichten. Drachenfest, Siebengebirge, bey Bonn vorbey. Abends Regen, Dämmerung, Nacht. Unsicheres Landen. Ferne Feuer. An Cöln her, an vielen Schiffen vorbey. Endlich gelandet. Gasthof zum heilgen Geist. Rheinaussicht bey Mondschein.

26. Rheinaussicht bey Sonnenschein. Professor Wallraff. Dom, von Außen umher, Dom von Innen. Altes köstliches Gemälde, Chor. Äußere Gallerien bestiegen. Inwendig Reliquienkasten. Überrest des Schatzes, den Nachmittag Privat-Sammlungen. Aus der Zerstörung und Zerstreuung gerettete altdeutsche Kirchen-Bilder. Schöne neuere Gemälde. Das Duplicat[59] eines großen Jabachischen Familienbildes, von Le Brun. Geschmackvoll decorierte Hauscapelle. Architektonische Perspective, in einem engen kurzen Hofe, von sehr artiger Wirkung. Wie sie Beuther glücklich mahlen würde. Weitläufiges Gesellschaft- und Logengebäude. Kirche St. Gereon, Römischer Thurm.

27. Um die Stadt gefahren. Winterhafen. St. Cunibert. Mittag General von Ende zu Tische. Sammlung der Frau von Groote. General von Rauch, der Befestigung der Stadt vorgesetzt. Manches Interessante, bey dieser Gelegenheit Ausgegrabene, sammelt General Rauch zu künftiger öffentlicher Sammlung diese Einzelheiten bestimmend. Wallrafs vielseitige noch zu ordnende Sammlung. Bey Schulrector [Fochem]. Gemälde, Manuscripte. Einz vorzüglich mit gemahlten Vorstellungen und Zierrathen versehen. Sodann auf Bonn gefahren. Mahler Fuchs geleitete.

28. Merkwürdige heiter und geistreich aufgestellte Sammlung bey Canonicus Pick. Mittag zu Andernach. In's Gebirge. Verödete Abtey Laach. Monumente. See. Bruch der rheinischen Mühlsteine. Weissenthurm. Coblenz spät.

29. Frühstück auf der Carthause, veranstaltet durch Görres und Familie. Rückweg über Ems auf Nassau. Familientafel, Thee und Unterhaltung.

30. Desgleichen Spaziergänge.

31. Über Schwalbach nach Wiesbaden.

[60] August 1. Herr von Hügel überreichte mir, im Cursaal, nach Tische den Orden. Ihro Hoheit des Großherzogs Brief erfreute mich gleich darauf.

2. Sulpzig Boisserée kam an. Wiederholung der Cölner Merkwürdigkeiten.

3. Verschiedenes vor- und nachgearbeitet.

4. Fürsten Metternich gedankt. Durch Hügelsche Staffete befördert.

5. Bey Großfürstin Catharine Hoheit zu Tafel.

6. Bibrich zur Tafel. Großes Hoffest. Die Weilburgischen Herrschaften. Prinzeß Braut. Erzherzog Carl und Gefolge. Die neue Dienerschaft von Dillenburg. Darmstädter und Franckfurter.

Die Höchsten Personen Ihro Hoheit sich bestens und verbindlichst empfehlend. Erzherzog Carl, ein Schreiben einhändigend, und ich mich zum Schlusse beurlaubend.

Nachrichtl.

Wiesb. d. 8. Aug. 1815.

G.


26/7156.


An Christian Gottlob Voigt

Wiesb. d. 1. Aug. 15.

Verzeihung! wenn ich ein Blättchen, als käme es von Frauenplan, aus der Ferne herübersende. Die Post versäume nicht, um, für das Überschriebne, weniges danckbar zu erwiedern.

[61] Das Diarium einer achttägigen Reise wird mein Sohn vorlegen. Sie war sehr fruchtbar an Vergnügen und Belehrung. Daß mit Herrn v. Stein in so nahe Berührung gekommen, ist für mich, in vielfachem Sinne, höchst bedeutend und es ergeben sich aus diesem Anfange, für mich und für andre, gewiß erwünschte Folgen.


192.

Dinstag, den

Wien.

Se. k. k. Majestät haben vermittelst höchsten, aus Speyer vom 28. Jun. erlassenen Kabinet Schreibens, dem herzogl. Weimar'schen geheimen Rathe v. Göthe, das Commandeur-Kreuz des Oesterreichisch-Kaiserl. Leopoldi-Ordens in Gnaden zu verleihen geruhet.


Was den Orden betrift habe weiter kein Document als obige Stelle aus der Wiener Hofzeitung, nach welchem, als einem untrüglichen, auf dem Johannisberg, am 9ten Julius mir von Herrn v. Hügel und sonstigen Gegenwärtigen, gar freundlich gratulirt worden. Ich vermuthete, es sey an Ihro Hoheit, den Grosherzog gesendet, und freute mich es aus dieser Hand zu erhalten. Ew. Excellenz erlangen vielleicht nähere Kenntniß durch unsern Geschäftsträger in Wien. Wenn es einmal seyn soll; so wünschte mich an Serenissimi Geburtstag damit zu schmücken.

Die neuen Baulichkeiten und Baudirecktionen verlangen freylich einen guten Rückenhalt, wofür Ew. Excell. wie immer treulich sorgen und gewiß um so[62] lieber als man, bey manchen National-Gebrechen, doch die Aussicht hat, die fremden Verbrechen los zu seyn.

Denn was für Übel den Franzosen begegnen mag; so gönnt man es ihnen von Grund des Herzens, wenn man die Übel mit Augen sieht, mit welchen sie seit zwanzig Jahren diese Gegend quälten und verderbten, ja auf ewig entstellten und zerrütteten. Die neue Regierung findet schwere Aufgaben. Davon mündlich. Auf alle Fälle leben wir dorthinten, mit mehr oder weniger Seelen, wie in limbo patrum.

Möge ich bey meiner Rückkehr die Gesinnungen wieder finden, die mich so glücklich machen. Serenissimo bitte mich angelegentlichst zu empfehlen.

Treu ergeben und geeignet

Goethe.


Wiesb. d. 8ten Aug. 1815.

Zu inliegendem habe, nach verfloßner Woche, hinzuzufügen, daß indeßen die Ordensdecoration, durch Herrn v. Hügels freundliche Hand erhalten und meinen schuldigen Danck des Fürsten von Metternich Durchl. sogleich abgestattet habe. Gar manigfaltige gute und schöne Wirckung entwickelt sich aus dieser mir gewordnen Gnade.

Am zwölften hoffe in Franckfurt einzutreffen, und von mir fernere Nachricht zu geben. Glückwünschend zu dem neuen Besitz, ob er gleich nur theilweise überliefert wird. Angeeignet

G.[63]


26/7157.


An Henri Daniel Toussaint

[Concept.]

Ew. Wohlgeboren

dancke ergebenst für die baldige Fertigung des Ordens-Sternes von St. Annen, wofür den Betrag nächstens schuldigst entrichten werde. Was hingegen das Leopoldskreuz betrifft, kann ich solches nicht annehmen, da ich dasselbe nicht bestellte, sondern, als die erbetne Zeichnung nicht erfolgte, mir weitere Entschließung vorbehielt. Meine Briefe, von denen ich zwar keine Copie besitze, werden ohnfehlbar hievon Zeugniß geben. Ich nehme mir daher die Freyheit, gedachtes Kreuz durch sichere Gelegenheit zurückzusenden. Weshalb mir Verzeihung und Erlaubniß erbitte, bey meiner Anwesenheit in Hanau, mich Ew. Wohlgeb. für die Zukunft zu empfehlen.

Wsb. 7. Aug. 1815.


26/7158.


An Johann Friedrich Heinrich Schlosser

Nichts angenehmeres konnte mir, bey meinem Abschied aus Wiesbaden begegnen als die abermalige Einladung in Ihren theuren und verehrten Familienkreis; sie bürgt mir daß ich so lieben Freunden und Verwandten auf alle Weise willkommen seyn muß.

[64] Da es aber billig ist daß, bey wiederholter Erscheinung in meiner Vaterstadt, sich die Wohlwollenden in die Einquartierungs-Last liebevoll theilen; so habe nicht angestanden, schon früher das Anerbieten Herrn Geh. Rath Willemer anzunehmen, da ich denn zu Ende dieser Woche glücklich auf der wohlgelegenen Mühle einzutreffen und von da meine theuren Franckfurter Freunde fleißig zu besuchen hoffe.

Empfehlen Sie mich angelegentlichst Ihrem würdigen Familienkreise und bleiben meiner treuen Anhänglichkeit versichert.

Herr Kriegsrath Toussaint wird eine Anweisung auf 68 f. einreichen welche zu honoriren bitte. Auf manche Mittheilung mich zum voraus herzlich freuend, das Beste wünschend

Wsb. d. 8. Aug. 1815.

Goethe.


26/7159.


An Ferdinand Franz Wallraf

[Wiesbaden, 9. August 1815.]

Ew. Wohlgeboren

bin ich bey meinem kurzen Aufenthalt in Cöln so viel schuldig geworden, daß ich diese Gegenden nicht verlassen darf, ohne meinen lebhaftesten Dank aufrichtig zu wiederholen. Ihre ausgebreiteten Kenntnisse, Ihr geistreicher Blick in die Kunsterfordernisse haben mir in wenigen Stunden so manche frohe und bedeutende Ansicht gegeben, daß ich nichts mehr bedauere,[65] als Ihres heitern und mittheilenden Umgangs nicht länger genossen, besonders aber auch Dero eigene Kunstschätze nicht gründlicher durchschaut zu haben.

Lassen Sie mich bey meiner nächsten Wiederkehr auf einen gleichen freunlichen Empfang hoffen und empfehlen mich zu derselben Gunst allen Freunden, Künstlern und Kunstliebhabern. Möge mein Andenken in jenem schönen Kreise immer lebendig bleiben!

Ergebenst verbunden

Goethe.


26/7160.


An Heinrich Friedrich Carlvom und zum Stein

[Concept.]

[Wiesbaden, 10. August 1815.]

Da mir das Glück nicht geworden Ew. Excellenz am hiesigen Orte meine Verehrung zu bezeigen; so eile schriftlich für die genußvollen und lehrreichen Tage gehorsamst zu danken, deren Sie mich mit soviel Güte theilhaft gemacht. Ich finde mir eine neue Ansicht des Lebens und der Erkenntniß eröffnet, indem ich durch Dero Vertrauen hellere Blicke in die uns zunächst umgebende moralische und politische Welt richten, so wie eine freyere Übersicht über Fluß und Landgegenden gewinnen konnte.

Diese Erinnerung macht mich doppelt glücklich, wenn ich mir die Dauer dieser Gunst und eine Wiederholung so unschätzbarer Tage für die Zukunft versprechen darf. Hierzu kommt noch daß die schönen[66] Stunden, die mir in Ihrer Nähe gegönnt waren, Vorboten eines höchst bedeutenden Ereignisses geworden, da sey meiner Zurückkunft das Commandeur-Kreuz des Kaiserlichen Leopolds-Orden, nebst einem ehrenvollen Handschreiben des Fürsten von Metternich Erlaucht, durch die freundliche Hand des Herrn Baron von Hügel zu erhalten das Glück hatte. Zum erstenmal beklage ich die Gebrechen des Alters und die Abnahme der Kräfte, die mich außer Stand setzen, so viel aufgehäufte Gunst und Glück durch redliche Bemühungen wo nicht zu verdienen doch wenigstens mit geziemender Dankbarkeit zu erwidern.

Indessen verfehle ich nicht, die von Ew. Excellenz angeregte Betrachtung fortzusetzen, und dasjenige was ich bey näherer Prüfung den Umständen gemäß zu finden glaube niederzuschreiben, um es bald möglichst höherer Beurtheilung vorzulegen.

Sulpiz Boifferée, mit Zweck und Mitteln einverstanden, überliefert mir theilnehmend die genaueren Kenntniße zu einem solchen weitgreifenden Unternehmen.

Möge Dero Reise nach Paris nach Wünschen glücklich seyn und mitten unter der bedeutendsten Umgebung auch die Kunst und Alterthumstrümmer des südwestlichen Deutschland sich Ihrer fördernden Theilnahme erfreuen.

Mit angelegentlichster Bitte in dem schönen Kreise der Hochdieselben umgiebt, mein Andenken von Zeit zu Zeit gefällig walten zu lassen.[67]


26/7161.


An Friedrich von Luck

Wiesbaden, den 10. August 1815.

Ihr lieber und abermals poetisch begabter Brief war an dem Tage geschrieben, als ich mich von Cöln nach Coblenz zurückbewegte und das Ende einer für mich so angenehmen als unterrichtenden Reise vor mir sah.

Sehr glücklich machte mich die lang entbehrte Wiederansicht der schönen Natur und bedeutenden Kunst; nur der Zustand war nicht ganz erfreulich, in welchem man die Menschen antraf, die nach fremdem Druck und provisorischer Ungewißheit nunmehr einem Reiche angehören, dessen Mittelpunct von ihnen durch Gebirge, Flüsse, weitschichtige Provinzen, ja durch Bildung, Denkweise, Religion, Sitten, Gesetz und Herkommen getrennt ist. Einsichtige Vorgesetzte werden mit Zeit und Geduld hier das Beste thun.

Nach meiner Rückkehr habe noch einige Badeversuche gemacht; aber die Zerstreuung wächst mit jedem Tage, da noch mancher verspätete Gast sich einfindet. Ich werde mich deshalb morgen nach Franckfurt zurückziehen, wo ich vor meiner endlichen Rückkehr in die nordischen Gauen noch ein freundliches Wort von Ihnen zu vernehmen wünsche. Doctor Christian Schlosser weiß mich, wo ich auch seyn möge, zu finden.

[68] Leben Sie recht wohl, gedenken mein mit Freundschaft, empfehlen mich dem Herrn General und lieben mich bey'm Schweigen wie bey'm Gräusch der Waffen.

Goethe.


26/7162.


An Johann Jacob Günther

Ew. Wohlgeb.

freundliches Schreiben würde schon längst dankbar beantwortet haben, wenn ich nicht gehofft hätte, auf einer Reise nach Cöln Ihre persönliche Bekanntschaft zu machen. Da jedoch nur wenig Zeit auf jene Fahrt verwendet werden konnte, bin ich, so sehr ich es auch gewünscht, nicht nach Deutz gekommen und sehe mich daher im Falle, ehe ich aus dieser Gegend scheide, Ew. Wohlgeb. schriftlich verbindlichst zu danken für den mir an meinen Arbeiten gegönnten Antheil.

Denn was kann wohl erfreulicher seyn, als wenn der Schriftsteller seine späteren Tage belebt sieht durch glückliche Wirkungen, die er auf jüngere Männer hervorgebracht.

Bleiben Sie daher versichert, daß jedes Zeichen Ihres Andenkens und Ihrer Neigung mir höchst schätzbar seyn werde.

Zu fortdauerndem Wohlwollen mich angelegentlichst empfehlend

ergebenst

Wsb. d. 10. Aug. 1815.

Goethe.[69]


26/7163.


An Julius Adolph Völkel

Ew. Wohlgeb.

nehme mir die Freyzeit beykommendes zuzusenden. Solches war mir in Wiesbaden übergeben, und ich hätte mich glücklich geschätzt Ihro Kays. Hoheit das Packet selbst zu überreichen. Da mich aber meine Vaterstadt noch einige Zeit festhalten möchte; so bitte ich an meiner Statt mit meinen unterthänigsten Empfehlungen dieses kleine Geschäft zu übernehmen und von meiner vollkommenen Hochachtung überzeugt zu seyn.

Ergebenst

Franckf. d. 18. Aug. 1815.

Goethe.


26/7146.


An Christiane von Goethe

Endlich muß ich denn doch die Stockung unterbrechen, die in unsern Briefwechsel gekommen ist. Täglich hoffte auf Briefe von dir, da mir August unter dem 7ten Aug. deine Ankunft und Geburtstagsfeyer gemeldet hatte. Wahrscheinlich habt ihr mir nicht mehr geschrieben weil ich die Absicht äusserte früher zu kommen. Folgendes zum Ersatz des bisherigen Schweigens.

Am 11. Aug. Fuhr ich von Wiesb. ab, mit Boisseree nach Maynz, am 12ten durch Franckfurt[70] auf die Gerbermühle, wo ich freundlichst empfangen wurde. Die ersten Tage ungünstige Witterung, doch wurde die Stadt besucht, Freunde und Sammlungen. Am 16ten überraschten mich Abends Herzog und Herzoginn von Cumberland. Am 17ten fand den Erbgrosherzog von M. Streliz und Frau von Berg noch im römischen Kayser. Jenes hohe Paar war schon abgereist.

Von da bis zum 21ten. Täglich Besuch, Mittagsgäste, Abendspazierfahrt. Nun hohlte Herr Nic. Schmidt mich ab aufs Forsthaus, zum Hochzeitfeste einer Enckelinn der T. Melbert.

d. 22. In der Stadt. Grambs Cabinet. Bey Schlossers zu Tische. Gemälde bey Stedel.

d. 24. Kam Dr. Seebeck. Mit ihm nach der Stadt. Bey Herrn v. Hügel gespeist. Bis zum 27ten Beschäftigung mit Seebeck, Boisseree, Schloßer. Ersterer zog auf die Mühle. Die andern gingen ab und zu. Wie mehrere Freunde.

Den 28ten Früh. Musick auf dem Wasser. Allerley artige und luftige Geschencke. Gesellschaft zu Tische. Wobey Riese und die obbenannten. Nach Tische Mehrere. Sehr schöner Tag. Die Gegend herrlich. Und so sind wir denn bis hierher gelangt. Schreibe mir weniges. Von deinem Befinden vorzüglich. Bey Schlossers findet mich der Brief. Von mir hört ihr noch. Seidenmuster leg ich bey. Sende das Gewählte gleich zurück. Die Messe ist noch nicht angegangen[71] und schon wird wüthend gekauft und verkauft. Nun Adieu. Grüsse und liebe.

d. 30. Aug. 1815.

G.


Die Muster schicke nicht. Ich will das gefälligste wählen, damit es nicht weggekauft werde.


26/7165.


An den Großherzog Carl August

[Concept.]

[Franckfurt, 3. September 1815]

Ew. Königliche Hoheit möge gegenwärtiges Blatt, womit ich diesen mir so wichtigen Tag im Stillen feyere, vollkommen hergestellt antreffen, damit meine aufrichtigen und treuen Wünsche mit ganz heiterem Sinne mögen aufgenommen werden. Gedenke ich der vielen Jahre, die ich das Glück habe Ihnen anzugehören und der unendlichen Abwechselung der äußern und innern Welt, so bekräftigt sich mir auf's neue die alte Wahrheit, das nichts dauerhaft sey als echte Neigung, Anerkennung und Ergebenheit, mit welchen unveränderlichen Gesinnungen ich die Hoffnung nähre, Höchstdieselben bald glücklich wieder zu sehen.

An dem Oberrhein verklingt nun auch nach und nach der Kriegsdonner, meinen stillen Betrachtungen kann ich hier am Mayn am stillsten Orte nachhängen, der bey heiterem Wetter auch wohl für den angehemsten gelten kann; es ist ein unmittelbar am[72] Fluß gelegener, der Holzausischen Familie gehöriger Wohnort, welchen Geheimde Rath Willemer auf seine Lebzeit gepachtet und nun die vor mehr als dreyßig Jahren gepflanzten Bäume immerfort gen Himmel streben sieht.

Von denen mich betroffenen Ereignissen melde nur soviel, das ich von Wiesbaden den 11. August mit Boisserée nach Maynz gefahren, daselbst die Merkwürdigkeiten die man wohl empfehlen darf, unter Anleitung des Sammlers und Ordners betrachtet, und in Abwesenheit Ihro Kaiserl. Hoheit des Erzherzogs den 12. wieder abgefahren, und hier wieder angelangt bin. Mancherley Besuche, Bewirthung und Feste verzehrten eilig die Zeit, überraschend war mir der Besuch des Herzogs und der Herzogin von Cumberland und des Erbgroßherzogs von Sterlitz; auch sah ich Frau von Berg, die durch ein kleinen Unfall länger in Frankfurt gehalten wurde; kostbare und schätzenswerthe Sammlungen zu betrachten werde ich jeden Tag veranlaßt, es ist unglaublich, was Privatpersonen im Stillen während diesen traurigen und drängenden Zeiten aufgehäust und erhalten haben. Hiedurch werde ich denn veranlaßt, zu jenem unternommenen Auffaß über Kunst und Alterthum sammelnd nachzudenken, wobey es mir aber geht, wie jenem Zauberlehrling; die Geister die ich berief, mehren sich und ich sehe nicht wie ich sie los werden will; doch wird es am Ende Belohnung seyn, sich von diesen Zuständen[73] gründlich unterrichtet zu haben. Eine klare Darstellung derselben kann, da alles im Gähren und Werden ist, vielleicht verhüten, daß bey dem besten Willen mancher Mißgriff geschehe. Schon glaube ich in Frankfurt durch diensame Vorstellungen auf manchen schädlichen Wahn die Hauptpersonen aufmerksam gemacht zu haben.

Ew. Hoheit werden die Gnade haben, mir von dem Oberrhein das mir noch Mangelnde mitzutheilen, wozu ich die dringende Bitte hinzufüge, die Boisseréesche Sammlung in Heidelberg ja nicht vorbey zu gehn.

Seit einigen Tagen besucht uns Doctor Seebeck, und der Wunsch diesen vorzüglichen Mann für unsere Kreise zu gewinnen wird auf's neue rege; leider find die Ursachen, die ihn damals von Jena entfernten, noch immer dieselben, er bedarf zu Benutzung seines Vermögens einer handelsthätigen Umgebung.

Die paar Jahre, daß ich ihn nicht gesehen, hat er auf's ernstlichste und bedächtigste seine früheren physisch-chemischen Arbeiten fortgesetzt und mir das, was er mir bisher durch Briefe angedeutet, ausgelegt und vorgezeigt; es ist bewunderungswürdig, mit wie sicherem Schritt er bey einer weiten und sicheren Umsicht in den gegenwärtigen Zustand der Wissenschaft den einmal eingeschlagenen Weg verfolgt und dabey sich und andere controllirt. Von manchem was er mir mitgeteilt, wünsche in Jena gute Anwendung machen zu können.[74]


26/7166.


An Arthur Schopenhauer

Ihre freundliche Sendung, mein werthester, hat mich zu guter Stunde in Wiesbaden getroffen, so daß ich lesen, überdencken und mich an Ihrer Arbeit erfreuen konnte. Hätte ich ein schreibendes Wesen neben mir gehabt; so hätten Sie viel vernommen. Nun müßte ich aber, mit unwilliger Hand, eine ganze Litaney von Unfällen, Ortsveränderungen, lehrreichen und erfreulichen Erfahrungen und Zerstreuungen aufzeichnen, wenn ich mein Schweigen entschuldigen wollte. So eben schon wieder den Fuß im Stegreife bitte ich nur sich kurze Zeit zu gedulden und mir das Werck biß ich nach Weimar komme zum Geleit zu lassen. Alsdann erfolgt es zurück mit Bemerckungen wie sie der Tag bringt und erlaubt. Bleiben Sie nur meines Dancks und Andenckens versichert. Bey Franckfurt, am Mayn d. 7. Sept. 1815.

Goethe.


26/7167.


An Carl Cäsar von Leonhard

Ew. Hochwohlgeb.

für so manche Schreiben und angenehme Sendungen nicht gedankt zu haben ist kaum zu entschuldigen, wenn ich auch sage daß ich seit geraumer Zeit in Behagen und Unbehagen herumgetrieben werde, so daß[75] ich kaum zu mir selbst komme. Gegenwärtig in ruhigen Augenblicken sehe der angenehmen Hoffnung entgegen, Denenselben bald meinen Besuch abzustatten. Ich werde mich im Voraus anmelden und wenn ich nicht allzu sehr eilen muß, Ihre geneigte Einladung dankbar annehmen. Der Frau Gemahlin mich angelegentlichst empfehlend

gehorsamst

Franckfurt d. 10. Sept. 1815.

Goethe


26/7168.


An die Herzogin Friederike Carolinevon Cumberland, geb. Prinzessin

von Mecklenburg-Strelitz

[Concept.]

Die kleine Hütte, welche Ihro Königliche Hoheit durch Höchst Ihro Gegenwart beglückten, kann ich nicht verlassen, ohne jener schönen Augenblicke feyerlichst zu gedenken, und damit dieses insofern es möglich, in Höchstderoselben Gegenwart geschehe, so ergreife dieses Blatt welches ein sonderbares Bekenntniß ablegen soll. Den andern Morgen zauderte ich nach der Stadt zu gehen, in Furcht Ew. Hoheit noch anzutreffen: denn ich war in Sorge, der Tag, der so manchen Traum verscheucht, möchte der schönen Wirklichkeit jenes überraschenden Abends doch einigen Abbruch thun, und ob ich gleich an Ihro Hoheit unveränderlichen Gnade[76] nicht den mindesten Zweifel hegen konnte; so entstand in mir die Frage, ob ich des wiederholten Ausdrucks derselben würdig seyn dürfte.

Wenn die verehrlichen Äußerungen Ihro Höchsten Herrn Gemahls auf eine so freye als reine Übersicht über Welt und Menschen deuteten, eignete ich mir diese Belehrungen mit freudiger Verehrung zu, wie ich denn auch mit Höchst Ihro Herrn Bruder, mit Frau von Berg und einigen wohldenkenden unterrichteten Männern unvergeßliche Stunden zubrachte; verdanke ich dies alles Ew. Hoheit unwandelbarer Gnade, welche selbst verliehene Freuden, als wenn es Schulden wären, mit Interessen wiederholend erstattet.

Möge, wenn der Strudel der Welt und der Glanz des Hofes entfernte Verehrende Ew. Hoheit Augen entrückt, in stillen Momenten meine treue Anhänglichkeit vor Ihrem heitern und erheiternden Geiste augenblicklich erscheinen, mir auch jenes Abends unverdientes Glück stets als der lichteste Punct meines hiesigen Aufenthalts vorleuchten. Womit ich mich Höchstdenenselben zu fortdauernder Gnade unterthänigst empfehle.

