Schreiben von I.O.T.A. an die Herrn Titultrager von Hohen Schulen/

M.F.I. und M.F.D.P.

[67] Auff das Büchlein wieder Nicol. Te.


O Ihr verkehrte Pfaffenknecht/

Fritz Hannsen und Fritz Dame/

O Schlangen art/ Ottern geschlecht/

Ja Satans eigner same/

Wie dürfft ihr euch so keck und frey

Der warheit wiedersetzen?

Vnd mit ewer Schulfuchserey/

So mannig Seel verletzen?[67]

Dem g'meinen Mann nehmt ihr das liecht/

Setzt ihm auff ewer brillen/

Bildt ihm ein er hab sein gesicht/

Klar auß ewren Postillen.

Weh' euch die ihr das recht verkehrt/

Daß gute böse nennet/

Daß ihr nicht seyt von Gott gelehrt/

Man klar dabey erkennet.

Vnd welches geistes kinder ihr/

Ist scheinbar hie zusehen.

Das best in ewrem buch ich spühr/

Ist schelten/ lästern/ schmehen/

Die Schrifft verkehren freventlich/

Das Geistlich fleischlich deuten.

Blindt seyt ihr warlich/ das sag' ich/

Wollt dennoch ander leiten.

Habt in euch nicht das ware liecht/

Versteht nicht Geistlich sachen.

Fleischlich ihr seyt/ fleischlich ihr richtt/

Ewr thorheit muß man lachen.

In den Schulen habt ihr studirt,

Das kan niemand verneinen/

Da kein heilger gefunden wird/

Noch soll man von euch meynen/

Daß ihr die heiligsten allein/

Die Gott ja hat geschaffen;

Betriegt die leut mit ewerm schein/

O Ihr fleischliche Pfaffen.

Wer hat zu lehren euch gesant?

Wer hat euch promoviret?

Hats Gott gethan? ey seyts bekant/

Wer hat euch doch vociret?

Mich dünckt furwar ihr seyt vexiert/

Es merckens schon die kinder/

Daß ein Blinder den Blinden führt/

Ein Sünder lehrt die Sünder.[68]

Sagt mir/ das fragen steht ja frey/

Solt von den Hohen schulen/

Da man lernet all' Büberey/

Gassaten gehn und Bulen/

Fressen/ sauffen/ dergleichen mehr/

Das ihr nicht dürfft bekennen/

Die ware Weißheit kommen her/

Nach der ihr euch lasst nennen:

Ehrwürdig/ hoch- und wolgelehrt?

Ja wollohn allen zweiffel:

Wer das glaubet der ist verkehrt/

Es bildt euch ein der Teuffel;

Der Pfaffen frißt/ Soldaten scheißt/

Des geist hat euch gesalbet/

Denn wie die Kuh'/ daß sprich wort heist/

Leufft/ also sie auch kalbet.

Der Probst gibt genug zu verstehn/

Daß er fleißig gelesen;

Man kans am lincken aug ihm sehn/

Wie andächtig er g'wesen;

Hat auch des nachts wol bey der leucht

Nicht geschont seiner augen/

Man sichts sie sind ihm itzt noch feucht/

Solt Er dennoch nicht taugen?

Ohn zweiffel ja/ wer sagt das nicht?

Keiner kan es verneinen/

Daß die Welt nach dem ansehn richtt/

Die nur fein prächtig scheinen

Im langen Priesterlichen kleid/

Haben ein groß ansehen:

Wann sie in ihrer Ehrbarkeit/

Da auff dem Höltzlein stehen.

Den schalck bedeckt ihr Pfaffen Rock/

Fein artig sie agiren

Wann sie da stehn im holen block/

Das Maul den leuten schmieren/[69]

Lästern ohn schew die Warheit frey/

Keiner darff wiedersprechen:

Er mag auch gleich seyn wer er sey/

Sie wissens bald zurechen:

Die Furnehmsten auff ihrer seit/

Willig auff ihr begehren

Sind/ zu vertreiben solche Leut/

Die gutes thun und lehren:

Auff daß man ihre thorheit nicht

Zum bösen möge deuten;

Oder ihr schalckheit komm' ans liecht/

Vnd kunt werd' allen leuten.

Aber ihr Herren thut gemach/

Man muß es dennoch wagen/

Zu straffen euch in dieser sach/

Vnd frey die warheit sagen.

