Eitelkeit des Irdischen

Was ist dieses Rund der Erden,

Als ein Spielplatz voller Schein,

Wo wir heute Helden werden,

Morgen Schatten nur zu sein,

Wo bei Kronen, Thron' und Siegen

Fessel, Band und Ketten liegen.


Hier will Lachen, Lust und Scherzen

Bei den heißen Thränen stehn,

Und die hohen Wunderkerzen

Müssen plötzlich untergehn.

Der die Welt vermeint zu schrecken,

Nächstens wird ein Grab ihn decken.
[47]

Wo die größten Pfeiler waren,

Da liegt itzt ein wenig Graus;

Bei den Sängern schaut man Bahren,

Bei der Burg ein Todtenhaus,

Bei den Rosen Dornenhecken,

Auf dem Purpur schwarze Flecken.


Dieser Platz zeigt viel Gesichte,

Die der Falschheit Maske deckt,

Und bei falschem Tageslichte

Wird viel falscher Dunst erweckt;

Schwur und Untreu, Kuß und Wunden

Sind zusammen hier verbunden.


Nichts will lang allhie verweilen;

Jugend, Pracht und Herrlichkeit

Heißt des Himmels Satzung eilen

Und verstieben vor der Zeit.

Mancher Blume Haupt erbleichet,

Eh' es eine Nacht bestreichet.
[48]

Unsre Kindheit liebt die Wiege,

Unsre Jugend Gluth und Wein,

Unsre Mannheit Ehr' und Kriege,

Unser Alter Geld und Stein.

Mancher hat in wenig Stunden

Spiel, Beruf und Abschied funden.


Wohl dem Menschen, der im Spielen

Nicht zu sehr den Spielplatz liebt

Und zum Himmel weiß zu zielen,

Weil die Welt ihm Blicke giebt;

Der, als Fremder auf der Erden,

Oben Bürger denkt zu werden!


Wer so stirbt, ist nicht gestorben;

Ihn verklärt die Ewigkeit,

Er hat einen Schatz erworben,

Den nicht Zeit und Sturm zerstreut.

Tugend kann den Tod verlachen

Und die beste Grabschrift machen.

Quelle:
Auserlesene Gedichte von Christian Hoffmann von Hoffmannswaldau, Daniel Caspar von Lohenstein, Christian Wernike, Friedrich Rudolf Frhr. von Canitz, Christian Weise, Johann von Besser, Heinrich Mühlpforth, Benjamin Neukirch, Johann Michael Moscherosch und Nicolaus Peucker, Leipzig 1838, S. 43-44,47-49.
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