Franckfurt den 10. September 1815.[77]


26/7169.


An Christian Gottlob Voigt

[Concept.]

Soeben erfahre von unserm Hofrath Schweizer den großen Verlußt, welchen Ew. Excellenz erduldet. Auch hier kann Ihnen nur der eigene Character, von der Natur verliehen, durch ununterbrochene Thätigkeit ausgebildet, den wahren Trost gewähren. Wenn ich bedenke, wie viele Leiden Sie ausgestanden, ja daß Ihr Geschäftsgang selbst, in den Jahren wo man für sein Thun Belohnung hofft, durch die Unbilden der Zeit ein fast anhaltendes Dulden gewesen; so erkenne erst recht lebhaft die Stärke des menschlichen Geistes, welcher sich üben und bereiten muß, das Unerträgliche zu ertragen. Lassen Sie mir die Hoffnung, bey meiner Rückkehr etwas zu Ihrer Erholung und Zufriedenheit beyzutragen, damit ich thätig beweise, wie durch die so vieljährige Wechselwirkung, ich Ihnen bis an's Ende treu verbunden sey.

Frankfurt den 10. September 1815.


26/7170.


An Christiane von Goethe

Von dir wieder ein Wort zu vernehmen war mir sehr erfreulich. Wohl hat uns beyde der Sommer übel behandelt und darin hast du vollkommen recht[78] daß man sich, durch äussere Gegenstände, von der Betrachtung seines innern Zustandes zerstreuen müsse. Die angenehmsten Tage die ich zubrachte, waren immer die wo alles so schnell zuging daß ich nicht an mich dencken konnte. Deshalb mache dir soviel Bewegung und Veränderung als du kannst, in diesen schönen Tagen und dencke darauf wie wir diesen Winter abwechselnd die Tage zubringen. Etwas Musick wäre sehr wünschenswerth, es ist das unschuldigste und angenehmste Bindungsmittel der Gesellschaft. Gegenwärtig bin ich in der Stadt, allein, in Willemers Wohnung, deren unschätzbare Aussicht du kennst. Von Morgens bis Abends ists unter meinen Fenstern lebendig, Tags laufe in der Stadt herum, Menschen und Sammlungen zu sehen. Franckfurt stickt voll Merckwürdigkeiten.

Seebeck war hier und wohnte mit auf der Mühle, Boisseree ist noch hier, Schlossers sind förderlich und liebreich. Wie gerne gönnt ich dir nur vierzehn Tage in dieser unendlich schönen Gegend! Mittags esse ich manchmal im Schwanen an Wirths Tafel, das ist auch in der Messe unterhaltend. Riese ist noch unverändert. Alle suche ich auch zu fördern und alle sind froh und freundlich. Das seiden Zeug ist gekauft, es gefällt jedermann. Manche Kleinigkeit bring ich mit, dencke wem man eine Artigkeit erzeigt? Riemers, M. Kirch, Kreiter, und wem sonst?[79] Friz Stein versäumt zu haben thut mir leid. Sein Brief ist gar liebreich, verständig. Suche die Mutter und übrige Frauen im Guten zu erhalten. In kleinen und großen Städten, an Hof wie im Freystaat ist Ruhe und nachgiebige Beharrlichkeit das einzige was leidlich durchs Leben bringt. Daß wir in Weimar sind, daß August sich in das Hofwesen so gut findet, ist unschätzbar. Wie sich das alles in diesen Paradies-Gegenden treibt und reibt ist höchst unerquicklich. Wie sehr wünsche ich über alles das mit dir zu sprechen, und wenigstens für die nächste Zeit hierüber Masregeln zu nehmen. Herr und Frau von Mettig sind hier, ich habe sie aber noch nicht finden können. Hofr. Schweizer besucht ich. Szen grüßt Augusten vielmal. Wegen meiner Rückkehr sag ich folgendes: Da es in vielem Btracht so schicklich als räthlich ist daß ich dem Gr. Herzog unterwegs begegne; so halte ich mich hier solange auf bis er zurückkehrt und sehe ihn wahrscheinlich in Heidelberg und kehre über Würzburg zurück. Das nähere erfährst du. Möge ich euch froh und gesund antreffen! Zu einiger Unterhaltung sende ein Kästchen ab mit dem Postwagen, darin ihr euch vergnüglich theilen werdet.

Gar mancherley habe ich vorgearbeitet welches diesen Winter fertig werden soll. Grüße August, Kreiter und die Freunde in der Stadt. Hofr. Meyer sage: daß ich ihn oft vermisse, indem ich Kunstwerke aller Art beschaue. August möge mich den Herrschaften[80] empfehlen! Und nun lebe wohl meine herzlich geliebte und dencke auf Unterhaltung für den Winter.

Frfurt d. 12. Sept. 1815.

G.


26/7171.


An Johann Friedrich Cotta

Ew. Wohlgeb.

sind nahe bey mir vorüber gegangen, wie sehr hätte gewünscht noch einige Worte zu wechseln! Gegenwärtig bitte eine zu Gunsten Hr. Geh. Rath Willemer in Franckfurt gestellte Assignation gefällig zu honoriren, und vermelde zugleich daß ich dringend aufgefordert bin über manches was über Kunst und Alterthum auch Wissenschaft auf der Reise gesehen, bedacht und besprochen worden, einen Auffatz bald möglichst ins Publicum zu senden.

Mit Ihrer Vergünstigung soll nach meiner Rückkunft sogleich der Anfang mit dem Druck gemacht werden. Mit Herrn Fromann verhandle das Nötige und Schickliche. Soviel für diesmal mit herzlichen Wünschen und Empfehlungen.

Franckfurt am M. d. 13. Sept. 1815.

Goethe.[81]


26/7172.


An Antonia Brentano

Un so wäre ich denn abermals in Ihrer Wohnung gewesen, die, ohngeachtet der bilderreichen Wände, sehr verwaist, ja verödet aussieht. Die herrlichen Gemälde die mich lange festhielten, erinnerten mich nur zu sehr daß die Besitzerinn fehlte, der ich, wie für so manche schöne Stunden, auch für diese gern herzlich gedanckt hätte. Dabey erfreute mich jedoch der Gedancke daß Sie, in diesen kostbaren Herbsttagen, an den Ufern des unteren Rheins, gewiß manches frohen Augenblicks genießen. Ich aber muß Landeinwärts, ohne Ihnen mündlich ausgedruckt zu haben wie sehr ich Ihnen verpflichtet bin. Dem Herrn Gemal empfehle mich dankbar. Bey Georg haben wir einen ungezogen lustigen Mittag zugebracht.

Frfurt d. 15. Sept. 1815.

Goethe.


26/7173.


An Christiane von Goethe

Mit den schönsten Grüßen, im Begriff nach Heidelberg zu fahren. [Frankfurt] d. 18. S. 1815.

G.[82]


26/7174.


An Caroline von Heygendorf,geb. Jagemann

Als ich heut, am herrlichsten Morgen, vom Schloß hinüber nach Manheim sah, dachte ich nicht daß mir von daher sogleich das freundlichste kommen würde. Seyn Sie freundlichst auch dagegen gegrüßt. Unsern theuren Fürsten erwarte stündlich, die Boiseréesche Sammlung hat sich brautmäßig geschmückt, bey der Freude des Wiedersehens des Verehrtesten soll mirs der wünschenswertheste Befehl seyn Ihn zu Ihnen zu begleiten. Der schönen lieben Gevatterinn und Freundinn Heil und Heiterkeit.

Heidelberg d. 24. Sept. 1815.

Goethe.


26/7175.


An Anna Rosine Magdalene Städel

In Hoffnung daß Sie den theuren Freunden alles getreulich ausrichten werden, wovon ich nicht den tausendsten Theil auszusprechen im Stande bin, schreib ich, liebe Rosette, diesen Brief. Da ich denn gleich, wie bisher, mich in die Poesie flüchten und ausrufen muß:

Wo war das Pergament? der Griffel wo?

Die alles faßten; doch so war's – ja so![83]

Nachdem uns denn die Freunde verlassen hatten, fingen die bisher nur drohenden Übel an förmlich auszubrechen, es entstand ein Brustweh, das sich fast in Herzweh verwandelt hätte, natürliche Folge der Heidelberger Zugluft und veränderlichen Schloßtemperatur, worüber mir unberufen und ungefragt Herr Dr. Nägeli die genauste Auskunft gab, so daß ich, mit einiger Resignation die gegenwärtigen, mit einiger Vorsicht die künftigen Gebrechen in lauter Heil und Glück umwandeln könnte. Inwiefern es gelingt kann ich vielleicht zukünftig vertrauen.

Aus dem Niedergeschriebenen aber ist ersichtlich daß ich mit grundgelehrten Leuten umgehe, welche sich zwar an dem was uns mit äusseren Sinnen zu fassen erlaubt ist gerne ergötzen, zugleich aber behaupten daß hinter jenen Annehmlichkeiten sich noch ein tieferer Sinn verstecke; woraus ich, vielleicht zu voreilig schließe, daß man am besten thäte etwas ganz unverständliches zu schreiben, damit erst Freunde und Liebende einen wahren Sinn hineinzulegen völlige Freyheit hätten.

Da jedoch jenes bekannte wunderliche Blat, durch seine prosaische Auslegung einigen Antheil gewonnen; so stehe hier die rhythmische Übersetzung:


Dieses Baums Blat, der, von Osten,

Meinem Garten anvertraut,

Giebt geheimen Sinn zu kosten,

Wie's den Wissenden erbaut.


[84] Ist es Ein lebendig Wesen?

Das sich in sich selbst getrennt;

Sind es Zwey? Die sich erlesen,

Daß man sie als Eines kennt.


Solche Frage zu erwiedern

Fand ich wohl den rechten Sinn;

Fühlst du nicht an meinen Liedern,

Daß ich Eins und doppelt bin?


Kaum als ich dieses geschrieben erfreute mich eine lange Unterredung mit Hofr. Kreuzer deren Resultat war: es sey am besten gethan etwas faßliches und begreifliches, gefälliges und angenehmes, ja verständiges und liebenswürdiges vorauszusetzen, weil man viel sichrer sey alsdann den rechten Sinn herauszufinden, oder hineinzulegen.

Hiermit nun, liebe Rosette, (Sie erlauben mir doch diesen zierlichen Nahmen, daß ich zugleich meine Neigung und mein Vertrauen ausdrücke) überliefre ich Ihnen, mit den sämmtlichen Geheimnißen der neuern Philologie, auch meine eignen, zu beliebigem Privatgebrauch. Lassen Sie mich bald etwas vernehmen was den Recepten des Herrn Dr. Nägeli zu Hülfe kommen könnte.

Immer in Ihrer Nähe.

Ungeeignet

Heidelb. d. 27. Sept. 1815.

Goethe.[85]


26/7176.


An Christiane von Goethe

Dein lieber Brief vom 14ten ist mir heute den 26ten in Heidelberg geworden. Ich begrüße dich von Herzen und fahre fort zu erzählen. Seit meinem letzten ist mir's durchaus wohlgegangen. Ich blieb in Frfurt bis den 15ten. Durchkroch die Stadt und habe viel gesehen und erfahren. Nun zog ich mit Boisserée auf die Mühle, nachdem ich das Krämchen an dich abgesendet hatte. Nach zwey muntern Tagen zogen wir beyde auf Darmstadt, wo ich mich am Museum sehr ergötzte und meinen gnädigsten Herrschaften aufwartete, auch Künstler und gute Leute sah. Am 20ten trafen wir zu Mittag in Heidelberg ein. Die Bergstraße war über alle Begriffe schön und herrlich. Die Freunde wurden besucht, das Schloß bestiegen, allerley vorgenommen, bey Paulus arabisch geschrieben.

Am 22ten Kamen Willemers und Fr. Stedel. Voll Wohlwollen und Theilnahme. Sie blieben bis den 26ten früh, sahen und besahen sich alles. Die guten Frauen grüßen dich schönstens, auch Willemer den August. Indessen war ein Brief von Fr. v. Heygendorf gekommen, die in Mannheim den Gr. Herzog erwartet. Er wäre schon längst hier, aber er macht den Weg jagend. Der Grosh. von Baden ist auch ein großer Jäger, Prinz Christian von[86] Darmstadt ist auch dabey. Wir wollen es ihnen gönnen nach so viel Noth und Leiden. Die Russen gehen in drey Colonnen durch Francken, täglich ziehen sie hier eilig durch. Da sie so geschwind gehen, werden sie bald vorüber seyn, worauf ich hoffe, um den Rückweg über Würzburg zu machen. Nach Frfurt möcht ich nicht wieder. Es ist schwer von soviel Verwandten, Bekannten und Freunden loszumachen, dazu kommen noch so viele Fremde, die man nicht umgehen kann noch will.

Erinnerst du dich des schönen Russen mit Einem Arm? Er begegnete mir gestern, auf dem Schloß, wir freuten uns beyderseits des Wiedersehns. Er wird durch Weimar kommen. Sodann besuchte mich ein gleichfalls hübscher Junge, der auch schon auf Euch guten Eindruck machte: v. Bülow. Er kommt von Paris, erzählt die seltsamsten Verworrenheiten von dort. Er fragte theilnehmend nach dir, ich gab ihm Gelegenheit von Ulinen zu reden, welches ihm sehr wohl that. Kieser ist in Paris, hat die Aufsicht über alle preusische Hospitäler und noch andre! Bülow erzählte dies scherzend. Jener thue doch solche große Thaten nur aus Verzweiflung, meynte er. Bülow ist würcklich recht hübsch und angenehm.

So wie auf die Gerbermühle, bey schönen Tagen, so zu den köstlichen Bildern wirst du hergewünscht. Ich arbeite einen Aufsatz aus über meine Reise, Herr von Stein forderte mich auf. Überall find ich nur[87] Gutes und Liebes. Bin überall willkommen, weil ich die Menschen lasse wie sie sind, niemanden etwas nehme, sondern nur empfange und gebe. Wenn man zu Hause den Menschen so vieles nachsähe als man auswärts thut, man könnte einen Himmel um sich verbreiten; freylich ist auf der Reise alles vorübergehend und das druckende läßt sich ausweichen.

Deshalb freu ich mich sehr daß du mit Riemers gut stehst, ich wünsche diesen Winter mit ihm das nähere Verhältniß, denn ich bringe viel zu thun mit, bedarf seiner Hülfe und kann ihm helfen. Kreiter kriegt auch vollauf zu thun, diesen grüße.

Zwey Kisten werden ankommen, auch ein Coffre, laßt sie stehn bis ich komme. Das Kästchen habt Ihr längst, ich hoffe zur Freude. Getrocknetes Obst schickt Fr. Schöff Schlosser.

Sage August: Herr v. Gerning habe die berühmte Vase, aus Orientalischem Alabaster, welche im Kloster Eibingen, als Gefäß von Cana in Galiläa, aufbewahrt wurde, grosmüthig spendirt; grüß Hofr. Meyer und sag ihm dasselbe. Übrigens habe noch gar hübsche Alter- und Neuthümer verehrt erhalten.

Nun wüßte nur noch das Wichtigste hinzuzufügen, den Wunsch, daß du dich immer mehr herstellen mögest. Dich zu zerstreuen ist die Hauptsache, sieh immer Leute, und leite dir und mir manches gute Verhältniß ein. Sobald der Grosherzog da war schreibe ich wieder.

[88] Vielleicht folg ich ihm nach Mannheim. Lebe recht wohl und liebe mich. Verlangend dich wieder zu sehen die besten Wünsche

Heidelberg. d. 27. Sept. 1815.

G.


26/7177.


An Heinrich Friedrich Carl vom und zum Stein

[Concept.]

[Heidelberg, Ende September 1815?]

Ew. Excellenz

mich schriftlich gehorsamst zu empfehlen ziehe einer schuldig persönlichen Aufwartung vor, weil es nicht immer gelingen will in Gegenwart des hochgeachteten Mannes auszudrücken was wir empfinden. Erlauben Sie mir daher unverhohlen zu sagen wie mein Danck für so viele unschätzbare Aufmercksamkeit, die Anerkennung der seltensten Eigenschaften, die Verehrung des geprüftesten Charackters nicht sowohl zugenommen, als vielmehr sich in sich selbst vervollständigt hat. Wenn nun alle meine Landsleute gleich Gesinnungen hegen so ist in diesen bedencklichen Zeiten für sie eine große Beruhigung. Mögen Ew. Excell. uns sämtlich, wie wir sind und auch mich, wie ich mich aufrichtig dargebe, stets mit vielvermögender Theilnahme wie bisher beglücken![89]


26/7178.


An Christian Gottlob Voigt

Ew. Excell.

herrliches Schreiben und dessen traurig süßen Mittheilungen haben mich diese Tage, in der herrlichsten Gegend, bey dem schönsten Wetter, innig beschäftigt. Hätte da ein geheimer Schnellschreiber alles gleich zu Papiere gebracht, was ich in meinem Herzen verwahre bis zu persönlicher Gegenwart.

Jetzt will ich nicht verfehlen zu vermelden: daß Serenissimus Donnerst. d. 28. gesund und glücklich, mit Prinz Christian angekommen. Welcher letztere, nach einem lustigen Abendessen, sogleich in der Nacht, weiter gereist. Freytag den 29. ward das Schloß bestiegen, dann die Sammlung der Gebrüder Boisseree betrachtet. Der Abend ward bey Fr. v. Zillenhardt geb. (oder vielmehr kunstgebohrene) v. Lichtenberg zugebracht.

Sonnabend d. 30. ging es nach Mannheim, wo das Merckwürdigste besucht, der Mittag bey Fr. v. Stryck, der Abend bey Admiral Kinckel zugebracht wurde.

Sonntag d. 1. Octobr. bey Zeiten, fuhren Serenissimus von Mannheim ab, in Willens Fr. v. Dalberg zu besuchen und Nachts in Darmstadt zu seyn.


Ich, nach Heidelberg zurückgekehrt, werde, auf höchsten Befehl, Carlsruh besuchen, alsdann in Franckf.[90] mit unserm theuren Fürsten wieder zusammen treffen. Es ist wundersam genug daß ich vor vierzig Jahren, gerade in diesem Monat, durch eine Kalbische Staffete von Heidelberg nach Weimar gerufen wurde. Welch ein Glück, nach so unendlichen Ereignissen, immer noch in gleichem Verhältniß zu stehen, und nach einem solchen Kreislauf, dieselbe Bahn aufs neue zu betreten.

Ew. Excell. erwähnen eine Veränderung des Locals der Zeichenschule, Serenissimus gedachten im Vorbeygehen dieser Absicht und äußerten, daß sie Hofr. Meyern, damit er sein eigen Haus beziehe, ein Locarium geben wollten. Sollte irgend etwas zu dieser höchsten Absicht vorzubereiten seyn; so haben Sie die Gnade, es nach Überzeugung zu thun, welche auch die meinige seyn wird.

Unsre Seelenangelegenheit geht wie Serenissimus sagten nach Wunsche. Ein Glück bey soviel unseligen Verhandlungen. Wie aber die Welt gespalten und in die kleinsten Bißlein zerrissen ist, erfährt man zu Wunder und Schrecken, wenn man unter fremden Menschen viel hin und her wandelt. Möge ich doch bald wieder in dem engeren Kreise anlangen.

Dürfte ich bitten mich Ihro königl. Hoheiten gelegentlich unterthänigst zu empfehlen, Herrn Grafen Etling die verbindlichsten Grüße zu entrichten und mich in freundschaftlich wohlwollendem Andencken zu bewahren.

Heidelberg d. 1. Octbr. 1815.

Goethe.[91]


26/7179.


An Rosine Städel

Jene gehaltvolle Sendung, liebe Rosette, hätten Sie nicht abschicken können, ohne ein sichres Gefühl daß sie wohl angewendet sey. Das war sie auch; sie aber werth und würdig zu erwiedern müßte ich in besserer Lage seyn. Dencken Sie, daß, bis Gestern, ich hoffen konnte, Sie jeden Tag zu sehen und nun nimmt mich's beym Schopfe und führt mich, über Würzburg, nach Hause. Lassen Sie mich erst Unterwegs seyn und das als eine unausweichliche Nothwendigkeit begreifen; so hören Sie mehr von mir, und will Gott was ordentliches. Verzeihen Sie das Federspritzen und die Kleckschen; das sieht meinem Zustand ganz ähnlich. Adieu den Beyden! Mögen sie vereint bleiben! Und Mir!

Heidelberg, d. 6. Octbr. 1815.

G.


26/7180.


An Johann Jacob von Willemer

Daß ich, theurer, verehrter Freund, immer um Sie und Ihre glücklichen Ungebungen beschäftigt bin, ja Ihre selbstgepflanzten Haine, das flüchtig gebaute und doch dauerhafte Haus, lebhafter als in der Gegenwart sehe und mir alles Gute, Liebe, Vergnügliche, Nachsichtige wiederholt wiederhole, werden Sie an Sichfühlen, da ich gewiß aus jenen Schatten nicht vertrieben werden kann, und Ihnen oft begegne. Hundert[92] Einbildungen hab ich gehabt: wann? wie? und wo? ich Sie zum erstenmal wiedersehen würde; da ich noch bis gestern Beruf hatte, mit meinem Fürsten, am Rhein und Mayn, schöne Tage zu verleben; ja vielleicht jene glänzende Jahresfeyer auf dem Mühlberg zu begehen. Nun kommts aber! und ich eile über Würzburg nach Hause, ganz allein dadurch beruhigt, daß ich, ohne Willkühr und Wiederstreben, den vorgezeichneten Weg wandle und um desto reiner meine Sehnsucht nach denen richten kann die ich verlasse.

Doch das ist schon zu viel für meine Lage, in der sich ein Zwiespalt nicht verläugnet, den ich auch nicht aufrege, sondern lieber schließe.

Herzlichen Danck für alles Gute und Liebe. Doch dieser Danck wäre nicht der rechte wenn er nicht eine Schmerzensform annähme. Das werden Sie, Herzenskündiger, zu vermitteln wissen. Wie denn billig diese Worte an die zwey gerichtet sind, die man beneidenswerth glücklich verbunden sieht.

Heidelb. d. 6. Octbr. 1815.

G.


26/7181.


An Georg Ulrich Ludwig Friedrich Joachimvon Otterstedt

Hochwohlgebohrner

Insonders hochgeehrtester Herr,

Ew. Hochwohlgeb. für so viele Theilnahme und Gefälligkeit zum allerbesten danckbar, ersuche gehorsamst[93] beykommendes meinem gnädigsten Herrn baldigst zukommen zu lassen. Mich zugleich freundlichem Andencken empfehlend, indem so eben, über Würzburg, nach Hause zu eilen veranlaßt bin. Möge ich das Glück haben Dieselben im nächsten Jahre gesund und geneigt wieder anzutreffen.

Ew. Hochwohlgeb.

gehorsamster Diener

Heidelberg d. 6. Octbr. 1815.

J. W. v. Goethe.


26/7182.


An Johann Friedrich Cotta

Ew. Wohlgeb.

theinehmendes Schreiben erhalte in Heidelberg, von wo morgen, über Würzburg, nach Weimar zu gehen gedencke. Abermal ersuche Dieselben eine Assignation auf vierhundert Gulden ausgestellt auf Herrn Christ. Adam Fries in Heidelberg gefällig zu honoriren. Das schöne Wetter genösse noch gern am Rhein; doch jene angemeldete Schrift ist eine Sache des Augenblicks, wenn sie nach Absicht wircken soll.

Das Morgenblat soll im letzten Vierteljahr nicht vergessen werden. Erweitert sich's so thue einige Vorschläge. Herrn Haug viele Empfehlungen. Zu geneigtem Andencken!

ergebenst

Heidelb. d. 6. Octbr. 1815.

Goethe.[94]


26/7183.


An Johann Friedrich Heinrich Schlosser

Heidelb. d. 6. O. 15.

Bis vor einigen Tagen hofft ich meine werthen theuren Freunde in Franckfurt wiederzusehen und, wenn auch nur kurze Zeit, mich mit ihnen danckbar zu unterhalten. Nun aber werde veranlaßt über Würzburg nach Hause zu kehren und jenes Vortheils beraubt. Nehmen Sie daher schriftlich meine schönsten Grüße und aufrichtigsten Wünsche und gedencken mein oft am Familientische vor den Damen. Mancher guten Dinge bin ich theilhaft geworden, zuletzt beynahe zu vieler. Weiter als Carlsruhe hab ich jedoch meine Touren nicht ausgedehnt. Was für mich in Franckfurt liegen sollte haben Sie die Güte nach Weimar zu senden, und beyliegende Assignation, 25 rh. 8 gr. Sächsisch betragend, gefällig einzukassiren und zur Casse zu nehmen. Möchte Freund Christian mich in Weimar etwas von Fortschritten jeder Art vorfinden lassen.

Herzlichst

G.


26/7184.


An den Großherzog Carl August

Ew. Königlichen Hoheit

bin zum danckbarsten verpflichtet daß Höchstdieselben mich aus meinem Heidelberger Kunsttraum wecken[95] und nach Carlsruhe hin dirigiren wollen. Geh. Hofr. Gmelin demonstrirte, den Linné in der Hand, wiederholt das Conchylien Kabinet, wobey sich mir der alte Spruch bewahrheitete: Um einsichtig zu werden müsse man das fürtreffliche betrachten. Und gewiß, ich fühle mich eingeführt in ein Feld, in welchem ich immer fremd geblieben.

Die für Ew. Hoheit bestimmten Mineralien werden sorgfältig zusammen gelegt. Ew. lehnte ab als ich von Auslagen sprach. Die Fossilien sind bewundernswürdig. Jene Chalcedon Druse im Basalt höchst merckwürdig.

Der Botanische Garten unterhielt uns einen ganzen Morgen, manches Neue ward gelernt, manches Alte aufgefrischt.

Weinbrenner führte mich in seinen Wercken umher. Ich sah in dem Hochberger Palais die beyden Grafen, auch die junge Gräfinn. Das Theater, bey einer Vrorstellung, auch bey Tage gesehen hat mir sehr wohl gefallen.

