Auf meines liebsten Jesu schmerzliche Geiselung

[141] Ach Gott-vereinter Leib / Erzheiligtum der Erden /

du Tempel voller Geist / du Tugend-Himmels-Thron /

Herz der Dreyfaltigkeit / du wahrer Gottes Sohn!

mustu gegeißlet dann von Sünd und Sündern werden?

du leidest mit Gedult die blutigen beschwerden.

Die äusserst' Vnschuld leidt der Haupt-verbrechen Lohn.

Du hast die Schmerzen / ich die Wollust-Wonn / davon.

Mich rettend / gibstu dich in alle haupt-gefärden.

Ach! ach! ein jeder Schmiß geht mir durch Seel und Herz!

mein Lebens Geist aus mir / wie dein Blut aus dir / dringet.

Wär's nicht Vndankbarkeit und unleidbarer Schmerz:

ich wolt Erlösung nicht / weil's dir so Schmerzen bringet.

Doch weil dein Haupt-Lieb mich und mein Lieb' überwindt:

ich so viel Glut / als Blut / der Lieb' in mir empfind.

Quelle:
Catharina Regina von Greiffenberg: Geistliche Sonnette, Nürnberg 1662, S. 141-142.
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