Am Feste des H. Aegidi

[294] Epist. Sap. V. v. 16. etc.


Text


Der Herr ist der Gerechten Lohn

Und läst sie ewig leben,

Er sorgt und will ein herrlich Reich

Und schöne Cronen geben.

Sein Schuz, sein Arm vertheidigt sie,

Ihr Harnisch ist sein Eifer,

Und jede Creatur verzehrt

Vor sie der Feinde Geifer.


Die Wafen der Gerechtigkeit

Sind strenger Zorn und Flammen.

Er zuckt sein Schwerd und zieht die Welt

Schon in ein Heer zusammen.

Er kommt und greift die Thoren an,

Es brüllen Meer und Wogen,

Und Bliz und Hagel schiest so schnell

Als Pfeile von den Bogen.


Das Waßer wütet wider die,

So den Gerechten plagen.

Der Bösen Menge lehnt sich auf,

Und sieh, sie sind geschlagen.

Der Nordwind legt sich wider sie

Und wird sie schnell vertreiben,

Wie Blätter, Stoppeln, Spreu und Sand

Vor keinem Würbel bleiben.


Lehre


Verzagt doch nun und nimmermehr,

Ihr fromm- und edlen Seelen!

Gedenckt der Feind, auf euren Fall

Viel Gruben auszuhöhlen,[295]

So seht und lernt und glaubt, daß Gott

Bey eurer guten Sache

Und in der eußersten Gefahr

Der Noth ein Ende mache.


Der Böse steht und brüstet sich

Und macht auf allen Seiten

So wie ein stolzer Pharao

Ein Land voll schwerer Zeiten.

Ihr gebt in Unschuld ruhig nach

Und könt gleichwohl nichts richten,

Als daß die Spötter immer mehr

Auf neues Unglück dichten.


Gedult, die Rache wacht vor euch,

Und Gott im Himmel streitet.

Der, so da Roß und Mann gestürzt,

Hat euch auch Trost bereitet;

Und eben diesen Augenblick,

Da ihr am ärgsten zaget,

Wird dieser Feind, der trozt und schnaubt,

Mit Schröcken hingejaget.

Quelle:
Johann Christian Günther: Sämtliche Werke. 6 Bände, Band 2, Leipzig 1931, S. 294-296.
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