Der protestantischen Kirche haben Ew. Hoheit zu einer verzierteren Schlußwand geholfen, indessen wird der geistliche Herr immer, zwischen dem gekreuzigten und auferstehenden Heiland, mehr als Mauerschwalbe denn als Taube schweben.

Prinz Louis wollte aufwarten fand ihn aber nicht zu Hause, hinterlies jedoch Grüße von Ew. Hoheit.

Freundliche Aufnahme habe überall gefunden, sogar[96] die Museums-Gesellschaft brachte ein artiges Ständchen und so bin ich denn unterrichtet und erfreut wieder nach Heidelberg zurück.

Nun aber muß hoffen und bitten daß Ew. Hoheit mir nicht zürnen möge, wenn ich anzeige: daß es mich beym Schopfe faßt und über Würzburg nach Hause führt. Eigentlich ist es derselbige Dämon, der aus Herrn v. Steins Munde mich zu einem Aufsatz über Alterthum, Kunst, ja Wissenschaft in den Rhein- und Mayngegenden verführte. Dieser, wenn er wircken soll, muß diesen Augenblick hervortreten, wo so vieles in Bewegung ist und sich nach allen Richtungen durchkreuzt. Setzer und Drucker in Jena harren, dieses Wercklein zu bearbeiten, schon einige Wochen, so daß ich hoffen kann Ew. Hoheit bey Ihro Zurückkunft solches zu Füßen zu legen. Herr v. Stein, dem ich sogleich ein Exemplar sende, bitte mich bestens zu empfehlen, ich hoffe er wird abermals meine Bestimmbarkeit billigen.

Die Franckfurter Kunstmerckwürdigkeiten notire auf dem nächsten Blat, sie sind alle zugänglich auf Anmeldung.

Mögen Ew. Hoheit der herrlichen Tage, am prächtigen Rhein, frölich genießen, heiter und glücklich zu den Ihrigen, wohlwollend zurückkehren!

unterthänigst

Heidelb. d. 8. Octbr. 1815.

J. W. Goethe.[97]


In Franckfurt Kunstgegenstände.

1. Städelisches Haus. Gemählde verschiedener Schulen. Zeichnungen in großer Zahl und fürtrefflich. Der Besitzer hat Haus, Kunstschätze und ein ansehnliches Capital zu einer öffentlichen Anstalt gestiftet.

2. Dr. Grambs besitzt treffliche Niederländische Gemälde. Handzeichnungen von großer Schönheit, ingl. ausgewählte Kupfer.

3. Franz Brentano. Ein neuangelegter köstlicher Bildersaal. Kupfersammlung sehr vollkommen. Die Marc Antons Abdrücke ohne gleichen. Diese Schätze stammen vom Schwiegervater, dem Edlen v. Birckenstock.

4. Das Museum. Viele Bilder, wenig bedeutende, nur eine kostbare Tafel von Martin Schön steht daselbst.


Mahler Schütz (mit den Zunahmen der Vetter, eigentlich Neffe) ein braver Landschafts Zeichner, wird mit Vergnügen einführen.

Auch sind seine Obhut übergeben die alten aus den Klöstern genommenen Bilder. Sehr interessant, weil man hier die fränckisch-oberrheiniche Schule, wie ich sie nennen möchte, genauer kennen lernt.

Hier schließt sich die von Brönner dem Museum vermachte große Kupferstich-Sammlung an.


Dies sind bedeutende Massen. Einzelne schöne Wercke sind zerstreut, welche auszusuchen Zeit und Geduld nötig sind.

Heidelb. d. 6. Octbr. 1815.

G.[98]


26/7185.


An Rosine Städel

Meiningen d. 10. Octbr. 1815.

Schon bin ich auf die Höhe gelangt wo die Wasser nicht mehr nach dem Mayn fließen, ich muß also meine Gedancken der Post anvertrauen und so sollen die Freundinnen hören: daß ich im Geiste immer so hartnäckig bey Ihnen geblieben, als mich ungern persönlich entfernt habe.

Am 7ten reisten wir von Heidelberg ab. Boisseree, der sich überzeugt hatte daß mir einige Pflege nötig sey, begleitete mich. Wir übernachteten in Neckar Els, in einer Eisgrube.

Am 8ten ging es weiter, begünstigt vom schönsten Wetter, und so gelangten wir unter tausend Rückerinnerungen nach Würzburg. Kaum hatte ich die Ufer des Mayns erreicht als ich sogleich die zierlichsten Kuchen hinein warf. Möchten sie zur rechten Stunde, zwischen dem Rohr, zunächst der bekannten lieben Terasse, glücklich landen!

Am 9ten, früh, gings an ein Scheiden, wo ich denn ganz eigentlich die Trennung fühlte, denn bisher war es noch immer eine Fortsetzung des gücklichsten Zustands. Auch, wie es zu geschehen pflegt, waren die letzten Stunden die interressantesten. Eine gewisse Scheu verliert sich wenn man das unvermeidliche vor sich sieht und man sucht im offensten Vertrauen einen[99] Erfaß für den drohenden Verlust. Nicht ohne Rührung war der Abschied und, wie man eine Hand umwendet, wäre Sulpiz mit nach Weimar gegangen. Nun war ich denn allein, auf den weiten fruchtbaren Räumen zwischen Mayn und Mayn. Zu Werneck nahm ich nochmals von dem geliebten Wasser Abschied, nachdem vorher die Weltgeschichte mich ereilt hatte. Auf den weiten Stoppelflächen hetzten donische Cosacken verschüchterte Hafen. Eine Meilenlange Colonne des russischen Trains retardirte meinen Eilweg und doch traf ich, gegen acht, bey hellem Mondschein, auf ein schlimmeres Hinderniß, indem der Wagen sich umlegte. Da ich aber in den besten Gedancken war lies ich mich nicht stören, sondern ging zu Fuse nach der Stadt, einen Weg ohngefär so lang als von der Mühle nach der Sandgasse, oder umgekehrt und glaubte so von einer Freundinn zu der andern zu gehen. Möchten sie mich Beyde nicht aus ihrer Mitte lassen!

Nun, indessen der Wagen hergestellt wird, halte ich es für ein glückliches Ereigniss, das mir Zeit giebt von hier aus meine kleinen äusseren Schicksale zu melden. Überlassend sich, in feinen Gemüthern, nach Analogie eigner Gefühle, die inneren Zustände auszubilden. Diesen kommen gar sehr jene Talismane zu Hülfe an denen Ihr liebes Brieflein so reich war. Von Zeit zu Zeit wünsche ich mir Erneuerung, ob sie gleich von der Art sind daß sie ihre Kraft nimmer verliehren.

[100] Auch Ihnen liebe Rosette wünsche den herrlichen Tag wie er über diesen Gebirgen waltet. Reiner Himmel, glänzende Sonne, dabey aber eine Winterkälte. Deshalb auch meine Schrift zu entschuldigen bitte, die in einer nicht zu erheizenden Stube mehr eilt als billig. Schon ist der Wagen wieder hergestellt und Carl abermals mit aufpacken beschäftigt. Möchte ich doch zu Hause ein Wort von Ihnen vorfinden! – Und wieviele Optative möchte ich nicht noch hinzufügen. Lassen Sie mir die schönste Freude zwey Wesen unzertrennlich zu wissen, die ich immer so fort vereint mir dencken will, und was alles weiter daraus folgt, wie ich es so gern auf mich beziehe.

Tausend Lebe wohl.

G.


26/7186.


An Jakob Andreas Conrad Levezow

Wäre mein kleiner Aufsatz über gemeinschaftliche Arbeiten für's Theater, besonders in Fällen, wo Gelegenheitsgedichte verlangt werden, Ew. Wohlgeb. zur Zeit bekannt gewesen, als Sie die Fortsetzung des Epimenides unternahmen, so hätten Sie keinen Augenblick in Zweifel stehen können, daß mir nicht ein solches Werk höchst angenehm seyn würde. Denn auch diese Arbeit kann als eine gemeinsame angesehen werden, wenn der zweyte Dichter den Faden da aufnimmt, wo ihn der erste gelassen hat; das erste wird[101] als Exposition angesehn, das zweyte als Folge und Schluß, wie es denn in dem gegenwärtigen Falle ganz eigentlich gefordert wurde.

Nur soviel sage ich gleich nach meiner Rückkunft vom Rhein und Mayn, dankbar für das übersendete dramaturgische Blatt, für welches vielleicht bald etwas einsend. Des Herrn Graf. v. Brühl Hochgeb. bitte meine gehorsamste Empfehlung auzurichten, mit Entschuldigung daß ich nicht auch seinen Brief sogleich beantwortend erwidere.

ergebenst

Weimar d. 15. Octbr. 1815.

J. W. v. Goethe.


26/7187.


An Carl Cäsar von Leonhard

Ew. Hochwohlgeboren

habe, wegen des nicht abgestatteten Besuchs, gar vielmal um Vergebung zu bitten. Ich mache mir Vorwürfe, daß ich, Ihnen so nach in der Gegend von Oberrad eine Zeitlang wohnend, nicht den Entschluß gefaßt, Sie, wenn auch nur auf kurze Zeit, zu besuchen, allein ich konnte nicht denken, daß mir ein Rückweg über Würzburg bestimmt sey. Da ich denn nunmehr, nach Hause gekehrt, meinen Freund Seebeck beneide, welcher von Frankfurt aus seinen Besuch abstattete.

Doppelt und dreyfach aber unangenehm ist mir das Versäumniß dessen ich mich anklage aus folgender[102] Ursache, der ich einige Aufmerksamkeit zu widmen bitte: Ich bin aufgefordert meine Reisebemerkungen über Kunst und Alterthum, über Bemühungen um Natur und Wissenschaft in den Rhein- und Mayn- gegenden zusammenzustellen und baldigst zu publiciren. Man hofft hievon manches Gute in diesen sehr bewegten Zeiten, wo so vieles aufgeregt ist, und überall sich etwas zu bilden strebt, ohne jedoch die rechte Form finden zu können.

Ob ich gleich ungern in den Augenblick einwirke, weil so mancher Mißgriff möglich ist, so habe ich mich doch jenem Vertrauen nicht entziehen können, und das Wagstück unternommen. Nun muß ich nothwendig auch von Hanau reden, und hätte gern diese merkwürdige Stadt unter Ihrer Anleitung nochmals beschaut, da mir aber dieß nicht gelungen, so nehme mir die Freyheit hierbey ein Blatt zu übersenden, auf welchem aus dem Gedächtniß die Hauptpuncte verzeichnet, mit Bitte um vollständigere Nachricht von allem, was Hanau in diesem Sinne merkwürdig macht. Indem ich also Ew. Hochwohlgeb. um die Gefälligkeit ersuche beyliegendes Blatt zu extendiren, so geschieht es auch in der Absicht, weil mir nicht ganz deutlich ist, was, unter gegenwärtigen Umständen, räthlich seyn möchte zu sagen. Dieses werden Dieselben am besten ermessen, und mir für meinen kleinen Aufsatz einen lichten und wirksamen Punct verschaffen. Freylich müßte ich Sie bitten,[103] daß Sie mir Ihren gefälligsten Beytrag baldmöglichst gewährten.

Zugleich aber wünsche ich von Ihnen und den Früchten Ihrer Thätigkeit umständlich zu erfahren, auch wann wir die versprochene Einleitung zur Mineralogie und die erste Sendung der Versteinerungen zu hoffen haben. Wobey ich mich gefälligst zu bedenken bitte.

Herrn von Albini, Excellenz, bitte mich gehorsamst zu empfehlen, ich höre daß dieser vortreffliche Geschäftsmann, wieder, zu unserm Vortheil in Thätigkeit gesetzt ist.

Lassen Sie mein Andenken auch in Ihrem häuslichen Kreise stets erneuert seyn.

gehorsamst

Weimar den 20. Octbr. 1815.

Goethe.


26/7188.


An Christian Friedrich Wilhelm Jacobs

[Concept.]

Wohlgeborner,

Insonders hochgeehrtester Herr!

Ew. Wohlgeb. erprobte Gefälligkeit giebt mir Muth zu beyliegendem ergebensten Ersuchen. Ein werther Freund wünscht den Catalog zu erhalten, welchen die Herzoglich Gothaische Bibliothek, vor ein paar Jahren, von ihren arabischen Handschriften hat drucken lassen. Die Buchhändler konnten diesen Wunsch nicht befriedigen,[104] sondern äußerten, die Schrift sey nicht in Buchhandel gekommen. Mögen Ew. Wohlgeb. mir hierüber einige Auskunft geben, oder mir vielleicht ein Exemplar dieses Catalogs verschaffen, so werden Sie mir eine ganz besondere Gefälligkeit erzeigen, da ich alle Ursache habe den Wünschen jenes Freundes entgegen zu kommen. Sollte ich etwas Angenehmes zu erzeigen im Falle seyn, so würde ich bereitwilligst meine Dankbarkeit zu bethätigen suchen.

Weimar, den 20. October 1815.


26/7189.


An Carl Ludwig von Knebel

Unverantwortlich muß ich es selbst nennen, wenn ich so lange nichts von mir hören lassen. Zu meiner Entschuldigung möcht ich dir recht bald erzählen, wie ich seit 4 Monaten, als ein Ball, von mehr guten als bösen Ereignissen hin und wieder geworfen worden. Denn es ist doch wohl seltsam genug, wenn ich gestehen muß, daß ich mehr dem Willen anderer als dem meinigen gefolgt bin. Da mir aber dadurch planlos mehr Gutes zugegangen, als mir nach dem wohlüberlegtesten Plan hätte werden können, so habe ich alle Ursache zufrieden zu seyn und suche nun, indem ich in der Erinnerung lebe, die Erfahrungen mir und andern zum Besten zu leiten.

Ich bin veranlaßt worden, über Kunst und Alterthum in den Rhein- und Mayngegenden dasjenige zu[105] Papiere zu bringen, was zu wiederholten Malen theilnehmend, ja leidenschaftlich ausgesprochen worden. Auch dieses thu ich mehr andern als mir zu Liebe, denn freylich in diesem Augenblick, wo so vieles in Bewegung ist, fürchten die Einsichtigen, manches möchte sich falsch fixiren, und da wünschen sie, daß ich meine Meinung ausspreche, die zugleich die ihrige ist. Kommt dir dieses Heft zur Hand, wie es denn nicht lange säumen wird, so weißt du auf einmal, was mich bisher beschäftigte.

Zugleich muß ich dir mit Vergnügen melden, daß für den Divan sich neue reiche Quellen aufgethan, so daß er auf eine sehr brillante Weise erweitert worden. Bey Paulus habe ich 14 Tage arabisch geschrieben, welches zu manchen geselligen Scherzen Anlaß gab.

Das Wetter war in der letzten Zeit ganz himmlisch. Den 6. dieses befand ich mich noch in Carlsruh an einem unglaublich schönen Tage. Hebel ist ein ganz trefflicher Mann. Jung ist leider in seinem Glauben an die Vorsehung zur Mumie geworden. Ich darf nicht anfangen von Menschen zu reden, deren ich unzählige gesehen, und nehme für dießmal zugleich Abschied. Gerning bringt durch seine Art von Thätigkeit sich doch immer so durch und etwas weiter; weniger dünkelhaft würde er noch größere Vorschritte thun. Gegen mich hat er sich sehr gut betragen und es an einem dankeswerthen Gastgeschenk nicht fehlen lassen.

[106] Vor allen aber bitt ich dich, mein Theuerster, mir von deinen Gesundheitsumständen das Genauere zu melden; ich höre leider, daß es dir nicht zum besten geht. Sag mir auch von den lieben Deinigen.

Auch habe die Gefälligkeit mir zu sagen, womit du dich vorzüglich beschäftigst.

Gerning schickt hier noch ein paar Ovide. Es ist nichts lustiger, als wenn er mit einem solchen Exemplar den jungen Prinzessinnen ein Geschenk macht, die eigentlich nicht wissen, was es heißen soll, wenn die älteren Damen es mit einer schicklichen Miene zu ignoriren suchen.

Mir geht es nach meiner Art ganz gut, möge ich bald das Beste von dir hören.

Weimar den 21. Octbr. 1815.

G.


26/7190.


An Philipp Nicolaus Schmidt

[Concept.]

Ew. Wohlgeboren

vor meiner Rückreise nicht noch begrüßt zu haben, that mir sehr leid. Meine schnelle Rückkehr über Würzburg hat mich diese so wie so manche andere angenehme Pflicht in Frankfurt versäumen lassen.

Mit wiederholtem Danke melde ich daher, daß es endlich in Kasten glücklich angekommen, nur fehlt noch ein kleiner Koffer, ich ließ denselben vor meiner Abreise nach Heidelberg mit einem Billet an Ew. Wohlgeb.[107] bey Herrn Geh. Rath Willemer. In gedachtem Blättchen hatte ich ersucht, diesen Koffer wohl emballirt nach Weimar zu schicken. Da derselbe aber noch nicht angekommen, so ersuche ergebenst, mir einige Nachricht zu ertheilen, ob er Ew. Wohlgeb. übergeben worden, ob, und wie er abgegangen, damit ich etwa deshalb Nachfrage thun könnte.

Der ich mich und die Meinigen bestens zu geneigtem Andenken empfehle und mit den aufrichtigsten Wünschen für Ihr Wohl mich zu unterzeichnen die Ehre habe.

Weimar d. 22. Octbr. 1815.


26/7191.


An Sulpiz Boisserée

Den 11. Octbr. zu Mittag kam ich in Weimar an, nachdem mir zuletzt die Dämonen noch einige Gesichter geschnitten hatten. Ich that aber nicht dergleichen und so ging es vorüber. Vor allen Dingen warf ich mich auf den Aufsatz. Nun ist der Anfang, ohngefähr wie Sie ihn kennen, in die Druckerey; das Übrige mußte alles umgeschmotzen werden. An trocknem Holz und zinnernen Tellern haben wir's nicht fehlen lassen.

Daß ich zurückgeeilt, reut mich nicht, denn ich habe manche Verwirrung angetroffen, wo theils zu lösen, theils zu durchschneiden ist. Auch geht der junge Hof nächstens über Berlin nach Petersburg und zwar[108] auf einige Zeit, da gab es denn auch noch manches abzusprechen.

Die Heiligenbilder aus der Priesterfabrik zu Susdal sind mir abermals zugesagt. Sie sollen unterwegs, ja vielleicht schon hier seyn, nur ist man in Irrung wegen der Kiste worin sie befindlich. Es wäre mir sehr gelegen, wenn sie sich gerade jetzt aufthäten, denn ich bin schon bis an die Thore von Heilelberg gelangt und präparire einen feyerlichen Einzug, um, weniger re fractär als die Europäer in China, den heiligen drey Königen le compliment d'usage zu machen.

Haben Sie doch die Güte mir über Mannheim etwas Detaillirteres geschwind zu schreiben; denn was ich unaufmerksam gemerkt, fällt gar zu mager aus.

Die Gefälligkeit mir den Domriß mitzugeben, kann ich Ihnen nicht genug verdanken. Unserer Frau Großherzogin Hoheit, welche Sie schönstens grüßen läßt, hat das Werk viel Freude gemacht, und mehrere Beschauer sind von selbst darauf gekommen, auszusprechen, daß es ein Glück sey nunmehr ein Musterbild zu haben, wonach man ähnliche Arbeiten beurtheilen könne. unser Architekt sagte ganz unbewunden, seine Herrn Collegen hätten diese Bauart bisher einzuführen gewünscht, weil sie die Willkür zu begünstigen scheine; er hoffe, daß der Anblick dieses Risses sie erschrecken, und von jener Thorheit heilen werde. General Sivers besuchte mich gestern, er interessirt sich sehr für Sie und erwartet mit Schmerzen, was[109] gesagt werden soll. Unser Vorsatz ist schon weit genug erschollen, das ist desto besser; sobald das Werkchen erscheint, werde ich eine Anzeige davon in's Morgenblatt geben und dabey alles benutzen, was ich bey Seite ließ und deutlicher aussprechen, was ich in dem Heft andeutete. Und so müßte es nicht von rechten Dingen zugehen, wenn der löbliche Zweck verfehlt würde, wenn unsere patriotischen Feuerchen, die wir auf soviel Bergen und Hügeln des Rheins und Mayns anzünden, nicht auch patriotische Gesinnungen erregen und glücklich fortwirken sollten.

Antworten Sie mir übrigens bald und sagen mir etwas von Ihrem 18. Octbr. Auf unsern Thüringer Hügeln wurde er auch ganz löblich gefeyert. Grüßen Sie Melchior und Balthasar, der letztere macht, wie mir General Sivers erzählt, schon guten Gebrauch von meinen Äußerungen bey seinen gallerie-inspectorlichen Späßen, wofür er schönstens Dank haben soll. Wenn nur erst der Text anlangt, so wird sich noch manches zur Unterhaltung von Gästen aller Art auffinden lassen.

In den nächsten Tagen wird der Domriß sorgfältig wieder eingepackt. Soll ich das Kästchen, gut emballirt, auf die fahrende Post geben, oder soll ich es in den Kasten einschließen, worin ich das Schwänchen zu senden gedenke?

Herzllich dankbar für alles Gute und Liebe.

W. d. 23. Octbr. 1815.

G.[110]


26/7192.


An Arthur Schopenhauer

Den ersten ruhigen Augenblick nach meiner Zurückkunft ergreife, um Ihren Aufsatz sowie den ersten und letzten Brief nochmals zu durchgehen und ich kann nicht verbergen, daß es mit großem Vergnügen geschieht. Ich versetze mich in Ihren Standpunct und da muß ich denn loben und bewundern, wie ein selbstbedenkendes Individuum sich so treu und redlich mit jenen Fragen befaßt, und das, was gegenständlich daran ist, rein im Auge behält, indem es sie aus seinem Innern, ja aus dem Innern der Menschheit zu beantworten sucht.

Abstrahire ich nun von Ihrer Persönlichkeit und suche das was Ihnen gehört mir anzueignen, so finde ich sehr vieles was ich aus meinem bestimmten Gesichtspuncte gar gern gleichmäßig ausdrücke. Komm ich aber an das, wo Sie von mir differiren, so fühle ich nur allzu sehr, daß ich jenen Gegenständen dergestalt entfremdet bin, daß es mir schwer ja unmöglich fällt, einen Wiederspruch in mich aufzunehmen, denselben zu lösen, aber mich ihm zu bequemen. Ich darf daher an diese strittigen Puncte nicht rühren; nur wegen des Violetten sende ich ein Blättchen nach.

Damit jedoch Ihre schöne und dankenswerthe Arbeit nach außen nicht völlig stocke, so thue ich folgenden Vorschlag. Auf meiner Reise hatte ich das Glück[111] Herrn Dr. Seebeck zu begegnen. Dieser sorgfältige, denkende Beobachter hat jene Phänomene nie außer Augen gelassen und ist vollkommen als in seinem Hauptgeschäft darin bewandert. Erlauben Sie es, so sende ich ihm Aufsatz und Briefe oder auch den Aufsatz allein, und es wird gewiß dadurch für Sie und mich erwünschte Theilnahme und Belehrung entspringen. Auch er verhält sich ohngefähr wie Sie gegen meine Farbenlehre, er läßt sie bestehen als Grund und Anleitung, als Fachwerk und Andeutung, und sie hat nie etwas Weiters seyn sollen. Auch er hat verschiednes Vernachlässigte herangezogen, manches Leichtübergangene ausgeführt, Stellen berichtigt, andere bestätigt, manches Neue supplirt und besonders die Gegner nach ihren Stärken und Schwächen sehr schön beurtheilt.

So sehr aber auch die Sache dadurch gewinnt und so sehr es mir Freude machen sollte, das zu erleben, was andern erst lange nach ihrem Hinscheiden aufgespart ist, so erfordere es doch in meiner gegenwärtigen Lage zu große Anstrengung, zu gewaltsamen Anlauf, mich wieder in die sonst so geliebte und betretene Region zu versetzen. Ja ich konnte meinem Freunde kaum, da er von mir einiges zu Förderung der Hauptpuncte begehrte, zu Willen seyn. Mein größter Wunsch wäre daher, daß Sie beyde sich näherten und so lange gemeinschaftlich wirkten, bis ich von meinen wunderlichen Geistesreisen, auf denen ich jetzt[112] hin- und hergezogen werde, wieder glücklich in die harmonisch farbigen Regionen zurückkehre. Ihre Antwort soll entscheiden, bleiben Sie meines Antheils versichert. Mit den besten Wünschen

Weimar den 23. Octbr. 1815.

Goethe.


26/7193.


An Johann Friedrich Rochlitz

Mit Beantwortung Ew. Wohlgeboren freundlichen Schreibens vom 29. July komme leider erst nach dem Feste. Hätte ich gleich im Frühjahr die Aufträge, wie ich sie zu geben gedachte, niedergeschrieben, so würden Ew. Wohlgeb. solche entweder selbst oder durch einen Freund, gewiß zu meiner Zufriedenheit haben ausrichten lassen. Nun aber hielt mich meine Reise zu lange am Rhein und Mayn, und in den ersten Augenblicken meines Hierseyns konnte zu keiner Fassung gelangen, und leider entschlüpfte mir so die schönste Gelegenheit meine Sammlung abermals mit bedeutenden Kunstwerken zu vermehren. Nehmen Sie jedoch auch in dem gegenwärtigen Falle meinen aufrichtigen Dank für Ihre gütigen Bemühungen, und die aufrichtige Erklärung, in welcher ich Ihren längst erprobten Charakter auf's neue mit besonderer Rührung anerkannt. Seyn Sie überzeugt, daß ich in ähnlichen Fällen mich vollkommen beruhigen werde, wenn Sie, oder diejenigen, denen Sie Ihr Vertrauen schenken,[113] zu meinem Vortheile wirken mögen. Gegenwärtig aber würden Sie mir eine besondere Gefälligkeit erweisen, wenn Sie mir einen Catalog mit beygefügten Preisen für die Gebühr verschaffen möchten. Die Durchsicht desselben, wenn sie mir auch hie und da vielleicht eine unangenehme Empfindung erregte, würde für mich auf alle Fälle belehrend seyn, und ich werde Ihnen dieses, so wie so manches andere Gute herzllich verdanken.

