Gegen Norden

[110] Die braunen Segel blähen an den Trossen,

Die Kähne furchen silbergrau das Meer.

Der Borde schwarze Netze hangen schwer

Von Schuppenleibern und von roten Flossen.


Sie kehren heim zum Kai, wo raucht die Stadt

In trübem Dunst und naher Finsternis.

Der Häuser Lichter schwimmen ungewiß

Wie rote Flecken, breit, im dunklen Watt.


Fern ruht des Meeres Platte wie ein Stein

Im blauen Ost. Von Tages Stirne sinkt

Der Kranz des roten Laubes, da er trinkt,

Zur Flut gekniet, von ihrem weißen Schein.


Es zittert Goldgewölke in den Weiten

Vom Glanz der Bernsteinwaldung, die enttaucht,

Verlorner Tiefe, wenn die Dämmerung raucht,

In die sich gelb die langen Äste breiten.


Versunkne Schiffer hängen in den Zweigen.

Ihr langes Haar schwimmt auf der See wie Tang.

Die Sterne, die dem Grün der Nacht entsteigen,

Beginnen frierend ihren Wandergang.[111]

Quelle:
Georg Heym: Dichtungen und Schriften. Band 1, Hamburg, München 1960 ff., S. 110-112.
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