Ja/ soltens auch die kinder thun/

Das Weiber-volck imgleichen/

So muß es doch gesagt seyn nun/

Der Warheit müst ihr weichen;

Gebt euch gutwillig nur darein/

Sie wird doch Meister bleiben/

Und bald durch ihren hellen schein

Ew'r finsternuß vertreiben/

Vnd euch zu schanden machen gar/

Mit ewerm Kuckuck Meyer.

Sein Kram hat auch kein gute wahr/

Nur faul und stinckend Eyer;

Die er im Eyderstetschen land

Vermeynte zu verkauffen/

Vnd do er nicht sein' Kauff-leut fand/

Must ers wiedrumb verlauffen.

Mit dem Kuckuck er fliegen kam/

Ließ sich in Tönning nieder/

Auch mit dem Kuckuck abscheidt nam/

Floh hinweg mit ihm wieder.[70]

Solten diese recht' Priester seyn

Vnd von Gott ordiniret/

Die so verlauffen ihr gemein?

Heist das nicht leut vexieret?

Noch soll glauben ein jedermann/

Sie seyn des Herrn Gesanten:

Wer sie nicht will dafursehn an/

Sondern nennt sie Vaganten/

Die lauffen kommen ungesant/

Denselben sie abschaffen;

Damit friedlich in Stät und Land

Bleiben die Herrn Gotts affen.

Habt guten muth ein' kleine zeit/

Er wird euch bald vergehen;

Die ihr so sehr habt außgeschreit/

Werden dennoch bestehen.

Es helffet ewr vertreiben nicht

Daß ihr sie abgesondert.

Warheit kompt doch endlich ans liecht/

Wird dadurch nicht gemindert.

Gott steht allzeit auff ihrer seit/

Lesst sie nicht untertrücken:

Weiß sie/ wens euch wer noch so leit/

Mit g'walt herfur zuzücken.

Er furdert der gerechten sach/

Die ihr meynt zuvertreiben;

Ewr thun muß durch sie an den tag/

Kan nicht verborgen bleiben.

Heran ihr Pfaffen all heran/

Lasst euch zur Schulen führen/

Von Herrn Tetinge und Lohmann/

Lernet weißheit studiren/

Vnd gebt euch unter Gotts gewalt/

In ihrer Lehr beyzeiten;

Sonst wird sich ewer ansehn bald

Verlieren bey den Leuten.[71]

Diese beid werden euch gewiß

Also Examiniren/

Daß jedermann/ glaubet mir diß/

Ewern betrug wird spühren.

Einer zum andern sagen dann

In den bald künfftign tagen/

Seht/ lieber seht die Pfaffen an/

Wie sie itzt sind geschlagen.

Ihr eigen ruth hat sie verletzt/

Die sie andern gebunden:

Ihr eigen Schwertt das sie gewetzt/

Hat sie gantz überwunden:

In die grub sie gefallen sind

Die sie andern gegraben.

Gott lob/ itzt sicht/ der nicht ist blindt/

Wie sie gelehret haben.

Dann wird Ew'r gantze Priesterschafft

Fallen üb'r einen hauffen/

Verliehren ihr ansehn und krafft/

Den Pfaffen Rock verlauffen/

So wollen frölich singen wir

Vnd unserm Gott dancksagen/

Wenn überwunden ist das thier/

Das fromme pflegt zuplagen.

Hallelujah in sußem thon/

Der Herz sey hochgelobet:

Da liegt die Hur zu Babylon/

Die so sehr hat getobet.

Der Herr bekehr noch in der zeit/

Wo bessrung ist zu hoffen;

Weil noch seine Barmhertzigkeit

Vnd gnadenthür steht offen.

Gott laß euch ewer blintheit sehn/

Eröffne ewer augen:

Geb' euch ew'r thorheit zu verstehn/

So ihr begehrt zu taugen:[72]

Wünsch und bitt diß von hertzen ich.

Wo nicht/ so ist verhanden

Der bald an euch wird rächen sich/

Vnd machen euch zuschanden:

Wird sehen lassen seine macht/

Im zorn euch bald zerstören.

Diß ist gesagt/ es nehm' in acht/

Der Ohren hat zu hören.


VV.

I.

Z.

H.

B.

E.

B.

VV.I.Z.H.B.E.B.V.B.E.B.H.Z.I.VV.

B.

E.

B.

H.

Z.

I.

VV.


VVeil Ihr Zeit Habt Bekennt Ewer Boßheit/

Vnd Bessert Euch Bald/ Hohe Zeit Ists VVarlich.


Quelle:
Anna Ovena Hoyers: Geistliche und Weltliche Poemata, Amsteldam[!] 1650, S. 67-73.
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