Mit Bitte, mich allen werthen Gönnern und Freunden angelegentlichst zu empfehlen

ergebenst

Weimar den 23. Octbr. 1815.

Goethe.


26/7194.


An August Claus von Preen

Hochwohlgeborner,

Insonders Hochgeehrtester Herr!

Leider ist der verdienstvolle Land-Cammerrath Bertuch, durch dessen Vermittlung mir die Ehre Ihrer Bekanntschaft geworden, unerwartet, nur allzu früh mit Tode abgegangen. Seinen Verlust bedauern alle Freunde der Kunst und Wissenschaft, ja es ist nicht zu viel gesagt, daß die durch seinen Tod entstehende Lücke jedem gebildeten Deutschen empfindlich seyn wird. Durch den tiefgebeugten Vater erhalte, bey meiner Rückkehr vom Rhein- und Maynstrom, das Modell der Blücher'schen Statue, vom Herrn[114] Professor Schadow verfertigt, in gutem Stande. Ich habe mich sogleich, theils zu Beschleunigung des Geschäfts, theils, weil nach meinem Dafürhalten die Berathung über ein dergleichen zu errichtendes Werk zwischen dem Künstler und dem Kunstfreunde unmittelbar einzuleiten das Beste sey, mit benanntem trefflichen Künstler im Verhältniß gesetzt, demselben meine Gedanken geschrieben, ihn um ein zweytes Modell und um die baldige unmittelbare Sendung an mich ersucht, wodurch es wohl möglich werden könnte, daß vor Ende Novembers wenigstens die Hauptsache keinem weitern Zweifel unterworfen wäre.

Freylich dient solchen Berathungen, zu schneller und vollkommener Entscheidung, am meisten die persönliche Gegenwart; wie ich noch vor einiger Zeit zu meiner größten Zufriedenheit erfahren, als eine ansehnliche Berliner Theater- Intendanz Herrn Capellmeister Weber veranlaßte, sich nach Weimar zu begeben, um wegen Composition Aufführung des sehr verwickelten Festspiels Epimenides mit mir geheimschaftlich Rath zu pflegen. In wenigen Tagen war die Sache geordnet und bestimmt, so daß es nachher keiner weitern Correspondenz bedurfte, doch wird es in dem gegenwärtigen Falle mit einem so einsichtigen Manne auch in der Ferne andeutlicher Übereinkunft nicht fehlen.

Die Zeichnungen des Herrn Wolff sende nächstens wieder zurück. Künstlerische Anlage und ein denkender[115] Geist ist bey diesem Manne nicht zu verkennen, allein er scheint mir nicht genug Ausbildung und Freyheit zu haben, als daß man ihm ein solches Werk anvertrauen dürfe, wie ich denn seine Statuen zu Fuß keineswegs verwerflich finde, mich aber über das, was ich daran desiderire, viel schwerer als über Herrn Schadows Vorschlag erklären könnte. Mögen Ew. Hochwohlgeb. höchsten und hohen Orts, insofern es erforderlich, meine aufrichtige Bereitwilligkeit betheuern, wie ich denn das Eingeleitete auf alle Weise möglichst zu befördern nicht ermangeln werde. Mit vollkommener Hochachtung mich unterzeichnend

Ew. Hochwohlgeb.

gehorsamster Diener

Weimar d. 23. Octbr. 1815.

J. W. v. Goethe.


26/7195.


An Johann Gottfried Schadow

Auf höhere Veranlassung nehme mir die Freyheit Ew. Wohlgeboren über einen schon bekannten Gegenstand, nämlich das Blücher'sche Monument für Rostock gegenwärtig zu unterhalten. Das von Ew. Wohlgeb. verfertigte Modell ist in meinen Händen und ich darf nicht ablehnen, darüber meine Gedanken zu eröffnen. Da ich aber der Meinung bin, daß eine Unterhandlung über ein zu fertigendes Kunstwerk zwischen dem Kunstfreunde und dem Künstler unmittelbar zu veranstalten[116] sey, so nehme mir die Freyheit dasjenige zu übersenden, was mir über das vorstehende Modell beygegangen. Entschließen Sie Sich zu einem zweyten, so wünsche ich, daß Sie es, sowohl wegen erst bemeldter Ursache, als auch der Abkürzung des Geschäfts willen, unmittelbar an mich senden möchten.

Was ich Herrn von Preen geantwortet, lege ich abschriftlich bey, damit in einer so bedeutenden Sache eine wechselseitige Aufklärung nilcht fehlen möge.

Der ich in Erwartung gefälliger Antwort die Ehre habe mich hochachtungsvoll zu unterzeichnen

ergebenst

Weimar 25. Octbr. 1815.

J. W. v. Goethe.


[Beilage.]

Weimar, den 25. October 1815.

Betrachtungen bey einem Modell

des Blücher'schen Monuments für Rostock.

Mein Vorschlag wäre, den rechten Fuß zum Standfuße zu machen, wodurch der doppelte Vortheil entspränge, daß die rechte Schulter, nach welcher das Gesicht gerichtet ist, schon für sich höher käme, auch der Commandostab mehr rückwärts seinen Platz fände, und sich, zu einigem Anhalten, mit dem Körper verbinden ließe. Die Brust und der rechte Schenkel wären frey und dem einfallenden Lichte völlig zugänglich; daß allsdann der linke Fuß vorträte und der Säbel auch vorrückte, würde, sowohl artistisch als symbolisch,[117] vortheilhaft seyn, indem sich dieser Held beynahe noch mehr durch That als durch Befehl auszeichnet.

Der Brust wünschte ich einen Harnisch, weil ein solches Waffenstück, als eine große Partie, das Licht gar schön auffängt. An den Füßen wünschte das Nackte durch größere Faltenpartien bezeichnet, Löwenhaut und Kopf mehr symbolisch als real dargestellt, worin uns die Alten z.B. bey der Nebris der Bacchanten vorgegangen. Da die rechte Schulter nach dem gethanen Vorschlage ohnedieß in die Höhe kommt, so möchte die hier angebrachte Tatze zu verflächen seyn. Wie denn auch durch Symbolisirung der Löwenhaut die Rückseite der Statue, welche auf einen freyen Platz zu stehen kommt, interessanter werden müßte, wenn die Form des Körpers deutlich durchschiene. Vielleicht würde das Piedestal nicht rund, sondern viereckig gemacht, mit einfachem Simswerk verziert und, um für das Ganze mehr Höhe zu gewinnen, auf einen auf jeder Seite etwas vorspringenden Untersatz gestellt, welcher wohl eine Elle hoch werden dürfte. – Die viereckige Gestalt der Base bietet auch für die Inschrift mehr Bequemlichkeit dar als die runde.

Doch kann alles dieses der Kunstfreund nur andeuten und wünschen; dem Künstler, der mit Geist und Geschmack solche Werke ausführen soll, setzt freylich Material und Technik Schwierigkeiten entgegen, die nur von ihm zu beurtheilen und zu überwinden sind. Soviel für dießmal. Die Sache ist von solcher[118] Wichtigkeit, daß in der Folge wohl noch manchmal darüber zu interloquiren seyn möchte; einsichtigere Meinung nicht ablehnend.

Goethe.


26/7196.


An Carl Dietrich von Münchow

[Concept.]

Ew. Hochwohlgeb.

nach einer so langen Abwesenheit wieder zu besuchen, und, an einem heitern Tage mich mit Ihnen des Himmels zu erfreuen, war mein größter Wunsch, welchen wegen gar zu vieler äußerer und innerer Abhaltung leider noch nicht erfüllt sehe.

Da nun zu Serenissimi bald zu hoffender glücklicher Ankunft über die Jenaischen wissenschaftlichen Institute ein ausführlicher Bericht zu erstatten ist, so veranlaßte den Hofmechanikus Körner über seine bisherigen Beschäftigungen nähere Auskunft zu geben und wie weit das parallaktische Instrument gediehen anzuzeigen. Sein Aufsatz liegt hier bey.

Möchten Ew. Hochwohlgeb. darüber gefällig Ihre Gedanken eröffnen, so wie auch sonst dasjenige, was zu Höchster Kenntniß allenfalls zu bringen wäre, gefällig mittheilen, so würde weiter nichts abgehen, was zu einem vollständigen commissarischen Bericht nothwendig ist.

Der ich die Ehre habe in Hoffnung baldigen Wiedersehens mich hochachtungsvoll zu unterzeichnen.

Weimar d. 25. Octbr. 1815.[119]


26/7197.


An Johann Jacob von Willemer

Als der gute Sulpicius mich in Würzburg verlies und ich mich auf den weiten fränckischen Stoppelfeldern unter hasenjagenden donischen Cosacken allein sah, hätte ich meine beschleunigte Rückreise gewiß bereut, wenn nicht die Nothwendigkeit derselben mir vor Augen gewesen wäre, noch mehr aber die Gewißheit mich beruhigt hätte daß ich den Freunden so wie sie mir immer gegenwärtig wäre.

Wie angenehm hat mich daher das Protokoll vom 18ten Octbr. überrascht, welches, in so bedeutendem Augenblick von so lieber Hand verfaßt, mir die Freuden des vorigen Jahrs, das Glück des jetzigen unmittelbar wieder zu Herz und Sinn brachte. Auch die von Anfang der Welt sich herschreibende Jahrzahl hat ihre Wirckung nicht verfehlt und ich hoffe wir wollen immer so fortrechnen.

Wie ich voraussehen konnte, waren die Tage seit meiner Ankunft am 11ten bis heute den 26ten sehr unruhig. Das Theater fand ich erschüttert auf einen Grad daß der Philosoph am Mayn es doppelt und dreyfach verwünschen würde. Vor der Abreise des jungen Hofes gab es hunderterley Beredungen, Auf träge und Bestellungen, nicht weniger häufige Besuche russischer Magnaten und Schönheiten; wie denn heute die Untergötter Baskiren Cosacken u. dergl. das[120] Bißchen Herbstluft vor sich her nach Norden zu treiben scheinen.

Am 18ten fuhr ich mit Freund Meyer auf unsre Hügel um die Feuer welche auf Thüringens Höhen, zwar nicht so reichlich und prächtig als am Mayn, aber doch ganz anständig und fröhlich brannten, im Ganzen zu überschauen; da vergegenwärtigte ich mir die Freunde und die über Franckfurts Panoram so zierlich aufpuncktirten Flämmchen, und zwar um so mehr als es gerade Vollmond war, vor dessen Angesicht Liebende sich jedesmal in unverbrüchlicher Neigung gestärckt fühlen sollen.

Das Buch Kabus kommt mit dem Postwagen. Diesem Weisheitsbuche ist ein dichterisches Blättchen beygefügt, dem Divan entnommen, welcher um viele Glieder gewachsen ist. Ich schickte mehr, wenn ich nicht bedächte daß es wohl besser sey diese Novitäten einige Monate aufzuheben, damit man, bey erneuter Gegenwart, auch wieder mit neuen Gaben vor den Freunden erscheinen könne.

Nun das Herzlichste Lebewohl. Die schönsten Grüße an die liebe Rosette und die sämmtlichen Kinder. Hat denn die ernste Vorsteherinn mir gar nichts mitzutheilen? Die Angelegenheiten des Vereins sind auch im Norden sehr wichtig.

Möge es Allen recht wohl ergehen.

W. d. 26. Octbr. 1815.

Goethe.[121]


26/7198.


An Carl Friedrich Zelter

So weit hätten wir es also gebracht, fünf Monate nichts von einander zu hören. Durch eigene und fremde Leiden und Freuden hin und hergewogt, hab ich sie zugebracht. Jetzt, unter leiblichen Auspicien nach Hause gelangt, fühl ich gleichmäßig, daß man immer auf innern und äußern Krieg gerüstet seyn muß.

Nicht leer komm ich von meinem Kreuzzuge, in einiger Zeit erhältst du gedruckt meine Betrachtungen über Kunst und Alterthum, beyläufig über Wissenschaft, in den Rhein- und Mayngegeben. Es ist zwar meine Art nicht auf den Tag zu wirken, dießmal aber hat man mich so treulich und ernsthaft zu solcher Pflicht aufgefordert, daß ich mich nicht entziehen kann. Eigentlich spiele ich auch nur den Redacteur, indem ich die Gesinnungen, Wünsche und Hoffnungen verständiger und guter Menschen ausspreche. In diesen Fächern, wie in allen andern, ist soviel guter Wille als Verwirrung und Unvertraun; jeder möchte etwas leisten und zwar das Rechte, und niemand begreift daß das nur geschehen kann, wenn man mit und in einem Ganzen wirkt.

Sodann verkündige, wie mein Divan um viele Glieder vermehrt ist, worunter sich welche von der jüngsten und frischesten Sorte befinden. Er kann nun[122] schon, dem verschiedenen Inhalt gemäß, in Bücher abgetheilt werden; manches Singbare wird sich darunter finden, doch waltet, nach orientalischer Art, die Reflexion am meisten darin, wie sie auch den Jahren des Dichters geziemt.

Ferner ist mein Aufenthalt in Neapel und meine Reise durch Sicilien, so ziemlich, nach Tagebüchern und Briefen, und aus der Erinnerung redigirt, und steht auf dem Puncte, abgeschrieben zu werden. Die Reise bis Rom war schon in Ordnung ehe ich wegging. Aus diesem Bändchen wird niemand viel lernen, aber Gegenden, Gegenstände, Menschen und Reisende werden dem Leser lebendig entgegentreten.

Von öffentlicher Musik habe ich auf meiner Reise nichts Erfreuliches gehört. Einzelne liebenswürdige Stimmen zu Clavier und Guitarre sind mir sehr anmuthig entgegen gekommen. Gott und die Bajadere hört ich vortragen, so schön und innig als nur denkbar. Ist denn das erste Heft deiner gestochenen Lieder nicht mehr zu haben? in Frankfurt war es nicht zu finden, jedoch die folgenden. Am Mayn weiß man nichts von dir, und der Rhein kennt dich nicht; wir haben daher dein Evangelium in diesen Gegenden gepredigt. In Heidelberg dagegen stehst du im frischesten Andenken. Du erlaubst ja wohl, daß ich etwas von deinen Canons und mehrstimmigen Liedern hinschicke, auch schickte ich gern die Partitur von Johanna Sebus. Eine Gesellschaft Liebhaber versammelt[123] sich unter kluger und geistreicher Anführung. In Frankfurt hat ein wohlwollender junger Mann eine Singschule angelegt, die ich zu fördern hoffe, ich wünschte ihr deine Prüfung. Das Unglück mit diesen Musikern ist dasselbe wie mit den Dichtern, daß jeder nur seine Arbeit vorträgt, und das was ihm ähnlich und erreichbar ist. Fräulein Hügel trägt die Händel'schen und Bach'schen Sonaten ganz trefflich vor, und ist leider in diesem Fache wie in allen übrigen kein Mittelpunct, nach dem ein jeder seufzt, indem er nur gewohnt ist, sich um sich selbst zu drehen.

Die erste Lieferung der neuen Ausgabe meiner Werke ist schon abgedruckt, Cotta secretirt sie aber und wartet mit der Subscriptionsanzeige auf besseres Wetter; wem will man auch jetzt zumuthen, sich mit solchen Dingen zu befassen? In den zwey Bänden kleiner Gedichte wirst du allerley wunderliches Zeug, und ich hoffe manches für deinen Gaum finden.

Unsere jungen Herrschaften find in Berlin; ob sie für lauter Thätigkeit Raum finden werden, auf dich und dein schönes Thun Acht zu haben, weiß ich nicht.

Und so darf ich denn erwarten, daß du mir von deinem Thun und Lassen auch einige Nachricht gebest. Sage mir doch auch ein Wort, wie sich des Epimenides Urtheil ausgenommen, wie es mit Devrient steht und geht. Brühl hat uns Wolffs weggenommen, welches sein gutes Vorurtheil für seine Direction erregt. Es ist zwar nichts dagegen zu sagen wenn man[124] gebildete Künstler sich zuzueignen sucht, aber besser und vorteilhafter ist es, sie selbst bilden. Wär ich so jung wie Brühl, so sollte mir kein Huhn auf's Theater, das ich nicht selbst ausgebrütet hätte. Nun lebe schönstens wohl und sende auch irgend ein Liedchen oder Canon.

Weimar. d. 29. Octbr. 1815.

G.


Kannst du mir, nach deiner einsichtigen Schilderungsweise, eine recht deutliche Darstellung von Dlle Düring machen, und das je eher je lieber, so erzeigst du mir einen großen Gefallen, laß es aber niemanden am wenigsten sie selbst mercken und bewahre mir dieses Geheimniß, wie manches andre.


26/7199.


An die Hoftheater-Commission

Ich wünsche daß künftig das Austheilungsgeschäft der Luft- und Trauerspiele so wie der Oper als commissarisches Geschäft behandelt werde, indem für mich gar zu viel Unangenehmes daraus entsprang, daß ich dasselbe gewissermaßen blos persönlich behandelte. Ich ersuche daher meine hochgeertesten Herrn Mitcommissarien beyliegende Austheilung gefällig gleichfalls zu signiren, da ich denn, wenn nichts zu erinnern ist, die Namen auf die Rollen schreiben werde. Zugleich wünsche, daß diese Dinge in ein Acten-Fascicul[125] geheftet und künftiger Notiz wegen aufbewahrt werden.

Weimar d. 31. Octbr. 1815.

Goethe.


26/7200.


An Friedrich Wilhelm Riemer

Mögen Sie lieber Professor veranstalten daß man mir von dem revidirten Bogen, wenn der reine Abdruck sich verspäten sollte, noch einen Abklatsch sende. Das heist wenn nach unsrer Revision alles berichtigt ist. Aushänge Bogen möchte ich wenigstens Vier haben. Wegen Morgen wird meine Frau sprechen.

W. d. 31. Octbr. 1815.

G.


26/7201.


An Johann Friedrich Heinrich Schlosser

Durch Herrn Geh. Rath von Gersdorf erhalte so eben Ihren werthen Brief nebst dem Packet. Jedes Zeichen des Andenckens meiner lieben Landsleute und Verwandten erneuert immer die vergnügliche Erinnerung meines abermaligen glücklichen Aufenthalts. Wie sehr wünsche ich auch das nächste Jahr dieser Freuden theilhaft zu werden.

Die beyden Obligationen zusammen 500 f. so wie die eine zu 1000 f. haben Sie die Güte zu verkaufen und mir sodann gefällig zu melden auf wie viel ich assigniren könne. Bis dahin mag der gegenwärtige[126] Cassevorrath auch beruhen. Mich herzlich Ihnen und den theuren Ihrigen empfehlend aufrichtigst für treulich fortgesetzte Bemühung danckend.

W. d. 1. Nov. 1815.

Goethe.


26/7202.


An Friedrich von Schuckmann

Ew. Excellenz

gütiges und vertrauenvolles Schreiben hat mich in einer Arbeit gestärkt, die, frohen Muthes unternommen, mir täglich unter den Händen wäscht, und mehr Forderungen an mich macht als ich voraussehen konnte. Bey meinem Aufenthalte in Cöln fand ich unter den Einwohnern sehr viel Neigung und Freude an Kunst und Alterthum, bedeutende Reste älteren Besitzes, Lust zu sammlen, zu erhalten, zu benutzen und zu genießen, zugleich einen Durst nach Wissenschaft, das Gefühl des Bedürfnisses einer höheren Ausbildung. Wie diese schönen, aber zerstreut schwebenden Elemente zu vereinigen seyn möchten, darüber wurde vielfach verhandelt und man verlangte zuletzt daß ich aufzeichnen solle, was ich gesehen und erfahren, gehört und gedacht, damit man überblickte, was vorhanden, was erwartet, gewünscht und gehofft werde. Dieß habe ich, so gut es die Umstände zuließen, gethan und ferner in diesem Sinne die merkwürdigsten Orte, Rhein- und Maynaufwärts bis Basel und[127] Aschaffenburg theils bereist, theils Nachrichten daher gasammelt, woraus denn ein Heft entstanden welches sich ferylich in seinen Theilen nicht gleich seyn kann und wenn es seinem Zwecke vollkommen entsprechen sollte, neue Untersuchung und Bearbeitung erforderte. Da es aber der Wunsch der Personen, die mich veranlaßt, und auch mein eigener ist, auf den Augenblick, wo so vieles sich zu gestalten strebt, nach Kräften mitzuwirken, so fahre ich nun mit desto größerer Zuversicht fort, als dieses Unternehmen Ew. Excellenz Aufmerksamkeit auf sich ziehen können, wie ich denn dem Herrn Staatsrath Süvern den größten Dank schuldig bin, daß er mir diese Gunst verschaffen wollen.

Der Anfang des Manuscripts ist nicht mehr in meinen Händen, sobald aber ein Aushängebogen zu mir gelangt, so nehme mir die Freyheit solchen zu überschicken, mit der Bitte denselben als Handschrift einstweilen bey Sich niederzulegen. Ich werde nicht verfehlen bogenweis fortzufahren, und jedesmal dasjenige schriftlich nachzubringen, was man dem Druck anzuvertrauen Bedenken trug, und ich würde mich sehr glücklich schätzen wenn meine Betrachtungen in einer so wichtigen Angelegenheit irgend einen Einfluß haben und höchsten und hohen Orts gebilligt werden könnten.

Der Moment ist freylich gar zu schön und kommt nicht wieder, und also darf ich wohl Verzeihung[128] hoffen, wenn ich, gegen meine Gewohnheit, mich unausgefordert mit Gegenständen beschäftige, die nur von Männern behandelt werden sollten, welche praktisch einzugreifen, durch That und Werk die Richtigkeit ihrer Überzeugungen darzuthun berufen sind.

Mich verehrungsvoll empfehlend

Ew. Excell.

Weimar

ganz ergebenster

d. 1. Nov.

Diener

1815.

J. W. v. Goethe.


26/7203.


An Friedrich Wilhelm Riemer

Möchten Sie mir, mein lieber Professor, Notiz geben, ob und wenn ich Sie etwa heute sehen werde, nun den 2. Bogen zu revidiren. Auch etwas Manuscript so viel Sie zu Ausfüllung des 3. Bogen drüben brauchen zu ajustiren. Es ist grade noch bis an den Abschnitt Frankfurt so viel als nöthig vorhanden.

Die schönsten Grüße.

d. 3. Nvbr. 1815

G.


26/7204.


An die Hoftheater-Commission

Der Aufsatz des Herrn Beuther ist vortrefflich gedacht, und, wenn er in seinem ganzen Umfange ausgeführt wird, so können wir unser Theater in Absicht[129] auf Decoration für vollendet erklären. Die Vorschläge dieses ebenso kunstreichen als fleißigen Mannes sind in drey Abtheilungen verfaßt, über deren jede gegenwärtig ich meine Gedanken eröffne.

1) Alles bey diesem Punct Ausgeschprochene trifft völlig mit meiner Überzeugung überein, denn leider haben sich Autoren, Schauspieler, Publicum und Urtheilende vereinigt, eine falsche, kunstzerstörende Natürlichkeit auf das deutsche Theater einzuführen. Da soll alles wirklich hingestellt und der Einbildungskraft nichts überfallen werden.

Bey den Acten werden sich Aufsätze finden, wo ich gegen solchen Unfug geeifert. Von diesem Puncte wäre abgesondert eine Abschrift zu nehmen und der Regie zu übergeben, damit sie die neue Einrichtung den sämmtlichen Schauspielern bekannt mache. Ich werde bey Proben und sonst immer dieselbe Sprache führen.

2) Um nun den ersten Punct zu realisiren, so wäre dieser zweyte gleichfalls der Regie abschriftlich mitzutheilen. Gr. Herzogl. Commission würde jedoch Einrichtung und Fortgang dieser neuen Anstalt beschleunigen und sichern, wenn sie in der nächsten Session die Theatermeister vorbeschiede, ihnen die Absicht auseinander setzte, und sie Herrn Beuther, welcher zum Geschäft eines Theatermahlers auch noch das eines Decorateurs übernimmt, in solcher Qualität zu diesem Zweck entschieden subordinirte. Wir können von dieser[130] Einrichtung desto mehr Gutes hoffen, da eine Einleitung hiezu schon bisher geschehen und zwischen dem Herrn Genast und Herrn Beuther das beste Vernehmen statt gefunden.

3) Hier wird uns vorgelegt, was noch von Decorationen und Einsetzstücken unserm Theater abgeht, und wie wir zur vollkommenen Übereinstimmung des Ganzen gelangen können. Was die Folge der Ausführung betrifft, so könnte man vielleicht mit den Partien altdeutscher Architektur vorrücken und diese zuerst fertigen, indem sie am öftersten verlangt werden, doch bin ich auch wohl zufrieden wenn man nach der hier aufgestellten Ansicht und Ordnung verfährt.

s. m.

Weimar d. 4. Nvbr. 1815.

G.


26/7205.


An Carl Ludwig von Knebel

Gar freundlich blicken die zarten Gedichte aus den schönen Räumen, und wenn auch die Lettern anfangs etwas zu klein scheinen dürften, so befreundet man sich doch damit, da sie dem Inhalt angemessen find, und manches Gedicht gerade dadurch einen schicklichen Platz ausfüllt. Habe herzlichen Dank, daß du sie mir so bald und liebreich übersenden wollen. Der erste ruhige Augenblick soll dir gewidmet seyn. Es freut mich sehr, dir einmal auf deinem stillen Musenpfade[131] durchaus zu folgen. Leider schiebt sich ein Hinderniß über's andre daß ich nicht besuchen kann. Lebe und liebe.

W. d. 4. Nov. 1815.

G.


26/7206.


An Friedrich von Schuckmann

Ew. Excellenz

überreiche hierbey den ersten Bogen des bewußten Aufsatzes, zu geneigter Beurtheilung. Sie werden diesen Blättern gleich ansehen, daß es blos ein exoterischer Text ist, über den man mit Personen von Ansehn und Einfluß vertraulich zu communiciren hat, wenn er von einigem Nutzen seyn soll. Wie sehr danke ich daher Denenselben, daß Sie mir Gelegenheit gegeben, in hergebrachtem Vertrauen mich darüber zu äußern.

Ohne mich voreilig in die Frage einzulassen, inwiefern die Cölner hoffen können des Wunsches theilhaft zu werden, die Universität in ihren Mauern zu sehen, so darf ich wohl voraussetzen, daß die Sammlungen von dem, was zu Kunst und Alterthum gerechnet wird, daselbst ihren Hauptsitz finden werden. Deshalb wäre zuvörderst ein geräumiges Local auszumitteln. In dem Gebäude, welches sonst den Jesuiten angehörte, soll, außer der schon dorthin verlegten Schulanstalt, noch Kaum genug seyn. Doch wäre vielleicht nicht einmal darauf zu bestehen alles[132] unter einem Dache zu versammeln. Es giebt in Cöln mehrere große Häuser, welche wohl irgend eine Abtheilung des Museums fassen könnten. Doch werden dieses dei dortigen Behörden näher beurtheilen.

Der zweite Punct betrifft die Sammlung des Herrn Canonicus Wallraf, mit welchem man baldmöglichst eine Unterhandlung zu eröffnen hätte, um die von demselben aufgehäuften Schätze dem öffentlichen Wesen für die Zukunft zu sichern, und auch schon gegenwärtig auf diesen wunderlichen Mann einigen Einfluß zu gewinnen. Er gehört nämlich zu den Personen, die bey einer gränzenlosen Neigung zum Besitz, ohne methodischen Geist, ohne Ordnungsliebe geboren sind, ja die eine Scheu anwandelt, wenn nur von weitem an Sonderung, schickliche Disposition und reinliche Aufbewahrung gerührt wird. Der chaotische Zustand ist nicht denkbar, in welchem die kostbarsten Gegenstände der Natur, Kunst und des Alterthums über einander stehen, liegen, hängen und sich durcheinander umhertreiben. Wie ein Drache bewahrt er diese Schätze, ohne zu fühlen, daß Tag für Tag etwas Treffliches und Würdiges durch Staub und Moder, durch Schieben, Reiben und Stoßen einen großen Theil seines Werths verliert. Die Negotiation selbst, wodurch diese Masse in landesherrlichen Besitz käme, wird keine großen Schwierigkeiten finden. Er ist bey Jahren, genügsam, seiner Vaterstadt leidenschaftlich ergeben, und wird sich glücklich schätzen[133] wenn das, was er hier gesammelt, auch künftig an Ort und Stelle beysammen bleiben soll. Schwieriger aber, ja kaum zu lösen wird man die Aufgabe finden, diese Dinge ihm aus den Händen zu ziehen, Einfluß zu gewinnen auf Ordnung derselben, und eine Übergabe einzuleiten, wo derjenige, der das Ganze übernimmt, sich nur einigermaßen legitimiren kann, was er denn erhalten.

Da ich mit einem ähnilchen Manne, dem Hofrath Büttner in Jena, zwanzig Jahre in einem peinlichen Verhältnis gestanden, kann ich hierüber aus Erfahrung reden. Bey der größten Schonung seines seltsamen Wesens war es doch nicht möglich, ohne Verdruß mit ihm zu verkehren. Einstmals z.B. eröffnete er mir, daß er die Sommerzeit anwenden wolle, die in einem großen Saale an der Erde übereinander geschichteten rohen, gebundenen und gehefteten Bücher zu ordnen, und verlangte deshalb Ein Repositorium. Ich ließ, in Hoffnung daß die Sache in Gang kommen werde, zwölf Repositorien aufstellen und diese hätten nicht hingereicht, er aber war hierüber sehr verdrießlich und hat mir diese Voreile in seinem ganzen Leben nicht verziehen. Dergleichen erwarte ich mir von Herrn Wallraf auch und glaube kaum, daß bey seinen Lebzeiten anders als mit großer Vorsicht und Gewandtheit etwas Schickliches auszuführen seyn wird.

Das Dritte betrifft die Gebrüder Boisserée, deren Sammlung von alten niederrheinischen und brabantischen[134] Mahlerwerken sich gegenwärtig in Heidelberg gereinigt, restaurirt und prächtig eingerahmt, befindet. Von ihrem Werth und dem Verhältniß zu anderen Schulen derselbigen Epoche wird mein Heft unter dem Artikel Heidelberg im Allgemienen Kenntniß geben. Die beyden Gebrüder Sulpiz und Melchior, gegenwärtig in den besten Jahren, waren erst zum Handelsstande bestimmt und bildeten sich aus zu schöner Kenntniß von Kunst und manchen Theilen der Wissenschaft. Zu ihnen gesellte sich ein dritter namens Bertram. Zufällig wurden sie selbst zu sammeln veranlaßt, und haben nun, seit mehr als zehn Jahren, Zeit, Kräfte und Vermögen angewendet, um eine Sammlung aufzustellen, die in ihrer Art einzig ist, und welche, selbst der größten Gallerie einverleibt, immer als würdige Abtheilung glänzen würde. Noch erwünschter wäre sie jedoch zu Begründung eines neuen Museums, weil sie alsobald alles was sich um sie versammelte zu gleichmäßiger Klarheit und Ordnung nöthigen würde. Es sind den Besitzern schon mehrere Anträge geschehen, allein es bleibt ihr fester Vorsatz, sich von diesen Bildern nicht zu trennen, sondern sich vielmehr mit ihnen zugleich an den Ort zu begeben, den höhere Hand und Wirkung bestimmte. Nach meiner Überzeugung haben diese jungen Männer nur zwischen zwey Städten zu wählen, zwischen Frankfurt und Cöln, beyde in der günstigsten Lage und im gegenwärtigen Augenblick beyde der Hoffnung lebend, daß[135] ein neues und bedeutendes Kunstleben unmittelbar hervortreten werde. Denn die Absicht jener Gebrüder ist nicht etwa nur Conservatoren eines todten Schatzes zu bleiben, sondern angestellt zu werden, da wo sie, durch Kenntnisse so wie durch Thätigkeit, fortwirken können zum öffentlichen Besten, wie sie bisher als Privatleute, für eigene Rechnung, zu eigener Freude und Nutzen gethan. In Frankfurt ist, bey dem hohen Alter des Herrn Städel, welcher seine sämmtlichen Kunstschätze an Gemälden, Kupferstichen und Handzeichnungen, nebst einem geräumigen Local, und ansehlichen Capitalien zu einer öffentlichen Anstalt gestiftet, wahrscheinlich daß dieses Vermächtniß bald realisirt werde. Die Executoren des Testaments haben wegen Theilnahme an diesem Institut, vorläufig im Stillen, genannten jungen Männern Anträge gethan. Ob ich nun gleich alle Ursache habe, meiner Vaterstadt das Beste zu wünschen, und nicht Veranlassung seyn möchte, daß ihr ein so wichtiger Anhaltepunct eines frischen Kunstlebens entginge, so ist jedoch bey mir ein gewisses Gefühl, von Gründen unterstüzt, daß ich die Sammler sowohl als die Sammlung am liebsten in Cöln sähe. Der folgende Druckbogen giebt Nachricht von dem bedeutenden Kupferwerke, welches mehrbenannte junge Männer herausgeben, um den Werth und die Würde des Cölner Doms zu versinnlichen; auch hier wäre zu wünschen, daß eine öffentliche Casse mit einigem[136] Vorschuß einträte, welcher genugsam gesichert werden könnte.

Diese drey wichtigen Puncte Ew. Excellenz erleuchteter Beurtheilung überlassend, füge nur noch hinzu, daß über die republicanische Form, die ich unter gewissen Umständen, bey Kunstanstalten den herkömmlichen Akademien vorziehe, unter dem Artikel Frankfurt weitläufiger gehandelt werden wird.

Nehmen Ew. Excellenz als einen Beweis meiner Verehrung die zutrauliche Offenheit, die mich an jene schönen Tage erinnert, die ich das Glück hatte, in Ihrer Nähe zu verleben. Bald hoffe ich bey Gelegenheit der nächsten Sendung, das Weitere nachzutragen.

Ew. Excell.

ergebenst

Weimar

verpflichteter Diener

d. 4. Nov. 1815.

J. W. v. Goethe.


26/7207.


An Sulpiz Boisserée

Durch Ihren reich ausgestatteten Brief haben Sie mich erfreut und gefördert. Das Beyspiel moderner Mutterfreude ist erbaulich, und brachte mir jene angenehmen Stunden vollkommen wieder in's Gedächtniß. Ich läugne nicht, daß eine Schilderung jenes geselligen Vereins, von Palamedes Hand, mir sehr erwünscht wäre und wenn auch der Prinz von Gavre[137] etwas parodirt werden müßte. Am Liebchen war nichts auszusetzen.

Nun aber von unserm Hauptwerk, welches durch jene Episoden, mehr als billig, retardirt wurde. Die zwey ersten Bogen find schon revidirt, der dritte wird es zunächst. Mit diesem gelange ich bis Maynz. Sodann wird Frankfurt, Hanau, Darmstadt wieder soviel betragen, wann aber die Sonne über'm Heidelberger Schlosse aufgeht, wird es der längste Tag seyn. Ausführlich schematisirt ist schon, was ich über Ihre Sammlung zu sagen gedenke. Riemer, dem ich es vortrug, war sehr damit zufrieden. Ich hoffe, es soll nicht nur wahr, sondern auch plausibel werden. Ich halte mich an die ganze Arbeit ununterbrochen, doch mit Bedacht.

Denn ich kann im Vertrauen vermelden, daß der Hauptzweck schon erreicht ist. Durch Herrn Staatsrath Süvern veranlaßt hat Herr Staats-Minister von Schuckmann von mir eine schriftliche Mittheilung verlangt, dessen, was am Rhein von mir beobachtet und verhandelt worden. Ich schicke ihm nunmehr die Aushängebogen, als Text, mit vertraulichen Noten, und so ist die Sache im Gange. Man tritt aufgefordert heran, und kann auf doppelte Weise zeigen, daß man unterrichtet ist, indem man dem Publicum sein Theil zu geben weiß, einwirkenden Geschäftsmännern aber das Ihrige. Ich hoffe, diese für uns alle so wichtige Angelegenheit soll einen erwünschten Erfolg haben.

[138] Nun aber ersuche ich Sie, mir auch etwas über Schwetzingen zu sagen, mir Namen und Titel des dort angestellten Botanikers zu schreiben und was Sie sonst noch für nöthig halten. Hanau wird auch einen recht hübschen Artikel geben. Es macht überhaupt einen vergnüglichen Eindruck, wie an jedem Orte immer dasselbe unter einer andern Gestalt hervortritt.

Der Domriß hat noch einige Kunstfreunde erbaut, und geht nunmehr, wohl eingepackt, mit der fahrenden Post ab, das Schwänchen soll bald folgen, hiebey bemerk ich, daß ich leider den Schlüssel zum Schreibtisch mitgenommen, er soll beygelegt werden.

Schreiben Sie mir bald, wie man sich etwa vorläufig benehmen könnte, wenn von Berlin aus etwas Ernstliches angetragen würde, ich hoffe das Beste.

Nun leben Sie wohl, grüßen Sie alles.

Es war sehr freundlich, daß Sie das Fest des heiligen Wolfgang feyerten, die Meinigen haben es auch gethan, einigermaßen verdrießlich, daß ich den 28. Aug. immer auswärts zubringe. And hiermit sey denn für dießmal geschlossen.

Herzlichst

Weimar den 6. Nvbr. 1815.

G.


[Beilage.]

Rheinischer Antiquarius. S. 789. 790.

Gegen dem Rathhaus überzeigt sich die sogenannte Jerusalems Capelle, so vor diesem die Judenschule gewesen[139] und worinn ein Gemälde zu betrachten ist, das von Mahlereykennern des Apellis Arbeit gleichgeschätzt wird.


Das ist ja wohl das Dombild?


26/7208.


An Christian Heinrich Schlosser

[Concept.]

Ich ersuchte Sie vor einiger Zeit um einen Nachtrag von Notizen zu dem Artikel Frankfurt, wahrscheinlich erhielt ich sie noch nicht, weil Sie solche gern ausführlich geben möchten. Nun aber bin ich gedrängt, denn der dritte Druckbogen bringt mich schon bis Maynz. Dürfte ich Sie daher noch um solgende Namen ersuchen:

Wie heißt der Gärtner des Senckenbergischen Instituts, der Gartenbesitzer vor Sachsenhausen, links gegen den Mühlberg zu, der die schönen Pflanzen und die hübsche Tochter hat, ferner

Der Landschaftsmaler, von dem wir die schönen farbigen Zeichnungen von den Gegenden um Frankfurt bey Grambs fahren, ferner

Der junge Maler, der genanntem Kunstfreunde assistirt?

Erhielt ich diese Namen mit umgehender Post, so wär ich schon gefördert. Ich hoffe von diesem Unternehmen, bey welchem ich Ihnen soviel verdanke, gar mannigfaltiges Gute.

[140] Meine herzlichsten Wünsche für Ihr Wohl, so wie die treusten Grüße an die lieben Ihrigen.

Weimar d. 6. Novbr. 1815.


26/7209.


An Carl Cäsar von Leonhard

Ew. Hochwohlgeboren

danke, nur mit wenigen Worten, doch mit dem aufrichtigsten Herzen, daß Sie mir eine so schöne und gründliche Nachricht von Hanau mittheilen wollen. Wenn ich sie gleich nach meinen jetzigen Zwecken nicht in extenso kann abdrucken lassen, so sehe ich mich doch im Stande Wahres und Sicheres mitzutheilen, und benutze das Übrige bey nächster Gelegenheit.

Ew. Hochwohlgeb. aus der Gegend zu verlieren, die mir wieder so werth geworden, giebt mir keine erfreuliche Aussicht. Nach früheren Äußerungen werden Sie Sich wohl nach Bayern wenden, erlauben Sie mir jedoch eine Frage: Am Niederrhein, in Cöln, Bonn und jener Umgebung muß sich zunächst große Wirksamkeit für Kunst, Wissenschaft, Alterthum und für alles aufthun, was das Leben verschönert. Haben Sie Blick und Plan nie dahin gerichtet? Ihre sämmtlichen Besitzungen schwämmen so bequem hinunter und fänden in dem alten Cöln oder in dem heitern Bonn hinreichende Räume. Ist Ihr künftiger Zustand noch nicht entschieden, und wären Sie nicht ganz abgeneigt[141] rheinabwärts zu ziehen, so könnte ich Anlaß zu Unterhandlungen geben. Verzeihen Sie meine Zudringlichkeit, es ist aber mein bester Wille Ihnen nützlich zu seyn, und wem wär ich es gerne mehr aus Überzeugung und Dankbarkeit.

Mich bestens empfehlend

gehorsamst

Weimar d. 6. Novbr. 1815

Goethe.


26/7210.


An Johann Heinrich Meyer

[8. November 1815.]

Ein vacirender Bildhauer

Friedrich Voigt

von Stuttgard präsentirt das Gegenwärtige. Lassen Sie Sich seine Geschichte erzählen und schencken ihm etwas aus unsrer Casse daß er weiter reisen kann.

G.


26/7211.


An Georg Moller

Ew. Wohlgeboren

haben mich durch die Sendung der beyden ersten Hefte Ihres schätzbaren Werks auf's angenehmste überrascht, indem ich nicht glaubte, daß die Arbeit schon so weit vorgerückt sey. Es ist höchst verdienstlich darauf hinzuwirken, daß uns der Kunstwerth jener alten würdigen[142] Gebäude, auf historischem Wege, bekannt und deutlich werde, und daß die deutsche Welt sich zugleich überzeuge, wie gefährlich es sey, die Geister der vorigen Jahrhunderte in die Wirklichkeit hervorrufen zu wollen. Daß Sie Sich hierüber in Ihner Vorrede so deutlich ausgedrückt, weiß ich Ihnen recht viel Dank, und werde nächstens Gelegenheit finden, mich über diesen wichtigen Punct gleichmäßig zu äußern, nicht weniger der so glücklich begonnenen Unternehmung gebührend zu gedenken. Ich darf wohl hoffen, daß Sie mir einen Abdruck der ersten Platte des Facsimile, sobald sie fertig ist, gefällig übersenden. Es war ein großer Fund, der, so wie alles was für den Cölner Dom geschieht, nicht genugsam zu schätzen ist. Wir haben denn doch nunmehr ein Musterbild, wie die Einbildungskraft geregelt, ja begründet werden kann, und sind in dem Falle, die willkürlichen Abweichungen derselben innerhalb des gegebenen Kunstkreises zu beurtheilen, und wir werden uns künftig nicht mehr aus dunkler, patriotischer Vorliebe für etwas entzücken, was tadelhaft ist.

Auch ich wünschte zu diesem löblichen Zwecke das Meinige beyzutragen. Vielleicht kann ich Ew. Wohlgeboren in Erwiderung bald etwas von meiner Arbeit senden. Denn ich beabsichtige gleichmäßig die Verdienste der ober- und niederrheinischen Mahlerschulen und ihre Eigethümlichkeiten dergestalt auseinander zu setzen, daß es leichter werde, sich der dunkeln Prävention zu[143] entziehen und demjenigen mit freyer Einsicht Ehre zu geben, dem sie gebührt.

Uns und allen Freunden, denen diese löbliche Sache am Herzen liegt, alle Förderung wünschend

ergebenst

Weimar den 10. Novbr. 1815.

J. W. v. Goethe.


26/7212.


An Johann Gottfried Schadow

Weimar, den 12. November 1815.

Ew. Wohlgeboren

werden sich überzeugen, wie angenehm mir Dero Schreiben vom 4. November gewesen, wenn ich versichere, daß ich gegenwärtig keine andere Zufriedenheit kenne, als auf dem befreyten deutschen Boden, in gereinigter Luft, frühere schöne Verhältnisse wieder anzuknüpfen und für Kunst und Wissenschaft nach Kräften mitzuwirken. Empfangen Sie daher den verbindlichsten Dank für die freundliche Aufnahme meines Vorschlags. Ich billige sehr, daß der Künstler sich in seinem Unternehmen nicht irre machen lasse; doch habe ich selbst in manchen Fällen und Fächern die Vortheile gemeinsamer Berathung erprobt. Kunstfreunde sind eine Art von Vorpublicum; kommen sie mit dem Künstler überein, so werden sie, wenn das Werk erscheint, demselben eine Schutzwehr gegen so manche unerfreuliche Urtheile, die in einer ungebildeten und wogenden Menge nicht fehlen können. Mit Verlangen erwarte daher das[144] zugesagte zweyte Modell, und denke das erste, welches indessen vor mir steht, immer wieder durch; man erkennt daran so gleich den gewandten Meister. Die Gestalt des Kriegers ist brav, bewegt, geistreich, und man freut sich schon zum voraus auf eine künftige Ausführung.

Könnten Ew. Wohlgeboren sich im Januar kurze Zeit abmüßigen, so würde es mir sehr glücklich machen, Sie bey uns zu sehen. Daß es auf Veranlassung der Herrn Unternehmer geschähe, ist schon eingeleitet, und hiezu gäbe neuerdings das beste Motiv der Umstand, daß die Statue aus Kupfer getrieben werden soll. Unser wackrer Pflug in Jena lebt noch, geschickte Söhne stehen ihm bey, auch haben sich, nach seinem Vorgange, an genanntem Orte, so wie auch hier in Weimar, noch zwey andere Meister gebildet, und es in dieser Art zu arbeiten sehr weit gebracht. Ew. Wohlgeboren würden sie sämmtlich prüfen und einen oder den andern vielleicht zu einer Probe veranlassen, und so jene wichtige Ausführung vorbereiten. Wie mancherley schlösse sich wohl noch an, was zum Nutzen und Vergnügen gereichen könnte. Ich würde mich z.B. gern mit Ihnen berathen, wie man die Stelle unseres voreilig abgeschiedenen Weißers wieder ersetzen könnte, da Ew. Wohlgeboren gewiß junge Männer kennen, die sich dazu qualificiren.

Da ich, in meinem ersten Schreiben an Herrn von Preen, mir schon die Freyheit genommen, auf[145] eine solche Zusammenkunft anzuspielen, so werde in meinem nächsten, mit anzuhoffender Ihrer Genehmigung, der Sache erwähnen, ohne jedoch Ew. Wohlgeboren letztem Entschlusse irgend vorzugreifen.

Empfehlen Sie mich Herrn Hofrath Hirt zum allerschönsten; es freut mich sehr, daß er mir die alte Beweglichkeit der Vorstellung und Meinung noch zutraut. Grundsätze kann man nicht fest genug bey sich stellen, aber was die Anwendung betrifft, ist es Pflicht, sich freygesinnt und nachgiebig zu verhalten.

Ergebenst

Goethe.


26/7213.


An Bernhard Anselm Weber

[Concept.]

[12. November 1815.]

Ew. Wohlgebohren

nach so langer Zeit wieder zu begrüßen ist mir eine angenehme Pflicht, um so mehr als ich Hoffnung habe ein früheres angenehmes Verhältniß thätig wieder anzuknüpfen.

Zuvörderst also eröffne meinen Wunsch des Epimenides Erwachen zum 30. Januar, als dem Geburtstag unserer verehrtesten Großherzogin Königl. Hoheit, auf unserem Theater zu geben, und ersuche Ew. Wohlgeboren deshalb mir die Partitur anzuvertrauen. Da wir noch zehn Wochen vor uns sehen, so haben wir Raum genug um mit sorgfältigem Bedacht[146] dieses Festspiel unseren kleinen Räumen schicklich anzupassen. Haben wir nach erhaltener Partitur die Stimmen unserer Sänger und sonstige Mittel berechnet, so erlauben Sie daß ich weiter anfrage und um gefälligen Rath und Mitwirkung bitte.

Noch vor Ende des Jahres hoffe ich den Entwurf einer Oper zu überschicken zu vorläufiger Überlegung. Ist der Componist mit dem Dichter, wegen Folge der Scenen und wegen Austheilung der Partien unter Sänger und Schauspieler einig, so giebt sich die Ausführung bald.

Des Herrn Grafen Brühl Hochgeboren bitte mich in geneigtes Andenken zurückzurufen, auch Herrn Professor Levezow schönstens zu grüßen, dessen glücklicher und wohlausgeführter Gedanke den Epimenides fortzusetzen mich höchlich erfreut hat.

Mehr sage ich nicht für dießmal, als daß ich noch viele Grüße von den Meinigen hinzufüge, und von mir die Versicherung eines fortdauernden hochachtungsvollen Zutrauens.

Weimar d. 11. Nov. 1815.


26/7214.


An Friedrich Wilhelm Riemer

Hier sende, mein lieber Herr Professor, den Bogen zurück mit wenigen Bemerkungen; mir scheint nicht nöthig, daß wir mündlich darüber conferiren. Vielleicht[147] senden Sie ihn heute hinüber und so wären wir denn doch schon bis zum 3. Bogen. Vielleicht mögen Sie heute Abend in meine Lage kommen.

d. 12. Nvbr. [1815.]

G.


26/7215.


An die Hoftheater-Commission

Im Namen und Auftrag des hiesigen löblichen Frauen-Vereins eröffnete Unterzeichnetem die Frau Geheime Räthin von Fritsch, Excellenz, daß bey denen häufigen ihrer Casse zugemutheten Hülfsausgaben, dieselbe gänzlich erschöpft sey, die Noth jedoch im Lande noch so groß und mannigfaltig, daß die vereinten Wohlgesinnten die Absicht der hohen Stifterin eben so wenig, als die Wünsche ihres eigenen guten Willens zu erfüllen von nun an im Stande seyen.

Da Sie nun durch Einsammlen an der Kirche, als auch durch Anspruch an einzelne Personen alle Mittel erschöpft, woher sie einen Zugang hoffen könnten, so sey ihnen der Gedanke beygegangen und der Wunsch entstanden, daß Großherzogliches Hof-Theater zu ihren Gunsten eine Benefiz-Vorstellung zugestehen möge, welches Gesuch gedachte Dame mit verschiedenen Argumenten begleitete.

Dagegen hatte ich denn freylich zu erwiedern, daß gleiche Gesuche, sogar in größeren Nothfällen, an die[148] Commission geschehen, aber wegen besorglicher Consequenz jederzeit abgelehnt worden, worauf denn freylich die immer noch andringende Noth mit starken Farben geschildert wurde.

Indem ich nun gedachte Äußerungen zur Kenntniß einer Großherzoglichen Hof-Theater-Commission hierdurch zu bringen nicht verfehle, gestehe ich zugleich, daß ich durchaus für bedenklich halte, eine solche Benefiz-Vorstellung zuzugestehen, gebe jedoch anheim, ob man nicht, in Betracht der hohen Stifterin und in Ansehung der thätigen wohlgesinnten Glieder gedachten Vereines, aus der Theater-Casse ein mäßiges Geschenk bestimmmt und dadurch wenigstens einigermaßen seinen Antheil an einem so löblichen Institute darthun wolle.

s. m.

Weimar den 14. November 1815.

Goethe.


26/7216.


An Caroline von Bodé

[Concept.]

Hochwohlgeboren, Verehrte!

Wenn Ew. Gnaden zutrauliches Schreiben, welches bey meiner Abreise von Heidelberg empfing, nicht sogleich beantwortet wurde, so werd ich Verzeihung erhalten in Betrachtung, daß ich erst die Zustände unseres Theaters, welchem einige Veränderungen bevorstanden,[149] zu erforschen und diese Angelegenheit mit meinen Herrn Collegen durchzusprechen hatte. Nach vielfachen Überlegungen und Berathungen ergiebt sich jedoch, daß jenes empfohlene Paar bey uns seine Rechnung nicht finden würde, indem die Stellung unseres Schauspiels und unserer Oper gegen einander die Aufnahme der beyden Talente zugleich nicht begünstigt. Der Vater ist auf seinen an mich gerichteten Brief hievon benachrichtigt worden, und mir bleibt nur noch die unangenehme Pflicht Ew. Excellenz gleichfalls hievon Nachricht zu geben, und zu bitten, mich bey der Frau Großherzogin, Königl. Hoheit, angelegentlichst zu entschuldigen, daß ich in dem gegenwärtigen Falle ihren Befehlen nicht nachleben können. Die verschränkten Verhältnisse theatralischer Beziehungen rauben den Vorstehern derselben fast allen freyen Willen, indem sie sich durchaus genöthigt sehen, nach inneren Rücksichten zu handeln. Es kann dieses nirgends ein Geheimniß bleiben, wo ein Theater in der Nähe zu beobachten ist.

Mit der angenehmsten Erinnerung der schönsten in Ew. Gnaden Nähe verlebten Stunden, mit andringlicher Bitte, mich den höchsten Herrschaften unterthänigst zu empfehlen, rechne mit die Gelegenheit zum Glück, welche mir erlaubt mich verehrend zu unterzeichnen.

Weimar d. 15. November 1815.[150]


26/7217.


An Johann Jacob von Willemer

Ob ich gleich nicht mit dem frommen Paul Gerhard singen dürfte:


Den liebsten Bulen den ich hab'

Der liegt beym Wirth im Keller,

Er hat ein graues Röcklein an,

Und heist der Muskateller.


so gesteh ich doch gern daß ein duzzend muntre Gesellen in unsern Gewölben angelangt, sehr willkommen gewesen. Die Unterhaltung mit ihnen würde noch erfreulicher seyn, wenn nicht dabey ein Nachklang der Entfernung und des Entbehrens obwaltete. Ist wohl indessen der ernste dilemitische König bey Ihnen angelangt? Ich wünschte wohl Ihre Gedancken über diesen seltnen Mann zu hören.

Auch würde es sehr freundlich seyn wenn die Liebe Kleine dem Gesang und der Cither ein Viertelstündchen entwendete und von Zeit zu Zeit etwas von sich sehen ließe. Die Winterabende scheinen noch einmal so lang wenn man der gewohnten Herbstfreuden auf einmal ganz und gar ermangelt. Tausend Danck für Sendung und Andencken!

unwandelbar

der Ihrige

Weimar d. 15. Nov. 1815.

G.[151]

Die Majestäten haben uns verlassen, der Grosherzog ist zurück, soll ich etwa jener Angelegenheit gedencken?


26/7218.


An Heinrich Friedrich von Diez

[Concept.]

[15. November 1815.]

Wenn auf Ew. Hochwohlgeb. verehrliches und lehrreiches Schreiben in geraumer Zeit nichts erwidert, so wird mir zu einiger Entschuldigung dienen eine viermonatliche Abwesenheit vom Hause. Daß ich sogleich bey meiner Rückkunft wegen der Catalogs der orientalischen Sammlung nach Gotha geschrieben, bezeugt beyliegendes Schreiben des Herrn Hofrath und Oberbibliothekar Jacobs, von welchem begleitet ich ein Exemplar vor einigen Tagen erhalten. Es geht mit der fahrenden Post an Ew. Hochwohlgeb. ab und steht ganz zu Diensten. Wie erfreut es mich, daß ich für so viele Belehrung und Aufklärung hiedurch etwas Freundliches erzeigen kann. Sobald ich Herrn Lorsbach gesprochen, vermelde wie weit derselbe mit der Revision gekommen. Durch Seezens Tod geht denn nun leider noch so manches Bemerkte und Angeschaffte verloren.

Das weite Feld des orientalischen Studiums giebt mir sehr frohe Ansichten, leider fehlt mir die Kenntniß der Sprachen, an welche seit meiner Jugend kaum mehr denken können. Wie höchst schätzbar daher jene[152] Vermittlung sey, die wir Ew. Hochwohlgeb. verdanken, darf ich nicht erst betheuern. Das Studium Ihrer Einleitungen in das Buch Kabus, sodann des Werkes selbst, vergegenwärtigt uns Sinn und Geist jener merkwürdigen Völker. Die Schrift Achmet Effendi setzt die neuere Denkweise und den gleichzeitigen Zustand in's hellste Licht. Wie ich denn auch den 2. Theil der Denkwürdigkeiten, nach Ihrer gefälligen Zufrage, zum voraus dankbar, erwarte.

Höchst wichtig ist es für den Kunstfreund die alten Mythen, Fabeln und Legenden kennen zu lernen, aus welchen die Griechen ihre Gedichte, ja selbst ihre plastischen und mahlerischen Arbeiten, kunstreich gleichsam epitomisirt haben. Man wird dadurch in den Stand gesetzt, Stoff und Behandlung zu vergleichen, welches mir bey ästhetischer Beurtheilung immer das Fruchtbarste zu seyn scheint. Nach dem Polyphem trage daher ein großes Verlangen.


26/7219.


An Arthur Schopenhauer

Weimar den 16. Novbr. 1815.

Gar sehr, mein Werthester, bin ich Ihnen dankbar, daß Sie durch Ihr freundliches und ausführliches Schreiben die Entfernung, die uns trennt, so glücklich aufheben wollen. Ich kann dasselbe nur theilweise erwidern und beruhige Sie daher vor allem[153] über die Frage: ob jemand Ihre Abhandlung gesehen? und ich kann aufrichtig sagen: niemand! Doctor Seebeck besuchte mich auf dem Lande, wo ich Ihre Arbeit nicht bey mir hatte, ich dachte wohl daran, allein traute mir nicht genug Sammlung zu, um aus dem Gedächtnisse den gehörigen Vortrag zu machen; sodann auch, weil uns nur kurze Zeit verliehen war, wollte ich Seebeck in seiner Darstellung der Phänomene und deren Erläuterung nicht unterbrechen, welche sämmtlich zu der Abtheilung der physischen Farben gehören. Ferner hinderte mich der Zweifel, ob es Ihnen auch angenehm seyn könnte?

Wenn ich nun aber den Wunsch äußerte, Sie mit Seebeck in Rapport zu setzen, so gründete er sich darauf, daß ich meinen Freund auch für die physiologische Abtheilung und für das Allgemeine, Theoretische zu interessiren hoffte. Nun, da Sie es ablehnen, werde ich nicht weiter darauf bestehen.

So weit für dießmal, damit wenigstens meine Ansicht des Violetten diesen Brief begleitet könne. Zunächst habe sodann mich zu erklären über meine unüberwindliche Abneigung, auch nur den mindesten öffentlichen Antheil an dem Streite über die Farbenlehre gegenwärtig zu nehmen, sodann aber glaube ich Ihnen schuldig zu seyn, über Ihre Arbeit selbst, welche ich wieder mit Aufmerksamkeit betrachtet, meine Ansichten zu eröffnen. Wer selbst geneigt ist, die Welt aus dem Subject zu erbauen, wird die Betrachtung[154] nicht ablehnen, daß das Subject, in der Erscheinung, immer nur Individuum ist, und daher eines gewissen Antheils von Wahrheit und Irrthum bedarf, um seine Eigenthümlichkeit zu erhalten. Nichts aber trennt die Menschen mehr als daß die Portionen dieser beyden Ingredienzien nach verschiedenen Proportionen gemischt sind.

G.


[Beilage.]

In meiner Vorstellung vom Violetten bestärken mich folgende Gründe.

1) Auf Saussures Kyanometer wird das allerdunkelste Blau Königsblau genannt, welches ohne ein Oeil de rouge nicht denkbar ist. Diesen röthlichen Schein möchte ich nun für das Violette halten, welches sich in der feinsten Trübe auf dem entschiedensten Dunklen zeigt. Auf so hohe Berge, um das Phänomen selbst zu beobachten, bin ich nie gekommen.

2) Man bereite ein ganz finsteres Zimmer, in dessen Thüre eine weiße Blechtafel mit scharfgeränderter Öffnung angebracht ist, man betrachte diese von außen und der leere Raum wird als ein schwarzer Gegenstand auf weißem Grund erscheinen. Diesen sehe man durch's Prisma an und das schönste Violett wird sichtbar werden, ohne daß denkbar sey, das finstere Zimmer werfe irgend Licht zurück.

3) Besitze ich unter meinem Apparat eine gemahlte Fensterscheibe, auf welche, an gewissen Stellen, die[155] feinste Trübe leicht aufgetragen ist, die bey durchfallendem Lichte ein vollkommenes Hellgelb, bey durchwirkender Finsterniß aber das herrlichste Violett sehen läßt. Man mag diesen Versuch vor einem schwarzen Hute oder vor jener finstern Öffnung des bemeldeten Zimmers anstellen.

Was die Herstellung des Weißen aus verschiedenen Farben betrifft, so kann ich mir sie auch nicht zueignen. Das gewaltsam wirkende Sonnenlicht hebt das Skieron der Farbe für unsere Sinne auf. Dieses Finstere mag nun einfach als gelb und blau oder gesteigert, verbunden und zusammengesetzt, oder auch durcheinander gemischt seyn.

Ich trat in eine nachgeahmte gothische Capelle, die Fensterscheiben waren sämmtlich von buntem böhmischen Glas, und ich konnte bemerken, daß die Sonne, sie mochte durch eine Scheibe, durch welche sie wollte, in mein Auge kommen, mir immer farblos, nur etwas weniges gedämpft erschien.

Man bilde aus den reinsten drey Pigmenten, Gelb, Blau und Roth, eine kleine Portion Schwarz, und mische diese in eine große Wanne Wasser, man wird dieser nichts anmerken, aber doch auch nicht behaupten, daß es dadurch klarer geworden sey.

Bey sinnlichen Dingen giebt es eine Gränze, wo sie uns verschwinden, und sowohl bey Erfahrung als bey Urtheil sind wir hier an der gefährlichsten Stelle.

[156] Was die Herstellung des Weißen aus der Herstellung der getheilten Augesthätigkeit betrifft, nächstens.

W. d. 16. Nov. 1815.

G.


26/7220.


An Johann Gottlob Stimmel

[Concept.]

Ew. Wohlgeb.

Schreiben vom 30. Octbr. habe zu rechter Zeit erhalten und werde die von Ihnen bemerkte Summe von 28 rh. 2 gr. gelegentlich anweisen. So soll auch der Rest der Kupferstiche so wie das chinesische Werk nächstens zurückkehren. Vorher aber wünschte ich zu wissen, was Sie für die auf Seidenpapier gedruckten Bildnisse der russischen Monarchen verlangen würden, indem solche vielleicht hiesiger Bibliothek annehmlich wären. Der ich in Erwartung gefälliger Antwort mich mit den besten Wünschen unterzeichne.

Weimar d. 19. November 1815.


26/7221.


An Friedrich Wilhelm Riemer

Anbey erfolgt der vierte Bogen, das Manuscript zum fünften supplire hier. Einiges habe mit rother Dinte bemerckt, mit Bleystift Wortberechungen die nicht alle zuläßig sind. Betrachtet man's recht; so ist's ein ernstes Geschäft und so mag ich's auch[157] gerne treiben. Das Senckenbergische Institut behandle jetzt umständlicher. Es hat wircklich nicht seines Gleichen.

Und so leben Sie wohl und helfen uns über diese Schwelle abermals freundlich. Freytag beyzeiten hoffe in Weimar zu seyn. Viele Grüße dem Frauchen!

Jena d. 21. Nov. 1815.

G.


26/7222.


An Carl Friedrich Zelter

Inliegendes, mein Bester, welches du durch Stafette erhältst, überbringe sogleich, mir zu Liebe, persönlich, der Dlle Düring. Mehr sage ich nicht. Hast du Auslage; so zeige sie mir an. Lebe wohl! Die Rübchen sind noch nicht angekommen. Vale

W. d. 24. Nov. 1815.

G.


26/7223.


An Henriette Albertine Antonie von Fritsch

Liebe verehrte Freundinn.

Wenn ich auch persönlich geneigt wäre zu einem so löblichen Zweck Ihren Wunsch zu erfüllen und wo nicht eine Benefiz-Vorstellung, welche auch unserer Einrichtung nicht statt finden kann, doch wenigstens einen mäßigen Beytrag zu Ihrer Casse aus der unsrigen[158] zu leisten, so muß ich doch der Betrachtung Raum geben, daß unser eigener Kreis manche dürftige Person umschließt, deren billige und dringende Anforderungen wir ungern beseitigen und entfernen, wie es noch diese Tage geschehen. Verziehen sey es mir daher, daß ich weder als Commissarius den verehrten vereinten Frauen, noch als Freund Ihrer Vorsprache wie ich wohl wünschte genug thun kann. Möge ich hierauf Ihres Wohlwollens keine Verminderung spüren.

Weimar d. 26. Nov. 1815.

G.


26/7224.


An die Hoftheater-Commission

Wie ich Fr. Geh. Räthin von Fritsch geantwortet, folgt in Abschrift zu den Acten. Da es die Casse betrifft, deren eigentlicher Zustand nicht sogleich übersehbar ist, so habe ich den Antrag abgelehnt, wenn schon die Stimmen gleich getheilt sind, und daraus keine Entschließung erfolgen kann.

Hiedurch will ich aber das Recht sich in solchem Falle auf höchste Entscheidung zu berufen, für die Zukunft keinem Theile benommen haben.

Weimar d. 26. Nov. 1815.

Goethe.[159]


26/7225.


An Johann Heinrich Meyer

[27. November 1815?]

Mögen Sie, mein theuerster, beykommende Scizzen beherzigen, Fromanns Brief lesen, die Sache überlegen und mir Ihre Gedancken sagen!

G.


26/7226.


An Christian Gottlob Voigt

Unterzeichnetem war längst bekannt, daß in Blankenhayn sich alte Schnitzwerke befänden, Heiligenbilder und andere kirchliche Gegenstände vorstellend. Er war begierig, nach vollbrachter Besitznehmung der Grafschaft, das Nähere zu erfahren und gab daher dem Badeinspector Schütz zu Berka den Auftrag sich gelegentlich nach jenen Alterthümern zu erkundigen. Dieser bringt nunmehr die Nachricht, daß in dem herrschaftlichen Schlosse, in dem großen Saale, der nun als Stroh- und Heu-Magazin gebraucht wird, ein Flügelschrank sich vorfinde, worin drey große Figuren, an denen Verguldung und Farbe sich noch ziemlich erhalten, unter dem Geströhde im Wust auf der Erde liegen, wovon er durch Wegräumung gedachter Hindernisse Kenntniß genommen.

Im Thurm des Schlosses sey abermals ein altes Schnitzwerk befindlich, welches in einem von zwey[160] Thüren verschlossenen Kasten enthalten sey und viele geschnitzte Köpfe vorstelle.

In der katholischen Kirche seyen ebenfalls ähnliche Schnitzwerke vorhanden, die sonst gleichfalls im Schloß aufbewahrt worden; andere seyen, wie er gehört habe, abhanden gekommen.

Da nun die ersten in Kasten verwahrten, mehr als halberhobenen Bilder offenbar zu den ältesten Kunstwerken gehören, welche sich vielleicht in Thüringen befinden, so ist es Pflicht darauf aufmerksam zu machen. Sie müßten vor allen Dingen aus ihrem gegenwärtigen Zustande sorgfältig gezogen und ihre Beschaffenheit näher untersucht werden.

Die eine Figur hat sich vom Grunde losgemacht, eine andere ist an der Hand beschädigt, die Kasten selbst nicht in dem besten Zustande, welches denn an Ort und Stelle zu erwägen wäre, so wie diese Dinge denn sorgfältig eingepackt hierher geschafft werden könnten.

Mein Sohn, der Cammerjunker und Cammerassessor, erbietet sich zu diesem Geschäft; er würde nach erhaltenem Auftrag sich mit dem Badeinspector Schütz nach Blankenhayn begeben, die beyden ersten obgenannten Gegenstände untersuchen, ihre Erhaltung sichern und allenfalls solche sogleich hereintransporitren, welches gegenwärtig auf dem Schlitten gar leicht geschehen könnte.

Diese Gegenstände wären um desto erwünschter, als man sie zu Auszierung der Capelle auf der Wartburg[161] brauchen und jenem Ritterschloß abermals eine analoge Zierde geben könnte.

Bey der gegenwärtigen Liebe und Leidenschaft zu den Resten der alten deutschen Kunst ist diese Acquisition von Bedeutung und die Wartburg wird künftig noch manchen Pilger mehr zählen.

Ein Schreiben Ew. Excellenz an den Canzley-Rath Hercher wird diese ganz vernachlässigten und mißgeachteten Dinge ohne Anstoß in unsere Hände bringen.

An die in der Kirche aufgestellten Bilder machte man vorerst keinen Anspruch; der Beauftragte, der nicht ohne Kunstkenntniß ist, würde von ihrem Werth das Nähere referiren können.

Weimar d. 27. Nov. 1815.

J. W. v. Gothe.


26/7227.


An Franz Kirms

[Concept.]

Ew. Wohlgeboren

verfehle nicht zu benachrichtigen daß Herr Capellmeister Weber die Partitur des Epimenides gesendet hat, ich übergebe solche sogleich Herrn Capellmeister Müller, bespreche die Sache mit Herrn Genast und Beuther, worauf denn eine genaue Note alles Erforderlichen erfolgen soll, damit wir am 30. Januar unserer verehrten Großherzogin ein würdiges Opfer darbringen mögen. Wir können dieser schwierigen[162] Vorstellung um desto mehr Aufmerksamkeit schenken als wir nicht für die Geburtstäge unserer jungen Herrschaften zu sorgen haben, ja den Epimenides zu dem Geburtstage Ihro Kaiserl. Hoheit wiederholen können, wie ich denn hiebey Ew. Wohlgeboren gefällige Assistenz hiedurch in Anspruch nehme.

Weimar d. 28. Nov. 1815.


26/7228.


An August Eberhard Müller

[Concept.]

Ew. Wohlgeboren

übersende sogleich die angelangte Partitur des Epimenides mit dem Ersuchen solche baldigst durchzugehen, damit das Geschäft überlegt, entschieden und arrangirt werden könne. Da ich ohnehin verschiedene Änderungen in dem Stück zu machen gedenke, die sich auf Erleichterung und größere Wirkung auf unserem Theater beziehen, so wünsche daß Ew. Wohlgeboren von Ihrer Seite auch daran gefällig denken mögen; auch wird eine gemeinsame Verabredung zu veranstalten in den nächsten Tagen wohlgetan seyn. Zu diesem wichtigen Werke die beste Gesundheit und frohe Laune wünschend.

Weimar d. 28. Nov. 1815.[163]


26/7229.


An Anton Genast

[Concept.]

Ew. Wohlgeboren

benachrichtige hierdurch daß die Partitur des Epimenides angelangt ist und sogleich Herrn Capellmeister übergeben worden, ich wünsche nun auch mit Ihnen diese wichtige Sache baldigst zu überlegen, besonders wegen der allenfallsigen Veränderung, welche die Aufführung dieses schwierigen Stücks auf unserem Theater erleichtern könnte, an welchem ich eine schon gewohnte Theilnahme bestens empfehle.

Weimar d. 28. Nov. 1815.


26/7230.


An Bernhard Anselm Weber

[Concept.]

Ew. Wohlgeb.

verfehle nicht hiedurch dankbar zu benachrichtigen daß die Partitur des Epimenides glücklich angelangt ist, und mir schon, insofern ich sie zu lesen verstehe, großes Vergnügen gemacht hat. Sie ist sogleich an Herrn Capell-Meister Müller eingehändigt worden, der sich gewiß alle Mühe geben wird eine glückliche Aufführung vorzubereiten, wie es denn an uns allen nicht fehlen soll. Die Abwesenheit der Frau von Heygendorf macht ein Hinderniß, worüber wir denn uns hinaushelfen müssen, vielleicht kommt diese treffliche Sängerin und Schauspielerin bis dahin wieder zurück.

[164] Was ich in der Sache noch für Wünsche hege, davon schweige vorerst und hoffe Dieselben von meiner Dankbarkeit wegen dieser Mittheilung thätig zu überzeugen.

Von der neuen Oper darf ich noch nichts verrathen, sie ist märchen- und geisterhaft, dabey geht alles natürlich zu. Sie soll heiter werden und brillant, wobey es nicht an Leidenschaft, Schmerz und Jammer fehlen wird. Verzeihen Sie wenn ich hiedurch Ihre Neugier noch mehr rege mache. Möge mir und den Meinigen Ew. Wohlgeb. Andenken, immer gleich lebhaft und freudig erhalten seyn.

Weimar d. 28. Novbr. 1815.


26/7231.


An Duncker und Humblot

[Concept.]

Der Herr Capell-Meister Weber hat die Gefälligkeit gehabt, die Partitur des Epimenides mir zu übersenden. Das Stück soll den 30. Januar, als den Geburtstag unserer verehrten Großherzogin, ausgeführt werden. Hiebey verlangt denn sowohl der Hof als das Publicum den Text. Möchten Ew. Wohlgeb. mir anzeigen wieviel Exemplare, um welchen Preis? Sie uns überlassen könnten, so bliebe Ihr Verlagsrecht ungestört, welches ich denn auch dagegen noch weiter als Ostern zugestehen wollte. Ich darf nicht hinzufügen, daß wir nichts dabey gewinnen, die Exemplare auch nur unsern Zuschauern austheilen werden.

[165] Es ist mir sehr angenehm Sie bey dieser Gelegenheit abermals zu begrüßen und mein Andenken bey Ihnen zu erneuen.

Weimar d. 28. Novbr. 15.


26/7232.


An Friedrich von Schuckmann

Zu geneigter Aufnahme lege Ew. Excellenz nunmehr den zweyten gedruckten Bogen vor, nebst den nöthigen, obgleich immer nur vorläufigen Erläuterungen.

p. 17. 18. 19. Hier ist nun von dem Boisseréeschen Werke, welches den Cölner Dom, wie er beabsichtigt war, darstellen soll, etwas umständlicher die Rede. Die Wichtigkeit und Schwierigkeit, so wie der Aufwand, den das Werk erfordert, treten mehr in die Augen, und eine höchste Regierung, der sich diese jungen Männer in der Folge widmen, wird sie gewiß nicht ohne Aufmunterung und Beyhülfe lassen.

p. 20. 21. Die Stiftung zu Unterhaltung des Doms und zum Fortbau, wenn auch nur einiger Theile desselben, ist freylich die wichtigste Angelegenheit. In meinem Aufsatz kann nur späterhin, wenn erst von ähnlichen Gebäuden rheinaufwärts die Rede gewesen, dieser wichtige Gegenstand zu mehrerer Klarheit gelangen. Doch füge hier einstweilen dasjenige, was über steinhauerische Technik in der Folge seine Stelle finden[166] wird, abschriftlich bey, damit geahndet werden könne wie schwer es sey, in unseren Tagen etwas, das vergangenen Jahrhunderten angehört, wieder hervorzurufen.

p. 21. 22. Das Werk, der älteren Baukunst am Unterrhein überhaupt gewidmet, verdient gewiß auch aller Beachtung und Aufmuterung.

p. 22. 23. Vielleicht wäre es gefällig dem Dom-Vicarius Hardy, den wir wohl nicht lange mehr besitzen werden, etwas Freundliches zu erzeigen. Er würde sich geehrt und gefördert fühlen, wenn man ein halb Dutzend seiner Wachsbilder bestellte, und sie einstweilen bey einem dortigen Vorgesetzten aufbewahren ließe. Überhaupt würde es räthlich seyn, Interimslocal einzurichten, wohin man schon jetzt manches Vorkommende zu retten Gelegenheit fände.

p. 24 Die Beantwortung der Frage, wie sein Schüler Hagbold, den in fleißiger Ausführung wohl niemand übertrifft, zu beschäftigen und in seiner Kunst zu steigern sey? würde hier zu weit vorgreifen und dürfte erst später, wenn die Hauptpuncte bestimmt sind, vorzunehmen seyn.

p. 25-30. Die Argumente der Cölner, wodurch sie ihre Wünsche, die Universität in ihren Maueren zu sehen, unterstützen, habe nur registrirt und redigirt.

p. 31. 32. Der eigentliche Zustand des Herrn Canonicus Pick in Bonn wäre von dortigen Behörden zuerst genau zu erforschen. Seine Sammlung kann man[167] sich von seinem Hause nicht getrennt denken, sie vom Platz rücken hieße sie zerstören, wie man umgekehrt die Wallrafische translociren muß um etwas daraus zu machen. Inwiefern das Haus ganz sein gehört, oder Verwandte daran Antheil haben? wem er es nach seinem Tode zugedacht? und inwiefern es zugleich mit der Sammlung für den Staat zu acquiriren wäre? dies sind Fragen, deren Erörterung jeder andern Überlegung vorauszuschicken seyn möchte.

Zu allem Ferneren willig und bereit, hochachtungsvoll

ergebenst

Weimar d. Nov. 1815.

J. W. v. Goethe.


Vorstehendes war schon längst bereit, Ew. Excellenz aufzuwarten, der verzögerte Abdruck des zweyten Bogens jedoch verzögerte die Absendung. Nunmehr bin ich in dem Falle, auch den dritten beyzulegen, bey welchem ich nichts weiter zu bemerken wüßte. Ist es mit aber erlaubt, das Ganze nochmals vorzunehmen, so ergiebt sich daß wohl vor allen Dingen die Entscheidung der Frage, wohin die Universität gelegt werde abzuwarten sey, sodann würde die Bestimmung eines hinreichenden Locals und die Einleitung der Unterhandlungen mit denen Herrn Wallraf, Pick und Boisserée das Nächste seyn, worauf dann das Weitere theils berathen, theils ausgeführt werden könnte.[168]

Erlauben Ew. Excellenz, daß ich in einiger Zeit die Fortsetzung dieser kleinen Arbeit schicke. Da ich von denselben Gegenständen, wie ich sie in verschiedenen Städten gefunden, zu sprechen hatte, so habe ich die Betrachtungen darüber ausgetheilt um mich nicht zu wiederholen, noch auch durch allzu langes Verweilen an einem Orte den Leser zu ermüden. Daher denn erst, wenn das Ganze beysammen ist, meine eigentliche Absicht deutlich erscheinen kann. Womit ich mich denn dießmal, für daß mir so günstig erwiesene Zutrauen meinen aufrichtigen Dank wiederholend, zu fernerem gütigen Andenken empfehle, diesen Blättern eine günstige Aufnahme angelegentlich wünschend.

ergebenst

Weimar d. 29. Nov. 1815.

J. W. v. Goethe.


26/7233.


An Christian Gottlob Voigt

In der reinsten Überzeugung daß bey dem neuen großen Vorhaben auch für mich vollkommen gesorgt seyn würde, habe bisher zu allem was ich vernommen beruhigt geschwiegen und nur gestern, bey zufälligem Anlas, gegen Ew. Excell. meine Ansichten und Hoffnungen ausgedrückt.

Das gütige und beschleunigte Billet giebt mir das höchst angenehme Gefühl daß diese Angelgenheit, besser als ich sie je hätte fassen können, am heutigen Morgen,[169] so gründlich durchdacht und, zu meinen Gunsten, so gnädig entschieden worden als ich nur hätte wünschen dürfen. Möchten Sie meinen gefühltesten, aufrichtigsten Danck Ihro Königl. Hoheit, mich abermals geneigtest vertretend, baldigst vorläufig darbringen.

Ew. Excell. aber deshalb das Anmuthigste zu sagen werde Ihre Frau Gemahlinn bey nächster Aufwartung dringend ersuchen.

Mit den Jahren immer zunehmend an Vertrauen und Anhänglichkeit

treu verbunden und ergeben

W. d. 30. Nov. 1815.

Goethe.


26/7234.


An die KaiserinElisabeth Alexjewna von Rußland

[Concept.]

Ew. Kaiserl. Majestät

Allerhöchstem Befehl sogleich nachzuleben war mir eine heilige und höchst angenehme Pflicht. Es erfolgt daher anbey die Jenaische Literatur-Zeitung nebst Ergänzungsblättern, so weit sie bis jetzt erschienen, und wird der Schluß des gegenwärtigen Jahres, so wie der Beginn des folgenden vierteljährig ununterbrochen nachgesendet werden. Allerhöchstdieselben sind überzeugt, wie unendlich schätzbar mir die Gelegenheit ist, eine ungeheuchelte Verehrung und unbegränzte Dankbarkeit[170] für das erwiesene Vertrauen nur mit wenigen aber aufrichtigen Worten darzulegen.

Weimar den 1. Decbr. 1815.


26/7235.


An den Grafen Sergej Semenowitschvon Uwarow

[Concept.]

[2. December 1815.]

Ew. Hochwohlgeb.

bin auf verschiedene Sendungen noch den verbindlichsten Dank schuldig, welches Versäumniß vielleicht dadurch Vergebung erhalten kann, wenn ich die Absicht melde, die ich bisher immer gehegt, Denenselben etwas von meiner Arbeit dagegen zu senden. Da sich jedoch der Abdruck bis jetzt verspätet, so will ich nicht länger säumen meinen Dank schuldigst abzustatten und einen wahren und aufrichtigen Antheil an allen Ihren Unternehmungen zu versichern. Durch eine besondere Wendung habe ich mich dem Studium des Orients genähert, da mir denn freylich die Unkenntniß der Sprachen manches Hinderniß in den Weg legt, doch hab ich bey dieser Gelegenheit Ihre Vorschläge zu einer orientalischen Societät wieder zu Hand genommen und daraus auch für meine Zwecke viel Nutzen geschöpft, weshalb ich denn gleichfalls meine dankbare Anerkennung nicht versäume.

Glücklicher Weise kommt mir vor Abgang des Gegenwärtigen die Schrift eines Freundes in die[171] Hände welche für Hochdieselben gewiß nicht ohne Interesse und wahrscheinlich noch unbekannt ist. Eine Versetzung der Columnen auf den Bogen D muß ich noch anmerken.

Mich zu fernerm gütigen Andenken angelegentlichst empfehlend.

Weimar d. 1. Decbr. 1815.


26/7236.


An Johann Gustav Büsching

[Concept.]

[5. December 1815.]

Ew. Wohlgeb.

meinen Dank für die angenehme Sendung baldigst abzustatten, sage ich nur mit Wenigem, daß ich das Unternehmen gar sehr billige und die nächste Gelegenheit ergreifen werde, meine Überzeugung öffentlich auszusprechen.

Mit der Anwendung bekannter Mittel auf verwandte Gegenstände geht es oft sehr langsam. Gemmen auszugießen, war das Natürlichste und längst Geübte. Schon als Knabe goß ich Medaillen in Gyps ab, und wie lange hat es noch gedauert, bis die Numismatiker darauf gekommen sind griechische Münzen abzugießen, deren Seltenheit ihrem Kunstwerth gleich ist.

Wie vielen Dank verdienen daher Ew. Wohlgeb. daß Sie eben dieses Mittel auf die Siegel anwenden.

[172] Denn da die Münze jener Jahrhunderte flach und gewissermaßen nur mit Siegeln gestempelte Metalle sind; so hat man, durch die Bildsamkeit des Wachses gelockt, die Siegel tiefer gegraben.

Da man nun weder die alten Grabsteine noch auf die Statuen, welche die Architektur begleitet, so leicht abgießen und um sich her aufstellen kann, so ist nichts wünschenswerther als daß Ihre schönen Bemühungen begünstigt und nachgeahmt werden mögen.

Vergebens trachtet man das Plastische durch Zeichnungen und Kupfer mitzutheilen; das historisch Allgemeine wird ohngefähr überliefert, aber das Eigenthümliche, was der Kunstfreund einzig verlangt, geht verloren. Wie schätzenswerth sind nicht z.B. die Köhlerischen Münzbelustigungen und mit wie vieler Sorgfalt sind die Nachbildungen verfertigt, und doch gilt das eben Gesagte auch von ihnen, denn ich besitze mehrere Exemplare aus der Medaillen-Sammlung, deren sich Köhler bedient und welch ein Unterschied ist zwischen diesen identischen Originalen und der Abbildung. Ich brauche nicht mehr zu sagen, und Ew. Wohlgeb. werden daraus ersehen, daß ich mit dem Recensenten in der Jenaischen Literatur-Zeitung keineswegs einerley Meinung hege, welches an Ort und Stelle nicht verhehlen werde.

Weimar d. 2. Decbr. 1815.[173]


Nachschrift.

Da ich Ew. Wohlgeb. löbliches Unternehmen wenigstens zu meinen eigenen Zwecken vor der Hand nachzuahmen wünschte, so ersuche Ew. Wohlgeb. die Art und Weise des Abformens, deren Sie Sich bedienen, näher zu bezeichnen, auch welche Art von Formen und Abgüssen man senden müßte um gleichfalls Exemplare in Eisenguß davon zu erhalten. Dieselben entschuldigen diese Anfrage um der Theilnahme willen wovon sie ein Beweis ist.


26/7237.


An Christian Friedrich Wilhelm Jacobs

[Concept.]

[6. December 1815.]

Ew. Wohlgeb.

haben mich durch Übersendung und Überlassung des bewußten Catalogs höchlich verbunden. Es ist eine Rarität nach welcher die Freunde orientalischer Literatur gar lüstern sind und ich sehe mich, durch Ihre Güte und Gefälligkeit, nunmehr im Stande, manchem Liebhaber damit aushelfen zu können. Nehmen Dieselben dafür meinen verbindlichen Dank. Der nächste Wunsch wäre nun freylich, daß man erfahren könnte, was wirklich angekommen und in Ew. Wohlgeboren Gewahrsam steht. Vielleicht gelangen wir, wenn Herr Kirchenrath Lorsbach seine Arbeit vollendet hat, durch Ihre Vorsorge auch zu dieser Notiz.

[174] Herrn von Lindenau bitte mich vielmals dankbar zu empfehlen.

Weimar den 5. Decbr. 1815.


26/7238.


An Johann Friedrich Cotta

Ew. Wohlgeboren

verfehle nicht zu melden daß der fünfte Band der neuen Ausgabe mit dem Postwagen abgeht. Es fehlt dem Manuscript nicht an Ordnung und Deutlichkeit. Was ich wegen der Interpunction bemerkt, wird der Herr Revisor gefälligst im Auge behalten.

Daß man den Besitzern der ersten Ausgabe dieselbe nach der neuen zu complettiren erleichtere, finde ich sehr billig, um so mehr dabey für Verleger und Publicum und Autor gesorgt wird. Ich thue deshalb beyliegende Vorschläge sub A. Wegen der Schrift Kunst und Alterthum in den Rhein- und Mayngegenden ist mit Herrn Frommann alles in Ordnung, wir sind gegenwärtig am siebenten Bogen. Es hat sich so viel Stoff zugedrängt, daß wir auf achtzehn bis vierundzwanzig Bogen kommen werden, ja man könnte weitergehen wenn man wollte. In der Folge kann es einen Theil meiner Biographie ausmachen; wir gedenken es geheftet auszugeben, für den Umschlag ist gesorgt.

[175] Indessen hält mich diese Arbeit von anderen Dingen ab. Der erste Band der italienischen Reise ist so gut als im Reinen, die erste Hälfte des zweyten gleichfalls. Es zeigt sich jedoch daß man nothwendig einen Heft Kupfer dazugeben müsse, da so vieles auf der Anschauung beruth. Sind Sie dieses zufrieden; so lasse ich durch hiesige Künstler anfangen; der Raum wird auf alle Weise gespart, so daß auf eine Tafel mehrere Gegenstände disponirt werden; wir können es wohlfeiler machen als irgendwo geliefert werden kann.

An den Faust habe ich gedacht und hoffe etwas liefern zu können, doch würde es etwa nur ein Blatt seyn, welches man als Dedication hinter den Titel entweder gedruckt oder gestochen einheften könnte.

Zum Morgenblatt hoffe auch bald wieder etwas zu senden. Von der neuen Reiseschrift mache ich einen Auszug, dem ich Supplemente hinzufüge um das Interesse an diesen Gegenständen zu vermehren und zu verbreitern, und sende den Aufsatz daß er zugleich mit der Schrift erscheinen könne.

Haben Sie die Güte mir gegen Ende dieses Jahres meine Rechnung zu stellen; das letzte auf der Reise erhaltene Blättchen hat sich unter meinen Papieren verkrochen, doch hatten Sie Sich darin, wie mir schien, um einige kleine Posten Schaden gethan. Wahrscheinlich sind diese bey Ihnen in der Zwischenzeit eingerechnet worden.

[176] Sodann wünscht ich etwa noch 2 Dutzend Exemplare von Hermann und Dorothea, wenn sie vorräthig sind.

Von Was wir bringen. Fortsetzung Halle folgt eine reine Abschrift mit der nächsten Sendung und so schließe ich für dießmal mit den besten Wünschen und Empfehlungen.

ergebenst

Weimar den 6. Decbr. 1815.

Goethe.


A.

Die Besitzer der ersten Ausgabestellen ihren ersten Band bey Seite und an dessen statt die gegenwärtigen zwey ersten Bände unter dem Titel:

Erster Band, erste Abtheilung,

Erster Band, zweyte Abtheilung.

Alsdann ginge die Bändezahl der ersten Ausgabe fort, bis zu dreyzehn, welcher die Wahlverwandschaften enthält.

Nun benutzte man den 14ten, welcher in der neuen Ausgabe diesen Roman enthält, um dasjenige nachzubringen, was in die vorhergehenden Bände eingeschaltet worden. Es gäbe zwar nur ein schwaches Bändchen, aber die Zahl würde doch erfüllt. Ich würde für eine schickliche Redaction sorgen, wodurch etwas Gefälliges entstünde; von da an schlössen sich die sechs letzten Bände der neuen Ausgabe ununterbrochen an, und sie erhielten auf diese Weise neun Bände abgeliefert.

[177] Mögen Sie, wenn dieses mit Ihren Gedanken übereinstimmt, solches in die zu erlassende Anzeige mit einrücken, oder mit mir darüber weiter conferiren.

Goethe.


26/7239.


An Friedrich Wilhelm Riemer

Ich bin veranlaßt nach Jena zu gehen und ersuche Sie, mein werthester Herr Professor, was Sie von den überlieferten Manuscripten durchgesehen, Sonnabends mit den Botenweibern an mich hinüber zu senden. Das beykommende kleine Büchlein wird Ihnen gewiß Vergnügen machen.

Ich wünsche recht wohl zu leben und grüße die kleine Frau schönstens.

W. d. 7. December 15.

G.


26/7240.


An Christian Gottlob Voigt

[Concept.]

Ihro Königl. Hoheit haben die Gnade gehabt, zu beschließen, daß bey der neuen Staatseinrichtung in dem deshalb zu publicirenden Addreß-Calender die wirklichen Geheime Räthe zuerst aufgeführt werden sollen, da denn auch die mir bisher gegönnte Stelle unverrückt erhalten bliebe, welches mit unterthänigstem Danke anerkannt.

Nun erfordert aber meine Pflicht geziemend anzufragen, welcher Behörde der kleine Kreis meiner[178] Thätigkeit sich künftig anschließen solle. Nach Natur der Sache, und nach Ihro Hoheit eigner Erklärung sind die mir aufgetragenen Geschäfte als von Ihro Höchsten Person ausgehend anzusehen und ich würde daher den unmaaßgeblichen Vorschlag thun, mich bey dem Hof-Etat auszuführen und zwar sogleich nach dem Hof-Marschallamte, und zwar vorerst die Bibliothek, worauf denn die Zeichenschule und ferner die Jenaischen Museen folgten. Es möchte dieser Platz um desto schicklicher seyn, weil ich mich unter der Theater-Rubrik schon gegenwärtig zum Hof-Marschallamt geselle. Die Überschrift könnte vielleicht seyn:

Oberaufsicht über die unmittelbaren Anstalten für

Wissenschaft und Kunst in Weimar und Jena.

Da denn endlich, nach der jetzigen Einrichtung, die unmittelbaren Commissionen wohl sämmtlich wegfallen und den resp. Departements einverleibt werden, so würde mein Name an den übrigen Stellen, wo er bisher stehen geblieben, ausgelassen werden.

Alles höherem Ermessen devotest anheim stellend.

Weimar d. 15. December 1815


26/7241.


An Johann Gottfried Schadow

Weimar, den 17. December 1815.

Ew. Wohlgeboren

muß die unerfreuliche Nachricht melden, daß das Modell sehr übel zugerichtet bey mir angekommen.[179] Der sonderbare und nicht vorzusehende Zufall, daß die beyden starken Drähte über den Schrauben abgebrochen, war die traurige Ursache davon. Auf der Post hat man wahrscheinlich das Kistchen flach gelegt und so schwankte das Stehbild bey jeder Erschütterung. Das Eisen der Stäbe scheint sehr spröde zu seyn und durch den Schraubenzug geschwächt, auch kann die Kälte, die so stark auf Eisen wirkt, dazu etwas beygetragen haben. Postament und Platte waren unverrückt.

Mich schmerzt dieses Ereigniß um so mehr, als ich an dem, was sich noch erhalten hatte, gar wohl erkennen konnte, daß das Ganze sehr wohl gedacht gewesen, so wie geistreich und mit Freyheit ausgeführt und meinen Wünschen gemäß. Eröffnen Ew. Wohlgeboren mir hierüber gefällig Ihre Gedanken! Man muß nach verlorner Schlacht den Feldzug doch fortsetzen. Um einen Schritt zu thun frag ich an, ob Ew. Wohlgeboren nicht zunächst ein größeres Modell in Thon auszuarbeiten beliebten, welches, in Gyps ausgegossen, sowohl zu mir als nach Rostock gesendet werden könnte? Sind Sie dazu geneigt, so würde ich an Herrn von Preen schreiben: daß nach einer zwischen uns beyden getroffenen Übereinkunft ein zweytes Modell gefertigt worden, welches jedoch beschädigt zu mir gekommen, woran ich aber, so wie aus Ew. Wohlgeboren brieflichen Äußerungen, genugsam erkannt, daß wir in dieser Sache vollkommen übereinstimmten. Ich glaubte daher[180] von meiner Seite keinen Zweifel hegen zu dürfen, daß eine in diesem Sinne ausgeführte Statue der Absicht, ein würdiges Denkmal zu stiften, völlig entsprechen werde, und daß man daher nicht irre gehen könne, wenn man mit Ew. Wohlgeboren auf ein größeres Modell, wodurch man der colossalen Errichtung schon näher rückte, baldigst convenirte, auch sonst Ihre Gedanken und Vorschläge wegen schleuniger Ausführung vordersamft vernähme, auch Sie vielleicht anher zu reisen zu Beschleunigung des Ganzen veranlaßte; indem man diese sämmtlichen Bemühungen vorläufig, ihrem künstlerischen Werth und der darauf verwendeten Zeit gemäß, anständig honorirte. Wir haben Hoffnung, Herrn Capellmeister Weber in der zweyten Hälfte des Januar bey uns zu sehen, vielleicht würden Ew. Wohlgeboren dadurch noch entschiedener zu einem Besuche bewogen, der uns sehr schätzbar seyn müßte. – Herrn Hofrath Hirt die schönsten Grüße. Mich bestens empfehlend

ergebenst

Goethe.


26/7242.


An Johann Jacob von Willemer

Herr Doctor Schlosser wird Ihnen, verehrter Freund, eine kleine Assignation von 56 fl. 34 kr. vorlegen um beykommenden cassirten Schein zu saldiren. Verwundern Sie Sich nicht wenn ich, Ihres edlen[181] Anerbietens gedenkend, gelegentlich mit einem größeren anklopfe. Dem gegenwärtigen Schreiben folgt zunächst eine Mappe an Madame Städel addressirt; möge sie zum heiligen Christfest anlangen.

Dem lieben kleinen Criticus, der seinen Autor so sorgfältig studirt und, emsiger als die größten Philologen, alle die Umstände zu entziffern sucht, die zum Verständniß der wunderlichen Werke dienen können, sagen Sie meinen herzlichsten und treulichsten Gruß, mit dem Vermelden, daß der 16. nicht fruchtlos vorübergegangen, wovon jene obgedachte Sendung einiges Zeugniß geben werde. Des Herrn Minister von Stein Excellenz empfehlen Sie mich zum allerangelegentlichsten.

Der zu frühabgeschiedene Bildhauer Weißer hat meine letzte Büste verfertigt. Ein Abguß davon steht im Brönnerischen Laden. Im Fall sie bey Beschauung und Prüfung Beyfall erhält, so kann ich mit einigen Abgüssen aufwarten. Die Formen sind nach seinem Tode in den Händen des Industrie-Comptoirs.

Die liebe Kleine nicht am Clavier dencken zu können ist mir sehr peinlich. Wie glücklich sind Sie, zu ihrer Erheiterung allerley Liebes und Gutes anwenden zu können.

Tausend Grüße!

W. d. 18. Dez. 1815.

G.[182]


26/7243.


An Christian Gottlob Voigt

Ihro Königl. Hoheit sowohl als Ew. Excellenz haben meine Worte sehr gut ausgelegt und meine Wünsche wohl verstanden, für beydes bin ich freudig dankbar und sende die Blätter zurück mit der Bitte, sie copiren zu lassen und ein oder das andere Exemplar zu unseren Acten zu geben.

Einen Aufsatz lege ich bey, den ich schrieb in Sorge Ew. Excellenz Theilnahme zu verlieren; da sich jedoch an der Hauptsache nichts ändert, und ich überdem vergessen habe, daß die Führung einer allgemeinen Registrande tägliche Aufmerksamkeit erfordert, so lege ich die Blätter wie sie sind Ew. Excellenz zur Prüfung vor. Verziehen sey mir, daß ich soviel von mir selbst gesprochen, aber diese auswärtigen Dinge greifen so in Geschäft und Leben, daß sie nicht zu sondern find und ich wohl von dieser auf mich drückenden, ganz eigenen und nicht abzuwälzenden Last, von der sich niemand leicht eine Vorstellung macht, an dieser Stelle reden durfte.

Die Note für den Addreß-Calender werde sogleich besorgen und auch ohnzielsetzliche Vorschläge zu Verbesserung unserer Untergeordneten.

Da ich denn alsdann des näheren über meine Ansichten mich erklären werde.

[183] Nächstens hoffe ich meine Freude über die glückliche Wendung der Sache mündlich auszudrücken.

auf's Neue

wie für immer

W. d. 19. Dec.

treulichst verbunden

1815.

J. W. v. Goethe.


[Beilage.]

Wenn ich die unmittelbaren Anstalten für Kunst und Wissenschaft im Großherzogthum Weimar, welche einer Oberaufsicht übergeben werden sollen, im Einzelnen durchgehe, so findet sich freylich eine größere Menge von Gegenständen, als man bey dem ersten Anblick glauben sollte. Sie sind auf beyliegendem Blatt sub A. nebst dem Personal im Allgemeinen bezeichnet und es wäre hier nicht der Ort das Besondere durchzugehen, daher nur das Nothwendigste, was auf den gegenwärtigen Augenblick Einfluß haben kann.

Die Übersicht so mannigfaltiger Gegenstände wird dadurch erleichtert, daß die Kabinette sowohl als die practischen Anstalten meistens in guter Ordnung sind, auch daß die ihnen vorgesetzten Männer mit Liebe und Fleiß ihre Pflicht leisten. Doch darf man sich nicht verbergen, daß, um alles in Stand und Schritt zu erhalten, die nöthigen Veränderungen, Anordnungen, Einkörperungen nach und nach zu besorgen, Stockungen hinwegzuräumen, Gebrechen zu beseitigen, ja wohl[184] gar neuprojectirte Einrichtungen zu treffen, nicht wenig Aufmerksamkeit und Thätigkeit erfordern wird.

Dabey hat man zu bedenken daß hier von lauter realen, sinnlichen Geschäften die Rede ist, welche nicht anders als durch wiederholte persönliche Gegenwart des Beauftragten zu behandeln und so die vorkommenden Zweifel zu lösen sind, und ich darf hier wohl ohne Anmaßung behaupten, daß in früheren Jahren mein längerer Aufenthalt in Jena zum Wachsthum und der klaren Ordnung, worin sich die Gegenstände befinden, sehr vieles beygetragen.

Da nun in den letzten traurigen Kriegsjahren bey den überhäuften Geschäften meines verehrten bisherigen Mitcommissarius, bey meiner wankenden Gesundheit und daher wiederholten Sommerabwesenheiten ein persönliches Einwirken gehindert und gestört worden; so haben wir, besonders, da Obrist von Hendrich, welcher zehn Jahre in diesem Geschäft getreulich mitgewirkt, von Jena abgegangen, seit beynahe zwey Jahren meinen Sohn den Cammerjunker und Cammer-Assessor beauftragt in unserem Namen und an unserer Statt jenen Geschäften die nöthige Aufmerksamkeit zuzuwenden, welches er wie beyliegendes von ihm geführtes Actenfascikel und unsere Com missionsacten beweisen, treulich besorgt hat. Da ich nun in dem Falle seyn würde mich desselben wie bisher durch Auftrag zu bedienen, so gebe ich anheim, ob es nicht höchst gefällig sey ihn mir förmlich beyzugeben. Er[185] ist von Jugend auf mit diesen Gegenständen bekannt, hat mehrere dieser Anstalten entstehen und wachsen sehen, und hat, da er meine Umgebung selten verließ, an Einsicht in Wissenschaft und Kunst stetig zugenommen. Er steht mit den Vorgesetzten und Local-Aufsehern durchaus in gutem Vernehmen, deren einigen er als Lehrern, andern als Commilitonen verbunden ist. Ferner hat er das Glück ein Mitglied der Großherzoglichen Cammer zu seyn, eines Departements wohin die Museen bey allen Baulichkeiten und neuen Localeinrichtungen sich zu wenden angewiesen sind. Möge dieses alles, so wie die Zeugnisse seiner Vorgesetzten dem Wunsche, den ich hier zu äußern wagte, das Wort sprechen.

Auf ähnliche Weise hat man sich in dem bisherigen Zustand, welcher ohne eigentliche Form, auf einem reinen guten Willen beruhte, auf allerley Weise auszuhelfen gesucht, da wo eigentlich eine kleine Canzley nöthig gewesen wäre. Wir beyde bisherige Commissarien haben Registraturen und Verordnungen zu entwerfen nicht verschmäht, das Gleiche hat mein Sohn seit mehrerer Zeit gethan, auch habe ich mit demselben wie mit dem Bibliotheks-Accessisten Kräuter dictando die nöthigen Expeditionen angefertigt, Abschriften sind sodann manchmal auf den Canzleyen, gewöhnlich aber durch Schreiber in meinem Solde gefertigt worden; deshalb ich denn bey vermehrtem Geschäft Sicherheit, Schnelligkeit und Consequenz zu behaupten, mir in[186] der Person des genannten Kräuters einen Secretär, in der Person eines jetzt aus dem Felde zurückkehrenden John einen Copisten erbitte. Jener verdient eine solche Stelle wegen seiner seit zehn Jahren um einen kümmerlichen Lohn bey Großherzoglicher Bibliothek treulich geleisteten Dienste, wegen Fleißes, Genauigkeit und Zuverlässigkeit; der andere als ein brustkranker Mensch, der bey diesem Feldzuge noch ungesunder geworden, eine gute Hand schreibt und sich zu einem stillen Leben anhaltenden Geschäft gar wohl qualificirt.

Würde diese gebetene Einrichtung, welche eigentlich schon besteht und ohne gegenwärtige Veranlassung wohl noch eine Zeitlang im Stillen fortgeführt worden wäre, höchsten Orts sanctionirt, so wollte ich garantiren daß ein Ganzes gebildet würde, welches die Übersicht des Bestehenden jeden Augenblick möglich machte, das Nöthige mit fortgesetzter Thätigkeit behandelte und eine Repositur zu Sicherung der Einsicht für die Zukunft einrichtete. Zu welchem letzteren die Elemente sorgfältig aufbewahrt, bis jetzt aber noch nicht in Zusammenhang gebracht worden.

Möge es nun schließlich nicht als Anmaßung erscheinen, wenn ich zu Unterstützung des vorstehenden geziemenden Gesuchs bescheidentlich anführe, daß ich zu einer sehr lebhaften Wirkung nach außen seit vielen Jahren genöthigt bin. Weimar hat den Ruhm einer wissenschaftlichen und kunstreichen Bildung über[187] Deutschland, ja über Europa verbreitet; dadurch ward herkömmlich sich in zweifelhaften literarischen und artistischen Fällen hier guten Raths zu erholen. Wieland, Herder, Schiller und andere haben soviel Zutrauen erweckt, daß bey ihnen Art Anfragen öfters anlangten, welche die gedachten Männer oft mit Unstatten erwiderten, oder wenigstens freundlich ablehnten. Mir Überbliebenen, ob ich gleich an solchen Anforderungen und Aufträgen selbst schon hinreichend fortlitt, ist ein großer Theil jener nicht einträglichen Erbschaften zugefallen.

Ich darf kaum hinzusetzen, daß ich durch die Kunstaufgaben und Ausstellungen, durch die Beurtheilungen der eingesendeten Stücke, Vertheilung der Preise und sonstige Wirkungen, gemeinschaftlich mit den theilnehmenden Weimarischen Kunstfreunden, den meisten deutschen Künstlern und Kennern dergestalt bekannt und verwandt geworden bin, daß die Chiffer W. K. F. in der Jenaischen Literaturzeitung als ein Zeichen unserer fortdauernden Bemühungen überall sich einer freundlichen Aufnahme zu erfreuen hat.

Ferner habe ich durch meinen früheren Antheil an gedachter Literaturzeitung mit vielen Gelehrten, besonders auch durch naturwissenschaftliche Bemühung mit einer Anzahl Physikern, Chemikern, Mineralogen und sonstigen Freunden dieser Wissenschaften mich in Berührung gesetzt. Das Theater lockte eine Anzahl dramatischer Schriftsteller heran, durch ästhetische Arbeiten[188] kann ich mit Dichtern und leider auch mit Dichterlingen in Verhältniß, so daß ich nun von allen diesen Geistern keine posttägliche Ruhe habe und viele Zeit wo nicht auf unentgeltliche responsa, doch wenigstens auf ein freundliches Ablehnen verwenden muß.

Damit es aber nicht scheine als ob es in meiner Willkür stehe dergleichen Arbeiten zu übernehmen, so sey es mir erlaubt der zwey neusten Fälle zu gedenken.

Die unmittelbare Vorsprache der Erbgroßherzogin von Mecklenrurg-Schwerin Königl. Hoheit mußte mir ein Befehl seyn meine Theinahme einer jenen Gegenden bedeutenden Unternehmungen nicht zu entziehen. Die Großherzogl. Mecklenburgischen Landstände gedenken dem Fürsten Blücher zu Rostock, als seinem Geburtsort, ein Denkmal zu errichten; schon ist man so weit einig daß ein Standbild dieses Helden durch Director Schadow ausgeführt werden soll, mit welchem ich deshalb, besonders wegen Hin- und Hersendens der Modelle, wovon das letzte unterwegs zu Grunde gegangen, in einer bedenklichen Correspondenz stehe.

Herr Staatsminister von Schuckmann hatte vernommen, daß ich von Kunst und Alterthum in den Rhein- und Mayngegenden einen Aufsatz unter Handen habe und ich konnte ihm den die preußischen Staaten betreffenden Theil nicht versagen; weil aber diese Blätter nur dasjenige enthalten was allenfalls öffentlich[189] geäußert werden kann, so mußte ich darüber weitere Auskunft geben, und bin beschäftigt an mich erlassene Fragen aufrichtig und umständlich zu beantworten.

In diesen beyden, so wie in den unzählbaren vorhergehenden Fällen werde ich mich mit der Ehre zu begnügen haben gegen das liebe deutsche Vaterland als Facultät und Ordinarius um Gotteswillen mich einwirkend zu verhalten.

Da ich mich nun in solchen Verhältnissen wohl nicht mit Unrecht als öffentliche Person ansehen darf, so wird mir nicht verargt werden wenn ich einige Erleichterungen von Staatswegen in bescheiden gebetener Maaße mir schmeichln darf.

Verzeihung erbittend wegen dieser dem Gegenstande nicht ganz fremder Erörterung, gehe ich auf das mir künftig untergebene hoffende und zum Theil schmachtende Personal mit Zuversicht über.

d. 18. Dec. 1815

G.


26/7244.


An Luise Seidler

Indem ich Sie, liebste Freundin, zum schönsten begrüße, ersuche ich Sie um eine kleine Gefälligkeit. Ich habe nämlich Bergrath Voigt zu verstehen gegeben, daß ich seine untere Etage für Großherzogliche Commission künftig zu miethen wünsche. Bey Bischoffs habe ungefähr denselben Raum, nebst Küche, nur nicht so schicklich und freundlich; dazu Meubles, Betten,[190] Tischzeug und Servis und andere Kleinigkeiten. Wir zahlen dafür überhaupt 48 Thlr., sage acht und vierzig Thaler.

Ob ich nun zwar in dem neuen Quartier gleiche Verbindungen nicht erwarte, so muß ich doch, da es nicht meine, sondern eine Commissionssache ist, ehe wir weitergehen, freundlich anfragen, was die Hausbesitzer etwa verlangen, was sie dafür leisten und wie wir uns arrangiren könnten. Gedenken Sie mein in Ihrem schönen Vereine und besuchen Sie uns bald.

Mit den besten Wünschen zu den Feyertagen und dem neuen Jahr

der Ihrige

Weimar d. 20. Decbr. 15.

Goethe.


26/7245.


An den Großherzog Carl August

Ew. Königl. Hoheit

haben die zur neuen Einrichtung der Kunst-Akademie von mir gethanen Vorschläge gnädigst genehmigt; ein unständlicher, einzureichender Aufsatz wird die Gründe darlegen, worauf jene Wünsche beruhen.

Indessen verstehe nicht die Fortschritte anzuzeigen, welche bisher geschehen. Die schon in jenem Vorschlag angezeigte Theilung des Saales wird, wie sich bey dem Risse sub a. deutlich zeigt, durch die Lage der[191] Kamine bestätigt; nur findet sich, daß man den Raum zu groß gedacht, und daß man das dem Professor bestimmte Arbeitszimmer zum Schulzimmer nehmen müsse, weil der Hauptsaal nur etwas über 50 Plätze faßt. Bey einer solchen Einrichtung aber könnte man gegen hundert Schüler setzen, welches auch genug wäre, da die Zeichenschule nicht wie bisher, in den leider so tumultuarischen Zeiten, ein Taubenschlag für kleine Kinder bleiben; sondern nur erwachsenen wahrhaft fleißigen und profitirenden Zöglingen eingeräumt werden darf.

Ein Arbeitszimmer für Herrn Professor Jagemann läßt sich, auf Abrede mit Architekt Steiner, nach dem Garten zu, gar wohl anbringen, wenn man eine Decke durchschlägt, um Oberlicht zu gewinnen, wie so oft geschieht, da ja der ganze Arbeitsraum nicht die ganze Höhe zu haben braucht.

Genehmigen Ew. Königl. Hoheit diese Vorschläge im Ganzen, so würde bey näherer Untersuchung wohl noch manches Einzelne zu verbessern seyn. So scheint mir z.B. die Höhe des Sälchens und der Zimmer mit 14 1/2 Fuß zu niedrig, und was dergleichen mehr ist.

Wollen sodann Höchstdieselben Herzogliche Cammer berechtigen, gegen von Architekt Steiner ausgestellte, von mir autorisirte Zettel, 500 rh. auszahlen, (da in einem Anschlag gewöhnlich etwas vergessen ist, wie z.B. hier die Öfen) so würde alsobald die Zulage besorgt, alles Nöthige vorbereitet werden, um den Bau[192] mit größter Schnelligkeit vorwärts zu bringen. Professor Jagemann käme indessen wieder, und das Übrige würde sich besprechen lassen.

unterthänigst

W. d. 20. Dec. 1815.

Goethe.


26/7246.


An Sulpiz Boisserée

[21. December 1815.]

Ihren lieben Brief hab ich, zu meiner größten Aufmunterung, erhalten, denn ich bin so eben mit dem Druck nach Darmstadt, und mit dem Manuscript nach Heidelberg gelangt. Wie viel langsamer geht die Reise, als wir uns dachten! Bedenken Sie aber, daß bey den neuen Besitznehmungen und der daraus entspringenden neuen Organisation jeder in seinem Kreise die Hände vollauf zu thun hat.

Mir ist die Oberaufsicht über alle von dem Großherzog unmittelbar ausfließende Anstalten für Wissenschaft und Kunst geworden, oder eigentlich nur geblieben. Es ist vielleicht das wundersamste Departement in der Welt, ich habe mit neun Männern zu thun, die in einzelnen Fächern alle selbständig sind, unter sich nicht zusammenhängen und, bloß in mir vereinigt, eine ideelle Akademie bilden.

Verzeihen Sie daher, wenn ich nichts weiter sage, als daß das Schwänchen gepackt ist und so eben auf die fahrende Post soll.

[193] Es enthält: 1) Ein Exemplar Farbenlehre mit Tafeln (darinliegend).

2) Durchzeichnungen, auf den Straßburger Münster bezüglich. Die oberen Theile haben Sie schon, das Fundament ist Ihnen wohl interessant.

3) Ein Blättchen, für Herrn Hofrath Creuzer.

4) Die griechische Messe, die ich aber mir zurück erbitte.

5) Ein Packet für Herrn Hofrath Thibaut, das Verzeichniß der inliegenden Musicalien ist beygefügt; sie können abgeschrieben werden, wenn ich sie nur bald wieder zurück erhalte. Verziehen sey mir, daß ich dazu nicht schreibe.

6) Die verlangten Dissertationen, welche, weil sie mich gar sehr angezogen, diese Sendung verspäteten. Gegenwärtiges Exemplar senden Sie mir gefälligst zurück, vielleicht kann ich Ihnen diese interessanten Hefte in der Folge zum Eigenthum verschaffen.

7) Zwey Talismane, einen für Sie, den andern für den Schenken. Es sind die ersten uns bekannten Gebilde der entstehenden Welt; Trebra nennt sie crystallisirten Granit, ich mit ihm. Begreifen wird sie niemand, wer sie andächtig beschaut, ist sicher vor gemeinen Gedanken, das wahre Kennzeichen des Talismans!

Nicht ganz ein solcher schien mir das cölnische Taschenbuch, in welchem wohl hie und da ein Amulet steckt, im Ganzen kann ich jedoch trotz aller Frömmeley keine wahre Frömmigkeit, d.h. nicht Ernst noch Kritik[194] noch Methode darin findet. Behalten Sie diese Meinung für sich, wir überlassen billig das Übrige einer geliebten Lesewelt, so wie barmherzigen und unbarmherzigen Recensenten.

Da noch soviel Platz ist, so will ich gegen Ihre gedrängten und gehaltvollen Brief nicht allzu laconisch seyn; sondern erzählen, daß wir alte kirchliche Schnitzbilder in einem unserer acquirirten Landstädtchen entdeckt haben, in Ställe und alte Gewölbe verstoßen, doch leidlich erhalten. Von sehr großem Maaßstab, bis sechs Fuß Höhe und acht Fuß Breite, beynah ganz erhabne Figuren, gemahlt und geschmückt, auf Goldgrund aufgeschraubt und genagelt.

Über die Zeit ihrer Entstehung ist man uneins, ich suspendire mein Urtheil.

Zu den interessanten Besuchen gratulire ich. Des Herrn Dillis Aussagen bemerk ich mir. Das eigentliche Kunststück aber, das mit aufgegeben ist, bleibt immer: auszusprechen, worüber wir einig sind, alles Problematische abzuweisen, einen Grund zu legen, worauf Sie fortsammeln, studiren und sich unterhalten können. So ernst ich auch das behandle, so wird das sehr bald von der deutschen Vielmeinerey mit Schutt überdeckt werden, wie es mir mit allem ergangen ist, wo ich zu gründen suchte. Das rührt mich aber nicht, denn, wer des Feuers bedarf, sucht's unter der Asche. An diesem orientalischen Sprichworte sehen Sie, daß meine Verhältnisse nach Osten noch immer[195] bestehn. Meine Sehnsucht in diese Regionen ist unaussprechlich, und somit das herzlichste Lebewohl. Der Schlüssel folgt auch, den hätt ich wohl bewahren können: denn, wenn meine Sehnsucht nach Osten strebt, so liegt meine Hoffnung in Süd-Westen.

G.


26/7247.


An Rosine Städel

Nur Ein Wort, liebste Rosette, für so viel gute Zeilen, Gedancken und Wercke; so auch der lieben Kleinen, für so manches, einige Laute. Ich bin unglaublich gedrängt und büße schwer den gefährlichen Müssiggang abgeschiedner Tage.

Der bunten und braunen Bilderchen folgen mehr. Vielleicht unterhält es Sie Sich zu wiederhohlen und beyliegende Umrisse auszuführen; verschencken Sie dergleichen: so dencken Sie dabey wie sehr das Original mich freute.

Das Paquet reist freylich erst mit den Feyertagen, möge es zum neuen Jahre willkommen seyn. Tausend Grüße. Bitte um Nachricht ob Marianne wieder singt? Ich mag sie mir in den langen Winter-Abenden gar nicht stumm dencken.

d. 21. Dec. 1815.

Goethe.[196]


26/7248.


An Christian Gottlob Voigt

Ew. Excellenz

übersende mehr einen Brouillon, als ein Concept, der mir doch Nachdenken genug verursacht hat, weil ich weder gewohnt bin Belohnungen noch Gnaden auszutheilen. Haben Ew. Excellenz die Güte, die Vorschläge nach außen, d.h. gegen die übrige Dienerschaft, und nach innen gefälligst zu betrachten. Meine krankhaften Zustände sind mir dießmal im Wege, denn sonst wäre ich persönlich erschienen, weil sich im Gespräche alles schneller und leichter abthut; erlauben Sie meinem Sohn aufzuwarten, um Ihre Gesinnung zu hören und über einiges Auskunft zu geben.

Nur bemerke ich, daß bey meiner Arbeit drey naevos angetroffen, welche mir eigentlich zu schaffen gemacht.

Der erste, daß bey dem langen Leben Herrmanns unsere Bibliothekspersonen auf eine Verbesserung allzu lange geharrt und es, ungeachtet jener neuen Interimszulage, doch immer aussieht, als wenn man sie gegenwärtig zu sehr begünstigte.

Ein gleiches ist bey den Jenaischen Museen der Fall, wobey ich mir Vorwürfe mache, nicht auch in den schlimmsten Zeiten mehr zur Sublevation jener Männer in Vorschlag gebracht zu haben.

Drittens hat dagegen eine große Disproportion in unser Inneres gebracht, daß Ihro Königl. Hoheit[197] proprio motu dem Professor Jagemann 600 Rthr. zugewährt, den Bergrath Voigt durch Zulage von 100 Rthrn. auf 300 Rthr. gesetzt und eine Besoldung des Hofrath Oken von 400 Rthrn. außerhalb unseres Kreises denjenigen Personen, die innerhalb wirken, einen allzuhohen Maaßstab gesetzt hat.

Über alle diese Dinge habe ich mehrere Jahre her directe und indirecte Klagen und Vorwürfe erdulden müssen, die jedoch, als der Zeit und den Umständen angehörig, gern ertrug, gegenwärtig aber zur Sprache bringe, weil die Erwartung aller Menschen gespannt ist, und sich jedermann überzeugt hält, daß wenn er nicht bey dem neubewegten Teiche Bethesda gesundet, er wohl zeitlebens kränkeln möchte.

Nachsicht und Theilnahme erbittend

innigst verbunden

Weimar d. 21. Decbr. 1815.

Goethe.


26/7249.


An Christian Gottlob Voigt

Ew. Excell.

zu dem heutigen, schönen Tage Freude, Liebe, Bewunderung, Danck zu zollen hoffte ich, auf eine Weise die uns allein erlaubt aufrichtig zu seyn; in einem Liede nämlich. Die Leiden aber der letzten Wochen hinderten die Vollendung. Möge Ihre Frau Gemahlinn, bey ruhiger Stunde, Sie an unser vieljähriges[198] Zusammenleben erinnernd, Alles vorläufig zur Sprache bringen, dem ich, wenn ich es, zusammengefaßt, dereinst vorlege, eine günstige Aufnahme, diesmal schweigend erbitte.

Ew. Excell.

Weimar

verpflichtet verbundener

d. 22. Dez. 1815.

J. W. v. Goethe.


26/7250.


An den Großherzog Carl August

Ew. Königliche Hoheit

gestrige gnädige Sendung habe sogleich in ein Actenfascikul gefaßt, welches, hier beyliegend, mich zu nachstehenden unmaaßgeblichen Vorschlägen aufruft:

1) Der Wallroßschädel ist seit langen Jahren unser Wunsch, ich will deshalb an Staatsrath Treitlinger nach Paris schreiben.

2) Das von Schreibers Angeboten ist gleichfalls erwünscht:

a) die Fische, in Weingeist aufbewahrt, hierher zu senden, halte mit ihm für räthlicher.

b) die Skelette von Gemse etc. sind auch dankbar anzunehmen.

c) eine Tischplatte soll sorgfältig eingepackt und, nebst Zeichnungen von dem Vorkommen dieses Gesteines auf dem Harz, an Schreibers gesendet werden. Wie ich denn überhaupt mit ihm in Verhältniß zu bleiben gedenke.[199]

Der Versuch, nach Sömmerrings Vorschlag, geistige Getränke zu concentriren, soll zum Nächsten in Jena angestellt werden.

unterthänigst

Weimar d. 23. Decbr. 1815.

Goethe.


26/7251.


An Charlotte von Stein

Daß Du zugleich mit dem heilgen Christ

An diesem Tage geboren bist,

Und August auch der werthe Schlancke,

Dafür ich Gott im Herzen dancke,

Dies giebt in tiefer Winterszeit

Erwünschteste Gelegenheit

Mit einigem Zucker Dich zu grüßen

Abwesenheit mir zu versüßen,

Der ich, wie sonst, in Sonnenferne

Im Stillen liebe, leide, lerne.

am 25. Dec. 1815.

Goethe.


26/7252.


An Friedrich Siegmund Voigt

Weimar d. 25. December 1815.

Ew. Wohlgeb.

bin ich sehr vielen Dank schuldig, für die angenehme und lehrreiche Unterhaltung, die Sie mir in diesen langen Winterabenden verschafft; das Manuscript,[200] mit dessen Inhalt ich vollkommen einverstanden bin, hat das Verdienst eines freyen und heitern Vortrags. Es setzt mit Recht eine gewisse Terminologie als bekannt und angenommen voraus, und da sie hier nur in einzelnen Bemerkungen erscheint, so wird sie nicht anstößig werden, sondern sich unter dieser Firma vielmehr sachte einschleichen. Ist der Aufsatz erst gedruckt, so wird er uns zum Anlaß guter Unterhaltung dienen und selbst der Widerspruch wird Beyträge liefern müssen. Erlauben Sie, daß ich es noch einige Zeit behalte.

Durch die Verfertigung des neuen Catalogs machen Sie Sich ein neues Verdienst um das Lieblingsfeld, worin unser gnädigster Herr so gerne verweilt. Es wird gewiß nicht verkannt werden.

Neulich äußerten Ihro Hoheit gewisse Gedanken, wie Sie künftighin bey Ihrer Pflanzencultur nicht so sehr in's Weite und Einzelne gehen wollten, sondern sich auf bedeutende Pflanzen mehr zu beschränken gedächten, welches uns ja auch früher schon wünschenswerth vorgekommen. Denken Sie doch bey Fertigung des Catalogs darüber nach und vernehmen bey der nächsten Aufwartung Serenissimi nähere Gedanken.

Zu den heiligen Feyertagen und dem eintretenden Neuenjahr alles Gute wünschend und mich Ihnen und den lieben Ihrigen und der treuen Nachbarin schönstens empfehlend

ergebenst

Goethe.[201]


26/7253.


An Johann Georg Lenz

Ew. Wohlgeb.

vermelde hiermit, daß Serenissimus Einen von den beyden Tischen des Harzer Übergangsgesteines herüber nach Weimar befehlen. Existirt der Kasten noch, worin sie angekommen, so ersuche die Platte sorgfältig darin zu packen; auf jeden Fall aber mir solche, wohlverwahrt, durch einen Boten auf der Trage herüberzusenden. Accordiren Sie mit demselben und geben es ihm schriftlich, damit ich für die Bezahlung sorgen kann.

Die Nachricht von den schönen Acquisitionen dieses Jahres versäume nicht höchsten Orts vorzulegen und wünsche nichts mehr, als daß Ihnen in dieser neuen Epoche etwas Angenehmes begegnen möge.

Gedenken Sie mein in dem neuen Jahre, wie bisher.

ergebenst

Weimar d. 26. Decbr. 1815.

Goethe.


26/7254.


An Carl Franz Anton von Schreibers

[Concept.]

Ihro Königl. Hoheit, mein gnädigster Herr, ertheilen mir den angenehmen Auftrag, Ew. Hochwohlgeb. für die gefällig angebotenen Naturgegenstände verbindlichsten[202] Dank abzustatten. Möchten Dieselben die für unsere naturhistorischen Museen Seefisch-Exemplare, in dem Zustande, wie sie sind, in Weingeist aufbewahrt, über Dresden und Leipzig hierher senden, so würden sie hoffentlich bey uns glücklich anlangen. Ein Gleiches gilt von denen angeschafften Skeletten vierfüßiger Thiere und eines Adlers. Das Haus Fries & Comp. besorgt die Spedition und wird auch den sonstigen Betrag berichtigen.

Indem ich nun des höchsten Auftrags mich entledige, vermelde zugleich, daß nächstens eine ovale Tischplatte an Dieselben abgehen wird. Sie ist von dem merkwürdigen Gestein, welches den Übergang des Granits in eine Art Hornstein oder Jaspis auf dem Harze bildet und von meinem Freunde von Trebra und mir vor vielen Jahren beachtet und bis an den Ort seines Vorkommens verfolgt worden. Gedachte Platte schreibt sich noch aus jenen Zeiten her und machte ein Paar mit einer andern, welche in dem mineralogischen Kabinette zu Jena verbleibt. Eine diesen merkwürdigen geologischen Umstand erläuternde Zeichnung, mit Bemerkungen von Lasius und von Trebra, auch sonstige Notizen, die dieses Übergangsgestein erläutern, ermangle nicht nachzusenden.

Erlauben Ew. Hochwohlgeb., daß ich zum Schluß aufrichtig ausdrücke, wie sehr es mich freut, mit Denenselben, wie ich es schon lange gewünscht, in[203] näheres Verhältniß zu kommen. Sollten Sie in diesen Gegenden irgend etwas zu besorgen haben, werde ich solches mit Vergnügen ausrichten, wie ich mir denn die Erlaubniß erbitte, von Zeit zu Zeit mein Andenken zu erneuern.

Weimar d. 26. December 1815.


26/7255.


An Johann Heinrich Meyer

Wollten Sie, mein Werthester, nunmehr mit Schwerdgeburth das Inliegende besprechen. Wie weit die beyden Bilder auseinander zu rücken sind, will ich indessen ausmitteln, so wie auch die älteren Steinzacken. Das Beste wünschend

d. 26. December 1815.

G.


26/7256.


An Christian Gottlob Voigt

Da Ew. Excellenz geneigter Vortrag der Sache mehr als eine Revision und Abschrift nachhelfen und nützen wird, so entschließe mich die Aufsätze so wie ich sie zurückerhalten abermals zu übersenden, mit Bitte die darin enthaltenen Gesuche theilnehmend zu unterstützen.

Die Summe der gewünschten unter der Rubrik Zulage unterstrichenen Begünstigungen beläuft sich[204] auf etwa 1500 Rthr. wobey man sich aber auch sagen kann daß die gemeldeten Personen nunmehr das was ihnen obliegt mit Freudigkeit thun und neue vorauszusehende Obliegenheiten ohne weitere Anforderung übernehmen können.

Eine umständliche Darstellung der ganzen Sache soll binnen hier und Ostern nicht fehlen.

gehorsamst

Weimar d. 26. Decbr. 1815.

Goethe.


26/7257.


An Luise Seidler

Das Brieflein nebst Inlage ist mir wohl geworden; freylich hatt ich einige Hoffnung Sie diese Feyertage zu sehen. Haben Sie Dank für die Besorgung; mündlich mehr. Und nun das herzlichste Lebewohl.

W. d. 28. Dez. 15.

G.


26/7258.


An Christian Gottlob Voigt

Die gefälligst mitgetheilten, hierbey zurückkehrenden Münzen haben wir das angenehme Gefühl gegeben, daß einsichtige Liebhaberey und Kennerschaft eine glückliche Mitgift ist, die uns jederzeit zu statten kommt. Die gleiche Größe und das sonstige Verhältniß ist auffallend angenehm und jeder Berechnung günstig. Die Inschriften sehr glücklich.

[205] Mein Sohn wird auch meinen verbindlichsten Danck für die große Gunst erstatten haben. Nur innige Freundschaft kann die Last so vieler Verpflichtungen ertragen helfen.

Mit den reinsten Wünschen

W. d. 31. Dec. 1815.

Goethe.


Quelle:
Goethes Werke. Weimarer Ausgabe, IV. Abteilung, Bd. 26, S. 1-206.
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Geschichten aus dem Biedermeier. Neun Erzählungen

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Biedermeier - das klingt in heutigen Ohren nach langweiligem Spießertum, nach geschmacklosen rosa Teetässchen in Wohnzimmern, die aussehen wie Puppenstuben und in denen es irgendwie nach »Omma« riecht. Zu Recht. Aber nicht nur. Biedermeier ist auch die Zeit einer zarten Literatur der Flucht ins Idyll, des Rückzuges ins private Glück und der Tugenden. Die Menschen im Europa nach Napoleon hatten die Nase voll von großen neuen Ideen, das aufstrebende Bürgertum forderte und entwickelte eine eigene Kunst und Kultur für sich, die unabhängig von feudaler Großmannssucht bestehen sollte. Dass das gelungen ist, zeigt Michael Holzingers Auswahl von neun Meistererzählungen aus der sogenannten Biedermeierzeit.

434 Seiten, 19.80 Euro

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